Protocol of the Session on July 12, 2006

(Zuruf von der SPD: Das waren doch die Landes- fürsten!)

Gleiches gilt für andere Themen.

Ich will hier durchaus noch einmal das Stichwort Energiekosten aufgreifen. Das mache ich nicht, um damit anzudeuten, dass wir alles richtig gemacht haben. Das weiß der Kunde ohnehin. Nein, es geht hierbei auch um die Bedeutung der Energiekosten für den Wirtschaftsstandort Deutschland.

(Dr. Christean Wagner (Lahntal) (CDU): So ist es!)

Wir haben vor zwei Jahren bei Opel erfahren, dass die Schließung und die Verlagerung von Arbeitsplätzen in einem engen Zusammenhang mit der überhöhten Strompreisrechnung diskutiert wurden, die man den Kunden und gerade auch der Wirtschaft in Deutschland präsentiert hatte.

Ich hoffe, Sie lesen auch Zeitungen, die außerhalb Hessens erscheinen.Wir mussten am Wochenende zur Kenntnis nehmen, dass das Halbleiterwerk in Dresden nach langen Verhandlungen – deren Erfolg man schon sicher geglaubt hatte – nun doch nicht gebaut wird, mit der Begründung, dass die Energiekosten in Deutschland im Vergleich zum Wettbewerbsstandard exorbitant hoch und damit nicht wettbewerbsfähig seien.

Wenn wir über die strukturellen Voraussetzungen für die Wirtschaft sprechen, müssen wir uns klarmachen, dass es darauf ankommt, die Kernaufgaben zu bewältigen, die die Standortnachteile für heimische Betriebe beseitigen. Das gilt für die Verkehrsinfrastruktur. Ich brauche nicht zu wiederholen, was wir in Hessen im Zusammenhang mit diesen Investitionen an Vorbildlichem leisten, ob im ÖPNV, auf der Schiene, auf der Straße oder in der Luft – Stichwort: Frankfurter Flughafen und Flughafen KasselCalden. Auch diese Infrastrukturthemen haben für die Achillesferse der Ausstattung, nämlich für die Energiepolitik, Bedeutung. Das gilt beispielsweise auch für ein solch belangloses Thema wie die Breitbandversorgung der Unternehmen im ländlichen Raum.

(Zuruf des Abg. Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) – Zuruf von dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN:Warum denn belanglos?)

Meine Damen und Herren von den GRÜNEN und vor allem von der SPD-Fraktion, Sie sollten sich fragen, was Sie in der letzten Legislaturperiode getan haben und was Sie aktuell dafür tun, damit wir bei der Telekom mehr Wettbewerb haben.Stattdessen schützen Sie die Telekom in einem Bereich, in dem andere mittelständische Unternehmen mit ihren Investitionen mehr für die Fläche tun könnten.

(Beifall bei der CDU)

Das Gleiche gilt für die Postversorgung. Aufgrund der Verlängerung der Exklusivlizenz, für die Grün und Rot in der letzten Legislaturperiode im Bundestag gesorgt haben, sind alle Chancen der mittelständischen Betriebe auf einen Schlag zunichte gemacht worden. Sie wollen heute hier für mittelständische Betriebe streiten. Das klingt wenig glaubwürdig.

(Beifall bei der CDU)

Zu den Bürokratiekosten. In der Tat wurden in Hessen 40 % der Verwaltungsvorschriften und 15 % der Rechtsverordnungen abgebaut. Bis zum Jahr 2005 wurden unter meiner Verantwortung und unter der meines Vorgängers Posch 16,4 % aller Vorschriften und Rechtsverordnungen abgebaut, die mein Ministerium betreffen. Das ist die Antwort auf diese konkrete Frage.Das Gleiche gilt für die Genehmigungsverfahren. Hier machen wir bundesweit Tempo,damit es gelingt,schneller zu Ergebnissen zu kommen.

Die Lage der hessischen Wirtschaft sieht gut aus.Was das Kriterium Gründungsintensität betrifft – wie viele Unternehmen sind Gründungsunternehmen? –, liegen wir gemeinsam mit dem Bundesland Bayern 12 % über dem Bundesdurchschnitt.In Bezug auf die Direktinvestitionen ausländischer Unternehmen in einem Bundesland liegen

wir im Vergleich aller deutschen Bundesländer ebenfalls an der Spitze. Ich kenne kein besseres Kriterium. Wenn dies nicht der Ausweis eines attraktiven Standorts ist, der von der Wirtschaftspolitik und den anderen Politikfeldern gestützt wird, weiß ich auch nichts Besseres.

Aber ein weiteres Kriterium weist auf die Doppelseitigkeit dieses Erfolgs hin. Dabei handelt es sich um das Kriterium der Produktivität.Bei der Produktivität der Unternehmen liegt Hessen im Vergleich aller Bundesländer weit an der Spitze.

(Norbert Schmitt (SPD): Das muss an Rhiel liegen!)

Herr Schmitt, bleiben Sie ruhig. Ich will doch die Doppelseitigkeit im Zusammenhang mit dieser Frage erörtern.

(Dr. Christean Wagner (Lahntal) (CDU): Das ist Herrn Schmitt nicht möglich!)

Was die Produktivität angeht, liegen wir weit an der Spitze. Aber das hat in der Tat seinen Preis. Damit die Unternehmen für die Zukunft wettbewerbsfähig sind und mit den Preisen, die die Kosten für ihre Produkte decken müssen, an den internationalen Märkten landen können, wird in Deutschland seit Jahren immer Arbeit durch Kapital substituiert, weil Kapital, relativ gesehen, günstiger ist als Arbeit. Das traurige Ergebnis ist, dass die Arbeitslosigkeit in Hessen in der Tat weniger stark zurückgeht als in anderen Ländern, da die Unternehmen so wettbewerbsfähig und produktiv sind.

(Silke Tesch (SPD): Das ist eine kühne These!)

Das hat etwas mit der speziellen Struktur des Bankenplatzes Frankfurt zu tun, liegt aber auch daran, dass höhere Produktivität per definitionem heißt, dass ein Produkt mit weniger Arbeitseinsatz hergestellt wird. Was diese Zahl angeht, ist unsere Stärke zugleich unsere Schwäche. Das muss man in dieser Debatte nüchtern sagen; denn Ihnen und mir gefallen diese Zahlen nicht.

(Norbert Schmitt (SPD): Das ist eine Frage der Dynamik in Hessen!)

Deswegen muss bei der bundespolitischen Weichenstellung darauf geachtet werden, dass die Arbeitskosten nicht noch mehr steigen, sondern dass sie begrenzt werden. Mehr Eigeninitiative und mehr Eigenverantwortung sind notwendig. Die sozialversicherungspflichtig beschäftigten Menschen, deren Zahl immer geringer wird, und die Unternehmen, in denen sie arbeiten, dürfen diese Lasten nicht allein tragen, weil der Teufelskreis auf diese Weise beschleunigt wird: Wie die mittelständischen Unternehmen in dieser Untersuchung preisgegeben haben, fallen auf der einen Seite hier immer mehr Arbeitsplätze weg, und auf der anderen Seite werden immer mehr Arbeitsplätze in das kostengünstigere Ausland verlagert.

Die Wirtschaftspolitik des Landes hat neben diesen Bedingungen, die der Bund erfüllen muss, vor allem zwei oder drei wesentliche Schwerpunkte. Den ersten Schwerpunkt habe ich genannt: Verkehrsinfrastruktur. Ich lasse ihn beiseite und werde nicht im Detail erwähnen, wie stark die Investitionen in diesen Bereich, z. B. beim Landesstraßenbauprogramm, in den letzten Jahren gestiegen sind und wie stark sie noch steigen werden.

Ich will vor allem das Thema ansprechen, das mein größtes Herzensanliegen, ja sogar mein Lieblingsthema ist. Dafür setze ich mich ein, und die Konsequenzen werden auch sichtbar. Es handelt sich um den Wissenstransfer, die

Zusammenarbeit sowie die Kooperation der Hochschulen und der Hochschuleinrichtungen vor allem mit den mittelständischen Unternehmen, die wir – Wirtschaftsminister und Wissenschaftsminister – Hand in Hand vorantreiben. 99 % der hessischen Unternehmen sind mittelständische Unternehmen. Deswegen gibt es für uns keine Mittelstandspolitik im engeren Sinne. Für diese Landesregierung ist die Mittelstandspolitik eine ganzheitliche Wirtschaftspolitik; denn 99 % der hessischen Unternehmen gehören zu diesem Kreis.

Darauf komme ich nun schwerpunktmäßig zu sprechen. Wir haben in Hessen mit dem TTN, dem TechnologieTransfer-Netzwerk, eine deutschlandweit einmalige Institution, einen Zusammenschluss von Wirtschaft, Wissenschaft und Betrieben. Die Ergebnisse der jüngsten Umfrage zeigen den Erfolg dieser Zusammenarbeit. Diese Zahl nenne ich in der Tat mit großem Stolz und Selbstbewusstsein: 62 % aller hessischen Betriebe – mit steigender Tendenz – stehen aktuell in Kontakt mit einer Hochschule bzw. mit einer wissenschaftlichen Einrichtung des Landes Hessen. Technologietransfer, Wirtschaft und technische Infrastruktur, Risikokapitalvorsorge und Qualifizierung – das sind die wesentlichen Themen.

Vielleicht haben Sie die Zeitungen gelesen, oder Sie waren sogar anwesend, als das eine oder andere Beispiel umgesetzt wurde. Da die Hessen-Agentur hier sehr kritisch erwähnt worden ist, möchte ich konkret sagen:Wir haben mit der Hessen-Agentur ein neues Modell- und Pilotprojekt gestartet, das als Verbundprojekt dafür sorgt, dass Hochschulen und mittelständische Unternehmen bei Verfahren kooperieren, die von besonderen Risiken begleitet sind.

Ich will zwei Ergebnisse nennen, die dafür beispielhaft sind. Das Projektvolumen umfasst insgesamt 11,6 Millionen c. Kürzlich hat ein Unternehmen zusammen mit einer Hochschule ein weltweit einzigartiges Verfahren entwickelt, um die Fotografie mit 3D-Technik bei Plakaten und drucktechnischen Darstellungen in Anwendung zu bringen – ein Verfahren, das es bisher noch nicht gab. Es hat einen unglaublichen Wachstumsmarkt.

(Zuruf des Abg. Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Herr Wagner, ich zeige Ihnen dieses Beispiel gern. Sie werden staunen, auch wenn Sie sicherlich sehr weit reichende technologische Kenntnisse haben.

Ich möchte Ihnen ein zweites Beispiel aus diesem Modellund Pilotprojekt nennen: Bipolarplatten für Brennstoffzellen. Das ist wichtig für die alternative Energieversorgung mithilfe von Brennstoffzellen. Das Verfahren ist im Rahmen dieses Programms in Hessen neu entwickelt worden. Das macht uns stolz.

(Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Was haben Sie dazu beigetragen? – Norbert Schmitt (SPD): Die Ausschreibungsfrist für den Innovationspreis ist verlängert worden!)

Ich erwähne auch, dass Technologietransfereinrichtungen in Hessen von besonderer Bedeutung sind und auch von besonderem Erfolg gekrönt sind. Ich nenne z. B. das TransMIT in Gießen und die Uni-Kassel-Transfer. Sie ist übrigens im vorletzten Jahr neu eingerichtet worden. Wenn ich mich richtig erinnere, war ich damals schon Wirtschaftsminister.

(Nicola Beer (FDP): Dass Sie schon gemerkt haben, dass Sie Minister waren!)

Hinzu kommen die Patentinformationszentren in Darmstadt und in Kassel. Das TransMIT hat im Vergleich aller bundesdeutschen Transferzentren den ersten Platz belegt. Das ist ein Ausweis des besonderen Erfolgs der hessischen Technologietransferpolitik.

(Beifall bei der CDU – Norbert Schmitt (SPD):Das ist eine Werbekampagne!)

Herr Minister, die Redezeit ist abgelaufen.Aber Sie können weitermachen.

Ich komme gleich zum Ende. – Dazu gehören auch die Anwenderzentren. Ein neues Anwenderzentrum wird in Kassel entstehen, das Anwenderzentrum „Metallformgebung“. Das Galileo-Anwenderzentrum für Navigationstechnik entsteht in Darmstadt gerade neu. In diesem Jahr ist in Wetzlar das Photonik-Anwendungszentrum neu entstanden. In Mittelhessen wird ein Lifescience/MedizinZentrum entstehen. Das wird noch in diesem Jahr auf den Weg gebracht.

Vier neue Anwenderzentren sind aktuell entstanden – und Sie stellen sich hierhin und sagen, Sie wissen von nichts.Meine sehr verehrten Damen und Herren,ich muss sagen,das,was Sie hier offenbart haben,zeigt,wie weit Sie in diesem Bereich von der hessischen Realität entfernt sind.

Meine Damen und Herren, es wurde eben ganz konkret angesprochen: Wir sind vor einer Woche aus Moskau zurückgekehrt. Ich muss sagen, ich fand das, was Frau Hölldobler-Heumüller hier gesagt hat, schlicht und einfach peinlich.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Andere aus diesem Raum waren dabei. Übrigens aber ist dabei für mich auch nicht ihr Urteil von besonderer Bedeutung, sondern das Urteil der mitfahrenden Unternehmer, und die haben ausdrücklich bestätigt, dass diese Reise ein großer Erfolg war.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Meine Damen und Herren,zum ersten Mal – der deutsche Botschafter hat es bestätigt – war bei einem Empfang eines bundesdeutschen Landeswirtschaftsministers der Wirtschaftsminister der Russischen Föderation anwesend und hat uns die Ehre seiner Anwesenheit mit sehr vielen guten Gesprächen und Nachfolgekontakten gegeben.Am anderen Tag haben wir mit dem Oberbürgermeister Luschkow einen Kooperationsvertrag unterzeichnet, in Moskau, in dieser Elf-Millionen-Stadt, durchaus sehr breit wahrgenommen.Auf besonderen Wunsch des Oberbürgermeisters von Moskau hatten wir die Möglichkeit, diesen bedeutenden Künstler mit internationalem Renommee, der ein Freund des Oberbürgermeisters ist, zu besuchen. Frau Hölldobler-Heumüller, dies hier so herunterzuziehen und so billig darzustellen, obwohl doch Sie selbst diesen Besuch sichtlich genossen haben,

(Zurufe von der CDU: Oha! – Lachen des Abg.Ta- rek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

finde ich einfach zu billig.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Nein, meine Damen und Herren, das ist nicht die Art und Weise, in der wir Wirtschaftsförderpolitik verstehen. Hessen ist auf einem guten Weg,und zwar insbesondere in der Zusammenarbeit der KMU mit den Hochschulen bei Finanzierungsfragen. Das wird auch seine Früchte tragen. Dessen bin ich mir sicher. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit und Unterstützung.

(Anhaltender Beifall bei der CDU)