Protocol of the Session on June 20, 2006

(Lebhafter Beifall bei der FDP, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Es besteht doch gar kein Anlass zur Nervosität, weil ich davon ausgehe, dass das, was Sie machen, immer vernünftig ist – zumindest manchmal.

(Heiterkeit und Beifall bei der FDP)

Zurück zum Ernst der Lage. Zur Frage der Börse wissen wir beide ganz genau, dass wir seit Jahren eine Diskussion um den Börsenstandort Frankfurt führen und dass in Ihrer Brust sicherlich zwei Herzen schlagen. Einerseits fragen Sie sich: Welche Expansionsmöglichkeiten ergeben sich möglicherweise, wenn die Deutsche Börse die London Stock Exchange kauft? Das ist ein Problem, da sind aber auch Chancen drin.Andererseits haben Sie,wenn ich mich richtig erinnere, bei dem zweiten Anlauf von Herrn Seifert, als es um die Problematik der Hedgefonds ging, durchaus erkennen lassen, dass es hier ein Problem gibt, das man nicht einfach unter dem Motto „Lokalpatriotismus“ abarbeiten kann.

Ich meine, gerade weil das so wichtig ist, ist es notwendig, etwas zu sagen. Herr Dr. Rhiel und Herr Ministerpräsident,ich frage Sie ganz offen:Wäre das nicht ein Punkt gewesen, bei dem man die Fraktionen einmal interfraktionell über einen solchen Entwicklungsgang hätte informieren können?

(Beifall bei der FDP, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir wissen doch sehr wohl, dass wir die Standortfrage letztendlich nicht entscheiden können. Wir wissen zwar, dass wir die Möglichkeiten der Börsenaufsicht haben.Wir wissen aber auch, dass die Möglichkeiten der Börsenaufsicht zur Standortsicherung wahrscheinlich nicht ausreichend sind, den Standort der Deutschen Börse in Frankfurt sicherzustellen. Ich sage das in diesem Zusammenhang auch an die große Koalition gerichtet: Ich habe damals Bundesfinanzminister Eichel vorgeworfen, dass er sich nicht in die Diskussion um den Standort der Deutschen Börse in Frankfurt eingeschaltet hat, denn das ist eine Frage, die nicht nur von nationaler, sondern auch von internationaler Bedeutung ist. Ich sage deshalb für die FDP-Fraktion: Es wäre schön, wenn Sie über Kenntnisse verfügen, die auf dem öffentlichen Markt nicht sofort ausgetragen werden dürfen – so etwas gibt es –, die Fraktionen in angemessener Weise zu informieren.Das haben Sie nicht getan, entweder weil Sie das nicht wollten oder weil Sie der Meinung sind, Sie hätten das kraft Ihrer absoluten Mehrheit nicht nötig. Meine Damen und Herren, das ist das Problem, über das wir hier diskutieren.

(Beifall bei der FDP, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Zurück zur Verfahrensdiskussion. Ich halte es für richtig, dass dies ein separater Punkt ist, der nicht mit der Strombörse, Netznutzungsentgelten und Preisprüfungen zu verknüpfen ist. Erklären Sie uns, wie der Stand der Dinge ist und was Sie zu tun beabsichtigen,

(Petra Fuhrmann (SPD): Regierungserklärung!)

um eines der schwierigsten finanz- und wirtschaftspolitischen Probleme, die sich am Standort Frankfurt abspielen, einer Lösung zuzuführen, die dem entspricht, was Sie selbst postuliert haben: Arbeitsplätze zu sichern, den Finanzplatz Frankfurt nicht zu schwächen und den Standort der Börse zu erhalten.

(Beifall bei der FDP)

Meine Damen und Herren, es ist beantragt worden, die Debatte zum Tagesordnungspunkt 75 betreffend „Finanzund Wirtschaftszentrum Frankfurt unter Druck – Wirtschaftsminister sprachlos?“ zusammen mit Tagesordnungspunkt 2, bei dem es um Energie geht, aufzurufen.

(Reinhard Kahl(SPD): Das ist richtig, mit der Regierungserklärung! – Petra Fuhrmann (SPD): Der Ministerpräsident soll Stellung nehmen!)

Entschuldigen Sie bitte.Wir haben gemäß der Tagesordnung eine Regierungserklärung zum Thema Strom. Das muss zunächst jeder zur Kenntnis nehmen, ob er nun dort oder dort sitzt. Es ist beantragt, diese Regierungserklärung quasi um den Punkt Finanz- und Wirtschaftszentrum Frankfurt zu erweitern. Es ist nichts dagegen zu sagen, dass dieser Antrag gestellt worden ist; das ist gar keine Frage. Ich will nur sagen, was wir beschließen sollen.

Wer diesem Petitum der Fraktion der SPD zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Wer ist dagegen? – Stimmenthaltungen? – Damit ist diesem Begehren, bei Zustimmung der Fraktionen der SPD und der GRÜNEN und Ablehnung der Fraktionen der CDU und der FDP, nicht stattgegeben worden. Muss ich über das Angebot der Mehrheitsfraktion abstimmen lassen, dass wir es anschließend aufrufen?

(Jürgen Walter (SPD): Machen wir so!)

Einverstanden, das machen wir so, wunderbar. Wir haben auch schon einen Teil der Sachdebatte hinter uns gebracht.

(Unruhe)

Die Mischung von Geschäftsordnungsdebatte und inhaltlicher Debatte war extrem. Ich gebe das hier zu Protokoll und werde es im Ältestenrat noch einmal aufrufen. Wir können es uns in Zukunft nicht mehr erlauben, dass wir eine halbe Stunde Sachdebatte machen und damit den ganzen Ablauf unserer Absprachen verändern.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Das gilt für alle Fraktionen – auch für die, die jetzt geklatscht haben.

Ich möchte jetzt den Tagesordnungspunkt 2 aufrufen:

Regierungserklärung des Hessischen Ministers für Wirtschaft, Verkehr und Landesentwicklung betreffend „Mehr Wettbewerb im Energiemarkt – 1 : 0 für die Verbraucher“

zusammen mit – –

(Unruhe)

Darf ich um Aufmerksamkeit bitten? Ich warte noch ein bisschen. – Danke schön.

Tagesordnungspunkt 19:

Antrag der Fraktion der FDP betreffend Genehmigungsverfahren für Stromentgelte – Drucks. 16/5540 –

und Tagesordnungspunkt 71:

Dringlicher Entschließungsantrag der Fraktion der CDU betreffend keine überhöhten Strom- und Gaspreise in Hessen – Drucks. 16/5711 –

sowie Tagesordnungspunkt 74:

Dringlicher Antrag der Fraktion der FDP betreffend Energieversorgung – Drucks. 16/5714 –

Das Ganze ist mit einer Redezeit von 20 Minuten je Fraktion ausgestattet – das gilt analog für das Kabinett – und soll auch an den Ausschuss für Wirtschaft und Verkehr überwiesen werden.

Für die Landesregierung hat Herr Staatsminister Dr. Rhiel das Wort.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Hessische Landesregierung hat in den vergangenen Jahren – zusätzlich zur Bedeutung der Verkehrsinfrastruktur, der Finanzausstattung der Betriebe, der Steigerung und Verbesserung der Bedeutung des Finanzplatzes Frankfurt – in der Wirtschaftspolitik einen besonderen

Schwerpunkt gesetzt: Wir kämpfen gegen überhöhte Strom- und Gaspreise.

(Beifall bei der CDU)

Wir kämpfen für mehr Wahlmöglichkeiten der Kunden, durch echten Wettbewerb auf dem Energiemarkt.

(Dr. Christean Wagner (Lahntal) (CDU): Sehr gut!)

Dieser Kampf hat zu spürbaren Erfolgen geführt. Das merken die Unternehmen, und das merken die hessischen Verbraucher in den Portemonnaies.

Meine Damen und Herren, die Energiepreise – insbesondere der Strompreis – werden von vielen Faktoren beeinflusst. Das fängt bei der Frage an: Aus welchen Energieträgern wird der Strom erzeugt? Das betrifft die Intensität des Wettbewerbs zwischen den Stromproduzenten; und das betrifft die Netzentgelte für die Nutzung der Leitungen bis hin zum Stromvertrieb, bei dem die Preise für die Endkunden gemacht werden.Ein besonderer Preistreiber sind die staatlichen Abgaben, die die rot-grüne Bundesregierung in die Höhe geschraubt hat, um damals ihr Haushaltschaos auszugleichen.

(Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren, die Hessische Landesregierung hingegen setzt ihre Instrumente im Kampf gegen überhöhte Strom- und Gaspreise konsequent und erfolgreich ein. Deswegen erkläre ich heute im Namen der Landesregierung: Unsere Politik sorgt tatsächlich auf dem Energiemarkt für mehr Wettbewerb,und im Kampf gegen überhöhte Energiepreise in Hessen steht es 1 : 0 für die Verbraucher.

(Beifall bei der CDU)

Welcher Spielaufbau, welche Spielaufstellung und welche Strategien waren dafür ursächlich?

(Dieter Posch (FDP): Noch sind wir davor!)

Das ist zum einen der Strompreisstopp im Jahre 2006.Auf dem Strommarkt, auf dem bis heute kein echter Wettbewerb herrscht, gibt es zum Schutz der Endkunden vor überhöhten Preisen die Genehmigungspflicht der allgemeinen Tarife. Das ist ein scharfes Schwert in der Hand des Wirtschaftsministers, dem die Bundestarifordnung Elektrizität damit eine rechtlich starke Stellung zur Vorabkontrolle einräumt.

Bereits im Dezember 2004 habe ich für das Jahr 2005 rund die Hälfte aller beantragten Erhöhungen der Strompreise abgelehnt. Deshalb wurde in Hessen für das abgelaufene Jahr 2005 mit 3,3 % deutlich weniger an Strompreissteigerungen genehmigt als in anderen Bundesländern, wo der Preis um 5 % anstieg. Im laufenden Jahr 2006 stiegen die Strompreise im allgemeinen Tarif in Hessen gar nicht, weil ich keinen der 50 Anträge auf Preisanhebung genehmigt habe; beantragt war übrigens eine Preiserhöhung von 6 bis 7 %.

Meine Damen und Herren, vom hessischen Strompreisstopp 2006 profitieren rund drei Millionen Privathaushalte und kleine Gewerbebetreibende in Hessen und in den angrenzenden Bundesländern.

(Beifall bei der CDU)