Protocol of the Session on May 17, 2006

(Lachen des Abg. Norbert Schmitt (SPD))

Herr Siebel,im Übrigen ist es meines Erachtens ein Rückfall in die Siebziger- und Achtzigerjahre, als wir beide studiert haben.Da gab es diese Sprüche von Arbeiterkindern und was weiß ich. Haben Sie überhaupt noch Arbeiter in der Partei? Sind die nicht alle schon längst weggelaufen, wenn ich mir das so anschaue?

(Beifall bei der CDU – Zurufe von der SPD)

Wir kümmern uns um sie und haben – –

(Weitere Zurufe von der SPD)

Meine Damen und Herren, worum geht es eigentlich in Hessen? Wir haben am 5. Mai einen Kabinettsbeschluss über einen Gesetzentwurf zu Studienbeiträgen gehabt. Danach haben wir uns geeinigt und beschlossen, dass wir mit dem Wintersemester 2007/08 für alle Studiengebühren in Höhe von 500 c einführen.Jetzt kann man dazu die Frage stellen: Warum jetzt? – Dafür gibt es zwei Gründe. Der eine Grund liegt darin, dass es ein Bundesverfassungsgerichtsurteil vom Januar 2005 gibt.

(Auf der Tribüne zeigen Zuhörerinnen beschriftete T-Shirts.)

Herr Minister, ich darf Sie ganz kurz unterbrechen. – Ich darf bitten, dass Sie keine Demonstration hier im Hause machen. Ich bitte, die Kamera entsprechend einzustellen, und darf Sie bitten, diese T-Shirts nicht zu zeigen.

(Norbert Schmitt (SPD): Die Damen haben doch Recht!)

Das ist eine andere Frage.Wir sind im Landtag und nicht außerhalb des Landtags. Das ist der Unterschied, und zwar ein sehr fundamentaler. – Darf ich den Hausdienst bitten,das zu veranlassen? Ich unterbreche so lange.– Das Wort hat der Herr Minister.

Meine Damen und Herren, warum haben wir jetzt diesen Beschluss im Kabinett getroffen und werden dieses Gesetz einbringen? – Ganz einfach, mit dem Verfassungsgerichtsurteil vom Januar 2005 ist es zulässig geworden. In der besonderen Situation in Hessen haben wir das Pesta

lozza-Gutachten, aus dem klar hervorgeht, dass die Erhebung von Studienbeiträgen in Hessen möglich ist. Lieber Herr Siebel, Sie haben sich über die Frage lustig gemacht, ob Hessen von Bundesländern umgeben ist, in denen Studiengebühren erhoben werden,

(Michael Siebel (SPD): Ich habe mich ernsthaft damit auseinander gesetzt!)

und dass wir das in der Folge als ein Argument nehmen. – Wir nehmen das sehr wohl als Argument.Schauen Sie sich an, dass Herr Wowereit, den ich zitierte – er ist einer der wenigen,die von der SPD noch Verantwortung in der Wissenschaftspolitik tragen –,

(Norbert Schmitt (SPD):Es gibt auch einen Beck in Rheinland-Pfalz!)

mittlerweile einen 100-prozentigen Numerus clausus in Berlin hat, weil er nicht anders mit seiner Finanzierung hinkommt. Er hat eindeutig gesagt, er erwäge zusammen mit seinem Finanzminister Sarrazin – wenn Sie wollen, kann ich noch Herrn Sarrazin zitieren – –

(Zurufe von der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! – Herr Kollege Al-Wazir, wenn ich rede, haben Sie zu schweigen.

(Zurufe von der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Oh!)

Das gilt für alle im Hause und besonders für die, die gerade reden, wenn ich rede. Das ist doch logisch. Deswegen bitte ich, die Reaktionen so zu halten, dass zumindest die Rede nicht permanent gestört wird – egal, von wem sie stattfindet. Das gilt für alle Seiten des Hauses, in dem Fall hier auch. – Bitte sehr, Herr Minister.

Vielen Dank, Herr Präsident. – Ich habe über Berlin gesprochen. Aber es geht mir nicht in erster Linie darum, Vergleiche herbeizuführen.

(Zuruf von dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Ach so!)

Es geht mir darum, unsere Situation in Hessen ein bisschen deutlicher zu machen, und zwar hinsichtlich der Frage der Einführung von Studienbeiträgen. Damit werden zusätzliche Mittel für unsere Hochschulen generiert. Zunächst einmal, was Sie ein bisschen diffus dargestellt haben: Der Hochschulpakt steht. Für 2006 bis 2010 ist er abgeschlossen. Weil er so gut ist, hat sogar die Fachhochschule Gießen-Friedberg letzte Woche zugestimmt und gesagt:

(Lachen des Abg. Jörg-Uwe Hahn (FDP))

Der Pakt ist so in Ordnung, damit haben wir eine gewisse Sicherheit.

(Jörg-Uwe Hahn (FDP): Mein Sohn würde sagen: Träume weiter! – Zuruf des Abg. Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

All das, was Sie bisher herbeigeredet haben, ist so nicht zutreffend.

(Zurufe von der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Sie regen sich darüber auf, dass die Hochschulen unterfinanziert sind.

(Norbert Schmitt (SPD): Unglaublich!)

Wir haben seit 1999 – ich wiederhole das insbesondere deshalb, weil wir heute Morgen eine größere Öffentlichkeit haben – den Hochschulen 800 Millionen c zusätzlich zur Verfügung gestellt.

(Zuruf der Abg.Ruth Wagner (Darmstadt) (FDP) – Demonstrativer Beifall bei der SPD)

Frau Wagner, da schließe ich Sie natürlich mit ein. Ich habe jetzt nicht gesagt, seit 2003, sondern seit 1999.

(Ruth Wagner (Darmstadt) (FDP): Das waren mindestens 700 Millionen in meiner Amtszeit! – Demonstrativer Beifall bei der SPD – Heiterkeit bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Da müssen wir noch einmal die Grundrechenarten durchgehen, liebe Frau Wagner.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Das gehen wir noch einmal gemeinsam durch; dann werden wir die richtigen Zahlen bekommen. Das macht aber gar nichts. Das sehe ich gelassen. Tatsache ist: Rot-Grün hat es nicht fertig bekommen. – Auf diesen Gesamthaushalt aufbauend, der jetzt bei fast 1,2 Milliarden c liegt, sehen wir jetzt die Möglichkeit, mit diesen Studienbeiträgen eine weitere Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit in den Hochschulen hinzubekommen. Seit Jahren nimmt in Hessen die Zahl der Studierenden zu.Wir haben auch zunehmend zusätzliche Mittel zur Verfügung gestellt. Wir glauben, dass der Weg, den Sie immer vorschlagen – –

(Zurufe von der SPD)

Wenn Sie „OECD“ sagen, sprechen Sie immer von mehr Studierenden.Aber schauen Sie sich doch bitte einmal die Absolventenquoten an. Die Absolventenquoten sind in unserem Lande unter aller Kritik und notwendigerweise verbesserungswürdig – unabhängig davon, welche Partei regiert.

Deswegen haben wir gesagt: Mit diesen Studienbeiträgen, unabhängig davon, dass die anderen Länder so weit sind – nämlich Niedersachen, Bayern, Nordrhein-Westfalen und Baden-Württemberg, die zum Wintersemester 2007/08 diese Gebühren erheben –, müssen wir trotzdem gleichzeitig noch die Lehre verbessern. Wir haben gesagt: Mit den Studienbeiträgen, die kommen werden – wir haben es einmal hochgerechnet, sie werden zwischen 135 und 140 Millionen c liegen –, wird den Hochschulen für die Lehre Zusätzliches zur Verfügung gestellt.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Petra Fuhr- mann (SPD): Selbst der Beifall der CDU ist dünn! – Norbert Schmitt (SPD): Immerhin, Herr Boddenberg unterstützt Sie noch!)

Wenn Sie sich einmal die Hochschulen anschauen, an die verschiedenen Hochschulstandorte gehen und wir diese 135 Millionen c aufteilen, sehen Sie, dass wir je nach Kostenstruktur unterschiedliche Zuwächse haben – an einer Musikhochschule beispielsweise 6 % und,um das Beispiel Gießen-Friedberg zu nehmen, bis zu 20, 21 %. Das sind keine kleinen Tropfen, sondern das sind deutliche Beiträge dafür, die Lehre zu verbessern.

Sie haben gesagt, das dauere länger, weil man länger arbeiten müsse. Nein, wir wollen, dass man nicht mehrere Semester wartet,bis man über ein Losverfahren in irgendein Praktikum oder in irgendeine Übung kommt.Wir wollen das Studium damit verkürzen. Die Hochschulen sind aufgefordert, sich so zu organisieren, dass das möglich sein wird.

Ich glaube, da wird es einen Paradigmenwechsel an den Hochschulen geben, nämlich durch die Tatsache, dass ein Student dann in eine Kundenposition kommt und natürlich sagt:Wir fordern dies, wir fordern jenes, weil wir auch dafür zahlen.

(Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Garantieren Sie es denn auch?)

Meine Damen und Herren, ich will zusammenfassend einige Punkte festhalten. Erstens. 500 c pro Semester. Wenn Sie das auf 1.000 c pro Jahr hochrechnen, können Sie das auch durch 360 Tage teilen. Dann ist das weniger als das, was der normale Student für ein Bier oder eine Schachtel Zigaretten pro Tag ausgibt. Das sollte man einmal in eine Verhältnismäßigkeit setzen.

(Zuruf der Abg. Petra Fuhrmann (SPD))

Das Zweite ist:Ich will mit der Summe 1.500 c, die immer wieder genannt wird, aufräumen.Wir eröffnen den Hochschulen Möglichkeiten.Sie müssen sie nicht wahrnehmen. Die Möglichkeit besteht für bestimmte Studiengänge, die an anderen Hochschulen und im Ausland bis zu 20.000, 30.000 $ oder c kosten, weil eine bestimmte Voraussetzung, ein Mehraufwand, Übersetzungsmöglichkeiten usw. erforderlich sind, höhere Beiträge zu fordern.

Wir sind auch der Auffassung, dass dieser Gesetzentwurf sozial ausgewogen ist.

(Widerspruch bei der SPD – Michael Siebel (SPD): Da stehen Sie aber ziemlich alleine da!)

Nehmen Sie beispielsweise die Familienkomponente.