Protocol of the Session on July 9, 2003

(Beifall bei der FDP)

Aber wir kommen keinen Schritt näher zu dem, was wir tatsächlich machen müssen,nämlich die Steuerentlastung, die dritte Stufe, vorzuziehen. Wo sind denn Ihre Vorschläge? Jetzt sagen Sie tatsächlich hier allen Ernstes, die Vorschläge, die die FDP bereits in den letzten Debatten im Hessischen Landtag eingebracht hat, seien Mist. Herr Kollege Wagner, erstens haben Sie wieder Unrecht, und zweitens:Wo sind denn Ihre Vorschläge, damit überhaupt die Steuersenkung vorgezogen werden kann?

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Hören Sie doch mit diesem oberlehrerhaften Beschreiben anderer auf.

(Frank-Peter Kaufmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): „Oberlehrer“ müssen Sie gerade sagen!)

Es ist die verdammte Pflicht der Bundesregierung, es ist die verdammte Pflicht von Sozialdemokraten und von GRÜNEN, zu klären, wie sie das Vorziehen der Steuerreform finanzieren.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Das ist nicht der Job der FDP. Das ist nicht der Job der Union. Wie gesagt: Die Union war so blöd gewesen, eine Woche zu meinen, sie müsste diesen Job übernehmen. Da waren wir bundesweit etwas geschickter aufgestellt und haben uns daran nicht beteiligt.

(Zurufe von dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Nur, wir lenken nicht davon ab. Es ist Ihr Job, Herr Kollege Walter, weil Sie ganz dezidierte und nach meiner

Meinung auch richtige Vorschläge für den hessischen Haushalt vorgetragen haben.Ich erwarte von Ihnen,wenn sie jetzt hier vorkommen, zu sagen, wo genau der Subventionsabbau gemacht wird. Herr Kollege Walter, ich erwarte von Ihnen, zu sagen, wo genau die Privatisierung stattfinden soll. Ich erwarte von Ihnen, zu sagen, was die Unterschiede sind.

(Lachen des Abg. Jürgen Walter (SPD))

Ich schätze, dass Sie noch einmal als Fraktionsvorsitzender in die Debatte gehen.Der Kollege Schmitt kann schon einmal die Vorleistung bringen, wo denn der Bürokratieabbau gemacht wird. Ich erwarte eine Antwort auf die Frage – die ist doch von Roland Koch vollkommen zu Recht gestellt worden –: Sind alle diese Vorschläge von Ihnen nicht schon im eichelschen 2004er-Haushalt verfrühstückt? Wo ist denn die Gegenfinanzierung für das Vorhaben der Steuerreform? – Es ist Ihr Job als Sozialdemokraten, das zu tun. Das ist nicht der Job der Liberalen. Das ist auch nicht der Job der Union.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Wir haben Vorschläge unterbreitet – Guido Westerwelle am vergangenen Mittwoch im Deutschen Bundestag: Es gibt allein 426 Bundesbeteiligungen; Subventionen linear um 20 % reduzieren.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, das gibt von der Summe für den 2004er-Haushalt schon mehr als die Gegenfinanzierung. Ich halte übrigens das Wort „Gegenfinanzierung“ für bekloppt; man kann eine Steuerreform nicht gegenfinanzieren. Aber die Menschen haben beschlossen, dass das so heißt.Also, wegen mir soll es weiter so genannt werden.

Sie können allein aus diesem Bereich Privatisierung und aus dem Bereich linearer Abbau der Subventionierung um 20 % mehr herausholen als die 15 bis 17 Milliarden c, über die wir uns hier unterhalten.

Nur, meine sehr verehrten Damen und Herren – da nenne ich ganz bewusst die beiden Vertreter der beiden Volksparteien –, dann ist Schluss mit solchen Sachen, zu Holzmann zu gehen und einen Scheck zu überreichen.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU)

Dann ist Schluss, im wirtschaftlichen Bereich zu meinen, der Staat könne irgendwie noch mithelfen, mitgängeln, wie auch immer,und mit Subventionen erhalten.Wir müssen – das ist die Auffassung der Liberalen im Bund und hier im Hessischen Landtag – vorbehaltlos an jede Subvention und an jede Beteiligung herangehen.

(Norbert Schmitt (SPD): So, wie Sie das in Ihrer Regierungszeit gemacht haben!)

Das gilt sowohl für das Land Hessen, weil wir auch keinen gesunden Haushalt mehr haben, als auch für den Bund. Nur, hier ist es der Job tatsächlich nicht, dass die Oppositionsfraktionen im Deutschen Bundestag oder im Hessischen Landtag Vorschläge unterbreiten. Das ist die Arbeitsteilung unserer Demokratie. Das müssen die Regierungen machen, denn sie haben den Überblick.

(Lachen bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf des Abg. Frank-Peter Kaufmann (BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN))

Ich will jetzt nicht in die Auseinandersetzung gehen,dass es auch Regierungen gibt,die keinen Überblick haben.Jedenfalls scheint es mir unstreitig zu sein, dass Oppositio

nen weniger Überblick über eine Ordnung haben können, weil sie nicht über den Mitarbeiterstab verfügen wie die Regierung.

(Zuruf des Abg.Volker Hoff (CDU))

Lieber Volker Hoff, wir können uns gleich noch beim Wein weiter darüber unterhalten, aber nicht vor 12 Uhr.

(Zuruf von dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich fordere für die Liberalen in diesem Lande von dieser Stelle dazu auf,dass in den nächsten zehn Tagen – die Frist läuft, Guido Westerwelle hat sie am letzten Donnerstag im Deutschen Bundestag gestellt – die Bundesregierung endlich das vorlegt, was sie vorlegen muss, nämlich eine Aussage darüber, welche Subventionen reduziert werden, welche Betriebe privatisiert werden und wie die Bürokratie in unserem Lande abgebaut wird.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, es ist notwendig, dass wir endlich die richtigen Schritte ergreifen.Aber die müssen die ergreifen, die regieren. Das ist leider in Berlin noch drei Jahre Rot-Grün. – Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU)

Vielen Dank. – Das Wort hat der Vorsitzende der SPDLandtagsfraktion, Herr Kollege Walter. Bitte schön.

(Jörg-Uwe Hahn (FDP): Jetzt kommt er ja doch!)

Wenn du mich rufst, muss ich kommen.

(Volker Hoff (CDU): Mein Gott,Walter!)

Herr Präsident,liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist ein bisschen ein seltsames Schauspiel, was wir heute Morgen erleben. Wir haben eine rot-grüne Bundesregierung, die beschlossen hat, die Steuerreform vorzuziehen.

(Nicola Beer (FDP):Die zurückgeschobene Steuerreform!)

Die FDP reagiert:Das ist richtig;das hätte man früher machen können, aber es ist richtig. – Hier im Hessischen Landtag beschimpft der Fraktionsvorsitzende der FDP die Rot-Grünen und nicht die CDU, die bislang weder in Hessen noch im Bund zu einer eindeutigen Position zu diesem Thema, das wir alle als zentrales ansehen, gefunden hat.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Herr Hahn, es gibt gelegentlich schlechte Tage. Da wacht man auf und hat vergessen, dass man als FDP nicht mehr mit in der Regierung sitzt, dass man nicht mehr den Job hat,diesen Mann und diese Regierung hier zu verteidigen.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielleicht sollten Sie sich ein großes Schild ans Zimmer machen, worauf steht: Ich bin nicht mehr in der Regierung, auch wir in der FDP sind heute in der Opposition.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Heiterkeit bei dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Kolleginnen und Kollegen, wir wollen uns nicht lustig machen, denn tatsächlich – das müsste unstreitig sein, mit Ausnahme des einen oder anderen Kollegen – hat die rotgrüne Bundesregierung beschlossen, dass wir die letzte Stufe der Steuerreform vorziehen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, das bringt den Menschen in unserem Lande 15 Milliarden c mehr in die Taschen, und das auf einen Schlag. Und das ist gut für unser Land. Deshalb fordern wir Sozialdemokraten hier im Hessischen Landtag die Hessische Landesregierung und insbesondere den Hessischen Ministerpräsidenten auf,die Umsetzung dieses Beschlusses nicht aus parteitaktischen Gründen im Bundesrat zu blockieren.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich sagte, es dürfte doch unstreitig sein, dass dies ein wichtiges Thema ist. Darüber hinaus dürfte es auch unstreitig sein, dass die Umsetzung dieses wichtigen Vorhabens ohne die Mithilfe oder die Zustimmung – wie immer man es auch nennen mag – der Union nicht möglich sein wird. Denn hierbei muss der Bundesrat zustimmen. Die Union hat bekanntermaßen die Mehrheit im Bundesrat.

(Volker Hoff (CDU): Dann legen Sie doch einmal etwas vor!)

Wenn wir uns darüber einig sind, dass dies ein wichtiges Thema ist und dass die Union mitarbeiten muss, wenn die Chance der Umsetzung bestehen soll, dann kommt man doch auch sehr schnell zu dem Ergebnis, dass die Union in Deutschland bei dieser von allen als wichtig angesehenen Frage in der Verantwortung steht.

(Volker Hoff (CDU): Dann legen Sie doch einmal etwas vor!)

Dazu muss ich dann sagen:Angesichts des babylonischen Stimmengewirrs in Ihrer Partei,der Union,und angesichts der absoluten Führungs- und Orientierungslosigkeit, die wir in den letzten Tagen und Wochen erlebt haben, muss man feststellen, dass die Union ihrer staatspolitischen Verantwortung in Deutschland nicht gerecht wird.