Protocol of the Session on April 5, 2003

(Anhaltender Beifall bei der CDU und der FDP – Abg. Dr. Franz Josef Jung (Rheingau) überreicht Blumen. – Ministerpräsident Roland Koch nimmt Glückwünsche entgegen. – Die Anwesenden nehmen ihre Plätze wieder ein.)

Herr Ministerpräsident, ich gebe Ihnen Gelegenheit, zum Landtag zu sprechen. Bitte schön.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Zu dieser Gelegenheit möchte ich nur wenige Sätze sagen. Zunächst werden es Sätze des Dankes sein. Das, was in den letzten vier Jahren in Hessen politisch geschehen ist, ist mit der Neuwahl des Ministerpräsidenten abgeschlossen. Es ist aber keineswegs vergessen. Deswegen will ich zunächst Folgendes erwähnen: Aufgrund des Ergebnisses, das die Wählerinnen und Wähler bereitet haben, sind nach eigener politischer Entscheidung eine Kol

legin und ein Kollege aus dem Kabinett nun ausgeschieden. Ich will die Arbeit der neuen Legislaturperiode nicht beginnen, ohne der bisherigen stellvertretenden Ministerpräsidentin Ruth Wagner und meinem Kollegen Dieter Posch ganz herzlich für ihre Arbeit zu danken. Sie haben Wichtiges für unser Land getan.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Natürlich danke ich heute auch denjenigen, die mir ihre Stimme gegeben haben.Seit langer Zeit in der Geschichte dieses Bundeslandes ist es das erste Mal, dass die Stimmen allein aus einer Fraktion stammen, mit denen mehr als die Hälfte der gesetzlichen Zahl der Mitglieder des Hessischen Landtags erreicht wird.Diese Stimmen sind in einer Fraktion, unter einem Fraktionsnamen vereint. Für denjenigen, wie mich, der für diese politische Gruppe seit längerem streitet, ist dies natürlich eine große Genugtuung. Ich weiß aber auch, dass dies auch eine große Herausforderung und eine große Verantwortung für mich und für alle ist, die mich gewählt haben.Wir müssen dafür sorgen, dass die alleinige Verantwortung einer Partei in einem Parlament zugleich auch Öffnung, Toleranz, Diskussionsbereitschaft und Kompromissbereitschaft bedeutet. Wir haben für das ganze Land die Verantwortung zu tragen und müssen alle Menschen auf diesem Weg mitnehmen. Ich glaube, alle, die mich gewählt haben, wissen, dass ich das tun will. Ich bitte Sie, mir diese Möglichkeit in den kommenden fünf Jahren hinsichtlich all der Fragen mit zu verschaffen, die aufkommen werden und die heute noch keiner so genau kennt.

Ich bedanke mich auch – so wie ich vor vier Jahren die mehr als 150.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der hessischen Landesverwaltung gebeten habe, Kooperation, Unterstützung, Hilfe und faire Zusammenarbeit möglich zu machen –, dass ich heute feststellen kann, dass ich dies vier Jahre lang mit meinen Kolleginnen und Kollegen in der Landesregierung erleben durfte und dass wegen der sehr hohen Einsatzbereitschaft, der Bereitschaft, häufig und an vielen Stellen mehr als nur die Pflicht zu tun, den Bürgerinnen und Bürgern eine Verwaltung gegenübergetreten ist, die, denke ich, auf ihre Leistungen stolz sein kann und die zugleich vieles, was von Ihnen, dem Parlament, erwartet worden ist, übersetzt durch uns, die Regierung, in diesem Land Wirklichkeit werden ließ.

Sie erlauben bitte: Ich danke auch an dieser Stelle meinen Eltern, meiner Frau und meinen Kindern, ohne die ich hier nicht so stehen würde.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir stehen in einer Zeit großer Herausforderungen – Herausforderungen, die wir nicht entschieden haben, aber an deren zukünftiger Gestaltung wir mitwirken wollen, wenn wir Stichworte wie „Globalisierung“ sehen, Herausforderungen, die wir in unserem Land zwar ganz alleine geschaffen haben, deren Abarbeitung uns aber mindestens Jahrzehnte beschäftigen wird, wenn wir die Folgen des demographischen Wandels bedenken, und auch Herausforderungen, die wir selbst – mit „wir“ meine ich alle – auch dadurch verschuldet haben, dass wir zu lange nicht gesehen haben, dass es Herausforderungen sind, oder zu lange darauf gewartet haben, die Antworten auf diese Herausforderungen zu formulieren.

Diese ganz unterschiedlichen Herausforderungen werden die Arbeit auch dieses Hessischen Landtags prägen, möglicherweise die Kooperation zwischen Regierung und Landtag in einer Weise herausfordern, wie es viele sich in

den letzten Jahren nicht vorgestellt haben. Ich will deshalb an dieser Stelle sagen: Ich bin trotz dieser Herausforderungen fest davon überzeugt, dass wir in unserem Bundesland in gemeinsamer politischer Arbeit erreichen können, dass diese Herausforderungen zum Wohle der Bürgerinnen und Bürger und auch zur Zufriedenheit der Bürgerinnen und Bürger bewältigt werden können.

Dabei wird nicht alles bleiben, wie es ist. Dabei werden wir uns ein wichtiges Kriterium selbst vornehmen müssen, denke ich, nämlich die Tatsache, dass wir für Klarheit verantwortlich sind und dass wir am Ende für Entscheidungen verantwortlich sind. Wahrscheinlich ist die wichtigste Botschaft in dieser Zeit der Herausforderungen, dass nicht das Verschieben, sondern das Entscheiden der Maßstab sein muss für das,was wir an Aufgaben vor uns haben.

Ich weiß sehr wohl, dass das keine politische Kraft, keine Regierung in einem Land, auch keine einzelne Gruppe der Bevölkerung alleine kann. So wie in den vergangenen Jahren bitte ich sehr herzlich alle, die in diesem Land mitwirken wollen, die Hunderttausenden von Menschen, die in den verschiedensten Organisationen, in ihren berufsständischen Organisationen, in den sozialen Verbänden, in den Religionsgemeinschaften ehrenamtlich arbeiten – Sie alle bitte ich mitzuwirken. Ich verspreche Ihnen einen offenen Geist, offene Ohren und offene Diskussion.

Aber ich sage genauso klar: Ich stehe mit dem, was ich hier tue, auch dafür, dass am Ende der offenen Diskussion eine klare Entscheidung zu stehen hat, die dann auch gemeinschaftlich vertreten wird, was nicht immer einfach sein wird. Denn ich kenne auf die Herausforderungen unserer Zeit kaum eine Antwort, die allen in gleichem Maße zur gleichen Zeit gefällt. Aber ich glaube, dass es eine Menge Herausforderungen gibt, die wir beantworten können, wenn wir uns selbst die Chance geben, auch einige mutige Entscheidungen zu vertreten, und erst am Ende einer bestimmten Zeit, nach der Realisierung, gemeinsam betrachten, ob es richtig oder falsch war, und nicht immer nur am Tag der parlamentarischen Schlacht, der politischen Debatte oder der Kommentare der Medien.

Damit bin ich bei meinem letzten Punkt. Hier ist heute Morgen mehrfach darüber gesprochen worden, dass der Hessische Landtag ein Ort besonders heftiger Auseinandersetzungen ist. Ich habe manchmal geglaubt, es könne irgendwann gelingen, dass die Mehrheiten in diesem Parlament nicht mehr ganz so knapp sind, wie sie nun seit mehr als zwei Jahrzehnten sind. Dies ist eine der wesentlichen Motivationen dafür, dass so hart gekämpft wird, weil jeder mit jeder Entscheidung ein Stück weit die innere Vermutung hat, sie könnte die entscheidende sein, um knappe Mehrheiten zu verändern.

Nun ist auf eine ganz andere Weise in knapper Weise verhindert worden, dass es keine knappen Mehrheiten gibt. Deshalb wird dieses den Hessischen Landtag umgebende Signal der knappen politischen Verhältnisse und der damit zusammenhängenden Spannung uns nicht ganz verlassen. Aber wenn ich mich hier umschaue und die Fraktionsvorsitzenden Franz Josef Jung, Jörg-Uwe Hahn, Herrn Al-Wazir und Herrn Walter sehe und mich selbst hinzunehme, dann bin ich sicher, dass wir unter den Trommlern des Parlaments durchaus die fünf mit der im Augenblick größten gebrauchten Trommel sind.

(Heiterkeit)

Wenn wir fünf den Versuch machen würden, für eine gewisse Zeit eine kleinere Trommel zu benutzen, würde das

das Trommeln nicht beenden, aber vielleicht ein bisschen die Schärfe nehmen. Ich mache nichts anderes, als Ihnen anzubieten, es einmal bei mir zu versuchen.

(Heiterkeit)

Vielleicht kann es bei uns allen ein kleines Stück weit gelingen.

Ich wünsche uns gemeinsam eine erfolgreiche Arbeit. Ich weiß, dass ich dabei auf die Mehrheit der Regierungsfraktion angewiesen bin. Ich weiß aber, dass zu Politik und Parlament, wie es der Herr Präsident in seiner Eingangsrede gesagt hat, gehört, dass am Ende für die Bürgerinnen und Bürger im Lande der Respekt für das ganze Parlament und der Respekt gegenüber dem ganzen Parlament spürbar sind. Ich sage Ihnen zu, dass dies auch in Zukunft der Maßstab sein wird, wie wir miteinander umgehen, wie laut oder leise es auch immer ist.Aber es ist das ganze Parlament, das die Bürgerinnen und Bürger gewählt haben. Es ist das ganze Parlament, das die Verantwortung trägt. Ich weiß sehr wohl, dass die Mehrheit zu gewinnen das eine und Kooperation und Gespräche zu ermöglichen das andere ist.

Ich wünsche uns gemeinsam, dass uns das in den kommenden fünf Jahren gelingt, damit wir vernünftig arbeiten können – ja, sicherlich auch –, aber vor allen Dingen, damit die Bürger mit Respekt, mit Neugierde, letzten Endes aber mit einem gewissen Maß an Vertrauen, dass wir nach dem Streit das Richtige tun,uns als Parlament beobachten in einer Zeit, in der Herausforderungen nicht ausbleiben werden. – Vielen herzlichen Dank.

(Anhaltender lebhafter Beifall bei der CDU und der FDP)

Vielen Dank, Herr Ministerpräsident, und nochmals herzlichen Glückwunsch und alles Gute für Ihre Amtszeit. Und: Die großen Trommeln bitte bei mir abgeben.

(Heiterkeit)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich unterbreche jetzt die Sitzung bis 13.40 Uhr – das sind nach Adam Riese 15 Minuten –, um Ihnen, Herr Ministerpräsident, Gelegenheit zu geben, Ihr Kabinett zu benennen, damit es anschließend vor dem Haus vereidigt werden kann.

(Unterbrechung von 13.23 bis 13.41 Uhr)

Meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, wir setzen die unterbrochene Sitzung jetzt fort. Ich bitte Sie, Platz zu nehmen und Ihre Aufmerksamkeit auf die Geschehnisse hier vorn zu richten.

Wir kommen jetzt zu Tagesordnungspunkt 15:

Mitteilung über die Ernennung der Ministerinnen und Minister (Art. 101 Abs. 2 HV)

Ich erteile Herrn Ministerpräsidenten Koch zur Mitteilung über die Ernennung der Ministerinnen und Minister das Wort.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich teile Ihnen aufgrund des Art. 101 Abs. 2 Satz 2 der Hessischen

Verfassung mit, dass ich heute folgende Mitglieder der Landesregierung ernannt habe:

Herrn Abg. Stefan Grüttner zum Staatsminister im Geschäftsbereich des Ministerpräsidenten und Chef der Staatskanzlei,

Herrn Staatsminister Jochen Riebel zum Staatsminister im Geschäftsbereich des Ministerpräsidenten und Hessischen Minister für Bundes- und Europaangelegenheiten und zugleich zum Bevollmächtigten des Landes Hessen beim Bund,

Herrn Staatsminister Volker Bouffier zum Hessischen Minister des Innern und für Sport,

Herrn Staatsminister Karlheinz Weimar zum Hessischen Minister der Finanzen,

Herrn Staatsminister Dr. Christean Wagner zum Hessischen Minister der Justiz,

Frau Staatsministerin Karin Wolff zur Hessischen Kultusministerin,

Herrn Staatssekretär a. D. und Landtagsabgeordneten Udo Corts zum Hessischen Minister für Wissenschaft und Kunst,

Herrn Oberbürgermeister Dr. Alois Rhiel zum Hessischen Minister für Wirtschaft, Verkehr und Landesentwicklung,

Herrn Staatsminister Wilhelm Dietzel zum Hessischen Minister für Umwelt, ländlichen Raum und Verbraucherschutz,

Frau Staatsministerin Silke Lautenschläger zur Hessischen Sozialministerin.

Vielen Dank, Herr Präsident.

(Beifall bei der CDU)

Vielen Dank, Herr Ministerpräsident.

Meine Damen und Herren, wir kommen damit zum

Tagesordnungspunkt 16:

Beschlussfassung über die Vertrauenserklärung für die Landesregierung (Art. 101 Abs. 4 HV)

Nach Art. 101 Abs. 4 der Verfassung des Landes Hessen kann die Landesregierung ihre Geschäfte erst übernehmen, wenn ihr der Landtag durch besonderen Beschluss das Vertrauen ausgesprochen hat. Dies beantragt die Fraktion der CDU mit der Drucks. 16/15, die Ihnen vorliegt.