Protocol of the Session on February 23, 2022

Im folgenden Absatz argumentieren Sie, finde ich, leider nicht ganz sauber. Sie führen aus, dass die meisten Bissverletzungen in Deutschland nicht auf Hunde von der Rasseliste zurückzuführen seien, sondern auf den deutschen Schäferhund. Sie schreiben dann selbst, dass dieser wahrscheinlich die am meisten vorkommende Hunderasse in Deutschland sei und verweisen auf die offiziellen Geburtsstatistiken. Da frage ich mich, was Sie damit aussagen wollen, oder ob das überhaupt eine Aussage ist, aber gut.

Ich finde, hier hilft der gesunde Menschenverstand. Natürlich kann eine Hunderasse, welche seit mehr als eineinhalb Dekaden beinahe bundesein

heitlich verboten ist, in einer Beißstatistik nicht offensichtlich als beißfreudigste Hunderasse auffallen – im Gegenteil, es zeigt doch die Wirksamkeit des Verbotes! In diesem Zusammenhang noch einmal zur Erinnerung die Ausgangssituation: Es ging um das Totbeißen eines Kindes.

In aller Deutlichkeit: Mit der Rasseliste geht es nicht um das Verhindern von Schnapp- oder Bissverletzungen – schlimm genug! Es geht um das Verhindern von tödlichen Hundeattacken durch Hunde, welche durch Menschenhand darauf konditioniert wurden, nicht abzulassen, welche eine Beißkraft aufweisen, welche mit der von Löwen und Tigern vergleichbar ist.

Noch etwas: Die meisten Bissattacken, egal ob tödlich oder nicht, ereignen sich zwischen Hunden. Ich will das gar nicht ins Verhältnis setzen, bin mir aber sicher, dass auch der 08/15-Hundehalter oder die 08/15-Hundehalterin es ungern sehen möchte, wenn sich im Park ein auf Kampf, Jagd oder Hetze gezüchteter Hund in den eigenen Vierbeiner verbeißt und nicht ablässt.

(Abgeordneter Dr. Magnus Buhlert [FDP]: Der wird darauf nicht gezüchtet!)

Natürlich!

Zurück zum Schäferhund und der Frage, welche Rasse wo in welcher Statistik auftaucht. Tatsächlich hätte der FDP-Fraktion ein Blick in die Vereinigten Staaten geholfen, wo der American Pit Bull Terrier, ähnlich wie bei uns der Schäferhund, eine beliebte und populäre Hunderasse ist. Die amerikanische Gesundheitsbehörde – Herr Präsident, ich komme sofort zum Schluss – hat festgestellt, dass eben jene Hunderasse und der Rottweiler, welcher bei uns in Deutschland nicht verboten ist, in Amerika für mehr als die Hälfte aller tödlichen Bissattacken in den vergangenen drei Dekaden verantwortlich waren.

Kolleginnen und Kollegen, das soll es von mir erst einmal gewesen sein. – Vielen Dank, bis gleich!

(Beifall SPD)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Olaf Zimmer.

Herr Präsident, liebe Kolleg:innen! Herr Lenkeit, vorweg: Es sterben im Jahr durchschnittlich drei Menschen in Deutschland durch Hundebisse, um diese

Dimension geht das hier. Liebe Freund:innen von der FDP-Fraktion, um es gleich am Anfang zu sagen, ich finde Ihren Antrag sehr sympathisch, Sie identifizieren das eigentliche Problem: Es ist nicht das Tier, sondern der Mensch.

(Abgeordneter Dr. Magnus Buhlert [FDP]: Am an- deren Ende der Leine!)

Man könnte auch sagen, die Gleichung ist einfach: aggressiver Mensch gleich aggressiver Hund, und nicht umgekehrt. In Bremen führen wir bisher vier Hunderassen auf, die als gefährlich gelten. Es könnten aber alle Hunderassen gefährlich für andere Tiere und Menschen sein, wenn sie unsachgemäß gehalten werden. Die Lösung kann aber nicht sein, Hunderassen auf die Verbotsliste zu setzen, sondern die Haltung klar zu regeln und zu reglementieren.

(Beifall DIE LINKE, FDP)

Das wollen Sie mit Ihrem Gesetzesvorschlag. Das finden wir gut, und das finden wir richtig. Allerdings sehen wir Probleme in Ihrem Antrag, auf die ich eingehen möchte.

Es stellen sich für mich drei Fragen, bei denen ich der Meinung bin, dass sie durch Ihren Gesetzesentwurf nicht beantwortet werden. Noch einmal zur Klarstellung: Das Problem ist der Mensch. Trotzdem gibt es natürlich Hunderassen, die im Schnitt gefährlicher sind als andere. Da ist der Hinweis auf die Bissigkeit des deutschen Schäferhundes richtig, aber auch ungenau. Ich teile die Auffassung nicht vollumfassend, dass es grundsätzlich keine gefährlichen Hunde gibt.

Die Hunde, die Bremen listet, sind alle zum Kampf gezüchtet worden. Das heißt zwar nicht, dass sie von Natur aus in ihrem Verhalten aggressiver sind, aber durch ihren Körperbau durchaus gefährlicher sein können. Zum Beispiel, klar, es gibt diesen Stafford Terrier, oder wie der heißt, der bei „Die kleinen Strolche“ noch – –, da sieht man alle noch lustig, damals haben wir das im Fernsehen gesehen, wie der mit den Kindern spielt und so. Das muss nicht unbedingt einer sein, der die Leute totbeißt.

(Vizepräsidentin Sülmez Dogan übernimmt den Vorsitz.)

Wann das genau gekippt ist, weiß ich gar nicht, wann dieser Hund so ein schlechtes Image bekommen hat. Das würde mich interessieren.

(Abgeordneter Dr. Magnus Buhlert [FDP]: Bei den kleinen Strolchen auf jeden Fall noch nicht!)

Nein, da noch nicht, da funktionierte das alles noch wunderbar. Das heißt zwar nicht, dass sie von Natur aus in ihrem Verhalten aggressiver sind, aber durch ihren Körperbau durchaus gefährlicher sein können. Es ist schon ein Unterschied, ob mich ein frisierter, geföhnter Chihuahua in buntem Westchen anspringt und an meinem Turnschuh knabbert, oder ob sich ein Staffordshire Bullterrier in meinem Oberschenkel verbeißt. Durch Ihren Gesetzesvorschlag wird mir zumindest nicht ganz klar, ob Sie die bisher in Bremen als gefährlich eingestuften Hunderassen weiterhin verboten haben wollen oder nicht.

Die zweite Frage, die mich beschäftigt, ist die Ausnahme vom Sachkundenachweis, wenn schon einmal mindestens zwei Jahre ein Hund gehalten oder betreut worden ist. Wenn ich mir also hinten in meinem eingezäunten Garten einen Hundezwinger baue, da seit ewigen Zeiten nachweislich Hunde gehalten habe und die Nachbarn können das bestätigen, dann muss ich den Sachkundenachweis nicht mehr erbringen,

(Abgeordneter Prof. Dr. Hauke Hilz [FDP]: Doch, natürlich müssen Sie den erbringen!)

obwohl ich die Tiere da hinten permanent angekettet habe – und wehe, sie werden losgelassen. Nur, weil jemand schon lange Hunde hält, heißt das nicht automatisch, dass er oder sie das auch kann oder dürfen sollte. Ausnahmen sollten schon besser begründet sein, was Sie bei den restlichen Ausnahmen ja auch vernünftig gemacht haben.

Das dritte Problem, das ich mit Ihrem Antrag habe, ist die unterschwellige Annahme, dass man mit solchen Regulierungen die Probleme löst. Dabei beschreiben Sie selbst in Ihrem Antragstext das eigentliche Problem: Die meisten erfassten Hundebisse der letzten Jahre gehen auf den Schäferhund zurück, und diese Rasse hat gleichzeitig die meisten neugeborenen Welpen. Der Umstand, dass Hunde bei uns in Deutschland einfach so vermehrt werden können, dass der Handel mit diesen Tieren so wenig reglementiert und die Kontrolle so schwierig ist, führt zu überfüllten Tierheimen, insbesondere mit großen Hunden, nicht nur bei uns, sondern eben auch in Niedersachsen, obwohl dort schon ein Sachkundenachweis erbracht werden muss.

Ich finde den Antrag und Ihren Gesetzesvorschlag wichtig und größtenteils richtig. Die Fragen hätten sicherlich geklärt werden können, das hätte ich ganz zauberhaft gefunden, dieser Weg wurde aber nicht beschritten. Ich möchte trotzdem darauf hinweisen, dass ich persönlich hoffe, dass wir hier mit der Ablehnung des Antrages nicht das Thema beenden, sondern uns diesen Fragestellungen noch einmal widmen werden –

(Beifall FDP)

vielleicht, wenn wir irgendwann in einer fernen Zukunft nicht mehr in der Regierung, sondern in der Opposition sind und diesen Antrag stellen und Sie ihn dann als Regierung ablehnen. – Besten Dank!

(Beifall DIE LINKE – Abgeordneter Dr. Magnus Buhlert [FDP]: Ich glaube, wir müssen an der SPD arbeiten, wir alle zusammen!)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Dr. Oğuzhan Yazıcı.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir haben in diesem Haus schon mehrfach zum Gesetz über das Halten von Hunden debattiert. Ich erinnere mich an sehr lebhafte Diskussionen, die zum Teil auch sehr emotional geführt wurden. Ich denke, das Thema treibt viele von uns schon seit Jahren um, und auch zu den einzelnen Fragestellungen, die hier aufgeworfen worden sind, haben wir in den einzelnen Fraktionen vermutlich keine einheitliche Meinung. Bei uns in der CDU-Fraktion ist das jedenfalls so, das gebe ich zu.

Das deckt sich sicherlich mit der Stimmung in der Bevölkerung, denn die Inhalte dieses Gesetzes werden auch in der Bevölkerung zum Teil kontrovers und emotional geführt. Da stoßen viele Interessen aufeinander. Es gibt nicht wenige, die sagen, dass das bremische Gesetz über das Halten von Hunden eine weitere tierschutzrechtliche Akzentuierung benötige. So sind wir als Landesgesetzgeber gehalten, hier Fragen der Sicherheit und der Gefahrenabwehr mit Tierschutzinteressen abzuwägen. Deswegen ist es gut, dass wir heute noch einmal darüber sprechen, um auszuloten, wie sich die Fraktionen mittlerweile verorten, denn die Debatte ist ja weitergegangen, meine Damen und Herren.

Was möchte die FDP-Fraktion? Sie möchte im Grunde genommen das bremische Gesetz über das Halten von Hunden komplett durch das niedersächsische ersetzen. Kernstück ist dabei die Abschaffung der Rassenliste, Kollege Lenkeit hat dazu schon etwas gesagt. Wieso haben wir diese Liste? Es war in der Tat, ich möchte es noch einmal sagen, der Tod des sechsjährigen Volkan Kaya in Hamburg, der von zwei Kampfhunden tot gebissen wurde. Zehn Minuten lang haben sich diese Hunde in Kopf und Hals dieses Jungen festgebissen, und herbeieilende Polizisten mussten ein ganzes Magazin leerschießen, damit der Hund von dem Jungen abließ.

Infolgedessen hat es zu Recht bundesweit eine massive Debatte gegeben. Das Gesetz wurde auf Bundesebene erlassen, und dort wurden diese vier Rassen verboten, die wir hier auch verboten haben, nicht willkürlich, sondern wir haben uns an dem Bundesgesetzgeber orientiert und das hier weiter ausgeführt. Wie der Kollege schon gesagt hat, das Bundesverfassungsgericht hat festgestellt, dass es ein legitimes Mittel ist, diese Rassenlisten zu führen, um Gefahren durch bestimmte Hunde abzuwehren. Auch in verfassungsrechtlichen Rechtsprechungen der Länder wurde das bis heute immer wieder bestätigt, meine Damen und Herren.

Deswegen, sagen wir als CDU-Fraktion, gibt es rechtlich keinen Grund, an dieser Regelung nicht weiter festzuhalten. Im Übrigen hat sich das Gesetz auch in der Sache klar bewährt, denn wir hatten vor 2001 etwa 70 Beißattacken im Land Bremen, nach dem Gesetz keine einzige. Das zeigt, dass das Gesetz erfolgreich ist, meine Damen und Herren.

(Beifall CDU)

Jetzt wird die FDP-Fraktion natürlich argumentieren, es gibt auch eine Alternative dazu, nämlich einen Sachkundenachweis. Wenn wir diesem Argumentationspfad folgen, müssen wir in der Tat feststellen, dass das bremische Gesetz über das Halten von Hunden in dieser Hinsicht eine Schwäche aufweist, denn nach aktueller Gesetzeslage ist es so, dass sich jeder einen Hund anschaffen kann, einen Rottweiler, Dobermann, und niemand würde die Frage stellen: Hast du eigentlich eine Ahnung, was du da gerade tust?

Natürlich kann man auch einen Rottweiler so verderben, dass er genauso gefährlich werden kann wie ein Kampfhund, und das fordert uns dazu auf, die Frage der Rassenliste durchaus differenzierter

zu betrachten und unseren Blick auf Hundehalterinnen und Hundehalter zu schärfen. Hunde sind komplexe Wesen und anspruchsvoll, und das sollte man vor einer Anschaffung auf jeden Fall bedenken, meine Damen und Herren.

(Beifall CDU)

Vor allem sind Hunde keine Spielzeuge, die man aus einer Laune heraus anschaffen sollte, oder weil man gerade in Zeiten von Corona ein bisschen einsam ist. Deswegen plädieren wir als CDU-Fraktion durchaus dafür, einen allgemeinen Sachkundenachweis für alle Hundehalter einzuführen, damit sichergestellt ist, dass derjenige, der einen Hund anschafft, auch weiß, was er da tut und wie man einen Hund artgerecht zu führen hat, meine Damen und Herren.

(Beifall Bündnis 90/Die Grünen)

Ich möchte hier auch noch einmal unsere alte Forderung deutlich machen, nämlich eine landesgesetzliche Kennzeichnungs- und Registrierungspflicht, die Kollegin Silvia Neumeyer immer wieder hochgehalten hat. Natürlich müssen wir dafür Ressourcen bereitstellen, aber wir denken, dass das sinnvoll ist. Wir haben in der Vergangenheit schon öfter vorgetragen weshalb. Wir sind der Meinung, dass, wenn dieser Rahmen geschaffen wird – was eine enorme Weiterentwicklung zu dem aktuellen Gesetz wäre –, die CDU-Fraktion durchaus bereit ist, seriös darüber zu diskutieren, ob wir diese Rassenlisten irgendwann vielleicht auch abschaffen.

Im Moment kommt uns dieser Schritt der FDPFraktion zu verfrüht, weil Sie den dritten Schritt vor dem ersten gehen. Wir brauchen erst einen neuen Rahmen, und dann können wir seriös darüber diskutieren, ob wir auch an die Rassenlisten gehen. – Danke schön!

(Beifall CDU)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Philipp Bruck.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleg:innen! Ich freue mich, dass wir heute über einen Entwurf für ein Gesetz zur Änderung des Gesetzes über das Halten von Hunden diskutieren. Haustiere nehmen in unserer Gesellschaft zweifellos eine besondere Rolle ein und Hunde vielleicht die bedeutendste. Darüber möchte ich jetzt nicht diskutieren, aber wer Hunde hält, den verbindet

häufig eine sehr enge Beziehung mit den Tieren. Oft werden diese Tiere als Familienmitglieder wahrgenommen, und wenn wir als Staat den Umgang mit diesen Tieren regeln muss uns bewusst sein, dass das ein sehr sensibler Bereich ist.

(Abgeordnete Ilona Osterkamp-Weber [Bündnis 90/Die Grünen]: Genau!)