Protocol of the Session on November 26, 2015

(Beifall DIE LINKE)

Wir benötigen zudem eine Diskussion über Flucht vor Klimaschäden. Teil der Genfer Flüchtlingskonvention sollte werden, dass Flucht vor Klimaschäden anerkannt wird. Das Gleiche sollte sich auch in der deutschen und in der europäischen Rechtsprechung wiederfinden, denn auch das bedeutet, global Verantwortung zu übernehmen.

(Beifall DIE LINKE)

Außerdem erwarten wir, dass darüber nachgedacht wird, wie die Wirtschaft umgestellt wird. Das ist jetzt eine Forderung, die sich sowohl an Paris als auch an uns selbst richtet. Wir müssen darüber diskutieren, ein Kohleausstiegsgesetz aufzusetzen. Wir müssen über den Stopp öffentlicher Subventionen für fossile Energieträger und Energieproduktion diskutieren. Wir müssen aber auch ganz grundsätzlich darüber spre

chen, wie Marktmechanismen im Klimaschutz funktionieren.

Wir dürfen Klimapolitik nicht immer nur an Marktmechanismen ausrichten und durch Anreizsysteme wie den ökologischen Ablasshandel angesichts von Emissionshandel bestärken. Wir müssen anfangen, Wirtschaftspolitik auf klimapolitische Forderungen auszurichten, statt Marktmechanismen in den Mittelpunkt zu stellen.

(Beifall DIE LINKE)

Okay, die Zeit ist fast abgelaufen. Ich nenne nur noch einen Punkt.

Einen letzten Satz!

Einen letzten Satz! – Viele dieser Forderungen richten sich an Paris. Viele Forderungen richten sich aber auch an uns, an Deutschland und an Bremen. Ich hoffe, dass wir auch außerhalb von solchen Gipfeln verstärkt darüber diskutieren und es Teil unserer Arbeit werden lassen. – Danke!

(Beifall DIE LINKE)

Als Nächster hat das Wort der Abgeordnete Crueger.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Ich freue mich total, dass ich meine Jungfernrede in der neuen Legislaturperiode und nach der Wiederwahl ausgerechnet zu einem solchen interfraktionellen Antrag halten kann. Das hat man selten, denn sonst hat man hier immer ganz viele Konflikte.

(Beifall SPD – Heiterkeit CDU)

Ich meine, wir haben es in der Debatte gut geschafft, um die Konflikte herumzureden – Konflikte, die dann entstehen, wenn wir konkret werden.

Ich will noch etwas sehr Allgemeines zur Klimakonferenz sagen. Ich glaube, dass es die LINKEN waren, die die Wirtschaftsinteressen ansprachen, die am Rande der Klimakonferenz vertreten werden. Es werden dort von sehr vielen Lobbyisten Interessen vertreten. Da sind die sogenannten guten Lobbyisten, also die Umweltschutzorganisationen, und auch die NGOs sind alle da. Alle haben ihre Interessen.

Ich meine, dass am Ende das Konzept der Nachhaltigkeit steht, das sich vor ein paar Jahrzehnten jemand ausgedacht hat, das Konzept, das vorsieht, dass wir einen Ausgleich zwischen Ökologie und Ökonomie, zwischen den Interessen der Wirtschaft und des Sozialen, also den Interessen der Menschen, schaffen müssen. Das ist eigentlich der Kerngedanke. Wenn eine Klimakonferenz gut entscheidet, dann schafft sie

es, dem Nachhaltigkeitsdreieck – es ist nicht die Raute von Angela Merkel –

(Heiterkeit CDU)

so nahe wie möglich zu kommen. Ich meine, dass es darum geht und man nicht sagen kann, dass einer dieser drei Bereiche den anderen vorzuziehen ist. Für uns als SPD ist es wichtig, Nachhaltigkeit im Ausgleich zu betreiben.

(Beifall SPD)

Ich will noch etwas zu dem Zwei-Grad-Ziel sagen, das ebenfalls von der LINKEN angesprochen wurde. Ich habe nachgeschaut, wie es dazu gekommen ist. Die Menschen, die sich dieses Zwei-Grad-Ziel ausgedacht haben, haben – das war super, das war nämlich Technikkommunikation – versucht, für die Leute etwas total Komplexes auf eine einfache, verständliche Formel zu bringen. Das war auch nötig, weil dieses Zwei-Grad-Ziel so klingt, als wenn das ein Thermometer wäre, daran entzündet sich auch die Kritik: Wenn mir ein bisschen kalt ist, stelle ich meine Heizung zwei oder drei Grad wärmer, und wenn ich es ein bisschen warm empfinde, stelle ich die Heizung wieder zwei Grad herunter. – Dieses Bild, das Bild eines Thermometers, wird angesprochen, wenn wir vom Zwei-Grad-Ziel reden. Insofern ist die Materie komplex, wir haben aber eine ganz simple Formel. Es ist uns sicherlich allen klar, worum es geht: Wir müssen sehen, wie wir weniger klimaschädliche Dinge emittieren und nachhaltiger leben.

Jetzt komme ich zur Rolle Bremens. Kollege Strohmann hat hier ganz stark auf die bremische Rolle rekurriert. Das fand ich schön. Wir nehmen diese Vorschläge auch auf. Altbausanierung ist natürlich eine ganz zentrale Aufgabe. Ich meine aber, dass es noch um ein paar mehr Dinge geht. In Berlin hat gerade die Klimakonferenz stattgefunden. Gestern konnte man im „Tagesspiegel“ lesen, was sich Berlin vorgenommen hat. Berlin will bis 2050 klimaneutral werden. Wie will Berlin das schaffen? Berlin will das hauptsächlich durch Digitalisierung schaffen. Ein ganz banales Beispiel dafür wäre intelligente Straßenbeleuchtung, mit der man, wenn man sie wirklich flächendeckend einsetzen würde, unter dem Strich das Klima tatsächlich schonen würde, weil man Energie sparen würde. Sie wollen Industrie mit Start-ups verzahnen. Wir haben unsere Klimakonferenz im Februar nächsten Jahres. Dann müssen wir uns als Bremer Umwelt- und Klimapolitiker darüber verständigen, wie es diesbezüglich in Bremen aussieht. Meine Fraktion hat den Wunsch, dass dann nicht nur Einzelprojekte präsentiert werden, sondern ganzheitlich gedacht wird. Wir brauchen insofern wirklich ein Klimakonzept.

(Beifall SPD)

Ich finde, Berlin hat dazu jetzt schön vorgelegt. Wir müssen überlegen, wie wir uns in Bremen positionieren. Wir haben natürlich ein Problem, das muss man auch immer sagen: Wir sind ein Zwei-Städte-Staat. Das macht uns vergleichbar mit Berlin und Hamburg, aber nicht mit den Flächenländern. Wenn ich mir die Klimabilanz von städtischen Räumen und daneben die Klimabilanz von ländlichen Räumen anschaue, dann erkenne ich, dass dazwischen immer ein deutlicher Unterschied besteht. Städte sind per se einfach klimaintensiver. Wir sind insbesondere fünftgrößter Industriestandort. Darauf sind wir stolz. Das erleichtert es aber nicht unbedingt, eine gute Klimabilanz zu erreichen. Insofern meine ich, dass in diesem Bereich der Blick in das niedersächsische Umland lohnt. Wenn wir nämlich die Metropolregion als Maßstab anlegen, sieht unsere Klimabilanz schon wieder anders aus. Ich meine daher, dass es auch in dieser Hinsicht sinnvoll ist, in vernünftigen Dimensionen zu denken und zu planen.

(Beifall SPD)

Natürlich hat Herr Strohmann den Finger auf das Thema Energiekonsens gelegt. Ich, meine Fraktion und die Koalition finden das, was Energiekonsens macht, super. Das ist Klimaberatung für die kleinen und mittelständischen Unternehmen, die es sich nicht leisten können, für diese Aufgabe – inhouse, wie man das heute Neudeutsch nennt – eigene Abteilungen und Mitarbeiter zu haben. Das ist ein ganz wichtiger Beitrag nicht nur für das Klima, sondern auch für den Wirtschaftsstandort. Die Landwirtschaft wurde auch angesprochen. Im ökologisch nachhaltigen Landbau sind wir ja schon zweistellig, also eigentlich schon führend. Ich meine, dass wir die Landwirtschaftsthemen wichtig nehmen und nicht damit aufhören sollten. Wenn ich es ganz auf die Spitze treibe, Herr Strohmann, kann ich natürlich den Ball zurückspielen und sagen: Ich war vor einer Woche in der Anthropozän-Ausstellung des Deutschen Museums in München. Da wurde mir gesagt, die sinnvollste Ernährung bestünde aus kleinen Insekten, also aus Mehlwürmern, Heuschrecken und so weiter.

(Abg. Frau Neumeyer [CDU]: Sehr eiweißreich!)

Ein jeder Wissenschaftler, der sich damit auskennt, würde sagen: Super, die fressen nur das Doppelte ihres eigenen Körpergewichts, die scheiden kaum Wasser aus, das sind tolle Tierchen! Ich würde mich freuen, wenn von der CDU einmal ein Vorstoß in die Richtung käme.

(Beifall, Heiterkeit SPD, Bündnis 90/Die Grünen)

Letzter Punkt: Meine sehr verehrten Damen und Herren, es geht am Ende des Tages auch um Konsum.

Wir dürfen das Thema Konsum bei allem, worüber wir reden, nicht aus dem Auge verlieren. – Danke!

(Beifall SPD, Bündnis 90/Die Grünen)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Dr. Buhlert.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Was wir an Klimawandel erleben, liegt nicht zuletzt daran, dass der Mensch mit seinem Wirtschaften und mit seinem Handeln und mit der Menge Mensch, die es auf der Erde gibt, ein großer ökologischer Faktor auf dieser Welt ist. Wenn Sie in die Ausstellung im Universum gehen und dort an einer Station einstellen, was Sie an Ihrem Verhalten ändern können – weniger Fleisch konsumieren und so weiter –, dann werden Sie feststellen, dass wir auch dann, wenn die ganze Menschheit ihr Verhalten so ändern würde, immer noch mehrere Erden brauchten, um das zu erwirtschaften, was wir verbrauchen. Das muss man sich immer bewusst machen.

Wir werden nachhaltiger leben müssen, wir sollten nachhaltiger leben, aber wir sind aufgrund der Menge Mensch, die es gibt, immer noch dabei, so viel zu verbrauchen. Deswegen müssen wir uns dessen bewusst sein, dass wir weiter auf Technologie, auf Fortschritt setzen müssen, damit wir uns aus dieser Entwicklung herausarbeiten, denn die Menge Mensch wird sich nicht ändern. Wir sind gefragt, uns neben all dem Sparen weiterzuentwickeln und technischen Fortschritt zu haben, damit uns all die Dinge gelingen, die wir erreichen wollen, um das Zwei-Grad-Ziel einzuhalten, weil dann Klimawandel nur in dem Maße stattfindet, wie er gerade noch erträglich und finanzierbar ist. Das ist doch das Wesentliche, denn wir sind sicherlich eine vom Klimawandel betroffene Region. Wir haben hier noch Sturmfluten zu gegenwärtigen, und wir bauen die Deiche doch nicht ohne Grund aus. Insofern ist es wichtig, in Paris in den Klimaverhandlungen voranzukommen.

Es ist schon angeklungen: Wir werden erleben, dass es Flucht aufgrund von Klimaveränderungen weltweit geben wird. Wir hören von den Inselgruppen, die es irgendwann nicht mehr geben wird. Die Menschen werden irgendwohin gehen müssen, wenn der Meeresspiegel ansteigt.

Es gibt auch Regionen, die einen bei Weitem nicht so guten Küstenschutz haben wie wir. Auch dort wird es Veränderungen geben. Wir müssen uns dessen bewusst sein. Deswegen ist es richtig, ein ambitioniertes Abkommen zu fordern und darauf zu setzen.

Dafür ist Dekarbonisierung der Wirtschaft notwendig, das heißt, es ist notwendig, Techniken zu entwickeln, die es uns ermöglichen, unseren guten Lebensstandard zu halten und ihn auch für die Menschen in der sich entwickelnden Welt zu ermöglichen, und dabei bewusst Techniken einzusetzen, die nicht so viele Treibhausgase produzieren.

Der Weltklimarat empfiehlt, 95 Prozent der bekannten Kohlenstoffreserven im Boden zu lassen. Wenn Bodenschätze Bodenschätze sind, dann sollten wir sie auch so sehr schätzen, dass wir sie da lassen und möglichst schnell auf Braunkohle und Steinkohle und langfristig auch auf Gas verzichten.

(Beifall FDP, SPD, Bündnis 90/Die Grünen)

Wir als Industriestandort sind gefordert, hier Vorbild zu sein, weil wir es können. Hier sind doch die Fähigkeiten, um diese Techniken für die Energiewende zu entwickeln. Es ist doch nicht die Frage, ob wir es technisch können, sondern es ist die Frage, ob wir es finanziert bekommen und ob wir es finanzieren wollen und ob wir diesen Weg gehen wollen.

Dann benötigen wir neben der Stromwende natürlich auch eine Wärmewende. Das ist angeklungen. Wir benötigen Speicher für jede Form von Energie, damit wir diese dann nutzen können, wenn wir sie benötigen. Wir müssen Energie sparen, und wir müssen natürlich dafür sorgen, dass die marktwirtschaftlichen Instrumente geschärft werden. Da bin ich ganz anders unterwegs als Sie. Es ist nicht das Problem, dass der Treibhausgashandel nicht funktioniert. Die Frage ist, ob man dieses Instrument ernsthaft einsetzt oder ob man so viele Zertifikate schafft, dass keine Knappheitspreise entstehen. Ohne Knappheitspreise wird dieser Markt nicht funktionieren und nicht die gewünschten Effekte haben. Das ist relativ trivial. Dann muss man sich eben überlegen, was man tun kann.

(Beifall FDP)

Zugleich gilt es, auch die Wettbewerbsfähigkeit unserer Industrie im Auge zu haben, auch das ist uns als Freien Demokraten wichtig. Das heißt nicht, dass wir jedem Lobbyisten Recht geben, der sagt, oh Gott, unsere Wettbewerbsfähigkeit ist gefährdet. Es geht nicht nur um die kurzfristige Wettbewerbsfähigkeit. Es geht auch um die langfristige Wettbewerbsfähigkeit.

Es gilt eben auch dort, neue Produktionsverfahren zu entwickeln und zu schauen, wie man Stahl langfristig mit erneuerbaren Energien produzieren kann und nicht mehr in der bisherigen Weise. Auch dafür gibt es Forschungsansätze. Diese muss man dann eben entsprechend verfolgen. Wir leben immer noch in der Eisenzeit, in der man Stahl benötigt.

Wir sind auf einem guten Weg, diesen Antrag gemeinsam zu beschließen. Wir werden noch diskutieren, was man an der einen oder anderen Stelle in Bremen machen muss. Darüber werden wir sicherlich Kontroversen haben. Wichtig ist uns als Freien Demokraten, dass wir ein gemeinsames Signal nach Paris für einen ambitionierten Klimaschutz aussenden.

(Beifall FDP, Bündnis 90/Die Grünen)

Als Nächster hat das Wort Herr Senator Dr. Lohse.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich möchte Ihnen für diese eben geführte Debatte und für diesen Entschließungsantrag danken, der von allen Fraktionen dieses Hauses gemeinsam unterschrieben wird! Das freut mich sehr, denn es ist wichtig, dass wir gemeinsam auf das Ziel eines ambitionierteren Klimaschutzes hinarbeiten.