Protocol of the Session on November 25, 2015

Wir kommen zur Abstimmung.

Wer das Gesetz zur Änderung des Gesetzes über die Zulassung einer öffentlichen Spielbank, Drucksache 19/134, in zweiter Lesung beschließen möchte, den bitte ich nun um das Handzeichen!

(Dafür SPD, Bündnis 90/Die Grünen, FDP)

Ich bitte um die Gegenprobe!

(Dagegen CDU, DIE LINKE, ALFA, Abg. Tassis [AFD] – Heiterkeit)

Meine Damen und Herren, wir befinden uns noch in der Abstimmung!

(Heiterkeit)

Wir befinden uns noch in der Abstimmung. Darf ich noch einmal das Votum der LINKEN sehen?

(Unruhe)

Gut, okay, dann ist das Nein notiert, meine Damen und Herren.

Ich stelle fest, die Bürgerschaft (Landtag) beschließt entsprechend.

Meine Damen und Herren, wenn Sie damit einverstanden sind, rufe ich als letzten Tagesordnungspunkt für heute den Tagesordnungspunkt 6 auf.

Organisierte Kriminalität im Land Bremen Große Anfrage der Fraktion der CDU vom 8. September 2015 (Drucksache 19/57) Dazu Mitteilung des Senats vom 13. Oktober 2015 (Drucksache 19/112)

Dazu als Vertreter des Senats Herr Staatsrat Ehmke.

Gemäß Paragraf 29 unserer Geschäftsordnung hat der Senat die Möglichkeit, die Antwort auf die Große Anfrage in der Bürgerschaft mündlich zu wiederholen.

Herr Staatsrat, ich gehe davon aus, dass Sie darauf verzichten wollen, sodass wir gleich in eine Aussprache eintreten können.

Meine Damen und Herren, die gemeinsame Beratung ist eröffnet.

Als erste Rednerin hat das Wort die Abgeordnete Frau Schnittker.

Sehr geehrter Herr Präsident, verehrte Damen und Herren! Diese Anfrage der CDU-Fraktion dient nicht dazu, Fehler in der Bekämpfung der organisierten Kriminalität beim Senat oder bei der Polizeibehörde zu suchen, sondern sie ist der Tatsache geschuldet, dass die organisierte Kriminalität ein zunehmendes Problem in der Gesellschaft darstellt, denn offene Grenzen führen in der Regel auch zu ansteigender Kriminalität.

Wie Sie in der Antwort richtigerweise dargelegt haben, wirkt sich die organisierte Kriminalität in erster Linie auf die innere Sicherheit aus. Wir sprechen hier von Bandenkriminalität, von Drogen- und Waffenhandel, von Prostitution, aber die organisierte Kriminalität hat viele Facetten. Dazu gehört zum Beispiel auch die Serie der aufgesprengten Geldautomaten, die es in Deutschland kürzlich gegeben hat. Selbst organisiertes Betteln ist der OK zuzurechnen.

Wir haben bei der OK verschiedene Problemlagen. Bei den Verfahren handelt es sich fast ausschließlich um sogenannte Kontrollverfahren. Das bedeutet, dass

nur durch ständige Kontrollen und Überwachung Taten aus diesem Bereich überhaupt erst aufgedeckt werden können. Aus dem Kreise selbst kommen fast überhaupt keine Hinweise oder Anzeigen. Die Opfer sind in der Regel zu stark eingeschüchtert oder haben Angst vor den Folgen einer möglichen Anzeige. Als Beispiel will ich einmal die Damen aus den Balkanländern anführen, die hierher verschleppt und zur Prostitution gezwungen werden. Hinweise oder Aussagen aus diesem Bereich erhält man in der Regel, wenn überhaupt, nur dann, wenn sie in ein Zeugenschutzprogramm aufgenommen werden. Aber ich will auch noch auf einige Antworten auf unsere Anfrage eingehen.

Eine Ursache des Ansteigens von organisierter Kriminalität steht möglicherweise auch im Zusammenhang mit Fehlern, die in der Vergangenheit in der Einwanderungspolitik betrieben wurden, denn auffallend ist, wenn wir uns die Antwort auf Frage Nummer 1 ansehen, dass die Relation der Anzahl der 34 deutschen Täter zu den 85 nicht deutschen Tätern nicht den Relationen der Bevölkerung in Deutschland entspricht. Dabei wissen wir nicht, ob es sich bei den deutschen Tätern nicht auch noch um Personen mit Migrationshintergrund handelt, das geht aus der Antwort leider nicht hervor. Insgesamt ist hier aber aus meiner Sicht der Anteil der Ausländer überproportional hoch.

In Bezug auf den Punkt 3 unserer Anfrage halten wir es für sinnvoll, dass die Daten künftig erfasst werden, damit man auch einen Überblick über die Schäden bekommt. Die Höhe der Schäden sensibilisiert in besonderer Weise auch die Öffentlichkeit.

Bei den Antworten auf Frage 14 sehen wir, dass es sich bei dem vorhandenen deutschen Rechtsrahmen zur Gewinnabschöpfung nicht um ein bremisches Problem handelt, sondern um ein bundesrechtliches Problem. In Italien zum Beispiel ist die Beweislast zur Bekämpfung der Mafia anders geregelt. Dort müssen die betroffenen Verdächtigen die Herkunft ihres Vermögens darlegen und nicht andersherum.

Hier in Deutschland kann jeder mit luxuriösen Autos vorfahren, große Villen besitzen, und bei einem Verfahren spielt es keine Rolle, woher das Vermögen überhaupt stammt. Insbesondere für den Bereich der organisierten Kriminalität brauchen wir aus meiner Sicht eine Umkehr der Beweislast, sodass der Betroffene beweisen muss, dass sein Vermögen legal erworben worden ist.

Abschließend ein Blick in die Statistik des Bundeskriminalamts! Die Statistik zeigt, dass im Jahr 2014 in Bremen lediglich zwei Verfahren anhängig waren. Im Verhältnis zur Gesamtanzahl der Verfahren von bundesweit 428 Verfahren liegen wir mit der Quote von 0,74 Prozent unter dem Durchschnitt der sonst üblichen Relation im Bundesländervergleich. Hier ist zu prüfen, ob es sich 2014 um einen Einzelfall handelt – es variiert ja stark – oder um einen Dauerzu

stand. Stellt man fest, dass es sich um einen Dauerzustand handelt, dann wären auf jeden Fall die Gründe für diesen Dauerzustand zu hinterfragen.

Meine Damen und Herren, das Thema organisierte Kriminalität ist für mich überwiegend kein Thema für parteipolitische Auseinandersetzungen. Ich sage ganz deutlich, die organisierte Kriminalität muss von uns allen und mit allen uns zur Verfügung stehenden Mitteln bekämpft werden,

(Beifall CDU)

denn unabhängig von den fiskalischen Schäden sind insbesondere die gesellschaftspolitischen Schäden inakzeptabel. – Danke!

(Beifall CDU)

Als Nächster hat das Wort der Abgeordnete Zenner.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die organisierte Kriminalität ist in den letzten Jahren in Bremen mit 19 Ermittlungsverfahren ausgewiesen. Ich glaube, der eine oder andere hat sich vielleicht noch mehr organisierte Kriminalität vorgestellt, vielleicht liegt das aber auch daran, dass 243 weitere Struktur- und Umgangsverfahren in der Antwort des Senats benannt werden.

Erstens: Ich denke, an dieser Stelle müssten wir für die Zukunft noch einmal genauer schauen, was unter diesen Begriffen zu verstehen ist, auf welche Weise diese Verfahren abgelaufen sind und in welcher Weise diese Verfahren die Gesellschaft belasten. Zweitens: Es ist auffällig, dass es bei den 19 Ermittlungsverfahren 102 erstauffällige Täter gegeben hat. Das heißt also, wir haben auch für den Bereich der organisierten Kriminalität einen erheblichen Zulauf von neuen Personen.

Meine Vorrednerin hat deutlich gemacht, dass 34 deutsche Beteiligte, aber 85 nicht deutsche Staatsangehörige an den Verfahren der organisierten Kriminalität beteiligt gewesen sind. Dies ist auch ein Gesichtspunkt, dem für die Zukunft mehr Gewicht beigemessen werden muss.

Weiter fällt auf, in welchen Bereichen die organisierte Kriminalität stattfindet: Betäubungsmittelstraftaten, Menschenhandel, Urkundenfälschung und Geldwäsche. Weiter fällt auf, dass es bei der Vielzahl der eingeleiteten Ermittlungsverfahren nicht zu Verurteilungen gekommen ist, sondern dass die überwiegende Anzahl der Ermittlungsverfahren eingestellt worden sind.

Außerdem fällt auf, dass es auch nicht nur, wie man es sich vorstellen könnte, bei der organisierten Kriminalität in allen Fällen zu erheblichen Strafen gekommen ist, die weit über zwei Jahre liegen, die man ja noch zur Bewährung aussetzen kann, sondern wenn

Sie sich die Antwort des Senats ansehen, dann ist es zu vielen Strafbefehlen, Einstellungen und bei den Verurteilungen auch Strafen, die sich im Bereich von 90 Tagessätzen zwischen acht bis zehn Euro bewegen. Das heißt also, es sind Beträge, die letztlich im Sozialhilfebereich anzusiedeln sind.

Bei der Nachbetrachtung der Verurteilten gibt es kaum Besonderheiten. Es gibt keine Besonderheiten bei den Lockerungen, fast alle Verurteilten wurden nach der Verbüßung von zwei Dritteln der Strafe aus der Haft entlassen, und die restliche Strafe wurde zur Bewährung ausgesetzt.

Die Vermögensabschöpfung ist ein Gesichtspunkt. Ich halte es allerdings für zu schnell geschossen, wenn die Absicht besteht, für diesen Bereich die Beweislastumkehr einzuführen. Es gilt nämlich der Grundsatz, wenn der Staat etwas verurteilen will, dann muss er das auch beweisen. Daran sollten wir grundsätzlich festhalten.

Mir ist es wichtig, dass wir zu diesen 243 Strukturund Umgangsverfahren noch einmal eine genauere Auskunft bekommen, weil ich mir vorstellen könnte, dass viele nicht nur von der exakten Begrifflichkeit organisierte Kriminalität ausgehen, sondern auch diese umfänglicheren Verfahren weit mehr ausmachen als den engeren Definitionsbereich OK-Verfahren. Wir sollten diesem Bereich noch einmal genauer betrachten, um dann zu entscheiden, welche weiteren Schritte erforderlich sind. – Danke schön!

(Beifall FDP)

Als nächste Rednerin hat das Wort die Abgeordnete Frau Aulepp.

Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Zweifelsohne hat die CDU-Fraktion mit ihrer Großen Anfrage ein wichtiges kriminalpolitisches Thema aufgegriffen, allerdings scheint es mir an der Stelle so, als ginge es im Wesentlichen darum, der geneigten Wählerschaft noch einmal deutlich zu machen, dass sich die CDU um alle Bereiche der Innenpolitik kümmert, denn etwas Neues habe ich heute zum Thema von Ihnen nicht gehört.

(Beifall SPD – Abg. Dr. vom Bruch [CDU]: Dann liegt das wieder an den Antworten!)

Ihre Einstellung zur Migration, die die Kollegin gerade eben in ihren Ausführungen deutlich gemacht hat, will ich von dieser Stelle aus nicht kommentieren, denn dieses Thema haben wir heute nach der Mittagspause bereits ausführlich debattiert. Angesichts dessen, dass der Einleitungstext vermuten ließ, dass die organisierte Kriminalität drohe, die Funktionsfähigkeit der Wirtschaftsordnung und der staatlichen Ordnung insgesamt zu erschüttern, bleibt am Ende nicht viel übrig. Glücklicherweise ist es aber

auch entgegen dieser Vermutung so, dass unsere Wirtschaft und unser Staat noch ganz gut funktionieren, insbesondere – und auch das ist ja gerade zugestanden worden – im Bereich der Strafverfolgung.

Die Bekämpfung der organisierten Kriminalität ist seit jeher eine wichtige Aufgabe der Polizei, der Staatsanwaltschaft und der Gerichte. In Bremen sind die Strafverfolgungsbehörden in diesem Bereich gut aufgestellt. Die Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten sind hoch spezialisiert und arbeiten unter Einbeziehung des Bundeskriminalamts auch international gut vernetzt. Das ist angesichts der technischen Entwicklung, insbesondere auch der Möglichkeiten der internationalen Vernetzung der Täter, notwendig.

Bei der Staatsanwaltschaft arbeiten ebenfalls spezialisierte Dezernentinnen und Dezernenten in dem Bereich. Das ist notwendig, und zwar sowohl im Hinblick auf die Ermittlung und die Aufklärung der Straftaten als auch die Täterzusammenschlüsse und Strukturen der organisierten Kriminalität. Es ist auch deshalb wichtig, weil wir uns nicht damit zufriedengeben können, Straftaten aufzuklären – sie sind dann ja schon begangen worden, und der Schaden ist eingetreten –, sondern die Arbeit der Polizei- und Justizbehörden muss präventiv wirken, damit weitere Straftaten und Schäden verhindert werden. Dafür ist es wichtig, dass die Strafverfolgungsbehörden die Strukturen der Tätergruppen ermitteln, nämlich die sogenannten Firmen der organisierten Kriminalität. Die Geschäftsstrukturen müssen zerschlagen werden, um weitere Straftaten zu verhindern.

An der Stelle will ich noch einmal den Senat loben und mich dafür bedanken, dass es insbesondere mit der Vermögensabschöpfung gelungen ist, das Geschäftsmodell der organisierten Kriminalität möglichst unattraktiv zu machen. Die Stärkung des Instrumentariums für die Abschöpfung kriminell erworbener Vermögen trifft die organisierte Kriminalität an ihrer empfindlichsten Stelle. Meine Damen und Herren, wenn illegale Gewinne abgeschöpft werden, dann geht die Kosten-Nutzen-Rechnung nicht mehr auf.