Ein weiterer nicht unbedeutender Effekt ist das Drehen der Märkte. Aufgrund des genannten Personalangebots sind Arbeitgeber froh, wenn sie überhaupt qualifiziertes Personal zu einem angemessenen Preis finden. Diese Debatte kommt Jahre zu spät, meine Damen und Herren. Wir sollten als Politiker keine Debatten über Scheinprobleme führen, sondern uns den tatsächlichen Herausforderungen widmen. Im Bundesland Bremen gibt es bekanntlich jede Menge davon. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Ja, es ist richtig, der Verdienstunterschied zwischen Männern und Frauen in Deutschland ist zu hoch, und zwar egal ob wir über 21 Prozent vom Equal Pay Day oder über die bereinigten 6 Prozent sprechen.
Warum soll ich als Frau bei gleicher Qualifikation und Leistung im gleichen Job weniger verdienen als meine männlichen Kollegen? Das ist unfair und daran müssen wir arbeiten, meine Damen und Herren. Das Anliegen an sich, gleicher Lohn für gleiche Arbeit, ist ungebrochen wichtig, aber lassen Sie uns noch einmal kurz die Fakten anschauen. 22 Prozent Lohndifferenz sind es, wenn man undifferenziert Männer- und Frauenlöhne vergleicht. Schauen wir uns die bereinigte Lohndifferenz an, also die, bei der nicht Äpfel mit Birnen verglichen werden, sondern gleiche Arbeit, gleiche Qualifikation und gleiche Biografie, dann landen wir bei 6 bis 7 Prozent Lohndifferenz. Wenn wir jetzt die tatsächliche berufliche Erfahrung der Geschlechter herausrechnen, sind es nach einer aktuellen Studie des Hamburger Weltwirtschaftsinstituts nur noch 2 Prozent.
Sie als Patienten einen Unterschied, ob Sie ein chirurgischer Oberarzt behandelt, der über fünf Jahre achtzig Stunden pro Woche Erfahrung gesammelt hat, oder eine Oberärztin, die in diesen fünf Jahren nach zwanzig Stunden jeweils zu ihren Kindern nach Hause ging. Das kann natürlich auch genau andersherum sein, dass es eine Oberärztin und ein Oberarzt sind. Manchmal kann man nicht beides gleichzeitig haben, und man muss überlegen, wie das kompensiert werden kann. Eine Entlohnung, die sich an der Leistung und nicht am Geschlecht orientiert, wird hier aber keine Ungerechtigkeit im Lohn selbst feststellen können.
Was ist also unser Problem? Es sind vorwiegend drei Phänomene. Erstens sind Frauen tatsächlich weniger durchsetzungsstark in Gehaltsverhandlungen als Männer. Zweitens haben Frauen häufiger unterbrochene Biografien, weil sie nach wie vor häufiger Familien-, Haushalt- und Pflegearbeit wahrnehmen. Drittens wählen Frauen, die in einer Gesellschaft leben, in der sie Ausbildung und Beruf frei wählen können, derzeit faktisch häufiger soziale, erzieherische oder pflegerische Berufe, die schlechter bezahlt sind als zum Beispiel Tätigkeiten in der Industrie. Das heißt, private Prämissen entscheiden also stark mit, wie viel eine Frau verdient. DIE LINKE benutzt das Thema Gender Pay Gap gern undifferenziert als Kampfthema. Wer einer gleichmacherischen Ideologie folgt, muss konsequenterweise Ergebnisgleichzeit einfordern und sich damit dann auch in private Entscheidungen einmischen. Als Freie Demokraten bevorzugen wir Chancengerechtigkeit.
Dies bedeutet, dass Frauen weder dem Heimchen am Herd noch dem Diktat der in jeder Situation hundertprozentig berufstätigen Frau entsprechen müssen. Wir stehen zu dem Recht, dass jede Frau selbst entscheiden kann, ob und wie viel sie arbeiten kann und möchte, genau wie jeder Mann. Als Freie Demokraten stehen wir außerdem dazu, dass die Leistung und nicht das Geschlecht über Einkommen entscheidet.
Das Problem ist also kleiner als gezeichnet, aber trotzdem wichtig und deswegen nicht zu ignorieren. Es gibt auch politisch etwas zu tun, um die Chancen für Frauen zu erweitern. Das Erste ist die Förderung, dass Frauen von klein auf gefördert werden und die Möglichkeit und Chance eröffnet bekommen, in diese Männerdomänen hineinzukommen. MINT-Appetizer sage ich jetzt einmal.
Zweitens muss es anonymisierte Lohntransparenz, wie zum Beispiel den EG-Check und andere, geben. Die Rahmenbedingungen für Vereinbarung von Familie und Erwerbstätigkeit müssen verbessert werden. Steuerklassenmodelle müssen überprüft werden und gegebenenfalls auch modifiziert. Sorgearbeit muss aufgewertet und attraktiver gemacht werden, zum Beispiel durch Übertragung von Rentenpunkten, Flexibilisierung von Arbeit durch mehr Zeitsouveränität und eine variable Präsenzkultur. Dazu gehört zum Beispiel, dass, wo es möglich ist, Arbeitsleistung unabhängig von Präsenzzeit am Arbeitsort festgemacht wird, also dass man nicht unbedingt nur, wenn man anwesend ist, arbeitet und Leistung erbringt. Führung durch Jobsharing kann politisch unterstützt werden. Gründerinnen können gezielt gefördert werden.
Es gibt also Stellhebel, die bedient werden können, teilweise nur in der Zusammenarbeit mit Unternehmen. Wir akzeptieren die Wahlfreiheit und Lebensentwürfe der Frauen. Freiheit birgt immer auch die Möglichkeit, dass etwas gewählt wird, was Sie oder ich oder wir alle als nicht optimal ansehen. Nicht die sozialistische Planwirtschaft ist das Ziel, sondern Chancengerechtigkeit und Freiheit. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
Auf der Besuchertribüne begrüße ich jetzt recht herzlich den Politikkurs 12.1 der Fachoberschule in Walle. Seien Sie uns willkommen!
Sehr geehrte Frau Präsidentin, vielen Dank, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich hätte nicht erwartet, dass dies so eine ideologiegetriebene Debatte wird. Ich bin darüber doch ein wenig erstaunt. Denn die Fakten sagen, sie sind jetzt auch schon vielfach dargestellt worden, ob nun bereinigt oder unbereinigt: Es gibt eine nicht zu erklärende ungerechte Lücke zwischen Löhnen von Frauen und Männern. Das ist Fakt und das hat mit Ideologien erst einmal nichts zu tun.
Frauen müssen auch in diesem Jahr wieder zweieinhalb Monate länger arbeiten, also einer Erwerbstätigkeit nachgehen, um auf das durchschnittliche Gehalt eines Mannes zu kommen. Und
da sind alle Tätigkeiten noch gar nicht mitgezählt, die nicht dem Broterwerb unterliegen. Wenn man das mitzählen würde, dann wären wir vermutlich bei einem Dreivierteljahr unbezahlter Arbeit im Vergleich zu vielen Männern in diesem Land.
Der Lohnrückstand beträgt derzeit etwa 21 bis 22 Prozent. Es ist ein wenig zurückgegangen, aber im europäischen Vergleich sind wir ein richtiges Schlusslicht. Also nicht nur Bremen verglichen mit den Bundesländern, sondern Deutschland insgesamt, im Vergleich zu den anderen europäischen Ländern. Das wiederum ist ein Indiz, dass, obwohl man in anderen Ländern Wahlfreiheit sehr wohl gewährt und nicht in sozialistischen Planwirtschaften lebt, diese Länder aber durchaus in der Lage sind, eine Lohngleichheit herzustellen. Auch da, wie immer, lohnt ein Blick zu den europäischen Nachbarn.
Man muss dennoch unterscheiden: Im öffentlichen Dienst ist die Lohnlücke am geringsten, dort ist es am besten geregelt, damit diese Ungerechtigkeit nicht durchgreift. Auch hier liegt sie aber immer noch bei circa fünf Prozent, also selbst im öffentlichen Dienst. Im Einzelhandel zum Beispiel, das kann man sich aber auch relativ leicht erklären, liegt die Lohnlücke sogar bei 24,3 Prozent. Das lässt sich allerdings nur mit der unbereinigten Version erklären, dazu kommen wir gleich noch.
In Bremen ist der Gender Pay Gap im Vergleich zu den anderen Bundeländern besonders hoch und das diskutieren wir auch immer wieder in der Deputation für Wirtschaft, Arbeit und Häfen. Im Ausschuss für die Gleichstellung der Frau haben wir in der letzten Sitzung auch noch einmal ausführlich diskutiert, wie eigentlich der Bremer Arbeitsmarkt aufgebaut ist, dass er in letzter Konsequenz zu so einer riesigen Lohnlücke führt. Das ist auch kein Geheimnis und keine neue Erkenntnis, dass der Bremer Arbeitsmarkt sehr gut aufgestellte sogenannte Männerdomänen hat, in denen man als Arbeitnehmer unglaublich gutes Geld verdient. Das ist die gute Nachricht für den Bremer Arbeitsmarkt und dann gibt es einen Sektor in dem sogenannte typische Frauentätigkeiten angeboten werden, wie den Einzelhandel, den Gesundheitssektor oder die Gastronomie und da wird unglaublich schlecht bezahlt.
Das sind alles keine neuen Erkenntnisse, aber welche Konsequenz ziehen wir denn eigentlich daraus? Sie muss lauten, so ist es im Ausschuss für die Gleichstellung der Frau sehr schön diskutiert wor
den und wird morgen auch hier noch einmal Gegenstand der Debatte sein: Wie müsste eigentlich der Bremer Arbeitsmarkt umgebaut werden, damit Frauen sich ein auskömmliches eigenes Einkommen erwirtschaften können, um damit auch näher an die Löhne der Männer heranzukommen.
Jetzt ist gerade bei der letzten Rednerin und dem letzten Redner zwischen den Zeilen, bei dem letzten Redner sogar auf den Zeilen gesagt worden: Naja, die Frauen sind selbst schuld, dann sollen sie doch keine Kinder bekommen, dann sollen sie dieses nicht, sollen sie jenes nicht und sie treffen falsche private Entscheidungen. Jetzt gibt es auch unverheiratete, kinderlose Frauen, die weniger verdienen als Männer.
Das kann ich Ihnen erklären. Ich mag, zum Beispiel den, von Ihnen diverse Male benutzten, Begriff der Wahlfreiheit nicht. Wahlfreiheit ist ein schöner Begriff, nur muss die Frau oder der Mann natürlich auch die Wahl haben.
Wenn die Infrastruktur nicht so ist, dass ich mich wirklich, ohne Nachteile in Kauf nehmen zu müssen, frei entscheiden kann, ob ich einer Teilzeittätigkeit nachgehe, dann ist die Wahlfreiheit faktisch nicht gegeben. Ich habe es jetzt ein wenig überspitzt dargestellt, dass die Frauen selbst schuld seien, sie mehr in Vollzeit arbeiten sollten, als in Teilzeit, aber wenn es Vollzeittätigkeiten in bestimmten Berufen nicht gibt, sondern nur Teilzeittätigkeiten, dann müssen sie am Ende mit einer Lohnlücke leben. Deswegen halte ich das Märchen von der Wahlfreiheit wirklich für ein Märchen.
die Frauen als selbst schuld bezeichne und dass ich in meiner Debatte einige strukturelle Lösungsmaßnahmen genannt habe, in denen Politik auch tatsächlich einen Stellhebel hat, um an der Gesamtsituation etwas zu verändern.
Was sind also die Gründe für die Verdienstunterschiede? Man kann es nämlich anders ausdrücken, faktisch stimmte ja vieles. Es sind die wenigen Vollzeitstellen und die überbordenden Angebote an Teilzeitstellen für Berufe in den sogenannten typischen Frauensektoren. Es ist eine Tatsache, dass immer noch viele Frauen gezwungen sind und sich oft nicht freiwillig dafür entscheiden, in zu lange Pausen der Erwerbstätigkeit zu gehen, für Sorgetätigkeiten entweder für die ganz Kleinen oder für die ganz Alten, also Unterbrechungen für die Familienzeit. Wie freiwillig ist die Entscheidung aber, dass möchte ich wirklich infrage stellen.
Wir haben zu viele Frauen in zu vielen schlecht bezahlten Berufen und Branchen und wir haben viel zu viele Frauen, die wirklich nur unterhalb der Teilzeitstundenzahl, also in Minijobs und dergleichen arbeiten.
Das alles, obwohl wir alle sehr genau wissen, dass diese Art von Berufsbiographien am Ende in die Frauenarmut führen und damit das Leben der Frauen bis in die Rentengrenze hinein, von wenig Geld und Armut geprägt sein lässt. Was brauchen wir also? Es ist schon erwähnt worden: Wir Grünen erwarten eine Reform des Entgelttransparenzgesetzes hin zu einem echten Entgeltgleichheitsgesetz. Ein Entgelttransparenzgesetz ist eine gute Idee gewesen, es war ein guter erster Schritt, leider ist es auf Unternehmen mit mehr als 200 Beschäftigten eingegrenzt worden, das würden wir gern ausweiten.
Wir wollen auch, dass für Unternehmen mit mehr als 500 Beschäftigten das Transparenzgebot nicht freiwillig bleibt, sondern ein Gebot wird, dem man auch folgen muss. In dieser Frage muss mit der Freiwilligkeit wirklich Schluss sein, genauso wie mit der Freiwilligkeit von Quoten bei Führungspositionen. Wir müssen dahin kommen, dass wir feste Quoten für Frauen in Führungspositionen einführen und ich meine da deutlich nicht nur die 30 Prozent, die sich mir noch nie erklärt haben, sondern die 50 Prozent, wie sich das gehört – die Hälfte von allem!
Was brauchen wir noch? Wir brauchen vor allem, das gilt insbesondere auch für Bremen, wir haben hier ja schon den ersten Schritt getan, die Aufwertung von sogenannten Frauenberufen, so wie wir es jetzt mit den Gehältern der Grundschullehrerinnen umgesetzt haben. Diese Debatte müssen wir auf viele, viele andere Berufe ausweiten, denn auch wenn ich der Meinung bin, dass wir viel mehr Frauen in MINT-Berufen brauchen, ist es aber nicht die Lösung, zu sagen: Auch wenn du eine Neigung hin zu sozialen, erzieherischen oder ähnlichen Berufen hast, wir zwingen dich jetzt in MINT-Berufe, weil du dort mehr verdienst. Nein! Ein Schräubchen drehen oder eine Taste am Fließband drücken ist nicht mehr wert, als die alte Frau oder den alten Mann zu pflegen, ihnen vorzulesen und im Altersheim auf der letzten Wegstrecke zu versorgen.
Ich glaube es sind alle Argumente genannt. Es kommen noch zwei Aktuelle Stunden und ich möchte den Nachfolgern nicht die Zeit stehlen. – Vielen Dank!
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, ich habe mir nicht vorgestellt, dass ich zu Beginn meiner Rede noch einmal Artikel 3 des Grundgesetzes zitieren muss, nämlich dass Männer und Frauen gleichberechtigt sind.
Auch nicht, dass das zur Folge hat, dass man gerade nicht diskriminiert werden darf, unter anderem wegen seines Geschlechts. Das steht bei uns im Grundgesetz, das sollte eigentlich allen selbstverständlich sein, allerdings habe ich bei einigen Redebeiträgen gedacht: Hier es ist ein bisschen Nachhilfeunterricht angesagt.
Frauen sind heute erfreulicherweise in allen Bereichen tätig, sie üben alle Berufen aus, aber nach wie vor verdienen sie nicht das Gleiche wie Männer. Und wenn wir, wie wir hier schon gehört haben, sechs Prozent als Differenz haben, dann kann das überhaupt nicht angehen. Da braucht es tatsächlich