Protocol of the Session on March 27, 2019

Ich muss auch sagen, dass wir mit Entsetzen in die Privatwirtschaft schauen. Es ist im öffentlichen Dienst, in dem mehr Regulierung herrscht, natürlich besser, aber noch lange nicht so, dass es ausgeglichen ist. Erst einmal ist die Datenlage schlechter und zum anderen kommen wir da sehr viel schlechter voran. Es hat natürlich auch Gründe, warum die ganzen Überprüfungsinstrumente nicht für die bremischen Gesellschaften in Gänze angewendet werden wollten. Das nur noch einmal als Hinweis darauf.

Lohnungleichheit zwischen Männern und Frauen, finde ich nach wie vor, ist ein gesellschaftlicher Skandal und muss mit entsprechender Härte gesetzlich und gesellschaftlich sanktioniert werden, und an der Stelle, finde ich, sollten wir die Frauen nicht wieder individuell mit diesem Problem allein lassen. – Vielen Dank!

(Beifall DIE LINKE)

Als nächste Rednerin hat das Wort die Abgeordnete Dertwinkel.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen, meine sehr geehrten Damen und Herren! Am Montag vergangener Woche, dem 18. März 2019, hat in Deutschland der Equal Pay Day stattgefunden. Dieser Tag macht jedes Jahr auf die unbereinigte Lohnlücke in unserem Land aufmerksam oder, anders gesagt, symbolisiert den Zeitpunkt, bis zu welchem Frauen unentgeltlich gearbeitet haben, vorausgesetzt sie verdienen das Gleiche wie Männer. Der sogenannte Gender Pay Gap spiegelt also den Unterschied zwischen den durchschnittlichen Bruttostundenverdiensten von Männern und Frauen wider.

Die unbereinigte Lohnlücke liegt in Deutschland bei 21 Prozent, in Bremen sogar bei 22 Prozent. Bei

der Bewertung der unbereinigten Lohnlücke spielen Qualifikation, Schulabschluss, Position, die Branche et cetera erst einmal keine Rolle. Bezieht man diese Faktoren mit ein, liegt die bereinigte Lohnlücke in Deutschland immer noch bei 6 Prozent, in Bremen sogar bei 7,5 Prozent. Bremen liegt also im Bundesvergleich einmal wieder im unteren Drittel. Um das noch einmal in greifbareren Zahlen zu veranschaulichen: Der durchschnittliche Bruttostundenverdienst von Frauen beträgt 17,04 Euro, Männer verdienen durchschnittlich 21,75 Euro die Stunde. An den blanken Zahlen lässt sich, egal ob man sich jetzt die 22 Prozent oder die 7,5 Prozent anschaut, nichts um- oder falsch interpretieren. Wir hinken bei der gleichen Bezahlung von Frauen nach wie vor hinterher. Das gilt es erst einmal anzuerkennen und an einer weiteren Verbesserung zu arbeiten.

(Beifall CDU)

Es stellt sich also die Frage, warum dies so ist. Frauen werden nicht grundsätzlich schlechter bezahlt, und Männer werden nicht grundsätzlich besser bezahlt. Unternehmer haben nicht zwangsläufig das Denken, dass Frauen aufgrund ihres Frauseins weniger leisten und deswegen schlechter bezahlt werden können. Wenn das so wäre, dann wären Jahrzehnte oder gar Jahrhunderte der Emanzipation an uns vorbeigegangen. Viele Unternehmen, auch jene mit weniger als 200 Mitarbeitern, die also dem Entgelttransparenzgesetz nicht unterstehen, überprüfen und passen mittlerweile nämlich freiwillig schon ihre Löhne an. Es ist also einerseits auch Unternehmern daran gelegen, eine Gleichberechtigung herzustellen. Andererseits müssen wir über die Strukturen reden, die es verhindern, dass Frauen trotz gleicher oder besserer Qualifikation eine andere oder weniger anspruchsvolle und somit schlechter bezahlte Tätigkeit ausüben.

An welchen Parametern muss also etwas geändert werden? Zunächst gilt es, bei Unternehmen und Betrieben noch stärker für einen Kulturwandel zu werben. Studien haben beispielsweise ergeben, dass der Einsatz von gemischten Teams gerade in der Führungsebene den Gewinn eines Unternehmens nämlich erheblich steigern kann. Ein grundlegendes Bekenntnis zur Frauenförderung und das Überdenken bisheriger Arbeitsprozesse sind also notwendig, damit Frauen eine Chance haben, von besser bezahlten Positionen oder gar Führungspositionen zu profitieren. Die Gleichstellung der Geschlechter ist aber nicht nur eine wirtschaftliche beziehungsweise betriebliche, sondern vor allem

eine staatliche und gesellschaftliche Aufgabe. Dazu gehören beispielsweise der Ausbau von Kinderbetreuungsplätzen und der Ganztagsbetreuung und eine konsequentere Förderung im MINT-Bereich, damit Frauen und Mädchen von den gut bezahlten Stellen in der Industrie zum Beispiel profitieren können.

(Beifall CDU)

Eine Sensibilisierung für Geschlechterstereotype muss aber unserer Meinung nach schon im Kindesalter beginnen. Hier sind dann natürlich in erster Linie die Eltern, Erzieherinnen und Erzieher und die Lehrer gefragt. Wenn man ein Kinder- oder Schulbuch aufschlägt und ein Handwerker immer männlich und eine Krankenschwester immer weiblich ist, dann verwundert das spätere Berufswahlverfahren dieser Kinder nicht. Natürlich darf der Evergreen hier nicht fehlen, Frau Bernhard sprach es auch schon an, da ein Großteil der Frauen in sozialen Berufen tätig ist, müssen gerade diese Jobs in Bezug auf Arbeitsbedingungen und Bezahlung aufgewertet werden.

(Beifall CDU, DIE LINKE)

Als öffentlicher Arbeitgeber will auch Bremen vorangehen und hat sich sogar im Landesgleichstellungsgesetz die Parität auf die Fahne geschrieben. Hier erleben wir aber auch, dass gesetzliche Regelungen an ihre Grenzen stoßen. Obwohl das LGG seit dem Jahr 1990 gilt, haben wir noch keine vollständige Gleichstellung in Bremen und Bremerhaven erreicht. Wir werden ja auch morgen hierüber ausführlicher sprechen.

Erst am 11. März 2019 habe ich mich mit den Frauenbeauftragten der Ressorts und Dienststellen beziehungsweise der Ämter zu diesem Thema getroffen. Hier hat sich auch deutlich gezeigt, dass wir als Politik vor allem an den Rahmenbedingungen arbeiten müssen, damit sich noch mehr Frauen auf Führungspositionen bewerben. Herr Altmaier bekannte sich anlässlich des Equal Pay Days erst jüngst als Feminist. Ich würde mir wünschen, dass mehr Männer und Frauen das von sich behaupten würden, dann müssten wir über dieses Thema nicht mehr debattieren. – Danke für die Aufmerksamkeit!

(Beifall CDU)

Als nächster Redner erhält das Wort der Abgeordnete Leidreiter.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kollegen! Frauen verdienen in Deutschland über ein Fünftel weniger als Männer, so lautet das in der Presse plakativ zusammengefasste Ergebnis von Berechnungen, die sowohl das Statistische Bundesamt als auch das Hamburgische WeltWirtschaftsInstitut HWWI durchgeführt haben. Es sind nicht die ersten Studien dieser Art, die eine scheinbar enorme Lücke zwischen den Einkommen von Frauen und Männern offenbaren, auch Gender Pay Gap genannt. Nur selten wird in der öffentlichen Diskussion darauf hingewiesen, dass es sich um einen unbereinigten Wert handelt. Er gibt keine Auskunft darüber, wie groß der Gehaltsunterschied zwischen Frauen und Männern bei gleicher Qualifikation und gleicher Arbeit tatsächlich ist.

(Abgeordnete Böschen [SPD]: Sechs Prozent, Herr Leidreiter!)

Das geht auch aus den Studien selbst hervor. Laut HWWI sind zwei Drittel des Pay Gaps darauf zurückzuführen, dass vor allem ältere Frauen andere Berufe ausüben als Männer. Viele Frauen entscheiden sich auch heute noch für Branchen und Berufe, die traditionell als typisch weiblich gelten. Sie werden Krankenschwestern, Erzieherinnen oder Raumpflegerinnen. Genau diese Tätigkeiten sind es aber, die schlecht bezahlt werden. Das gilt für weibliche und männliche Beschäftigte gleichermaßen. Also, es hat nichts mit dem Geschlecht zu tun. Der Dortmunder Statistikprofessor Walter Krämer drückt das so aus: Frauen verdienen im Durchschnitt weniger, weil sie lieber Sozialpädagogik als Maschinenbau studieren.

(Unruhe)

Sie verdienen zwar weniger, dies aber nicht, weil sie für gleiche Arbeit unterschiedlich bezahlt werden, sondern weil sie unterschiedliche Arbeit leisten. So verdient ein Arbeiter auf einer Ölplattform ein Mehrfaches einer Küchenhilfe, aber der Monteur ist typischerweise männlich und die Küchenhilfe weiblich. Daneben gibt es weitere geschlechtsunabhängige Faktoren, die den Lohnunterschied zwischen Männern und Frauen erklären.

So ist der Anteil der Frauen, die in kleineren Firmen beschäftigt sind, deutlich größer als der in Großunternehmen. Kleine und mittelständische Betriebe zahlen auch ihren männlichen Beschäftigten weniger Lohn als zum Beispiel ein DAX-Konzern.

Frauen üben ihren Beruf häufiger in Teilzeit aus, was auch damit zusammenhängt, dass Frauen in den Familien oftmals für die Erziehung der Kinder zuständig sind. Viele Frauen scheiden zudem nach der Geburt des Nachwuchses aus dem Arbeitsleben aus, verlieren dadurch den Anschluss im Beruf und können am Ende weniger Erfahrung aufweisen.

(Abgeordneter Röwekamp [CDU]: Was wollen Sie uns damit sagen?)

Dies führt ebenfalls zu Gehaltsabschlägen gegenüber den männlichen Kollegen. Das Deutsche Institut für Wirtschaft hat ermittelt, dass sich die Lohnlücke weiblicher Arbeitnehmer erst ab dem 29. Lebensjahr vergrößert, wenn viele Frauen hierzulande ihr erstes Kind bekommen haben.

(Abgeordneter Prof. Dr. Hilz [FDP]: Dann muss sie ja schon vorher da gewesen sein, wenn sie sich ver- größert! – Unruhe)

Bis zur Babypause liegen Frauen und Männer beim Arbeitseinkommen praktisch gleichauf.

Außerdem nehmen Männer innerhalb einer Berufsgruppe häufiger Aufgaben mit größerer Verantwortung wahr, die aus diesem Grund auch besser bezahlt sind. Dabei geht es nicht in erster Linie um Führungspositionen, sondern um Stellen, die ein höheres Maß an Selbstständigkeit verlangen. Frauen besetzen dagegen eher Arbeitsplätze unterhalb ihres formalen Qualifikationsniveaus.

(Abgeordneter Röwekamp [CDU]: Was wollen Sie denn nun eigentlich sagen? – Unruhe – Zuruf Ab- geordneter Saxe [Bündnis 90/Die Grünen])

Hören Sie doch zu, dann werde ich Ihnen das sagen. Hören Sie doch zu! Habe ich das Wort? Wenn Sie wollen, können Sie ja eine Zwischenintervention machen oder eine Frage stellen, aber dazwischenzureden ist doch keine Art. Das zeigt doch nur, dass nicht substanziiert ist, was Sie sagen.

(Glocke)

Der Abgeordnete Leidreiter hat das Wort.

(Abgeordneter Röwekamp [CDU]: Leider!)

Berücksichtigt man die genannten Faktoren, dann stellt sich heraus, dass die schlechtere Bezahlung von Frauen im

Arbeitsleben größtenteils nichts mit Geschlechterdiskriminierung zu tun hat, wie Frauenrechtler, Gewerkschaften und linke Parteien immer wieder behaupten. Was bleibt, ist ein echter Gehaltsunterschied von etwa sechs Prozent, den auch die Fraktion DIE LINKE in der Antragsbegründung nennt, aber es geht weiter. Dieser Pay Gap ist zumindest auf den ersten Blick nicht nachvollziehbar, er könnte also tatsächlich auf eine Benachteiligung von Frauen im Berufsleben hindeuten. Dem ist aber nicht so. Denn auch für diese Lohnlücke gibt es eine Erklärung.

(Zuruf Abgeordneter Tschöpe [SPD] – Unruhe)

Um diese Erklärung zu finden, muss man weitere Untersuchungen einbeziehen. Kürzlich wurde in einer TV-Dokumentation über ein Experiment berichtet, in dem eine gleich große Zahl an Männern und Frauen, die sich auf eine fiktive Stelle beworben hatten, zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen worden ist. Das Gespräch wurde auf Seiten des vermeintlichen Arbeitgebers von weiblichen Sozialwissenschaftlern geführt, die allen Bewerberinnen und Bewerbern die gleiche Frage stellten.

(Zuruf Abgeordneter Prof. Dr. Hilz [FDP])

Abschließend wurden die Kandidaten gebeten, ihre Gehaltsvorstellung zu nennen. Dabei zeigte sich ein deutlicher Unterschied zwischen den Geschlechtern. Im Durchschnitt lag die Gehaltsforderung der männlichen Stellenaspiranten um neun Prozent über der ihrer weiblichen Mitbewerber.

(Abgeordnete Leonidakis [DIE LINKE]: Das hat et- was mit der Sozialisation durch Menschen wie Sie zu tun!)

Herr Leidreiter, fahren Sie fort bitte!

Dieses Experiment hat belegt, was Praktikern aus eigener Erfahrung schon lange bekannt ist. Frauen treten gegenüber dem Arbeitgeber bescheidener und weniger fordernd auf als Männer, und das nicht nur als Stellenbewerber, sondern auch bei Gehaltsverhandlungen etwa im Vorfeld von Beförderungen. Natürlich wird ein Unternehmer einem Mitarbeiter aus betriebswirtschaftlichen Gründen nur so viel bezahlen, wie er muss, und das ganz unabhängig vom Geschlecht. Wenn Frauen im Durchschnitt also weniger Geld für ihre Arbeit verlangen als Männer, dann werden sie am Ende auch weniger bekommen. Das ist auch der Grund für die verbleibende

Diskrepanz in der Bezahlung von Männern und Frauen, die wie gesagt auf etwa sechs Prozent taxiert wird. Dabei handelt es sich um ein psychologisches und kein politisches Problem, das der Gesetzgeber zu beheben hätte. Frauen müssen lernen, bessere Gehaltsforderungen zu artikulieren. Und wenn Sie am 26. Mai 2019 nicht wiedergewählt werden, dann nehmen Sie meinen Tipp mit in die Wirtschaft: Fordern Sie ein anständiges Gehalt, genauso wie die Männer!

(Unruhe)

Eine auf Geschlechterdiskriminierung basierende Entgeltungleichheit, also die behauptete skandalöse Lohnlücke zwischen Männern und Frauen, gibt es in Deutschland de facto nicht. Vor diesem Hintergrund ist es nicht nachvollziehbar, dass unter der Ägide der damaligen SPD-Familienministerin Schwesig das sogenannte Entgelttransparenzgesetz in Kraft gesetzt wurde. Dieses Gesetz hat in den davon betroffenen Unternehmen für zusätzlichen bürokratischen Aufwand gesorgt – und das weiß auch die CDU – und Kosten verursacht. Das erklärte Ziel, die Einkommens- und Karrierechancen von Frauen zu verbessern, ist verfehlt worden, wie die Erfahrung aus der Praxis zeigt. Von ihrem Recht, Gehaltsanfragen an den Arbeitgeber zu stellen, um eine mögliche Entgeltdiskriminierung bei gleicher Arbeit aufzudecken, machen die Betroffenen bislang kaum Gebrauch. Daran werden auch eine Abschaffung der heute geltenden Schwellenwerte und eine Ausweitung der Regelung auf alle Betriebe unabhängig von der Beschäftigtenanzahl, wie sie auch Bündnis 90/Die Grünen fordern, nichts ändern. Im Ergebnis erhöht sich nur der Aufwand für den Arbeitgeber, was vor allem kleine Betriebe unverhältnismäßig belasten wird und deshalb abzulehnen ist. Das Gesetz zur Förderung der Transparenz von Entgeltstrukturen, wie es im Bürokratiedeutsch heißt, ist Ausfluss einer ideologisch überfrachteten Debatte über die angebliche Schlechterstellung von Frauen bei der Gehaltsfindung. Eine Benachteiligung ist bei genauer Betrachtung nicht festzustellen.

Wer will, dass Frauen in Deutschland insgesamt mehr Geld verdienen, der muss sich dafür einsetzen, dass die Vergütungen in den Niedriglohnbranchen steigen, weil dort weibliche Beschäftigte überproportional vertreten sind. Dazu gehört auch, den unkontrollierten Zuzug geringfügig qualifizierter Migranten zu drosseln, denn diese Zuwanderung fördert nicht nur das Lohn-Dumping, sondern hebelt auch den gesetzlichen Mindestlohn aus.

(Unruhe – Abgeordneter Prof. Dr. Hilz [FDP]: Das sind doch im Wesentlichen Männer!)

Das aber werden vor allem die Antragsteller von der Fraktion DIE LINKE ungern hören, da sie bekanntlich für offene deutsche Grenzen sind. Die Forderung ist zwar legitim, jedoch darf man sich dann nicht wundern, wenn es hierzulande mit den Löhnen bergab geht, und das gerade auch für Frauen.

Ein weiterer nicht unbedeutender Effekt ist das Drehen der Märkte. Aufgrund des genannten Personalangebots sind Arbeitgeber froh, wenn sie überhaupt qualifiziertes Personal zu einem angemessenen Preis finden. Diese Debatte kommt Jahre zu spät, meine Damen und Herren. Wir sollten als Politiker keine Debatten über Scheinprobleme führen, sondern uns den tatsächlichen Herausforderungen widmen. Im Bundesland Bremen gibt es bekanntlich jede Menge davon. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!