Zum Schluss sei noch erwähnt: Hochachtung an alle Staatsanwälte, Richter und Justizangestellte für ihren großen Einsatz! Danke dafür! – Ich danke auch für Ihre Aufmerksamkeit!
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Herzlichen Dank für die Gelegenheit, wieder einmal darlegen zu können, was wir in den vergangenen Jahren für die Bremer Justiz, für die dritte Gewalt, erreicht haben und was wir künftig anstreben.
Eingangs möchte ich darauf hinweisen, dass die Zahlen eigentlich niemanden verwundern dürften, schließlich berichten wir im Rechtsausschuss seit dem Jahr 2011 jährlich sehr ausführlich über die Belastung der Bremer Justiz und damit auch der Staatsanwaltschaft. Die absoluten Geschäftszahlen, die Eingänge, Erledigungen und Bestände je Richter, Staatsanwalt und Amtsanwalt für jede Gerichtsbarkeit und die Staatsanwaltschaft sind also allgemein bekannt.
Ich möchte an dieser Stelle die Gelegenheit ergreifen und mich bei den Kolleginnen und Kollegen, die bei den Gerichten und Staatsanwaltschaften tätig sind, für ihr Engagement und ihren unermüdlichen Einsatz für unseren Rechtsstaat, in den nicht immer ganz einfachen Zeiten, ausdrücklich bedanken.
Denn, meine Damen und Herren, richtig ist und das kann niemanden in diesem Hause überraschen, dass auch die Justiz in den vergangenen Jahren ihren Beitrag zur bremischen Haushaltskonsolidierung leisten musste und geleistet hat.
Bevor ich nun auf die konkrete Situation bei der Staatsanwaltschaft eingehe, möchte ich, wie einleitend angekündigt, kurz darlegen, was wir in den vergangenen Jahren bereits für die Bremer Justiz erreicht haben: So ist die Anzahl der in allen bremischen Gerichten und Staatsanwaltschaften eingesetzten Richterinnen und Richter sowie Staatsanwältinnen und Staatsanwälte trotz des Haushaltskonsolidierungskurses von 262 Mitarbeitern zum Ende des Jahres 2014, auf 300 Mitarbeiter zum Ende des Jahres 2018 angewachsen. Die der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an den Gerichten und Staatsanwaltschaften insgesamt, von 935 zum Ende des Jahrs 2014 auf 1 010 Personen zum Ende des Jahres 2018. Sie können daran ersehen, dass es uns trotz der Zwänge der Haushaltskonsolidierung und trotz PEP-Quote gelungen ist, Personalverstärkung von circa 15 Prozent bei den Richterinnen und Richtern sowie Staatsanwältinnen und Staatsanwälten und von circa acht Prozent bei den Beschäftigten in den Serviceeinheiten vorzunehmen.
Ein Schwerpunkt bei der Verbesserung der Personalausstattung der unterschiedlichen Gerichte bildeten in den vergangenen Jahren zunächst die Strafkammern des Landgerichts Bremen, aufgrund der überproportional gestiegenen Anzahl der Eingänge und, vor allen Dingen, der mit Priorität zu behandelnden Haftsachen.
Nachdem wir bereits in den Jahren 2015 bis 2017 jeweils eine neue Strafkammer beim Landgericht geschaffen hatten, ist es uns im vergangenen Herbst gelungen, eine temporäre Aufstockung um 15 weitere Stellen, zum Abbau der Altverfahren beim Landgericht, zu erreichen.
Insgesamt wissen wir, dass die jetzige Personalausstattung der Gerichte und der Staatsanwaltschaft, auf Basis der derzeit neu eingehenden Verfahren
und deren zunehmender Komplexität, bei vielen Gerichten in Zukunft nicht ausreichen wird, um die Leistungsfähigkeit der Justiz auch mittel- und langfristig zu sichern. Denn wir alle wollen natürlich, dass der rechtsuchenden Bürgerin und dem rechtsuchenden Bürger auch in einer angemessenen Zeit Rechtsschutz gewährt wird.
Bei der Verfahrensdauer und dem Abbau der Bestände an Altverfahren können wir in diesem Zusammenhang zweifelsohne besser werden. Ich habe daher bereits in der Aktuellen Stunde zur Justiz im September 2018 an dieser Stelle angekündigt, dass ich für den Haushalt 2020/2021 eine Verstetigung der zuvor genannten temporären Personalmittel anstrebe und mich für zusätzliche punktuelle Personalverstärkungen, auf Basis einer Ausstattung von PEBB§Y, 100 Prozent einsetzen werde. Dies im Übrigen selbstverständlich nicht nur für den richterlichen und staatsanwaltschaftlichen Bereich, sondern auch und vor allem für den Bereich der Serviceeinheiten.
Um die Mehrarbeit bei der Staatsanwaltschaft Bremen schaffen zu können, fehlen nach der Berechnung auf Basis von PEBB§Y 100 circa 36 Stellen, darunter neun Staatsanwältinnen und Staatsanwälte, drei Amtsanwältinnen und Amtsanwälte sowie 24 Servicekräfte. Da aber PEBB§Y, wie auch schon erwähnt, einige Arbeitsfelder nicht in ausreichendem Maße abdeckt, wie etwa den Abbau von Restbeständen oder die Bekämpfung spezieller Großstadtkriminalität, sowie die Häufung von Großverfahren im städtischen Raum, errechnet sich ein weiterer Bedarf von etwas mehr als zwölf Stellen, womit sich insgesamt ein Personalbedarf von rund 48,5 Stellen ergibt.
Meine Damen und Herren, das Justizressort hat also seine Hausaufgaben gemacht und den Personalbedarf für die Staatsanwaltschaft ermittelt und deutlich benannt. In den kommenden Haushaltsberatungen wird es nun darum gehen, die entsprechenden Haushaltsmittel für die Schaffung der fehlenden Stellen bereitzustellen. Dies wird insgesamt kein leichtes Unterfangen, da der finanzielle Spielraum aufgrund der allseitigen Begehrlichkeiten geringer ist, als man denken könnte. Dennoch werde ich mich auch weiterhin, mit ganzer Kraft für dieses Ziel einsetzen und hoffe dabei natürlich auch auf die, auch heute geäußerte breite Unterstützung dieses Hauses. – Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich muss schon mein Befremden darüber äußern, wie Sie hier zum Teil Parlamentarismus verstehen, warum man keine Aktuelle Stunde beantragen darf, wenn das aktuelle Thema wirklich auf dem Tisch liegt.
Es ist selbstverständlich, dass wir über die Jahre auch verschiedene Listen aus der Justiz im Rechtsausschuss diskutieren und dass sich die FDP da immer sachlich und ordentlich eingebracht hat. Diese Zahlen, die uns jetzt vom leitenden Oberstaatsanwalt übermittelt worden sind, die hat es aber bisher dort noch nicht gegeben und die machen mich nachdenklich, denn es ist bisher nicht deutlich gewesen, wie viele Bedarfe in den Jahren aufgelaufen sind und wie viel zusätzliches Personal aus der Sicht der Staatsanwaltschaft selbst für erforderlich gehalten wird. Wenn man sich das und die offenen Ermittlungsverfahren bei der Polizei vor Augen hält, dann muss man hier in einer Parlamentsdebatte doch seine Sorge über die Gewährleistung dieses Rechtsstaates zum Ausdruck bringen können.
Dass wir uns noch über die Einzelheiten und über die Umsetzung im Haushalt unterhalten müssen, das ist doch selbstverständlich. Diese Generaldebatte und auch die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit aber darauf zu richten, dass Sie hier die Probleme über Jahre nicht hinreichend gelöst haben, das muss doch einfach erlaubt sein. Das ist Parlamentarismus. – Vielen Dank!
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Anlass dieser Aktuellen Stunde ist eigentlich, dass nichts passiert ist. Es ist eigentlich ein klassisches Und-täglichgrüßt-das-Murmeltier-Thema, wenn wir uns die Entwicklung beim Gender Pay Gap ansehen. Am 14. März 2019 hat das Statistische Bundesamt die aktuellen Zahlen zum Gender Pay Gap, zum Lohnunterschied, veröffentlicht. Am gleichen Tag veröffentlichte das WSI der Hans-Böckler-Stiftung die aktuellen Daten des Lohnspiegels, einer kontinuierlichen Online-Befragung. Beide kommen zu dem übereinstimmenden Ergebnis: Der Lohnabstand zwischen Männern und Frauen hat sich seit 2016 nicht bewegt. Er liegt konstant bei 21 Prozent bundesweit. Bremen liegt weiterhin bei den bundesdeutschen Schlusslichtern, innerhalb der Stadtstaaten hat es den letzten Platz, da liegt es bei 22 Prozent, Hamburg hat 20 Prozent, Berlin hat 14 Prozent.
Nun kann man sich ja denken, dass es nun einmal eine Zeit dauert, bis die Lohnangleichung Effekte zeigt. 1970 waren wir bei 31 Prozent, 1990 bei 26, 2006 bei 23. Wenn man das jetzt mit verschiedenen Höhen und Tiefen hochrechnet, werden wir im Jahr 2140 die Lohngleichheit erreichen. Einmal abgesehen davon, dass das kein befriedigendes Ergebnis ist, kann man nicht davon ausgehen, dass das passiert, weil wir inzwischen gegenläufige Tendenzen haben. Die „Zeit“ hat eine sehr interessante Recherche veröffentlicht, auch mit qualitativen Interviews, unter dem Titel „Der große Unterschied“. In den meisten Bereichen bewegt sich überhaupt nichts in dem Zusammenhang. Die Wucht der alltäglichen Diskriminierung am Arbeitsplatz ist nach wie vor ungebrochen.
Das gibt es in dem Zusammenhang, ob man Herzchirurgin werden will oder Erzieherin und in den sozialen Berufen. Das sind Bereiche, in denen man schwerpunktmäßig sagen muss: Wir haben die klassischen Männerbranchen, dort herrscht Steinzeit. In vielen Bereichen wird es sogar schlimmer, die tiefen Umbrüche in der Arbeitswelt verdeutlichen genau diese Tendenz. Die Veränderung der Arbeit wirkt negativ auf die Lohngleichheit.
Es gibt einige Befunde zum Lohnabstand, die seit Langem bekannt sind. Der Lohnabstand zwischen Männern und Frauen fällt umso höher aus, je qualifizierter die Tätigkeiten sind. Bei sehr qualifizierten Tätigkeiten wird er sogar extrem groß. Er wird sogar noch größer, wenn der Frauenanteil hoch ist. Das ist natürlich eine ganz interessante Sache. Gerade in sozialen Berufen, in Gesundheit und in Erziehung gibt es so etwas wie den gläsernen Aufzug für Männer.
Frauen werden in zweierlei Hinsicht diskriminiert. Sie werden zum einen diskriminiert, weil sie Frauen sind: Sie arbeiten dasselbe, sie machen dasselbe, trotzdem bekommen sie weniger. Und sie werden diskriminiert, weil sie wie Frauen leben. Leider bekommen sie nach wie vor Kinder. Die Möglichkeit reicht für die Diskriminierung ja letztendlich aus. Im Endeffekt haben sie immer noch die Hauptverantwortung für Erziehung und Reproduktion. Diese „Zeit“-Recherche hat sehr eindringlich dargelegt, wie stark Schwangerschaft und Kinderbetreuung ins Gewicht fallen. Stellenzusagen werden zurückgezogen, die Rückkehr in den Beruf ist mit massiver Degradierung verbunden, die Arbeitsgerichte sind voll mit all diesen Auseinandersetzungen. Die Logik ist simpel: Humankapital verfällt, wenn es nicht eingesetzt wird. Ebenso gelten Verdichtung, Digitalisierung, Internationalisierung.
Das ist in keiner Weise achtziger Jahre. Es wäre ja schön, wenn es in irgendeiner Weise noch einmal dieselben Hebel gäbe. Es ist tatsächlich so, wenn wir uns die Zahlen ansehen, geht es total zurück. Manager, die Krisen erlebt haben, erkennen plötzlich, dass es noch andere Dinge im Leben gibt. Die steigen aus, die reduzieren Arbeit. Frauen haben permanent genau diese Folie vor sich und müssen schauen: Die Arbeitswelt, so wie sie funktioniert, ist nichts für mich. Und diese Abrufbereitschaft inzwischen, die Verdichtung, die überall herrscht, das hat massiv zugenommen. Das hat sich natürlich stark verdichtet und verändert. Deshalb ist es so wichtig, dass wir dagegen angehen.
Genau diese Lohngerechtigkeit zwischen Frauen und Männern braucht Regulierung. Das ist seit Langem bekannt. Es nützt den Frauen nichts, dass
es diesen postmodernen Wertewandel gibt. Das hält sich sehr in Grenzen. Die Tatsache, dass eine H&M-Angestellte im Grunde genommen einen Arbeitstag über 15 Stunden hat, aber diese 15 Stunden mehr oder weniger spontan abrufbar sein muss, die führt uns an Grenzen. Wir streiten uns hier um die flexible Kinderbetreuung, was richtig ist. Wir brauchen sie für die Randzeiten, aber auf der anderen Seite denkt sich die Arbeitswelt: Das ist ja großartig, das wird inzwischen überall aufgehoben, da können wir ja weiter flexibilisieren. Das, was da letztendlich abläuft, ist im Grunde genommen ein Prozess wie beim Wettrennen von Hase und Igel.
Deswegen müssen wir sehen, wie wir in Zukunft damit umgehen. Es bleibt richtig, dass wir versuchen, die geschlechtsspezifische Berufswahl abzubauen, aber das führt nicht automatisch zu gleicher Bezahlung. Die Erfahrung zeigt auch, jetzt, da endlich mehr Männer in der Kinderbetreuung arbeiten, fahren sie weiter nach oben an den Frauen vorbei. Das ist genau der Effekt, den man aktuell beobachten kann. In vielen Bereichen, die Frauen seltener wählen, Informatik, Mathematik, Naturwissenschaften, wir kennen das alles, werden sie besonders hart diskriminiert. Da muss man schon ein extrem dickes Fell haben, um sich letztendlich in den Zusammenhängen durchzusetzen. Kein einziger DAX-Konzern wird von einer Frau geleitet.
Ich meine, wir setzen uns hier über die Anteile in Parlamenten auseinander. Wir diskutieren Parität und Ähnliches. Unsere Präsidentin hat es eingangs gesagt, es geht doch nicht nur um die Führungspositionen. Es geht genau darum, wie es durchdekliniert wird, bis hin zu den sozialen Berufen. Es geht nicht nur darum, was auf oberen Ebenen passiert. Ich finde es großartig, dass wir jetzt eine Präsidentin haben. Ja, das ist gut, das hat auch eine Signalwirkung. Aber trotzdem müssen wir uns ansehen, wie es in der restlichen Arbeitswelt aussieht, und zwar in allen Bereichen. Deshalb bin ich der Meinung, dass Lohnungleichheit stärker sanktioniert werden muss.
Betriebs- und Personalräte und Frauenbeauftragte brauchen Instrumente, die wirklich einen Effekt haben. Es nützt keiner Frau, wenn ihr gesagt wird: Das ist jetzt dumm, dass du Erzieherin geworden bist, wärst du einmal Chirurgin oder Informatikerin geworden. Damit kommen wir doch nicht weiter.
Die gesetzlichen Instrumente, die in jüngerer Zeit geschaffen wurden, Antidiskriminierungsgesetz, Entgelttransparenzgesetz, Vätermonate – wir kennen die Aufteilung der Vätermonate, ich muss es hier nicht noch einmal erzählen –, reagieren auf den steigenden Druck, bewirken aber wenig. Wir kommen derzeit an eine Grenze, an der wir mit Anreizen und Unterstützung überhaupt nicht weiterkommen.
Ich muss auch sagen, dass wir mit Entsetzen in die Privatwirtschaft schauen. Es ist im öffentlichen Dienst, in dem mehr Regulierung herrscht, natürlich besser, aber noch lange nicht so, dass es ausgeglichen ist. Erst einmal ist die Datenlage schlechter und zum anderen kommen wir da sehr viel schlechter voran. Es hat natürlich auch Gründe, warum die ganzen Überprüfungsinstrumente nicht für die bremischen Gesellschaften in Gänze angewendet werden wollten. Das nur noch einmal als Hinweis darauf.