Protocol of the Session on February 28, 2019

Wir sagen: Nein, mehr von allem hilft den Menschen in Bremen und Bremerhaven nicht. Wir brauchen neue Ideen, einen neuen Aufbruch und dazu kann eine solche Fakultät in Bremen ausdrücklich dienen. Wir glauben an dieses Projekt.

(Beifall CDU, BIW)

Unsere Initiative hat einen Ideenwettbewerb ausgelöst und dazu geführt, dass an der Anhörung, die durchgeführt worden ist, mehr als 60 Menschen teilgenommen und, auf der Grundlage einer von

der Senatorin zuvor verschickten Vorlage, lebhaft diskutiert haben. Die Vorlage sah im Übrigen eine ergebnisoffene Prüfung beider Varianten vor, nämlich die klinische Ausbildung und die Vollausbildung der Mediziner. Das Ergebnis der Anhörung war – ich war selbst nicht dabei, es wurde mir von unseren Teilnehmern, aber auch medial berichtet – dass alle einen Aufbruch gespürt haben, dass alle der Auffassung waren, dass unser Antrag, eine ergebnisoffene Prüfung durchzuführen, richtig ist, und dass es auch richtig ist, die Volluniversität zu prüfen.

Zur Überraschung aller Teilnehmer – einige hätten sich die Augen gerieben, stand im Weserkurier am Sonntag vergangener Woche – trotz des Ergebnisses der Anhörung, trotz der vielen positiven Beiträge, die dargelegt haben, was eine solche Fakultät für Bremen und Bremerhaven an Impulsen setzen kann, trotz der Aussage aller, dass die Fakultät einen Beitrag dazu leisten kann, den Medizinermangel zu bekämpfen und dass alle gesagt haben, es sei sinnvoll, beide Varianten zu prüfen, hat die politische Mehrheit von SPD und Grünen gesagt: Nein, wir ändern die Vorlage der Senatoren, wir wollen auf eine klinische Ausbildung beschränken.

Meine Damen und Herren, dies ist nicht die Zukunft unseres Bundeslandes. Dies geht einfach nur in die Vergangenheit. Jeder weiß, dass die rein klinische Ausbildung in Bremen keine Zukunft haben wird,

(Beifall CDU)

weil natürlich im Rahmen der Anhörung, aber auch danach in der Fachwissenschaft darüber diskutiert wurde und wird, ob die Aufteilung der Medizinerausbildung in einen klinischen und vorklinischen Teil überhaupt noch zeitgemäß ist. Wir haben in der Beratung zum Masterplan Medizin die eindeutige Aussage – übrigens auch der Bertelsmann-Stiftung vor 14 Tagen –: Wir müssen in Deutschland weg von der zweiphasigen Medizinerausbildung, wie Sie es am Anfang übrigens auch mit der Juristenausbildung an der Universität in Bremen versucht haben.

Wir müssen interdisziplinärer, wir müssen vernetzter denken. Die Zukunft des Medizinstudiums wird nicht mehr zweigleisig klinisch und vorklinisch, sondern sie wird in Zukunft eine Ausbildung sein. Wenn Sie jetzt das Modell der Vergangenheit wählen, werden Sie mit Ihrer klinischen Ausbildung keine Zukunft haben, das ist die Prognose aus der

Wissenschaftspolitik, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Beifall CDU)

Ich habe bisher gedacht, es ist nur die Sozialdemokratie, die immer sagt: Wir wissen alles besser, wir haben alles richtig gemacht und so, wie wir es machen, ist es immer richtig und wird es immer richtig bleiben. Dass die Position in diesem Parlament vertreten wird, kann ich ehrlicherweise verstehen. Wenn man 70 Jahre lang an der Regierung ist, hat man für sich immer den Anspruch, alles richtig und nichts falsch gemacht zu haben, so treten Sie ja auch auf.

Aber, meine Damen und Herren, wer in dieser Situation sogar die Prüfung von Alternativen verweigert, der vergeht sich an den Zukunftschancen der jungen Menschen, die in Bremen Medizin studieren wollen, der Krankenhäuser und Gesundheitswirtschaft, die dringend auf junge Mediziner angewiesen sind und der Universität, die auch im Wettbewerb der Exzellenz ein zusätzliches Alleinstellungsmerkmal, wie ein Studium der Medizin, sehr gut gebrauchen könnte.

Geben Sie sich einen Ruck, stimmen Sie unserem Antrag zu, lehnen Sie den witzigen Antrag von Herrn Gottschalk ab, geben Sie der Universität und der Medizinwirtschaft in unserem Land eine Chance. – Vielen Dank!

(Beifall CDU)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Gottschalk.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen, meine Damen und Herren! Kommen wir zur Kernfrage dieser Debatte: Große Visionen, wie Frau Grobien es gestern gesagt hat, oder große Illusionen. Wir haben hier im Hause gestern über den Wissenschaftsplan 2025 diskutiert, und ich habe es so verstanden, dass die CDU diesen in der Anlage gut findet und unterstützen wird.

Wir haben in dieser Diskussion deutlich gemacht, dass wir vorhaben die Ausgaben im Wissenschaftsbereich von derzeit 350 Millionen Euro auf über eine halbe Milliarde Euro zu steigern.

(Beifall SPD, Bündnis 90/Die Grünen)

Es ist auch bewusst geworden, dass wir damit nicht überdurchschnittliche Verhältnisse schaffen oder eine Ideallinie, sondern dass es nach wie vor Bereiche gibt, in denen wir gern zusätzliche Gelder investieren würden, weil wir die Chance sehen, auch dort Stärken zu stärken und damit dem Standort Bremen und dem Standort Bremerhaven zu helfen. Es ist uns aber bewusst, dass wir mit diesem Anschlag, über eine halbe Milliarde Euro zu gehen, obwohl der Wissenschaftsetat im Haushalt schon der drittgrößte ist, unsere finanziellen Spielräume ausnutzen.

Vor diesem Hintergrund, Herr Röwekamp, habe ich schon in der ersten Debatte gesagt: Wenn ich mir unsere Finanzen anschaue, sehe ich nicht, wie wir noch einen vollen Studiengang Medizin finanzieren wollen.

(Beifall SPD, Bündnis 90/Die Grünen)

Ich sehe es insbesondere nicht, wenn ich nicht die Augen verschließe, mich nicht auf null stelle, sondern einmal in diese Republik schaue, was denn an anderen Orten normalerweise solch ein Studiengang kostet, dann wird man sehen, dass bestimmte, sehr bescheidene Ansätze schon bei über 60 Millionen Euro im Jahr liegen.

(Zurufe Abgeordnete Grobien [CDU], Abgeordne- ter Bensch [CDU])

Wenn man in diesem Bereich etwas weiter geht, dann wird man sehen, dass wir in Städten wie in Augsburg oder Bielefeld bei 100 Millionen Euro im Jahr liegen, und auch das sind noch Schätzungen, bei denen man jetzt schon sieht, dass teilweise nachgebessert werden muss. Da haben wir gesagt, dass wir nicht sehen, wie wir dieses hier zusätzlich zu unseren Anstrengungen im Wissenschaftsbereich finanzieren wollen. Wir hätten eigentlich auch am liebsten schon damals Ihren Vorstoß, Ihren Antrag abgelehnt.

Wir haben uns aber dann gesagt, nachdem die Diskussion in den anderen Fraktionen darauf hinausliefen doch wenigstens eine Anhörung durchzuführen: Gut, dann sind wir nicht der Spielverderber, dann nehmen wir uns die Zeit und machen diese Anhörung.

(Abgeordneter Röwekamp [CDU]: Pro forma!)

Was hat diese Anhörung ergeben, Herr Röwekamp? Diese Anhörung hat ergeben, dass einige sehr deutlich gesagt haben: Ja, das wäre zwar

schön, aber wir machen uns Sorgen, dass Bremen sich damit übernehmen könnte.

(Beifall SPD – Zurufe)

Andere haben gesagt: Das wäre ganz wunderbar, wenn wir das hier hätten, aber fragt uns doch nicht nach der Finanzierung oder nach den Kosten.

(Abgeordneter Röwekamp [CDU]: Nein, das soll ja auch Gegenstand der Untersuchung sein! – Zuruf: Genau! – Heiterkeit)

Ja, Herr Strohmann und Herr Röwekamp, jetzt kann man das natürlich so machen. Als wir das angesprochen und nachgefragt haben, Herr Bensch, als wir gesagt haben, die Frage auch in die Runde gestellt haben, wie sieht das denn in diesem Bereich mit den Kosten aus. Da kam von der CDU: Nein, über die Kosten können wir doch jetzt nicht reden.

(Abgeordneter Röwekamp [CDU]: Nein, können wir auch nicht!)

Wir wissen doch gar nichts. Wir können uns hier wie Herr Bensch das tut, ahnungslos geben und ignorieren, wie viel ein Medizinstudiengang andernorts kostet. Wir haben gesagt, dass wir keine 100 000 Euro in eine Machbarkeitsstudie hineinstecken, von der wir wissen, dass am Ende ein Modell herauskommt, das wir nicht bezahlen wollen.

(Beifall SPD – Unruhe)

Diese Geldverschwendung machen wir nicht mit. Deshalb haben wir in diesem Bereich gesagt, dass wir uns dafür aussprechen, dass ein realistischer Ansatz geprüft wird.

(Glocke)

Beruhigen Sie sich!

Herr Kollege Gottschalk, einen Moment! Hier ist eine unheimliche Geräuschkulisse. Ich weiß nicht, wie es kommt, aber ich fände es gut,

(Heiterkeit)

wenn wir alle zuhören würden, was Herr Gottschalk uns vorzutragen hat.

(Unruhe)

Ich kann ja verstehen, Herr Röwekamp, dass die CDU in diesem Bereich beleidigt ist, denn de facto haben wir gestern schon gesehen, alles andere, was Sie im Wissenschaftsbereich vorbringen könnten, ist bereits durch Regierungshandeln abgedeckt.

(Beifall SDP – Heiterkeit CDU)

Da haben Sie natürlich ein Problem. Wo ist Ihre Idee?

(Glocke)

Herr Kollege Gottschalk, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Nein, Sie können nachher etwas sagen. Da kommen wir einmal zu dieser Frage an die Herrschaften hier vorn. Ich höre von Herrn Bensch, lese das als Facebook-Freund: Wir müssen in diesem Bereich großes Denken pflegen. Ich lese von Frau Grobien, dass sie gern Visionen hätte. Wenn wir dann einmal zu der Gretchenfrage kommen, wie es denn

(Zurufe Abgeordneter Bensch [CDU])

mit der Finanzierung und mit den Kosten aussieht, dann kommt nichts. Herr Bensch, es ist noch schlimmer. Vollends nebulös wird es nämlich, wenn man einmal in Ihr Wahlprogramm hineinschaut. Dort haben wir, wenn es um die Finanzen geht, die Situation, dass Sie die gesamten zusätzlichen finanziellen Möglichkeiten, die gesamten 400 Millionen Euro in den nächsten Jahren, zu den Banken tragen wollen. Und in diesem Bereich – –.