Protocol of the Session on January 23, 2019

Die interessante Frage ist, warum nicht, wenn es um konkrete Arbeitsplätze in Europa, in Deutschland geht und wenn da sogar noch Schiffe sind, die fahren können, warum dann nicht auch darüber diskutiert wird, die Landesbank in einer Weise zu unterstützen, wie es über den Rettungsschirm denkbar gewesen wäre. – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit!

(Beifall DIE LINKE)

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Die Beratung ist geschlossen.

Die Bürgerschaft (Landtag) nimmt von dem Bericht des staatlichen Controllingausschusses Kenntnis.

Fürsorgepflicht für Polizeibeamtinnen und -beamte endlich ernst nehmen – Sofortprogramm „Überstundenabbau bei der Polizei“ auf den Weg bringen! Antrag der Fraktion der FDP vom 17. Januar 2019 (Drucksache 19/2001)

Dazu als Vertreter des Senats Senator Mäurer.

Die Beratung ist eröffnet.

Als erste Rednerin hat die Abgeordnete Frau Steiner das Wort.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! 337 000 Überstunden, so viele Stunden gab es bei der Polizei im Jahr 2018. Rechnerisch hat damit jeder Beschäftigte bei der Polizei Bremen und bei der Polizei Bremerhaven 136 Überstunden. Wenn wir jetzt einmal davon ausgehen, dass jeder Beschäftigte eine 40Stunden-Woche hat, bedeutet das, dass jede Polizeibeamtin und jeder Polizeibeamte knapp vier Wochen freinehmen müssten, um das wieder auszugleichen. Das ist absolut unverantwortlich und, sowohl für die Polizei, als auch für die Gesellschaft, untragbar.

(Beifall FDP)

Seit langem haben wir nun schon das Problem. In den Jahren 2013, 2014 wurden keine Überstunden abgebaut und in den Jahren 2015, 2016 wurde gerade einmal 800 000 Euro gezahlt, das ist, gelinde gesagt, überhaupt nichts. Hier muss jetzt endlich etwas passieren und es kann nicht immer nur bei Ankündigungen bleiben. Sie sind auch gegenüber den Beschäftigten der Polizei in der Fürsorgepflicht. Die Herausforderungen, das wissen Sie selbst, werden immer und täglich größer. Es gibt schwindenden Respekt vor der Polizei, sie müssen sich anspucken und beleidigen lassen, sogar die Gewalt gegenüber den Beamten nimmt immer weiter zu. Es ist eine kräftezehrende und mitunter auch lebensgefährliche Arbeit. Eine Arbeit, für die seitens der Gesellschaft oft nicht einmal gedankt wird.

Wir sind der Meinung, dass die Polizistinnen und Polizisten mehr verdient haben. Unser Vertrauen ist überhaupt nicht umstritten und voll umfänglich, ganz klar ist auch, gutes Zureden durch den Dienstherrn allein, reicht nicht aus. Und ich war schockiert und enttäuscht von Ihnen, Herr Senator Mäurer, als Sie im Jahr 2017 sagten, den Kollegen ging es nicht um die Ausbezahlung, sondern darum, einmal im Monat ein Wochenende frei zu haben. Glauben Sie das allen Ernstes? Was ist denn das für eine Auffassung? Die meisten Menschen haben nämlich zwei, aber mindestens einen Tag in der Woche frei und nicht nur einmal im Monat. Ganz ehrlich, wer hat denn unter diesen Umständen noch Lust, Polizist zu werden. Auch Ihr SPDKollege, Herr Senkal, redete den Überstundenberg

klein, weil er der Auffassung war, Überstunden seien ein typisches Element des Polizeidienstes, –

(Abgeordneter Senkal [SPD]: Ja! Das ist bei mir im Büro auch so!)

und es hätte nichts mit Wertschätzung zu tun, Überstunden auszubezahlen. Für ihn sei das Teil des Arbeitsvertrags. Wenn das so wäre, warum zahlen Sie nicht endlich? Warum setzen Sie Ihre Worte nicht einmal um? Ich differenziere übrigens auch klar zwischen Rot und Grün, denn Herr Fecker steht zur Polizei.

(Unruhe)

Verehrte Sozialdemokraten – ja, so sieht es aus – wollen Sie mich eigentlich zum Narren halten? Sie unterstellen den Unternehmen in Bremen häufig Ausbeutung und schlechtbezahlte Arbeitsplätze. Ganz ehrlich, ich kenne kein Familienunternehmen, das seine Mitarbeiter so schlecht behandelt, wie Sie Ihre Polizisten.

(Beifall FDP, CDU, BIW)

Es ist schon bemerkenswert, dass ausgerechnet die Sozialdemokraten die Polizisten derart ausbeuten, wie es die Industriellen des 19. Jahrhunderts kaum bei Arbeitern geschafft hätten.

(Beifall FDP, CDU, BIW)

Wo ist denn Ihr Engagement für die arbeitende Bevölkerung geblieben? Herr Liess hat im Jahr 2017 sogar gesagt und das zitiere ich: „Ich will hier aber auch nicht irgendwie Augenwischerei betreiben, ich will deutlich sagen, dass wir den gesamten Berg der Überstunden nicht werden finanzieren können. Das wird nicht gehen. Dieses Geld sehe ich schlichtweg nicht. Das gehört zu den unangenehmen Wahrheiten, die man auch einmal verkünden muss.“ Ganz ehrlich, das ist eine grausame Wahrheit und ich denke, Sie sind hier am Werk und Sie könnten es ändern und das sollten Sie auch dringend tun.

(Beifall FDP)

Überstunden können einmal entstehen, darüber müssen wir nicht reden, aber dann muss auch dafür gesorgt werden, dass sie in ruhigeren Zeiten wieder ausgeglichen werden. Ganz ehrlich, wer nicht in der Lage ist, die Personalplanung so zu gestalten, dass unerträglich viele Überstunden vermieden werden, der darf kein Innensenator werden.

(Beifall FDP)

Wir fordern vom Innensenator ein ganz klares Bekenntnis zur fairen Bezahlung, für einen fürsorglichen Umgang mit den Beamten und wir erwarten, dass der Überstundenabbau endlich ernsthaft begonnen wird. Ja, wir wissen, das Modell aus Auszahlen und Freizeitausgleich ist nicht neu, aber es scheint ja nicht umgesetzt zu werden, sonst würden nicht immer mehr Überstunden hinzukommen. Es ist klar, dass es mit Freizeitausgleich allein nicht getan ist, weil dann das Personal an anderer Stelle fehlt, aber deshalb fordern wir ein Konzept, das aus Auszahlen der Überstunden und zusätzlich aus Gewährung von Freizeitausgleich besteht.

Wie bereits in den Haushaltsberatungen fordern wir deshalb auch die Zielzahl für die Polizei, auf 2 900 für Bremen und 520 für Bremerhaven, zu erhöhen. Um diese Zielzahlen zu erreichen, müssen natürlich auch die Ausbildungskapazitäten bei der HfÖV dringend ausgebaut werden. Bereits jetzt haben wir doppelt so große Ausbildungsjahrgänge, wodurch Probleme entstehen und wir brauchen hier eine deutlich bessere räumliche, sachliche und auch personelle Ausstattung. Nur so können wir eine vernünftige Ausbildung gewährleisten.

Wir können nur hoffen, dass wir endlich gemeinsam anpacken und aktiv werden, denn die innere Sicherheit zu gewährleisten, ist Kernaufgabe unseres Staates. Die Bürgerinnen und Bürger brauchen das Vertrauen in den Staat, dass er die Sicherheit garantieren kann. Wir finden, dass die Polizistinnen und Polizisten sich auf das Vertrauen ihres Dienstherrn verlassen können und wissen müssen, dass sie in guten Händen sind und dass Sie die Fürsorgepflicht ernst nehmen, Herr Mäurer. Tun Sie uns einen großen Gefallen, seien Sie dieses Mal mutiger als letztes Mal und brechen Sie Ihr Schweigen, denn die Polizei braucht Ihren Rückhalt. – Danke!

(Beifall FDP, CDU)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Timke.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Die FDP-Fraktion legt uns heute einen Antrag vor, mit dem ein Sofortprogramm zum Überstundenabbau bei der Polizei gefordert wird. Außerdem sollen die Anzahl der Polizeibeamten erhöht und die Ausbildungskapazitäten verbessert werden.

Lassen Sie mich gleich zu Beginn meines Vortrags klarstellen, dass wir Bürger in Wut diesen Antrag selbstverständlich unterstützen werden. Die Arbeitsverdichtung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Ortspolizeibehörden von Bremen und Bremerhaven und die daraus resultierenden Überstunden haben ein Ausmaß angenommen, das nicht mehr vertretbar ist. Innensenator Ulrich Mäurer als Dienstherr der Polizei muss sich schon die berechtigte Frage gefallen lassen, ob er seinen Fürsorgepflichten gegenüber den Beschäftigten der Polizei noch nachkommt. Wir Bürger in Wut haben da so unsere Zweifel.

Meine Damen und Herren, die Mitarbeiter der Polizeibehörde in Bremen haben mittlerweile 337 000 Überstunden. Im Jahr 2015 waren es noch 320 000, also 17 000 Überstunden weniger. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Ortspolizeibehörde Bremerhaven haben derzeit 32 000 Überstunden, die noch nicht vergütet oder durch Freizeitausgleich abgebaut werden konnten. Das sind 12 000 Überstunden mehr als noch vor vier Jahren.

Die hohe Zahl der Überstunden spiegelt die prekäre Personalsituation bei den Ortspolizeibehörden unseres Bundeslandes wieder. In den letzten Jahren sind in der Verantwortung des rot-grünen Senats zu wenige Polizeianwärter eingestellt worden, um die zunehmende Arbeitsverdichtung zu kompensieren. Das rächt sich nun. Die steigende Zahl der Überstunden zeigt auch, dass der Bremer Senat überhaupt kein Konzept hat, wie man die zeitliche Mehraufwendung der Mitarbeiter auf ein erträgliches Maß reduzieren will.

Für uns Bürger in Wut ist dabei klar, Überstunden müssen die Ausnahme bleiben und dürfen nicht zur Regel werden. Das gilt auch und gerade für den öffentlichen Dienst. Ist Mehrarbeit nicht zu vermeiden, muss der Dienstherr die Überstunden möglichst rasch abbauen. Das kann durch Freizeitausgleich oder durch eine finanzielle Vergütung erfolgen. Da hat der Senat in den letzten Jahren zu wenig Anstrengung unternommen, um den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Ortspolizeibehörden in Bremen und Bremerhaven diese finanzielle Vergütung anzubieten und auszuzahlen.

Ich will an dieser Stelle auch noch einmal klarstellen, dass die Auszahlung von Überstunden kein vom Staat gewährter Bonus ist, sondern eine Selbstverständlichkeit und zugleich Wertschätzung für die von der Polizei tagtäglich unter schwierigen Bedingungen geleistete Arbeit. Überstunden sind ein zeitlicher Kredit, –

(Beifall BIW)

den die Polizeibeamten dem Staat gewähren und nicht umgekehrt, meine Damen und Herren!

(Beifall BIW)

Dieser Kredit muss irgendwann abgelöst werden, was bislang weder in Bremen noch in Bremerhaven in einem Maße geschehen ist, so dass der Überstundenberg auch tatsächlich abgebaut wurde. Deshalb ist der hier vorliegende Antrag auch richtig und wichtig und wird von uns Bürgern in Wut unterstützt.

Die heutige Vorlage beinhaltet neben der Forderung nach einer Auszahlung der Überstunden auch eine Personalaufstockung bei den Ortspolizeibehörden unseres Bundeslandes. Da stoßen Sie, Frau Steiner, bei uns Bürgern in Wut nicht auf Widerstand. Es ist schon bemerkenswert, wie viele Parteien in diesem Haus, jetzt, kurz vor den anstehenden Bürgerschaftswahlen, ihr Herz für die Polizei entdeckt haben. In den letzten vier Jahren haben insbesondere die Oppositionsparteien in diesem Haus, immer wieder auf die prekäre Personalsituation bei der Polizei hingewiesen. Der rot-grüne Senat hat andere politische Schwerpunkte gesetzt, das kann man machen, dann muss man sich aber im Nachhinein nicht wundern, wenn die Rechnung nicht mehr aufgeht. Nun will man in Bremen bis zum Jahr 2020 die Anzahl der Polizeibeamten aufstocken und auch Bremerhaven soll jetzt plötzlich mehr Ordnungshüter bekommen. Das ist löblich, kommt aber viel zu spät, wie die steigenden Überstunden jetzt auch zeigen.

Wir Bürger in Wut wollen eine deutliche Personalaufstockung bei den Ortspolizeibehörden in Bremen und Bremerhaven, –

(Vizepräsident Imhoff übernimmt den Vorsitz.)

auch über die Zielzahl von 2 800 Vollzeitbeamten hinaus, und deshalb begrüßen wir diese Forderung in dem Antrag.

Der dritte Punkt in dem heute vorliegenden Antrag, wird auch von uns begrüßt. Darin wird gefordert, dass die Hochschule für öffentliche Verwaltung als Ausbildungsstätte für die angehenden Polizeibeamten räumlich, personell und sachlich in die Lage versetzt wird, eine größere Zahl an Auszubildenden als bisher aufzunehmen. Die Innenpolitiker werden sich erinnern, Herr Senkal, in der vorletzten Sitzung der Innendeputation, hatten wir

Deputierte die Gelegenheit, die Schulungs- und Sporträume der Bereitschaftspolizei zu besichtigen, –

(Abgeordneter Senkal [SPD]: Da bin ich bei Ihnen!)

die auch von den Auszubildenden der Polizei genutzt werden. Ich war, ehrlich gesagt, schockiert, meine Damen und Herren, unter welchen schlechten Bedingungen angehende Polizeibeamte im Bundesland Bremen studieren müssen. Ich will nun nicht von der Bestuhlung oder von den Tischen aus den 80er Jahren reden, ich will nicht davon reden, dass die Wände beschmiert waren, die vielleicht noch den einen oder anderen neuen Anstrich brauchen. Nein, was mich schockiert hat, war die technische Ausrüstung bei der Polizei oder sollte ich vielleicht sagen, die mangelnde technische Ausrüstung bei der Polizei.

(Zuruf Abgeordnete Böschen [SPD])

Ich wusste bis zu meinem Besuch in der Polizeischule beziehungsweise in der Bereitschaftspolizei nicht, dass es noch Tageslichtprojektoren gibt. Ich dachte eigentlich, dass die nach meinem Ausscheiden aus der Schule 1988 entsorgt wurden und eventuell noch im technischen Museum zu finden sind. Bei der Polizei gibt es sie aber immer noch. Dafür gibt es aber keine Beamer bei der Polizei, meine Damen und Herren, die man aber dringend bräuchte, um vielleicht einmal eine Vorlage über den PC, über den Laptop an die Wand zu projizieren. WLAN gibt es auch nicht, das mittlerweile schon in jedem Schnellrestaurant in Bremen und Bremerhaven Standard ist.

Meine Damen und Herren, wenn wir motivierte Polizeianwärter für Bremen und Bremerhaven gewinnen wollen, und in dieser Frage stehen wir natürlich in unmittelbarer Konkurrenz zu unseren Nachbarländern, dann müssen wir auch gute Rahmenbedingungen für die Ausbildung schaffen, sonst bewerben sich die Schulabgänger lieber bei den Polizeien in Niedersachsen, Hamburg oder Schleswig-Holstein. Wer bei der Polizei eine qualifizierte Berufsausbildung anbieten möchte, und das muss ja mindestens auch der Anspruch des rot-grünen Senats sein, der muss auch die technischen Möglichkeiten vorhalten. Hier hat die Bremer Landesregierung noch ordentlichen Nachholbedarf.