Die fünfte Anfrage steht unter dem Betreff „Entlastung der Gerichte durch Onlinegerichtsverfahren“. Die Anfrage ist unterzeichnet von den Abgeordneten Hamann, Tschöpe und Fraktion der SPD.
Erstens: Wie bewertet der Senat das geplante Pilotprojekt aus Hamburg, bei dem für Zivilprozesse mit geringem Streitwert – weniger als 1 000 Euro – eine Onlineeingabemaske bereitgestellt wird und dadurch eine schnellere Bearbeitung von Zivilverfahren mit niedrigem Streitwert erreicht werden soll?
Zweitens: Ist dem Senat ein Trend in Bremen bekannt, dass Verfahren mit niedrigen Streitwerten in den letzten Jahren seltener anhängig gemacht wurden?
Drittens: Kann sich der Senat vorstellen, in Bremen ebenfalls ein Pilotprojekt für Onlinegerichtsverfahren zu etablieren?
Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Für den Senat beantworte ich die Anfrage wie folgt:
Zu Frage eins: Ein solches Pilotprojekt wird von Hamburg langfristig angestrebt, angesichts der derzeit hierfür noch nicht vorhandenen bundesgesetzlichen Regelungen, kann es jedoch derzeit nicht konkret umgesetzt werden, es wäre nach geltendem Recht auch nicht zulässig. Die Justizministerkonferenz hat im Juni dieses Jahres die Länderarbeitsgruppe „Legal Tech“ gebeten, zu untersuchen, inwieweit es der Einführung eines beschleunigten Onlineverfahrens bedarf und wie dieses auszugestalten wäre. Der Beschluss ging auf einen Antrag aus Hamburg zurück und wurde von Bremen unterstützt. Ergebnisse liegen noch nicht vor.
Zu Frage zwei: Ein solcher Trend ist in Bremen bisher nicht erkennbar. Zwar sind die absoluten Zahlen der Verfahren mit geringen Streitwerten von 2016 bis 2017 rückläufig gewesen; von 2014 bis 2016 sind sie allerdings angestiegen, sodass von einem Trend bisher nicht gesprochen werden kann. Die relative Anzahl an allen erledigten Verfahren der Amtsgerichte mit niedrigen Streitwerten betrug 2014 48 Prozent, 2015 49 Prozent, 2016 48 Prozent und 2017 46 Prozent.
Zu Frage drei: Derzeit ist sowohl in technischer als auch in rechtlicher Hinsicht weitgehend ungeklärt, wie ein Onlinegerichtsverfahren ausgestaltet werden könnte. Wenn die Ergebnisse der Arbeitsgruppe „Legal Tech“ vorliegen und der Bundesgesetzgeber die erforderlichen rechtlichen Voraussetzungen geschaffen hat, wird der Senat prüfen ob und wie in Bremen ein Pilotprojekt für Onlinegerichtsverfahren etabliert werden kann. – So weit die Antwort des Senats!
Vielen Dank, Herr Staatsrat, für die ausführliche Auskunft! Es gab im August Berichte über diesen Vorstoß, der klang ein bisschen anders, das haben Sie jetzt ja eingeordnet. Habe ich es richtig verstanden, dass es den Hamburgern auch darum gegangen ist, dass es eine Art soziales Projekt ist, um Zugangshürden abzusenken? So habe ich die spätere Berichterstattung verstanden, dass man mittels Technologie Menschen dazu motivieren möchte, Gerichtsverfahren anzustrengen. Ich habe Umfragen gelesen, dass die Menschen erst ab einem Streitwert von 2 000 Euro zu entsprechenden Verfahren greifen, und man möchte das mit einer Software niedriger machen.
Die Motivation der Hamburger, soweit ich sie auf der Justizministerkonferenz richtig eingeordnet habe, war wohl, dass sie bei dem Thema die Speerspitze bilden wollen. Die Öffentlichkeitsarbeit hat es ja auch gezeigt, dass sie das Thema besetzt haben. Allerdings mussten sie sich auch auf den Boden der Tatsachen zurückholen lassen. Ich denke schon, dass darüber hinaus auch der Zugang zu den Gerichten nicht mit Hürden versehen sein soll. Persönlich bin ich sehr gespannt darauf, was die Arbeitsgruppe „Legal Tech“ uns vorlegen wird. Ich habe im Augenblick gewisse Zweifel daran, dass das der richtige Weg ist.
Die sechste Anfrage trägt die Überschrift: „MEZIS e. V. „Mein Essen zahl ich selbst“ – Initiative unbestechlicher Ärztinnen und Ärzte“. Die Anfrage ist unterschrieben von den Abgeordneten Frau Dehne, Tschöpe und Fraktion der SPD.
Erstens: Wie bewertet der Senat die Initiative unbestechlicher Ärztinnen und Ärzte MEZIS e. V. „Mein Essen zahl ich selbst“?
Zweitens: Sind dem Senat weitere Initiativen von Ärztinnen und Ärzten im Land Bremen bekannt, die sich gegen den Einfluss der Pharmaindustrie wehren?
Drittens: Sieht der Senat Möglichkeiten, solche Initiativen im Sinne einer herstellerunabhängigen Beratung und Behandlung von Patientinnen und Patienten zu fördern?
Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Für den Senat beantworte ich die Anfrage wie folgt:
Zu Frage eins: Der Senat begrüßt grundsätzlich jede Initiative von Ärztinnen und Ärzten, die sich gegen die unlautere Einflussnahme von Pharma- und Medizinprodukteherstellern auf ärztliches Handeln einsetzt. Insofern ist es zu begrüßen, wenn sich zunehmend Ärztinnen und Ärzte diesem Verein anschließen.
Zu Frage zwei: Unabhängig von der Mitgliedschaft im Verein MEZIS e.V. gibt es viele Ärztinnen und Ärzte, die dem Einfluss der Industrie auf ärztliche Entscheidungen sehr kritisch gegenüberstehen. Die Sensibilität für die Risiken von Interessenkonflikten in diesem Bereich wird, insbesondere auch gestärkt durch die zahlreichen Aktivitäten der Landesärztekammern, der Bundesärztekammer, der Fachgesellschaften und bereits im Rahmen des Medizinstudiums.
Zuletzt hat der Bundesgesetzgeber diesen Trend verstärkt, indem er die §§ 299a und 299b StGB geschaffen hat. Insofern ist das Thema auch unabhängig von den Aktivitäten des Vereins MEZIS e. V. präsent.
Zu Frage drei: Der Senat sieht derzeit keine Notwendigkeit, hier tätig zu werden. Es handelt sich in erster Linie um die Wirksamkeit berufsrechtlicher Pflichten, derer sich die Heilberufskammern in Erfüllung ihrer originären Aufgaben bereits angenommen haben. – So weit die Antwort des Senats.
Frau Senatorin, sind Sie mit mir der Auffassung, wenn zum Beispiel in der Praxis eines Hautarztes oder einer Augenärztin, dort Proben an die Patientin oder den Patienten gegeben werden, dass das dann nicht ganz ohne Einfluss auf den Arzt oder die Ärztin ist?
Die siebte Anfrage steht unter dem Betreff „Werden von der WFB Gewerbeflächen in Bremerhaven vermittelt, wenn die Flächen in Bremen knapp sind?“. Die Anfrage ist unterzeichnet von den Abgeordneten Prof. Dr. Hilz, Frau Steiner und Fraktion der FDP.
Erstens: Wie häufig ist es in den vergangenen 24 Monaten vorgekommen, dass Anfragen von Unternehmen für Gewerbeflächen in der Stadt Bremen
seitens der Wirtschaftsförderung Bremen, WFB, nicht bedient werden konnten, weil entsprechende Gewerbeflächen in Bremen nicht verfügbar waren?
Zweitens: In wie vielen dieser Fälle ist von der WFB in Zusammenarbeit mit der Bremerhavener Gesellschaft für Investitionsförderung und Stadtentwicklung mbH, BIS, aktiv versucht worden, an die anfragenden Unternehmen passende Gewerbeflächen in Bremerhaven zu vermitteln?
Drittens: Welche Maßnahmen wird der Senat zukünftig einleiten, um sicherzustellen, dass Unternehmen, die in Bremen keine passenden Gewerbeflächen finden, entsprechende Gewerbeflächen in Bremerhaven angeboten werden?
Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Für den Senat beantworte ich die Anfrage wie folgt:
Zu Frage eins: Aufgrund der anhaltend hohen Nachfrage nach Gewerbeflächen und den guten Vermarktungsleistungen der Vergangenheit ist trotz Intensivierung der Erschließungsleistung – allein im Jahr 2017 wurden 60 ha Gewerbeflächen erschlossen – ein reduziertes Flächenangebot zu verzeichnen. So konnten in 2017 auf 36 Anfragen keine geeigneten Grundstücke angeboten werden, in 2018 war dies bei 18 Anfragen der Fall. Hieraus kann allerdings nicht geschlossen werden, dass diese teilweise unkonkreten Anfragen auch tatsächlich zu einer Vermarktung geführt hätten, da diese Anfragen teilweise sehr unverbindlich waren, teilweise durch die Unternehmen selbst nicht weiterverfolgt wurden und von einzelnen Anfragen zudem bekannt ist, dass diese parallel auch an andere Kommunen gestellt wurden, sogenannte Mehrfachanfragen. Es hat sich gezeigt, dass insbesondere Flächenbedarfe über 10 ha für die Logistikbranche sowie kleinteiligere, zentrennahe Flächenbedarfe aktuell nur schwer bedient werden. Für diese Flächentypen werden aktuell gezielt Erschließungen und Projektentwicklungen durchgeführt.
Zu Fragen zwei und drei: Es ist bereits Praxis sowohl bei der WFB als auch bei der BIS bei Flächengesuchen, für die keine geeigneten Grundstücke in den jeweiligen Städten angeboten werden können, den Nachfragenden das gesamte Gewerbeflächenangebot des Landes aufzuzeigen.
Von den in 2017 nicht bedienten Anfragen erfolgte in zwei Fällen eine Weiterleitung an die BIS Wirtschaftsförderung Bremerhaven. In 2018 wurden vier Fälle an die BIS weitergeleitet. Hierbei handelte es sich um überregionale Flächennachfragen nach Grundstücken. Die weiteren, nicht bedienten Anfragen waren insbesondere auf konkrete, bremische Gewerbestandorte, den Stadtraum Bremen oder die Lage an der A 1 fokussiert. Das Angebot der Vermittlung von Gewerbeflächen Richtung Bremerhaven hätte keine Aussicht auf Erfolg gehabt beziehungsweise wurde seitens der Nachfragenden explizit ausgeschlossen.
Weitergehende Maßnahmen seitens des Senats sind vor diesem Hintergrund nicht erforderlich. – So weit die Antwort des Senats!
Vielen Dank, Herr Präsident. Herr Staatsrat, sie haben gesagt, in einigen Fällen haben die Anfragenden es ausgeschlossen, in Bremerhaven vermittelt zu werden, in anderen geht die WFB davon aus, dass es nicht zum Erfolg führt. Da hätte ich gern von Ihnen gewusst: Können Sie uns sagen, wie das Verfahren ist? Wer entscheidet das auf welcher Grundlage, dass das dann nicht zum Erfolg führt?
Am Ende entscheiden das immer die Unternehmen. Sie müssen sich das so vorstellen: Es kommt ein Unternehmer, der ganz gezielt eine Fläche sucht und sagt, ich brauche genau in dem Dreieck zwischen der A 27 und der A 1 am Bremer Kreuz einen Flächenstandort von 5 000 m². Wenn wir den nicht bedienen können, ist es relativ eindeutig, dass er so gezielt nachgefragt hat, dass wir den auch in Bremen gar nicht an einem anderen Standort unterbringen können. Grundsätzlich gehe ich davon aus, dass ein Hinweis erfolgt, dass gerade in Bremerhaven, wo es ja auch auf der Luneplate viele Entwicklungsmöglichkeiten gibt, auch Chancen bestehen. Nur, wenn Unternehmen so gezielt nachfragen, sind sie in der Regel auch sehr eingeschränkt, was ihre eigene Flexibilität angeht. Aus guten Gründen, davon gehe ich fest aus. Am Ende obliegt jedoch die Entscheidung selbstverständlich der Unternehmerin oder dem Unternehmer zu sagen, Nein, dieser Standort ist für mich nicht attraktiv, deswegen muss ich weitersuchen.
Ich kann das nicht ganz nachvollziehen, weil Sie in dem, was Sie gesagt haben, unterschieden haben. Einerseits: Die WFB kommt zu der Ansicht, es hat keinen Erfolg, und Sie haben das explizit erwähnt, oder der Unternehmer hatte kein Interesse. Da muss es ja zwei unterschiedliche Verfahren geben. Warum wird dem Unternehmer nicht automatisch angeboten, dass es in Bremerhaven auch noch Flächen gibt?
Ich unterstelle, dass genau das die Regel ist, dass das selbstverständlich erfolgt, und ich sage es noch einmal; je nachdem, welche ganz gezielten Anforderungen gefragt sind, die oftmals darauf bezogen sind, dass eine Kooperation mit einem Nachbarbetrieb oder einem Zulieferer besteht. Für einen Zulieferer ist es oftmals gar nicht interessant, eine so weite Strecke, beispielsweise nach Bremerhaven, zurückzulegen. Der Unternehmer trifft die Entscheidung. Ich gehe davon aus, dass bei der WFB grundsätzlich darauf hingewiesen wird: Haben Sie über Bremerhaven nachgedacht? Umgekehrt gehe ich davon aus, dass das gleichermaßen in Bremerhaven erfolgt, dass, wenn dort ein Unternehmen Flächen nachsucht und es nicht bedient werden kann, auch in Bremerhaven der Hinweis erfolgt, es noch einmal in Bremen zu versuchen. Ich werde aber die Geschäftsführer der beiden Wirtschaftsförderungseinrichtungen noch einmal einladen, um mit Ihnen genau dieses Verfahren wiederum zu erörtern und auch noch einmal gezielt in die Vergangenheit zu schauen, wie wir damit umgegangen sind.