Frau Sprehe, Sie können sich gleich gern melden, nicht immer so dazwischen, das habe ich nicht so gern. Sie picken sich stückweise die Ideen aus unserem Antrag heraus, verändern den Wortlaut und verkaufen es als Ihre Idee. Ich glaube allerdings, Herr Tschöpe, es geht Ihnen gar nicht um eine bessere soziale Durchmischung in den Stadtteilen und um die Flexibilität, sondern ich glaube, es geht Ihnen allein darum, die Quote für den sozialen Wohnungsbau generell auf 30 Prozent anzuheben. Aber dann sagen Sie es auch bitte so. Wir werden diesem Antrag nicht zustimmen. – Vielen Dank!
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die Entscheidung zu sagen, lasst uns die generelle Regel für den Anteil des geförderten Wohnungsbaus ändern und statt 25 Prozent 30 Prozent nehmen, einführen, erklärt sich daraus, dass, wie wir alle wissen, die Zahl der Wohnungen, die gefördert wurden und die einen Zugang über den B-Schein erlauben, dramatisch abschmilzt und dass wir mittlerweile bei einer Größenordnung von unter 8 000 für das Bundesland angekommen sind. Wir haben diese Zahl mit den Anstrengungen in der Vergangenheit so gerade stabilisiert. Unsere Fraktion ist der Auffassung, dass die Zahl der geförderten Wohnungen in der Stadt wieder wachsen muss.
Wir glauben, dass der Hinweis, den wir in der Vergangenheit immer wieder in diesen Debatten vorgetragen haben: Dass die GEWOBA und auch die BREBAU mit ihren Beständen sorgsam und verantwortungsvoll umgehen, also dort, wo die Bindung ausgelaufen ist, nicht gleich überhöhte Mieten verlangt werden. Dieser Hinweis ersetzt aber nicht die Notwendigkeit, das Kontingent an Sozialwohnungen in der Stadt wieder zu erhöhen. Davon sind wir ganz fest überzeugt. Wir haben eine bestimmte Zielvorstellung, wie man über einen längeren Zeitraum, das habe ich hier schon einmal vorgetragen, eher wieder in die Größenordnung von 10 000 gebundenen Wohnung kommt. Das ist das eine.
Wenn wir nun 30 Prozent festlegen, dann ist klar, wir koppeln uns gewissermaßen an die Baukonjunktur. Wenn viel gebaut wird, sind 30 Prozent viel, wenn wenig gebaut wird, sind 30 Prozent wenig. Das ist für sich genommen erst einmal nur eine Aussage für die Zeiträume, die wir übersehen. Im Moment hält diese Konjunktur an, es wird viel gebaut, wir liegen bei über 2 500 Bauanträgen. Deswegen glauben wir, dass wir da richtig liegen. Es gibt begrenzende Faktoren, das muss ich auch ganz kurz sagen, und einer der Faktoren ist, ob wir genügend Fördermittel haben. Sie haben das alle in der Zeitung gelesen, zwischen den Bundesländern und dem Bund sind die Verhandlungen schwierig. Wir hätten, wenn es zu der Einigung zwischen den Bundesländern und dem Bund gekommen wäre, zusätzlich neun Millionen gehabt, das ist jetzt noch Verhandlungsgegenstand. Sie sehen also, es ist ein komplexer und schwieriger Zusammenhang.
Jetzt kommt ein weiterer Gesichtspunkt in die Debatte hinein, das ist die Frage, ob wir mit dieser Quote ausreichend flexibel umgegangen sind. Da möchte ich zunächst einmal kurz daran erinnern, wie das im Moment geregelt ist, einfach nur, damit man es genau weiß: Wir erzwingen nicht, dass die Quote von 25 Prozent, vorausgesetzt es handelt sich um städtischen Grund oder neu geschaffenes Planungsrecht, auf jedem Grundstück nachgewiesen wird, aber in jedem Baugebiet. Das ist ein kleiner Unterschied. Hinsichtlich der Überseestadt lässt sich das schnell erklären, da waren wir in Bezug auf einzelne Grundstücke flexibel, haben aber gesagt, als Ganzes muss das Erreichen von 25 Prozent sowohl zeitlich wie investiv in einem Zusammenhang erledigt werden. Das haben wir gemacht, das ist flexibel, das ist vernünftig, so sind wir damit umgegangen.
Was wir nicht tun ist, dass wir sagen, die gute Firma hat in der Vergangenheit schon einmal Sozialwohnungen in größerer Zahl gebaut, das verrechnen wir mit einem aktuellen Projekt, das damit nichts zu tun hat. Das tun wir nicht. Die haben meinetwegen in Gröpelingen Sozialwohnungen geschaffen, jetzt erlassen wir ihnen das in Schwachhausen, auch das tun wir nicht. Solche übergreifenden Verrechnungsideen weisen wir zurück.
Damit kommen wir auf einen wichtigen Punkt: Die Verwaltung kann das Programm im Alltag nur durchhalten, wenn sie sehr klare Regeln hat. Wenn sie bei jedem Projekt mit den Bauherrn verhandeln
muss, wird sie sich bei jedem Projekt damit auseinandersetzen müssen, dass es diesen und jenen Einwand gibt, dass es hier aber gar nicht geht, dass dort nun die Umstände besonders schwierig sind und deswegen müsse man verzichten. Wir vertreten, dass es sehr richtig ist, eine generelle Regel zu haben. Darauf möchten wir sehr gern weiter bestehen.
Jetzt hat die Fraktion der SPD in der Vergangenheit sehr intensiv für eine Überlegung geworben: Wir haben in der Stadt von der Segregation gezeichnete Armutsquartiere, in denen wir eine Konzentration von Menschen haben, die schwere Last zu tragen haben, weil sie nicht über das nötige Einkommen verfügen. Die Idee ist: Es tut diesen Quartieren gut, wenn sich dort Menschen ansiedeln, die finanziell besser gestellt sind. Das ist gut für die Schulzusammensetzung, das ist gut für das Leben im Stadtteil, das ist gut für die Role Models und alles das. Das finden wir eine einleuchtende Überlegung.
Die Fraktion der SPD hat drei Ideen dazu beigetragen. Die eine war, wir fordern in diesen Gebieten den Erwerb von Grund und Boden für die Errichtung von Häusern, indem wir Einkauf und Maklergebühren und dergleichen subventionieren. Das zweite war die Idee, mit dem Instrument der Erbpacht zu arbeiten, da sind wir mittlerweile einen Schritt weiter. Die dritte Idee ist das, was wir hier diskutieren. Wir bauen dort weniger Sozialwohnungen als im Durchschnitt der Stadt und erreichen damit, dass möglicherweise die Anzahl der Familien, die sich das leisten können in diesem Stadtteil aufwächst.
Ich möchte ausdrücklich sagen, das tragen wir mit. Ich möchte ausdrücklich sagen, wir halten es für unterkomplex.
Zurück zum Anfang: Herr Tschöpe, Sie haben offensichtlich das Direktionsrecht in der SPD-Fraktion wahrgenommen und selbst den Antrag vorgetragen. Sie haben dabei auf drei Schwerpunkte hingewiesen. Diese drei Schwerpunkte haben Sie mit Überprüfung der Bagatellgrenze beschrieben, mit der Erhöhung der Sozialquote und mit Angeboten in Problemstadtteilen und mit einer sozialen Durchmischung, die gefördert werden soll.
Sie haben also in dieser Vorstellung schon einmal die Schwerpunkte ein wenig gemischt, damit vielleicht nicht so leicht zu entdecken ist, dass der eigentliche Schwerpunkt die Erhöhung der Sozialquote von 25 auf 30 Prozent sein soll.
Auch der FDP ist sehr wohl bekannt, dass die anderen Stadtstaaten Berlin und Hamburg damit seit Jahren arbeiten. Mir ist aber nicht bekannt, dass weder Hamburg noch Berlin größere Erfolge erzielt haben, als Bremen mit der Quote von 25 Prozent. Zumindest im Hinblick auf eine vernünftige, soziale Mischung im Stadtteil.
Selbst wenn Sie in Ihrem Vorwort zum Antrag, zu den eigentlichen Antragspunkten, selbst beschreiben, es käme Ihnen darauf an, in den belasteten Stadtteilen, in denen eher die Armut vorherrscht als eine gute Mischung der Bevölkerung, zu erreichen, dass Menschen dorthin ziehen, die eine Mischung sozusagen wieder umkehren. Dann kann ich, genauso wenig wie die Kollegin Bernhard, verstehen, wie das passieren soll. Vielleicht habe ich aber auch nicht alles richtig verstanden.
Ich möchte auf das eingehen, was der Kollege Herr Bücking gerade gesagt hat, er hat noch einmal darauf hingewiesen, dass diese Quote für ein Baugebiet gilt und nicht etwa nur für ein einziges Neubauvorhaben.
Ich will einmal zwei Beispiele nennen, auf die das zuträfe: Das eine ist schon genannt worden, nämlich das Baugebiet beim ehemaligen Hafen Höövt, das demnächst am Hafen entstehen soll und bei
dem ich schon sehr frühzeitig gesagt habe, genau an der Stelle müsse man doch überlegen, ob dort nicht von der vorgegebenen Sozialquote aufgrund der Situation abgewichen werden soll, wie sie sich am Bahnhofsvorplatz in Vegesack, angesichts der Grohner Düne und auch des Hochhauses, ergibt. Es gibt ein weiteres Gebiet, was leider bis heute nicht bebaut worden ist, das ist das Areal um das ehemalige Hartmannstift.
Genau dort würden wir, als Freie Demokraten, durchaus Wert darauf legen, dass die Sozialquote nicht nur eingehalten wird, sondern dort möglicherweise ein Teil der nicht verwirklichten Wohnungen am Hafen errichtet werden könnten, denn das gehört zur Historie des Hartmannstiftes. Das war ein Stift für Arme und Bedürftige und das Geld hat Wilhelm Hartmann gegeben, nachdem er in England zu Geld gekommen war. Übrigens hat er auch für die Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger sehr viel gespendet. Ich finde, das ist man auch dem historischen Ansinnen des Herrn Hartmann an dieser Stelle schuldig.
Wir können uns mit der generellen Erhöhung der Sozialquote überhaupt nicht anfreunden, weil wir nicht sehen und erkennen können, dass damit die Probleme des sozialen Wohnungsbaus erschöpfend erledigt sind. Wir werden aus diesem Grunde auch dem Antrag insgesamt nicht zustimmen.
Wir können uns sehr wohl vorstellen, dass die Bagatellgrenze überprüft wird und wir können uns auch die Absichtserklärungen, die in dem Eingangstext stehen, durchaus vorstellen. Aber es hat ja schon Versuche gegeben darauf einzuwirken, die Kollegin Frau Neumeyer hat das hier ausführlich dargestellt, und deswegen will ich mich einfach auch darauf beschränken, und sagen: Wir können leider nicht mit diesem Antrag mitgehen, weil wir eine solche Verteilung, die uns nicht mehr flexibel erscheint, nicht mitmachen können.
Die 25 Prozent sind fast überall, in allen Gebieten, darstellbar. 30 Prozent ist schon ein gewaltiger Schritt nach vorn und wenn dann eine Ausnahme davon gemacht wird, dann geht das, wenn ich Sie richtig verstanden habe, Herr Tschöpe, in andere Stadtteile, die sich dann im Zweifelsfall dafür bedanken würden – aber in Anführungsstrichen. – Vielen Dank!
Liebe Kolleginnen und Kollegen, meine Damen und Herren! Bevor wir jetzt in der Rednerliste fortfahren, möchte ich als Ehrengäste auf der Besuchertribüne recht herzlich Frau Ruth Bahar und Frau Elise Garibaldi aus den USA begrüßen. Sie sind die Enkelin und die Großenkelin des Unternehmers, Holocaust-Überlebenden und ehemaligen Vorsitzenden der jüdischen Gemeinde Bremens, Herrn Carl Katz. Herzlich willkommen hier in Bremen, wir wünschen Ihnen einen guten Aufenthalt in unserer Stadt!
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Kollege Buchholz, Sie bringen mich hier in die delikate Situation: Dass ein Liberaler von einem veritablen Sozialdemokraten die Spielregeln des Kapitalismus erklärt bekommen muss, ist, ich sage einmal für die Weihnachtszeit, eine begnadete Themenbesetzung.
Sie haben gefragt, warum soll die Sozialquote oder der Wegfall der Sozialquote dazu dienen, dass Stadtteile stabilisiert werden können. Das ist relativ einfach. Die Sozialquote ist eine Belastung der Profitinteressen derjenigen, die da bauen. Das sagen diese übrigens auch. Deshalb haben sie gewisse Schwierigkeiten damit und sagen, müsst ihr uns eine Sozialquote vorgeben? Eigentlich würden wir ohne Sozialquote – 25 Prozent nach altem Recht, 30 Prozent nach neuem Recht – doch viel mehr marktadäquat vermieten oder verkaufen können. Jetzt sagen wir, in gewissen Bereichen müsst ihr marktadäquat überhaupt gar nicht mehr 25 Prozent für 6,50 Euro vermieten oder verkaufen, sondern ihr könnt das so machen, wie der Markt das hergibt. Glauben Sie nicht, dass es dann ganz viele Unternehmen gibt, die sagen, da kann ich einen Euro nebenbei verdienen, das finde ich ganz gut und deshalb werde ich Bauprojekte auch in sozialbelasteten Stadtteilen verwirklichen. Können Sie sich das als kapitalistische Verwertungslogik vorstellen?
Okay. Es ist schwierig. Aber ich glaube, Herr Buchholz, wenn Sie ein bisschen darüber nachdenken, kommen Sie genau dahin. Wir nehmen für Unter
nehmen die Beschränkung ihrer Investitionstätigkeit weg, damit die Investitionen an der Stelle möglich werden und auch gern angenommen werden.
Frau Neumeyer, ich habe Sie nicht ganz verstanden. Ich habe jetzt, glaube ich, erfasst, dass Sie dieselbe Idee hatten, die wir hier aufgeschrieben haben, –
und deshalb sind Sie jetzt dagegen. Na ja. Ich erhebe übrigens auch gar kein Urheberrecht darauf. Die Frage, wie man mit differenzierten Sozialquoten umgehen soll, wird doch schon seit zwei Jahren auf Beiratsebene bei unseren Leuten, bei Ihren Leuten, bei den Grünen und überall diskutiert. Wenn Sie die Idee früher, vor eineinhalb Jahren, gehabt haben, dann finde ich das gut, dann bekenne ich hier öffentlich, ich habe bei Ihnen geklaut. Dann wäre es aber doch auch schön, wenn Sie einfach bekennen würden, unsere Idee von vor eineinhalb Jahren ist immer noch gut.