Protocol of the Session on December 12, 2018

Wir haben, die Abgeordnete Antje Grotheer hat darauf dankenswerterweise hingewiesen, wichtige weitere Fragen, insbesondere im Hinblick auf den Wissenschaftsaustauschs, die Entwicklung von Ausbildung und Qualifizierung für junge Leute, zu klären. Wir achten sehr darauf und führen Gespräche, dass sich die wichtigen Programme Erasmus+, Interreg, aber natürlich auch der Wissenschafts- und Forschungsbereich insgesamt weiterentwickeln können. Wir haben auch die vielen Menschen im Auge, die gebürtige Briten sind und eine britische Staatsangehörigkeit haben. Wir werden die Einbürgerungsmöglichkeiten vereinfachen, das machen wir schon jetzt.

(Beifall SPD, Bündnis 90/Die Grünen)

Sie wissen, der Senat macht eine Einbürgerungskampagne, das adressiert natürlich auch die Briten, meine Damen und Herren. Wir werden gerade diese Fragen jetzt zügig auf den Weg bringen und am kommenden Dienstag im Senat einen ersten Entwurf für ein Brexit-Übergangsgesetz beraten und sicher auch verabschieden, um für die Übergangszeit erste Regelungen zu treffen. Wir sind wirklich für alle Optionen und Eventualitäten vorbereitet und werden die entsprechenden Maßnahmen zeitnah, aber flexibel ergreifen. Ich glaube, dass wir die berühmten kurzen Wege, die schnelle Handlungsmöglichkeit und die schnelle Entscheidungsfähigkeit, die wir in Bremen gegenüber Flächenländern haben, an dieser Stelle nutzen können und nutzen sollten.

(Beifall SPD, Bündnis 90/Die Grünen)

Das ist für uns auch ein Grund dafür, dass wir die Flexibilität, die wir hier haben und als Senat auch nutzen, die dieses Haus auch versucht zu nutzen, wo immer es möglich ist, hier auch unterbringen wollen.

Eines lassen Sie mich zum Schluss neben dem Punkt, dass wir auf eine solche Veränderung vorbereitet sind, sagen: Sollte Großbritannien, sollte das Vereinigte Königreich aus der Europäischen Union ausscheiden, werde ich alles dafür tun, dass die europäische Einigung nicht umkehrbar ist. Sie muss weiter voranschreiten, unabhängig von der Entscheidung der Briten. Wir wollen Europa, wir wollen ein geeintes und soziales Europa, meine Damen und Herren, und dafür arbeiten wir. – Vielen Dank!

(Beifall SPD, Bündnis 90/Die Grünen)

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Die Aussprache ist damit geschlossen.

Die Bürgerschaft (Landtag) nimmt von der Antwort des Senats mit der Drucksachen-Nummer 19/1912 auf die Große Anfrage der Fraktion der CDU Kenntnis.

Sozialen Wohnungsbau ausweiten und Anreize für soziale Durchmischung der Ortsteile setzen Antrag der Fraktionen der SPD und Bündnis 90/Die Grünen vom 23. November 2018 (Drucksache 19/1927)

Dazu als Vertreter des Senats Herr Staatsrat Deutschendorf.

Die Beratung ist eröffnet.

Als erster Redner hat das Wort der Abgeordnete Tschöpe.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Der Antrag hat drei Elemente. Element eins ist, wir wollen die bisher bei der Sozialquote bestehende Bagatellgrenze überprüfen lassen. Unser Eindruck ist und die Berichte, die man vielfältig über die Ortsämter und über die Beiräte bekommt, zeigen, dass es Baugebiete, Bauvorhaben gibt, die genau so geschnitten werden, dass die Sozialquote nicht zum Zug kommt, dass die 50 Wohneinheiten gerade nicht erreicht werden, sondern dann lieber 49 gebaut werden, als dass die soziale Wohnungsbauquote eingehalten wird. Ich glaube, es steht uns allen gut an, diese Bagatellgrenze, die es für die Sozialquote gibt, an dieser Stelle überprüfen zu lassen. Dazu fordern wir den Senat auf.

Das Zweite ist, dass wir die Sozialquote von 25 Prozent auf 30 Prozent erhöhen wollen. Es war ein ausgesprochen vernünftiges Umgehen im Bündnis für Wohnen im Jahr 2012, sich zusammengefunden zu haben, gemeinsam mit der Wohnungswirtschaft und dem Bremer Senat und anderen Beteiligten, und zu fragen: Wie können wir jetzt sozialen Wohnungsbau anschieben? Da ist die Überlegung entstanden, dass überall dort, wo Bremen Flächen verkauft, zur Verfügung stellt, oder da wo neues Baurecht geschaffen wird, 25 Prozent der Wohnungen so gebaut werden müssen, dass sie für B-ScheinBerechtigte bezugsfertig sind. Das ist eine ausgesprochen vernünftige Konzeption gewesen, die

man vor sechs Jahren gewählt hat, aber die Welt sieht nach sechs Jahren, trotz der Erfolge des Bündnisses für Wohnen, schlicht und ergreifend anders aus.

Wir hatten gestern die Diskussion darüber, dass genau in dieser Zeit der Kaufpreis für Grund und Boden ungefähr um 27 Prozent gestiegen ist. Wir haben die Ergebnisse aus dem Monitor Bauen und Wohnen, dass der Mietpreis in manchen Stadtteilen in den Bestandsmieten um 12 Prozent gestiegen ist und die Angebotsmieten teilweise um über 20 Prozent gestiegen sind. Darauf muss man reagieren, und andere Städte, die den Druck noch viel schneller und härter gespürt haben, haben im Vorfeld auch schon reagiert. Berlin und Hamburg haben die soziale Wohnungsbauquote von 25 auf 30 Prozent gesteigert. Genau das werden wir hier auch tun, das halte ich für vernünftig.

(Beifall SPD, Bündnis 90/Die Grünen)

Aber letztlich sind das nur Aktualisierungen und Anpassungen und kein politischer Paradigmenwechsel.

Der politische Paradigmenwechsel steht im dritten Punkt dieses Programms: Wir haben gesagt, diese Sozialquote, so sinnvoll sie ist, lässt ein Problem außen vor. Sie lässt das Problem außen vor, dass wir uns in dieser Stadt zunehmend der Segregation, also dem Auseinanderdividieren der Ortsteile stellen müssen, dass die Ortsteile nicht mehr sozial durchmischt sind.

Wir haben in den letzten zehn Jahren erlebt, dass wir Ortsteile haben, die sich zusehends sozial destabilisiert haben, weil dort Menschen wegziehen, und zwar ziehen diejenigen weg, die sich bessere Mieten oder gar ein Haus zu erwerben leisten können. Dadurch bleibt in diesem Stadtteil ein gewisses Bevölkerungssegment zurück und ein anderes fehlt. Das ist auf die Dauer für den sozialen Zusammenhalt einer Stadt nicht zuträglich.

Deshalb muss sich Politik, neben der reinen Quantität von Wohnungsbau, auch immer der Fragestellung widmen, wie man soziale Durchmischung hinbekommt. Wir glauben, dass es vernünftig ist, in besonders sozial belasteten Stadtteilen diese soziale Wohnungsbauquote nicht anzuwenden, sondern in genau diesen sozial belasteten Stadtteilen zu sagen, dort bieten wir ein Angebot für Menschen, die sich das dann auch entsprechend mietentechnisch oder kauftechnisch leisten können.

Das ist für die Investoren auch ein zusätzlicher Anreiz, in genau solchen Stadtgebieten, Ortsteilen entsprechend, Wohnungen zu bauen.

Ich glaube, Hauptaufgabe bremischer Wohnungsbaupolitik muss dabei sein, massiv die Quantitäten auszuweiten, aber vor allen Dingen darauf zu achten, dass wir eine soziale Durchmischung in den Ortsteilen erreichen. Dazu dient der Antrag. – Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit!

(Beifall SPD)

Als nächste Rednerin hat das Wort die Abgeordnete Bernhard.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Der Antrag der Koalition enthält eine richtige Problembeschreibung. Wir haben in einigen Stadtteilen, in denen das Durchschnittseinkommen höher ist, einen besonders starken Verdrängungsdruck und gleichzeitig haben wir in anderen Stadtteilen, in denen das Durchschnittseinkommen entsprechend niedriger ist, ein hohes Interesse an einer besseren sozialen Durchmischung. Das ist richtig. Trotzdem bin ich der Meinung: So wie es im ersten Punkt beschrieben ist, mit diesem Abschlagsystem, wonach es in sozial schwächeren Stadtteilen weniger Förderbedarf gibt, halte ich das für problematisch.

Dort, wo bereits viele Menschen ohne oder mit nur geringerem Einkommen leben, soll mehr Zuzug von Menschen mit höherem Einkommen ermöglicht werden, heißt es in dem Antrag. Deswegen soll es bei der Versorgung jetzt eine Art Abschlagsystem geben. Wieso ziehen plötzlich Menschen mit höherem Einkommen nach Gröpelingen oder Blumenthal, nur weil es dort weniger Sozialwohnungen gibt?

(Abgeordneter Tschöpe [SPD]: Weil es ein höheres Angebot gibt!)

Diese Logik erschließt sich mir nicht so richtig. Warum sollte das jemand tun? Ich glaube, es liegt nicht an dem Punkt, sondern natürlich auch an der Infrastruktur, an Schulen, Kindertagesstätten, und so weiter, aber doch nicht an der Tatsache, dass es dort weniger Sozialwohnungen gibt. Das entbehrt doch einer gewissen Logik.

Wir sind grundsätzlich dafür, dass man diese Quote erhöht, da gibt es überhaupt keinen Dissens. Mehr als dreißig wäre auch schön, es gibt durchaus

Städte, die das tun. Ich finde es auch richtig, dass in Zusammenhang mit „betuchteren“ Stadtteilen noch einmal überdacht wird, wie wir diese Durchmischung erreichen können, aber in dem Vorschlag heißt es ja: Wir ziehen da Fördergelder ab, um sie dort mehr zu vergeben. Das ist das, was vorgeschlagen wird. Das halte ich für problematisch. Wir können gern auf der einen Seite erhöhen, aber das auf der anderen Seite in den Stadtteilen abzuziehen, das finde ich schwierig. Ich meine, es geht ja darum: Sozialwohnungen sind Wohnungen, für die man einen B-Schein benötigt.

Eine vierköpfige Familie darf, wenn man von einem Neubau ausgeht, über ein Jahresbruttoeinkommen von über 60 000 Euro, die genaue Höhe weiß ich nicht, 62 000 oder 63 000 Euro können es sein, verfügen. Das ist aber doch die Zielgruppe, die man dort auch gern halten würde. Die kann sich keine Wohnung für neun Euro kalt leisten, da kämen die Nebenkosten und Heizung auch noch dazu. Insofern sollte man schon bedenken, ob man mit diesem Vorschlag den Effekt, den man erreichen möchte, auch wirklich erreicht. Das halte ich für zweifelhaft. Grundsätzlich ist es so, dass die Eigentumsbildung – –, das ist ein positiver Schritt gewesen, da hat die Koalition ein entsprechendes Programm aufgelegt, wobei wir finden, das sollte nicht nur für Neubauten gelten, sondern auch für den Bestand, für Altbauten. Dass man so etwas auflegt, das ist richtig gewesen, aber nicht nur auf der Ebene der Neubauten.

Insgesamt betrachtet würde der Vorschlag in die Richtung gehen, die wir beim Kita-Ausbau immer schon kritisiert haben. Ärmere Stadtteile bekämen weniger Unterstützung. Die anderen Punkte, die finde ich vollkommen richtig: Die Bagatellgrenze muss überprüft werden, das ist vollkommen klar, weil wir natürlich auch gesehen haben, dass es immer diese 49 – – oder sagen wir einmal, Reihenhaus- und Geschosswohnungen und so weiter und ähnliche Varianten gegeben hat. Ich finde es auch richtig, dass man die Finanzierungsinstrumente überprüft. Das hatten wir auch schon einmal angesprochen: Es reicht nicht aus mit den Rückläufen, denn es wird ja von einem gewissen Umlagesystem finanziert. Das wird, insbesondere wenn wir die Quote erhöhen, zu Engpässen führen, da muss man die Grundlagen noch einmal entsprechend verbessern.

Die beiden anderen Punkte, dass man das im Bremer Bündnis für Wohnen diskutieren und auswerten muss, sind völlig unstrittig. Wir werden bei dem ersten Punkt nicht zustimmen können. Ich halte es

nach wie vor für fraglich, ob das den richtigen Effekt hat. – Vielen Dank!

(Beifall DIE LINKE)

Als nächste Rednerin hat das Wort die Abgeordnete Neumeyer.

Herr Präsident, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Wir brauchen sozialen Wohnungsbau, da sind wir uns alle einig und ja, der soziale Wohnungsbau ist nicht nur für Menschen, die von Transferleistungen leben. Auch Menschen mit geringem Arbeitseinkommen brauchen bezahlbaren Wohnraum, da sind wir uns auch einig. Die Einführung der 25-Prozent-Regelung im Bündnis für Wohnen war so weit auch richtig.

Bei den Wohnungsbauunternehmen habe ich aber eine etwas andere Sicht als Sie, Herr Tschöpe. Ich hatte nicht den Eindruck, dass es zum größten Teil nicht erfolgt ist, dass die 25-Prozent-Quote eingehalten wurde. Bei den Bauanträgen, die ich gesehen habe, die dann umgesetzt wurden, sind die Wohnungsbauunternehmen sehr wohl der sozialen Verantwortung gerecht geworden und haben diese Regelung auch erfüllt, sogar an mancher Stelle, ich schaue da einmal in die Überseestadt, gibt es Projekte mit 30 Prozent. Das sehe ich ganz anders als Sie, Herr Tschöpe. Ich bin der Meinung, die Wohnungsbauunternehmen haben diese 25 Prozent wirklich erfüllt.

(Beifall CDU)

Aber aus Sicht der Fraktion der CDU ist solch eine feste Quote von 25 Prozent nicht in allen Stadtteilen angebracht. Deshalb, Herr Tschöpe, hat die Fraktion der CDU bereits im Juni 2017 in ihrem Antrag „Wohnungsbauaktivitäten verstärken und einer wachsenden Stadt anpassen“, Drucksache

19/1099, gefordert, diese starre Regelung flexibler zu gestalten. Ich zitiere: „Wir fordern den Senat auf, zu prüfen, inwieweit die Sozialwohnungsquote bei Neubauprojekten quartiersabhängig flexibler angewendet werden kann, um eine stärkere Durchmischung in den Quartieren mit unter- und überdurchschnittlicher Anzahl von Sozialwohnungen zu erreichen und den zuständigen Deputationen in der zweiten Jahreshälfte 2017 zu berichten.“ So viel dazu.

Der Antrag enthielt noch viele andere Ideen, den Wohnungsbau zu unterstützen. Ich erinnere mich genau daran, dass mir der Kollege Herr Pohlmann,

wo ich mich auch wundere, dass ich heute nicht mit ihm debattiere, sondern mit Ihnen –, baupolitischer Sprecher der SPD, damals sagte: Guter Antrag, könnte ich so unterstützen, aber ich muss mich ja nach der gesamten Koalition richten. Zumindest wurde der Antrag damals nicht abgelehnt, sondern in die Deputation für Umwelt, Bau, Verkehr, Stadtentwicklung, Energie und Landwirtschaft überwiesen.

Dort wurde die Berichterstattung zu unserem Antrag, aus nicht näher erklärten Gründen, immer wieder verschoben. Man höre und staune, am 1. November 2018 wurde uns der Bericht dann endlich vorgelegt, eineinviertel Jahr nach der Überweisung. Mehrheitliche Empfehlung der staatlichen Deputation für die Bürgerschaft, gegen die Stimmen der CDU, der FDP und der LINKEN, war: Ablehnung. So weit, so gut.

Für die Forderung nach einer flexiblen Handhabung, führt der Senat in seinem Bericht auf den Seiten sechs und sieben allerdings Folgendes aus, ich möchte Ihnen das hier einmal vorlesen: „Der Senat hat für die Stadt Bremen beschlossen, Beschluss vom 28. August 2012, dass überall dort, wo städtische Grundstücke verkauft werden oder neues Baurecht geschaffen wird, ein Anteil von 25 Prozent der neu geschaffenen Wohnungen, geförderte Wohnungen sein sollen. Diese Regelung wurde nach Erörterung im Bündnis für Wohnen im Jahr 2013 durch einen Beschluss der städtischen Deputation für Umwelt, Bau, Verkehr und Stadtentwicklung konkretisiert. Diese Regelungen haben sich bewährt. Sie ermöglichen bereits jetzt“ – und jetzt kommt es – „eine flexible Gestaltung der Umsetzung der Sozialwohnungsquote, wenn dies den wohnungspolitischen Zielsetzungen Bremens dient.“

Mit dieser Begründung hat die Verwaltung unseren Antrag abgelehnt. Und jetzt legen Sie, von RotGrün, mir diesen Antrag vor. Was stimmt denn nun? Die Forderung der Fraktion der CDU in ihrem Antrag vom Juni 2017 war so schlecht, dass man sie ablehnen muss? Die Aussage des Bauressorts ist richtig, und man kann schon jetzt alles flexibel gestalten? Dann verstehe ich allerdings nicht, dass man bei Bauvorhaben wie zum Beispiel auf dem Gelände des ehemaligen Haven Höövt, genau gegenüber eines sozialen Brennpunkts, der Grohner Düne, nicht davon Gebrauch gemacht hat. Oder Ihnen, von Rot-Grün, kann ja auch sein, fällt nichts Eigenes ein.

(Abgeordnete Sprehe [SPD]: Der Investor sah gar kein Problem darin!)

Frau Sprehe, Sie können sich gleich gern melden, nicht immer so dazwischen, das habe ich nicht so gern. Sie picken sich stückweise die Ideen aus unserem Antrag heraus, verändern den Wortlaut und verkaufen es als Ihre Idee. Ich glaube allerdings, Herr Tschöpe, es geht Ihnen gar nicht um eine bessere soziale Durchmischung in den Stadtteilen und um die Flexibilität, sondern ich glaube, es geht Ihnen allein darum, die Quote für den sozialen Wohnungsbau generell auf 30 Prozent anzuheben. Aber dann sagen Sie es auch bitte so. Wir werden diesem Antrag nicht zustimmen. – Vielen Dank!