Protocol of the Session on December 12, 2018

dann ist die ganze Autobahn nicht mehr so, wie sie eigentlich sein sollte. Deswegen sind verschiedene Statistiken über den Zustand der Brücken in Bremen und in der Bundesrepublik schwierig zu beurteilen, weil man sich nicht damit herausreden kann, es sind ja nur 4 oder 5 Prozent, die wirklich defekt sind, sondern das sind natürlich Nadelöhre, das sind neuralgische Punkte für den Verkehr. Deswegen muss man dort natürlich besonders hinsehen, und es ist, glaube ich, Verantwortung von Bund und Ländern, gemeinsam dafür zu sorgen, dass eine solche Infrastruktur nicht erodiert.

Ich bin mir relativ sicher, dass, wenn man genau hinsieht, dass man Verantwortlichkeiten sowohl auf Bundesebene als auch auf Landesebene festmachen kann. Deswegen finde ich es erstens falsch, zu sagen, das ist die Angelegenheit des Bundes, damit haben wir nichts zu tun. Auf der anderen Seite ausgerechnet die Landesregierung als Schuldigen hinzustellen, beschreibt das Problem auch nicht hinreichend.

(Beifall DIE LINKE)

Die Situation ist die: Die Brücke der Lesum, der eine Teil zumindest, ist 1949 beziehungsweise 1956 gebaut. Über diese Brücke sind also schon ein paar Lkw gefahren. Dass da irgendwann einmal Schäden entstehen, ist für mich jetzt nicht wirklich überraschend. Auf der anderen Seite ist es so: 2015 ist die Brücke geprüft worden, regelmäßig, das ist offensichtlich so, dass das ASV natürlich die Arbeit im Rahmen seiner Aufgabenbeschreibung gemacht hat, da gibt es überhaupt keinen Zweifel. Dann dieses ASV dafür verantwortlich zu machen, dass die Brücke defekt ist, da köpft man den Herold, den Überbringer schlechter Nachrichten.

(Beifall DIE LINKE, SPD, Bündnis 90/Die Grünen)

Das geht schon einmal gar nicht. Aber Fakt ist, die Brücke ist 1949, 1956 gebaut worden. Bisherige

Prüfverfahren haben immer gesagt, die Brücke ist in Ordnung, und offensichtlich gibt es andere und neuere Prüfverfahren oder neuere Erkenntnisse, die dazu geführt haben, dass man erkannt hat, diese Brücke ist im schlechteren Zustand, als man bisher geglaubt hat. Dass man dann diese Brücke oder zumindest diesen Teilabschnitt der Brücke schließt und entsprechende Maßnahmen ergreift, ist natürlich völlig richtig. Das sind notwendige, wenn auch schmerzhafte Maßnahmen, um größeres Unglück zu vermeiden.

(Beifall DIE LINKE)

Es gibt jetzt natürlich zwei interessante Fragen. Erstens: Was machen wir jetzt mit der Situation? Zweitens muss man sich natürlich mit der Frage beschäftigen: Wie konnte es so weit kommen, und wie kann man das in Zukunft vermeiden? Weil es ja nicht nur ein bremisches Problem ist, sondern ein bundesweites Problem. Die erste Frage ist: Wie konnte es so weit kommen? Es ist natürlich so, nach Informationen des Spiegels sind in den Jahren 2014 bis 2018 6,8 Millionen Quadratmeter Brücken saniert worden. Das ist eine Menge. Das kann man sich anheften und kann sagen: Hey, wir haben 6,8 Millionen Quadratmeter Brücken saniert, was wollt ihr eigentlich?

Der Spiegel hat aber auch herausgefunden, dass eigentlich 8,8 Millionen Quadratmeter Brücken hätten saniert werden müssen. Da gibt es eine kleine Lücke. Wenn man das über vier Jahre weiterverfolgt, dann wird die Lücke nicht kleiner. Es ist in der Tat so, nicht nur in Bremen bei öffentlichen Gebäuden, Straßen und bei Brücken, sondern auch bundesweit ist es so, dass der Zustand der Infrastruktur nicht ausreichend instandgehalten wird, und das ist natürlich ein Riesendrama. Das ist sowohl ein wirtschaftliches aber auch ein gesellschaftliches Drama, und dieses Drama muss einmal irgendwann bearbeitet werden.

(Beifall DIE LINKE, SPD, Bündnis 90/Die Grünen)

Man muss die Probleme schneller lösen, als sie entstehen, sonst bekommt man sie nicht eingeholt. Es reicht nicht, zu sagen: Wir haben so viel und so viel ausgegeben, wenn es nicht genug ist. Deswegen ist die erste Aufgabe aller Politikerinnen und Politiker des Bundes und der Länder, dort hinzusehen: Wie konnte es so weit kommen, dass Autobahnen und auch Brücken in einem solchen Zustand sind?

In der Tat ist es so, dass insbesondere die Politik der schwarzen Null, die sogenannte Schuldenbremse,

die sogenannte Sanierung, die sogenannte Haushaltssanierung auf allen Ebenen dafür gesorgt hat, dass in öffentlichen Kassen nicht genug Geld ist, um diese Dinge zu regeln und dass aufgrund einer restriktiven Personalpolitik in vielen Fällen die Fachleute fehlen, ein solches Geld überhaupt sinnvoll einzusetzen.

Das ist unterm Strich die Bilanz, die man ziehen muss, und das muss dringend geändert werden.

(Beifall DIE LINKE, SPD, Bündnis 90/Die Grünen)

Die andere Frage ist: Was machen wir jetzt in Bremen mit der Situation? Wir werden uns darauf einstellen müssen, dass wir mit solchen oder ähnlichen Problemen auch in Zukunft zu tun haben. Es gibt jetzt Vorschläge, den ÖPNV auszubauen. Das ist selbstverständlich eine Lösung. Man muss für die Lkw eine Lösung finden, und die Schwertransporte werden Schwierigkeiten haben, in Zukunft zwischen Bremen und Bremerhaven zu fahren. Auch dafür muss man eine Lösung finden. Der Wesertunnel wäre eine solche Lösung, unglücklicherweise gibt es ihn aber auch noch nicht.

(Abgeordneter Kastendiek [CDU]: Der hilft nicht!)

Wir stecken da so ein bisschen in einer Falle. Jedenfalls, wir haben - -.

(Abgeordneter Röwekamp [CDU]: Das sind zwei Flüsse, die Lesum und die Weser!)

Ach, tatsächlich? Und über beide geht dieselbe Brücke? Nein? Es sind verschiedene Brücken? Das sind verschiedene Brücken, und beide sind nicht mehr in Ordnung, stimmt es? Wir werden uns natürlich Gedanken machen müssen, ob man die verkehrlichen Probleme in irgendeiner Weise löst. Ja, das will ich gern zugestehen, und das muss man auch überlegen. Aber es wird langfristig ohne eine solche Brücke nicht gehen.

Jetzt haben wir natürlich ein Problem. Wir haben geschaut, und laut ASV dauert es ungefähr 15 Jahre, bis ein Neubau fertig ist.

(Abgeordneter Röwekamp [CDU]: So schnell?)

Das finde ich etwas zu langsam, es wird auf Genehmigungsverfahren verwiesen, die so lange dauern könnten. Aber die interessante Frage ist: Wenn ich eine Brücke habe, die ungefähr um 1950 gebaut ist, dann weiß ich, irgendwann kann das sein, dass man eine neue Brücke braucht. Ich finde die Frage

ist: Warum gibt es dann keinen Plan B, also eine vorauseilende Planung, dass man Genehmigungsverfahren für neue Brücken für den Fall, dass eine so alte Brücke tatsächlich neu gebaut werden muss, nicht im Vorhinein einholt. Sollte dann der Fall eintreten, so wie jetzt, dass die Brücke tatsächlich defekt ist, dass man dann diese Pläne und diese Genehmigungsverfahren, soweit das überhaupt geht, aus der Tasche holen kann und dann in der Lage ist, eine solche Brücke auch zügig zu ersetzen? Das ist die interessante Frage.

Da kommen die Länder ins Spiel, da kommt der Bund ins Spiel, und über diese Frage müssten wir vielleicht gemeinsam nachdenken.

(Beifall DIE LINKE)

Es gibt noch eine Sache, die mich umtreibt. Die Aktuelle Stunde ist von der FDP aufgerufen worden, und Sie haben natürlich berechtigt gesagt, wie alle anderen auch, das ist ein Problem, wenn die Brücke nicht mehr in Ordnung ist, und haben aufgezählt, was das für ein Problem ist. Die interessante Frage ist, die habe ich mir gestellt: Wäre die FDP eine Lösung für dieses Problem?

(Abgeordnete Steiner [FDP]: Wir haben doch ganz viele Lösungen vorgeschlagen!)

Ihre Partei ist mitverantwortlich für eine Politik von Steuererleichterungen, von Kreditverboten für öffentliche Unternehmen und von Public Private Partnership. Ihre Partei hat überhaupt nicht den Deut einer Lösung.

(Beifall DIE LINKE, SPD, Bündnis 90/Die Grünen)

Sie proklamieren immer nur das Problem, und Sie selbst haben in der Vergangenheit –

(Unruhe)

und auch heute sind Sie die Lösung. Genau. Sie blasen zum Beispiel immer in die Welt, dass die Steuereinnahmen sprudeln. Ja, das stimmt. Wir haben heute mehr Steuereinnahmen als vorher. Die Tatsache ist aber, dass wir auch in Bremen mit den hohen Einnahmen aus Steuern einen Sanierungsstau von 2 bis 3 Milliarden Euro nicht in fünf Jahren aufnehmen können. Und obwohl die so hoch sind, brauchen wir mehr dafür.

(Beifall DIE LINKE)

Eine Lösung, wie sie vorgeschlagen worden ist, die Gelder für das Sozialressort zu kürzen, damit wir Brücken bauen können, dann sanieren Sie Brücken auf Kosten von Menschen, die ohnehin zu wenig haben.

(Beifall DIE LINKE, SPD, Bündnis 90/Die Grünen)

Das ist Ihre Lösung, und ich sage Ihnen, Sie sind Teil des Problems und nicht die Lösung.

Herr Abgeordneter Rupp, gestatten Sie eine Frage des Abgeordneten Dr. Buhlert?

Selbstverständlich.

(Heiterkeit)

Herr Rupp, sind Sie bereit, zur Kenntnis zu nehmen, dass für Bundesautobahnen und für die Planung ausreichend Mittel des Bundes zur Verfügung gestanden haben und zur Verfügung stehen, die aber nicht abgerufen wurden, und dass eine Lösung gewesen wäre, dieses Geld abzurufen?

(Beifall FDP)

Ja. In diesem Teil der Kritik stimme ich mit Ihnen überein.

(Abgeordneter Röwekamp [CDU] Passt aber nicht zum Klassenkampf!)

Natürlich passt das zum Kassenkampf. Ich mache alles so, dass es zum Klassenkampf passt.

(Heiterkeit)

Herr Dr. Buhlert, bei allem Respekt: Dieses Geld allein hätte noch keinen Neubau befürwortet. Es hätte vielleicht dafür gesorgt, dass wir Lösungen vorgehalten hätten.

(Abgeordneter Dr. Buhlert [FDP]: Und eine Lösung für die Lesumbrücke?)

Trotzdem ist es so, dass bundesweit die Fernstraßen und Brücken in einem Zustand sind, die deutlich mehr Mittel erfordern, als derzeit im Bundeshaushalt vorhanden sind, und das geht nicht ohne Kreditaufnahme oder ohne Steuererhöhungen.

(Beifall DIE LINKE – Abgeordneter Röwekamp [CDU]: Wir reden hier nicht über Lösungen!)