Also zum Schluss: Wir brauchen ein gutes Paket im Sinne der Patientinnen und Patienten und auch für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die an der Notfallversorgung beteiligt sind. – Herzlichen Dank!
Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Es ist schon von den verschiedenen Seiten auf die Not in den Notaufnahmen hingewiesen worden. Wir können uns noch so viel wünschen, dass die Menschen ihr Verhalten ändern, dass sie Telefonnummern auswendig lernen und dass sie unser Gesundheitssystem verstehen. Ich glaube, diese Wünsche ge
hen alle ins Leere. Man muss auf diese Verhaltensänderungen bei den Menschen reagieren. Man muss darauf reagieren, dass sie unser Gesundheitssystem nicht verstehen, nicht durchschauen, vielleicht auch noch gar nicht kennen. Einige sind hierhergekommen mit der Gewohnheit aus einem anderen Gesundheitssystem. Andere haben aber gelernt, lieber einmal zu viel den Rettungswagen zu rufen, lieber einmal zu viel ins Krankenhaus zu gehen als ein Risiko einzugehen. Das ist ja auch richtig, dass man dann, wenn man unsicher ist, ärztlichen Rat einholt.
Die Frage ist nur, wie organisieren wir das Ganze, wenn wir wissen, dass die Menschen sich so anders verhalten? Da ist der Ansatz des FDP-Gesundheitsministers aus Schleswig-Holstein, Portalpraxen zu verbessern und rund um die Uhr, 24 Stunden am Tag und sieben Tage in der Woche, im Einsatz zu haben, genau der richtige.
Deswegen unterstützen wir natürlich ganz klar den Antrag der Fraktion der CDU, der besagt: Wir müssen beginnen und solche Dinge einrichten, müssen möglichst an allen Kliniken die Notfallversorgung betreiben. Damit dort die Fälle entsprechend bearbeitet werden können und natürlich zuerst die Patienten behandelt werden, die einen Schockraum brauchen und sich nicht zuerst um die Menschen gekümmert wird, die, wie sich dann herausstellt, mit Bagatellfällen lange die Notfallambulanzen blockieren, die für andere gebraucht werden, die eine wirklich richtige intensivmedizinische Betreuung brauchen. Damit das entzerrt wird, ist es richtig, in den Krankenhäusern solche Praxen einzurichten.
Wir würden uns wünschen, dass der Antrag der Fraktion der CDU eine Mehrheit findet. Wir befürchten, dass die Koalition dem nicht zustimmen mag. Wir können uns im Bundestag anders verhalten als hier. Hier werden wir aber auch dem Koalitionsantrag zustimmen, weil der Ansatz nicht völlig anders ist, der Ansatz geht davon aus, dass wir an Krankenhäusern, in Krankenhäusern aktiv werden und dort entsprechende Portalpraxen, entsprechende Einheiten einrichten.
Worüber wir uns nicht lange streiten sollten, ist, ob es denn die niedergelassenen Ärzte, die Krankenhäuser oder wer auch immer machen. Wichtig für uns ist, dass wir das Problem lösen, dass Menschen, die schwere Verletzungen haben, schwere Krankheiten haben, eine Notfallambulanz vorfinden, in
der Bereitschaft besteht, ihnen gleich helfen zu können, und die nicht überfüllt ist mit Fällen, die anders und langsamer bearbeitet werden können, weil sie nicht so dringlich sind. Für diese Fälle wären Portalpraxen eine gute Alternative. Diese Fälle können dann dorthin gelenkt werden. Das wäre für alle besser, weil natürlich die Menschen, die mit ihrem verhältnismäßig unkomplizierten Anliegen kommen dann auch von qualifiziertem Personal schnelle Hilfe erhalten. Das Ganze müsste dann auch noch auskömmlich finanziert sein.
Das darf man auch nicht vergessen, die Notfallambulanzen leiden nicht nur darunter, dass sie überlastet sind, sondern sie leiden auch unter der Frage, ob sie ausreichend finanziert sind. Auch das ist im Moment noch nicht der Fall, man muss sehen, dass man nachfinanziert. Denn das ist auch wichtig, dass wir hier diese für uns alle wichtige Risikovorsorge ausreichend absichern. – Herzlichen Dank!
Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen, meine sehr geehrten Damen und Herren! Heute diskutieren wir, debattieren wir über die ambulante Notfallversorgung.
Worum geht es hier genau? Es geht um nichts anderes als die Verbesserung der Notfallversorgung, und das haben wir nicht nur aus den unterschiedlichen Medien, sondern auch durch persönliche Gespräche mit Betroffenen feststellen können. Sowohl auf der Mitarbeiterinnen- und Mitarbeiterseite als auch auf der Patientinnen- und Patientenseite. Es wird immer deutlicher, dass die ambulante Notfallversorgung dauerhaft verbessert und gestärkt werden muss.
Wir wollen damit nicht die sehr gute und anspruchsvolle Arbeit der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Notfallversorgung schlechtreden, sondern strukturelle Probleme beheben, um damit eine Verbesserung der Situation für alle Menschen in der Notfallversorgung herbeizuführen.
Auch sind vielen Menschen die Strukturen der hiesigen Notfallversorgung nicht bekannt. Das wurde hier auch schon ausgeführt. Viele Menschen fragen sich: Was ist zu tun, wenn ich gesundheitliche
Probleme habe und meine Hausärztin oder mein Hausarzt sich in ihrem wohlverdienten Feierabend befindet, also außerhalb der regulären Sprechzeitstunden, abends, nachts und am Wochenende? Die Antwort darauf ist für die meisten Menschen der Besuch einer Krankenhausnotaufnahme, statt zunächst den kassenärztlichen Bereitschaftsdienst zu rufen.
Kein Wunder, denn wer von Ihnen kennt die Nummer des kassenärztlichen Bereitschaftsdienstes? Wenn Sie heute aufgepasst haben, Herr Bensch und Frau Dehne haben es schon gesagt, 116117 ist die Nummer, die zu wählen ist. Aber wer in der breiten Bevölkerung kennt diese Nummer und wem in der breiten Bevölkerung ist diese Versorgungsstruktur bekannt? – Den Wenigsten.
Dies führt natürlich dazu, dass unabhängig von der Schwere des Behandlungsfalls oder besser gesagt des individuellen Behandlungsnotfalls und dabei ist die Spannweite sehr groß und reicht von einem eingerissenen Fingernagel, „ich bin erkältet und meine Nase ist zu“ bis hin zu Knochenbrüchen, Herzinfarkten oder schweren Verbrennungsverletzungen – –. Auch dieses individuelle Verhalten führt zu einem Überlaufen der Notaufnahmen in den Kliniken abends, nachts und besonders auch am Wochenende.
Für einige Menschen sind die Notaufnahmen der Kliniken das Gleiche wie ein Besuch beim Hausarzt. Das hat vielfältige Ursachen: Zum einen gibt es Menschen, die aus ihren ursprünglichen Herkunftsländern keine hausärztlichen Strukturen kennen. Oder auch den Typus Manager, welcher sich mit Laptop und Smartphone bereitwillig mehrere Stunden in dem Wartebereich der Klinik aufhält, da ja parallel weitergearbeitet werden kann, weil ein Besuch bei Haus- oder Fachärzten eher nicht zeitnah erfolgen kann, so die Behauptung.
Eine wichtige Information liefert hier auch der Blick in andere Länder. Die Menschen in Deutschland gehen im Schnitt 18 Mal pro Jahr zum Hausarzt, also 4,5 Mal so oft wie beispielsweise die Bewohnerinnen und Bewohner in Norwegen. Dass wir uns hier nicht missverstehen, jeder Mensch, der erkrankt ist, muss und soll zum Arzt gehen. Aber trotz dieses Unterschieds, also die durchschnittlichen 18 Besuche bei einem Arzt im Jahr, sind wir Deutschen dabei kein Stück gesünder als beispielsweise die Norwegerinnen und Norweger.
Ich glaube, es wird deutlich, dass hier noch einiges an Informationsarbeit geleistet werden muss, damit
die Notfallversorgungsstruktur auch wirklich für Notfallpatientinnen und -patienten zur Verfügung steht. Doch wie können wir die Situation verbessern? Das sage ich Ihnen in einem zweiten Redebeitrag. – Vielen Dank!
Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Ich muss sagen, die letzte Ankündigung hätte mich jetzt natürlich auch besonders interessiert.
Welche Lösungen haben Sie denn? Ich denke, das ist so ziemlich das Schwierigste an dieser Diskussion. Wir haben uns als Fraktion auch eine ganze Zeit damit auseinandergesetzt und einmal nachgesehen. Wenn man sich die beiden Anträge anschaut, dann unterscheiden sie sich in einer gewissen Weise eigentlich nicht so groß. Da kann man jetzt sagen, das ist auf der einen Seite ganz gut, auf der anderen Seite drückt es vielleicht auch eine gewisse Ratlosigkeit aus.
Das Problem ist, die überfüllten Notfallambulanzen, die es auf der einen Seite gibt, die auf der anderen Seite aber zu wenig sind, sind sehr, sehr vielschichtig. Ich denke, es gibt Studien dazu, die auf der einen Seite sagen, Menschen suchen Notfallambulanzen auf, weil sie sagen, da ist die Verbindung zum Krankenhaus direkter. Deshalb gehe ich zum Beispiel nicht in eine Portalpraxis der Kassenärztlichen Vereinigung. Da sagt man Nein, ich will sichergehen, deshalb gehe ich in das Krankenhaus.
In der Notfallambulanz des Krankenhauses besteht das Problem, dass die Notfallambulanzen, die dort entstanden sind, eher für die schwereren Fälle, für die Fälle, bei denen im Grunde genommen der Notarztwagen schon Kranke transportiert, von denen man der Meinung ist, sie müssen sehr wahrscheinlich stationär aufgenommen werden vorgesehen sind. Aus dieser Tradition heraus sind sie entwickelt worden. Von daher sind sie teilweise nicht so groß, sind dem heutigen Ansturm nicht gewachsen. Auf der anderen Seite muss man deutlich sagen, das ist wie immer im Gesundheitswesen auch das Spiel um das große Geld. Denn das Geld, um das es da geht, ist einfach: Menschen kommen
in die Notfallambulanz im Krankenhaus. Wenn sie dahin gehen, gibt es einen Sicherstellungsauftrag, der heißt, man kann keinen Patienten wegschicken und kann sagen, du hast eigentlich nur, wie waren die Beispiele, einen geklemmten Finger, einen eingerissenen Nagel, das ist nichts für uns, geh nach Hause.
Das geht nicht, denn es gibt einen gesetzlichen Sicherstellungsauftrag. In dem Moment muss sich die Ambulanz zumindest diesem Patienten annehmen, muss die ganze Bürokratie durchlaufen, die Aufnahme und muss dann entscheiden und dokumentieren, welche notwendigen Ausschlussuntersuchungen sie tatsächlich getätigt hat, damit es sich bei dem angeknacksten Finger tatsächlich um einen angeknacksten Finger und nicht um einen gesplitterten Bruch oder sonst irgendetwas handelt. Das muss die Notfallambulanz leisten.
Ich hatte angefangen mit dem Geld, dann kommt noch das Problem dazu, dass momentan die Situation die ist, dass nach den runden Fallpauschalen, darüber haben wir in der letzten Zeit hier auch schon öfter geredet – –. Die Fallpauschalen bedeuten in dem Moment, dass eine Fallpauschale von 49 Euro für eine Untersuchung in der Notfallambulanz gezahlt wird. Das heißt, das kann Röntgen sein, das kann eine Blutuntersuchung sein, das kann auch eine Sonografie sein, um tatsächlich diesen Ausschluss, zu dem man verpflichtet ist, zu leisten. Dafür bekommt man 49 Euro, was nicht kostendeckend ist.
Das heißt, die Krankenhäuser stehen dann vor einem Problem. Auf der einen Seite haben sie nichts dagegen, dass Menschen in ihre Notfallambulanz kommen, auf der anderen Seite bedeutet das sehr häufig, dass sich ihr Defizit noch weiter erhöht als es bisher ist. Des Weiteren sind Patienten dann natürlich damit auch nicht zufrieden. Wenn Sie jetzt von der Gesundheit Nord ausgehen, und die Gesundheit Nord ist noch nicht einmal ein Negativbeispiel, es gibt in der Gesundheit Nord einen Standard für die Notfallaufnahme. Der Standard ist, dass man nicht mehr als vier Stunden warten muss.
Man kann in das Ausland schauen, ich habe das selbst einmal erlebt. In London, nur als Beispiel, gibt es eine einzige Notfallambulanz für die Millionenstadt. Eine einzige Notfallambulanz. Dort haben sie eine riesige Turnhalle, und dort gibt es vier Fernseher, in jeder Ecke einen mit einem anderen Programm. Dann kommen Sie dort an und bekommen eine Nummer, und dann sagt man Ihnen, Sie
sind wahrscheinlich in viereinhalb Stunden an der Reihe. Wenn man hinausgeht, verliert man seine Nummer, darauf wird peinlichst geachtet. Also nur um einmal zu sagen, auch in anderen Ländern sind diese Probleme nicht wirklich gelöst, die wir hier haben.
Das andere Problem wurde auch schon angesprochen. Natürlich gibt es für die Kassenärztliche Vereinigung auch wiederum einen Sicherstellungsauftrag. Aber das wurde schon erwähnt, dieser Sicherstellungsauftrag bezieht sich immer nur auf die praxisfreien Zeiten. Das ist ein Problem.
Ich komme zum Ende. Ich darf ja zweimal. Auch die niedergelassenen Ärzte sagen, das sind so ungünstige Arbeitszeiten, und wenn sich die Patientinnen und Patienten nicht entsprechend einstellen, ist es für die auch fraglich, wie sie das wirtschaftlich überleben sollen, wenn sie immer Notdienst haben. – Vielen Dank!
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Man merkt ja schon an dieser Diskussion, glaube ich, dass wir recht nah beieinander sind. Das finde ich bei diesem Thema auch sehr begrüßenswert.
Ich will noch kurz etwas zum Antrag der Fraktion der CDU sagen. In der Tat, wir haben es diskutiert, Portalpraxen sind natürlich ein Schritt auf diesem Weg, wie wir ihn für richtig halten. Allerdings ist uns der Fokus zu eng. Deswegen haben wir gesagt, wir wollen wirklich integrierte Notfallzentren, das ist noch einmal ein Stück weit etwas anderes, das habe ich in meinem ersten Redebeitrag erläutert. Der Kollege Herr Pirooznia hat eben noch einmal deutlich gemacht, dass man es als Hobby der Deutschen betrachten könnte, zum Arzt zu gehen. Ich glaube, in einigen Fällen mag das auch so sein.
Für manche mag es auch der Beruf sein, in der Tat. Es ist allerdings auch so, dass wir in Deutschland schon ein strenges Regime haben, was die Verordnung von Medikamenten angeht. Aus guten Gründen. Ein Antibiotikum bekommt man nicht einfach
in der Apotheke, sondern man bekommt es, wenn der Arzt einem ein Rezept ausstellt. Natürlich ist es gerade für chronisch kranke Patientinnen und Patienten so, dass sie regelmäßig zu ihrem Arzt müssen, allein um ein Rezept zu bekommen.
Ich habe kürzlich in einer Hausarztpraxis in Woltmershausen hospitiert und war einmal drei Stunden mit dabei. Der dortige Hausarzt hatte für seine Patientinnen und Patienten ein Infoblatt gemacht, weil auch viele Patientinnen und Patienten oft zum Arzt gehen und sagen, ich hätte gern einmal eben mein Rezept. Das ist aber mit einer wirklich guten ärztlichen Begleitung nicht so leicht gemacht, sondern das hat auch mit vielen Fragen, die der Arzt dann stellen muss, zu tun. Hat der Patient vielleicht mittlerweile auch eine andere Erkrankung, die noch dazugekommen ist? Kann es also Wechselwirkungen geben, selbst wenn der Patient das Medikament vielleicht schon viele Jahre nimmt? Da stellen sich ganz unterschiedliche Fragen. Das heißt, es ist nicht schnell mit Ausstellen eines Rezeptes getan und, ich glaube, das ist auch gut. Ich will deswegen nicht relativieren, dass die Deutschen, auch aus meiner Sicht, zu viel zum Arzt gehen. Ich möchte nur sagen, es gibt schon auch gute Gründe dafür, dass es vielleicht etwas häufiger ist als in anderen Ländern.
Die Fraktion der FDP, Herr Dr. Buhlert ist eben noch einmal darauf eingegangen, wer es denn eigentlich machen soll und ob das eigentlich eine entscheidende Frage ist, wer ein solches integriertes Notfallzentrum betreibt – –. Ich glaube auch, es ist für Patientinnen und Patienten am Ende unerheblich, ob es nun Ärzte aus den Krankenhäusern sind, ob es die niedergelassenen Ärzte sind, wer genau den Auftrag bekommt. Ich finde auch, die Organisation dieser Dinge sollten die Profis machen.