Wir wollen das Auto nicht verteufeln. Wir freuen uns, wenn es hier in der Stadt SUVs gibt, die mit Wasserstoff betrieben werden oder mit Batterien und erneuerbarem Strom.
Denn wir wissen, dass es Menschen gibt, die diese Fahrzeuge nutzen und die Arbeitsplätze hier in Bremen haben und diese Fahrzeuge bauen und stolz auf diese Fahrzeuge sind, die hier in Bremen gebaut werden.
Wir halten es schon für eine etwas schizophrene Haltung, wenn wir hier moderne Autos bauen, aber sie dann in der Stadt verteufeln oder nicht sehen wollen. Nein, wir sind stolz auf die Autos, die hier gebaut werden, und wir wollen, dass die Menschen sie auch nutzen können.
Zur eben zuletzt wieder vorgetragenen Ticketpreiselastizität nach dem Motto, wir senken die Ticketpreise und die Leute nutzen den ÖPNV mehr: Ja, sie kaufen sie vielleicht mehr. Ob es dann immer zur Nutzung führt, hängt sehr von der Gruppe ab, die diese Tickets kauft. Wenn ich wenig Einkommen habe, mag das so sein. Aber je höher das Einkommen einer Person ist, so hat sie vielleicht ein ÖPNV-Ticket, entscheidet sich aber, weil es eine Frage des zeitlichen Aufwands ist, den die Strecke erfordert, für das Verkehrsmittel, das ihr diese Qualität, nämlich die Zeiteffizienz, bringt.
Ich persönlich bin so eine Person. Wir haben in der Familie alle ein MIA-Ticket und nutzen das. Wenn ich aber schnell irgendwohin muss, mich das Auto schneller dorthin bringt und ich vielleicht auch noch etwas transportieren muss, möchte ich mein Auto auch nutzen können, das übrigens keinen Parkraum in einer Straße, sondern in einer Garage
Die Qualität gibt es in der Tat nicht umsonst. Wenn wir sagen, wir hätten gern mehr Steuergelder vom Bund, unterstützen wir Freie Demokraten das. Es ist auch richtig und notwendig, wenn der Bund die Kommunen hier stärker unterstützt. Wir wollen aber keine zusätzlichen Steuern und Abgaben, die die Kommunen mit all dem Verwaltungsaufwand erheben, die uns dann auch nur noch wieder alles verteuern, weil sie natürlich Menschen belasten. Umverteilen kann man immer gern, aber wir tun das schon mit der Einkommensteuer und Körperschaftsteuer. Diese Umverteilung reicht uns als Freie Demokraten.
Herr Saxe hat die Frage der Anschlussfähigkeit gestellt. Die Frage: Was halten wir davon? Wir haben zu den Ticketpreiserhöhungen ganz deutlich gesagt, wir halten sie in diesem Fall nicht für gerechtfertigt, weil sie nicht mit Qualitätserhöhungen einhergehen. Dies hätten wir uns gewünscht, und ich glaube, man kann Ticketpreiserhöhungen nur noch mit Qualitätsverbesserungen durchsetzen. Ansonsten sollte man darauf verzichten.
Ansonsten muss man sehen, wie man es schaffen kann, hier Prioritäten in der Stadt festzulegen. Diese muss man dann miteinander abwägen. Bis wir das tun, sind wir dabei und sagen, unsere Priorität liegt nicht darauf, Steuergelder -- Die zusätzlichen Gelder ab 2020 sind ja angesprochen und übrigens schon mehrfach überzeichnet und verteilt. Es tut fast jeder in dieser Stadt so, als ob das Geld für alles da wäre. Nein, es wird auch dann knapp sein, und die Haushaltsnotlage ist nicht spontan beendet, sondern es gilt, weiter solide zu haushalten.
Wir müssen Prioritäten setzen und aushandeln, wie viel wir uns wofür leisten können. Aber nehmen Sie mit: Wir Freien Demokraten sind Freunde des ÖPNV. Wir wollen einen guten ÖPNV. Wir wollen ihn bloß nicht ausbauen, wenn wir uns das nicht leisten können, und wir wollen ihn nicht ausbauen und die Qualität verbessern, wenn wir uns das nicht leisten können. Man muss klar festhalten: Was sind die Prioritäten in dieser Stadt, in diesem Land?
Wir wollen eine bessere Bildung. Dort liegt bei uns glasklar die Priorität. Das heißt, es gilt, Sanierungstaus abzuwenden, Prioritäten zu setzen. Wenn wir dann noch Geld übrig haben und es geschafft haben, dass Schülerinnen und Schüler so gut ausgebildet sind, dass sie ihren Lebensunterhalt selbst verdienen können und selbst ihre ÖPNV-Tickets zahlen, müssen wir diese nicht subventionieren, weil sie nicht mehr sozial schwach sind. Dann können wir auch gern darüber reden, um wie viel wir den ÖPNV vergünstigen können und was wir dadurch erreichen.
Hören Sie aber auf damit, immer zu sagen, wir hätten etwas gegen den ÖPNV. Nein, wir setzen andere Prioritäten. Diese Prioritäten setzen wir mit Recht, weil es darauf ankommt, zu sagen: First things first!
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Es ist eine schöne Diskussion. Ich bin mir zwar nicht sicher, ob das einer Aktuellen Stunde würdig ist, aber über Ticketpreise zu diskutieren ist ja auch immer ganz schön. Herr Buhlert, das stimmt, Sie haben nichts gegen den ÖPNV, aber auch nichts dafür. Das muss man klar und deutlich so sagen.
Aber nun zum Thema: Wenn wir über die Verkehrswende, über zu wenig Parkplätze, über mehr Klimaschutz diskutieren, wirken höhere Fahrpreise für den öffentlichen Nahverkehr natürlich erst einmal kontraproduktiv. Das ist richtig, denn wenn Ticketpreise erhöht werden, erwarten die Menschen zurecht, dass sie dafür ein besseres Angebot bekommen, eine bessere Dienstleistung bekommen. Wenn man sich das einmal in dieser Stadt oder in diesem Land ansieht, ist es nach wie vor so, dass einige Stadtteile schwierig angebunden sind, dass es sehr umständlich ist, von A nach B zu kommen. Dann fragen sich die Leute schon, ist es diese 2,80 Euro wert, und steigen dann doch auf das Auto um.
Das ist die Frage. Wir haben die ganze Zeit diskutiert – auch die Koalition hat gesagt: Wir müssen Prioritäten setzen. Wir müssen mehr Geld in den öffentlichen Nahverkehr investieren. Ja, müssen wir,
aber geben Sie das vorhandene Geld, die vorhandenen Projekte -- Geben Sie das Geld doch erst einmal aus! Sie haben in den letzten zwölf Jahren keinen Meter Schienennahverkehr in dieser Stadt neu gebaut.
Das muss man klar und deutlich sagen. Auch das gehört zur Wahrheit. Ihr Anspruch und die Wirklichkeit klaffen auseinander. Das ist einfach so. Das ist genau das Problem. Deswegen halte ich es für fatal, liebe LINKE, so schön die Diskussion auch ist, – und ich weiß auch, Sie müssen Klientelpolitik machen –, dass wir einen politischen Überbietungswettbewerb beginnen: Wer ist am preiswertesten? Wer ist am teuersten? Wer ist der Gerechteste? Dasselbe hatten wir gestern schon in der Diskussion über Parkgebühren.
Ich halte es wirklich für eine fatale Diskussion, insbesondere vor der Wahl. Ich weiß nicht, ob das sinnvoll ist. Wir können über viele Sachen reden, aber lieber Herr Janßen, wenn Sie -- Wir wollen jetzt die Anhörung machen. Wir sind uns, glaube ich, fast alle einig, dass die Stärkung des öffentlichen Nahverkehrs oder des Umweltverbundes – dazu gehören ja auch Fahrradwege und ähnliches – ungemein wichtig ist, damit diese Stadt auch in zehn Jahren noch atmen kann. Ich glaube, hierbei sind wir uns alle einig. Wir sind uns auch alle einig, dass im Tarifsystem ein paar Haken sind,
Ungerechtigkeiten sind. Wenn Sie aber schon mit der sozialen Frage kommen, müssen wir auch aufpassen, dass der öffentliche Nahverkehr durch Ihre Politik nicht als Arme-Leute-Straßenbahn diffamiert wird
und dass Leute deshalb nicht einsteigen. Wir brauchen sie alle. Wir brauchen sie alle, um den öffentlichen Nahverkehr attraktiv zu gestalten. Sie machen so: Wir müssen wirklich nur noch die -- Das schreckt nämlich viele ab.
(Abgeordnete Vogt [DIE LINKE]: Du wohnst doch auch in Gröpelingen! Du weißt doch, wer dort in der Straßenbahn sitzt!)
Ja, und ich fahre auch mit dem öffentlichen Nahverkehr. Genau das ist diese Diskussion. Ich rede auch mit dem einen oder anderen.
Zum Tarifsystem: Ich glaube schon, dass wir gerade in dem Bereich Schülerinnen und Schüler, Kinder und Jugendliche massive Verbesserungen benötigen. Ob es jetzt ganz kostenfrei sein soll, muss man schauen, muss man rechnen, aber 47 Euro halte ich für sozial unverträglich. Das betrifft jetzt nicht nur die Leute, die knapp über dem Hartz-IV-Satz verdienen oder Niedrigverdiener, sondern auch eine Familie mit zwei Kindern mit einem durchschnittlichen Jahreseinkommen von 50.000 Euro brutto. Für die sind über 90 Euro ein beträchtlicher Betrag. Das darf nicht sein. Ich glaube, hier müssen wir etwas verändern.
Ein anderes Thema: Herr Saxe, das Wiener Modell können wir sofort übernehmen. Warum ist das Wiener Modell denn so erfolgreich? Weil Wien massiv in die Infrastruktur investiert hat,
Weil aber die Infrastruktur vorhanden war, weil die Leute einen Sinn gesehen haben, umzusteigen. Damit sind wir wieder bei der Quadratur des Kreises: Wenn Sie es in Ihrer Regierungszeit nicht hinbekommen, das auszubauen, müssen Sie sich auch nicht wundern, dass die Leute sagen: Das ist unattraktiv, ich fahre mit dem Auto.
Das ist einfach so. Herr Saxe, eine Sache noch: Hören Sie endlich auf, die Verkehrswege gegeneinander auszuspielen!
Also wirklich, Ihr Fahrrad-Klassenkampf gegen das Auto mit Ihrer Studie aus Kassel, Sie benutzen das als Instrument! Sie müssen dann auch einmal schauen, welche Verkehrsteilnehmer Geld in das System einzahlen. Ich weiß, die Kfz-Steuer ist eine Steuer. Ich weiß, die Sektsteuer haben wir im letzten Jahrhundert einmal eingeführt, um die Kriegsmarine aufzubauen.
Wenn Sie einmal schauen, Herr Saxe, wie viel Geld wegen des Autos in das System eingezahlt wird, relativiert sich das. Ich bin sofort bei Ihnen, wenn wir sagen, Fahrradfahrer sind gleichberechtigte Verkehrsteilnehmer mit gleichen Rechten und Pflichten. Warum führen wir kein Nummernschild ein? Dann könnte man die auch besser abschleppen, wenn sie falsch parken.
Man könnte sie dann auch, wenn sie bei Rot über die Ampel fahren – das ist immer wahrscheinlicher als beim Autofahrer –, besser identifizieren und belangen. Man könnte dann auch noch einmal über eine Steuer oder dergleichen nachdenken. Hier wäre ich sofort bei Ihnen, aber hören Sie, solange das nicht so ist, auf, zu diffamieren! Es hilft uns nicht.