Protocol of the Session on August 29, 2018

auf das von der Bundesrepublik Deutschland im Jahr 2017 ratifizierte Übereinkommen des Europarats zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häusliche Gewalt (Istanbul-Kon- vention) sowie die steigende Zahl von Kindern und Jugendlichen in Bremen und Bremerhaven, die als Zeugen und/oder Opfer von häuslicher Gewalt betroffen sind.

Die im Antrag formulierten Sachverhalte zur Auswirkung von häuslicher Gewalt auf die psychische Entwicklung von Kindern und Jugendlichen als Opfer und Zeugen dieser Taten sowie deren mögliche Spätfolgen im Erwachsenenalter, Wiederholung der erlebten Beziehungsstrukturen, sind fachlich richtig und werden bundesweit, im europäischen Raum sowie international diskutiert. Es trifft zu, dass die im Jahr 2017 von Deutschland ratifizierte und am 1. Februar 2018 in Kraft getretene Istanbul-Konvention vorsieht, dass Unterstützungs- bzw. Hilfeangebote für Kinder und Jugendliche bereitgestellt werden sollen.

Die Stadt Bremen hält im Kontext von Gewalt, Vernachlässigung und Gefährdung Beratungsangebote für Kinder und Jugendliche sowie deren Familien durch die Träger Mädchenhaus Bremen e. V., Bremer JungenBüro e. V. und den Deutschen Kinderschutzbund vor. Im Bereich sexualisierter Gewalt bietet der Träger Schattenriss – Beratungsstelle gegen sexuellen Missbrauch an Mädchen e. V. eine spezifische Beratung an. Die Träger bieten neben einer niedrigschwelligen Onlineberatung auch telefonische Beratung über Krisentelefone, die Nummer gegen Kummer und das Krisentelefon für Mädchen an. Auch die Erziehungsberatungsstellen sind mit der Beratung von Opfern und Zeugen häuslicher Gewalt befasst. Ebenso bieten das Casemanagement des Jugendamtes und der Kinder- und Jugendnotdienst Unterstützung und Beratung für Familien, Kinder und Jugendliche an, und man staunt, wie viel Kinder und Jugendliche sich selbst an das Jugendamt wenden und davor auch keine Scheu haben.

Im Bereich der erwachsenen Betroffenen bietet der Träger Neue Wege e. V. Beratung für Opfer und Täter häuslicher Gewalt an und hat mit Blick auf betroffene Frauen auch die Funktion einer Interventionsstelle inne.

Im Zuge der steigenden Anzahl von Fällen häuslicher Gewalt, die eine Zunahme der Anzahl von betroffenen Kindern zur Folge hat, wurde 2016 der Runde Tisch „Häusliche Gewalt und Kinder“ von

der ressortübergreifenden AG „Häusliche Beziehungsgewalt“ mit dem Auftrag ins Leben gerufen, die vorhandenen Angebote für Kinder und Jugendliche in diesem Bereich zu erheben und zu bewerten. Im Herbst 2018 wird der Bericht, die sogenannte IPOS-Studie der ressortübergreifenden AG zu diesem Thema vorliegen. Diese Studie ist für unser Haus handlungsleitend. Damit wird ermittelt, wo wir im Hilfesystem noch Lücken haben. Diese Studie soll mit einer Angebotsübersicht zeigen, wie die Angebote bewertet und wahrgenommen werden. Sie soll mögliche Doppelstrukturen aufzeigen und Hinweise geben, wie wir durch eine Bündelung und Umstrukturierung schon vorhandener Angebote besser werden können im Sinne des Zieles, das hier alle Fraktionen formuliert haben, nämlich dass Kinder und Jugendliche gut vor Gewalt beschützt sind.

Wir brauchen eine gut funktionierende Prävention und wir brauchen auch eine gute Unterstützung für Kinder und Jugendliche, damit aus ihnen mutige, liebende Erwachsene werden. Ich finde den Antrag gut, ich bitte aber auch, dass die Abgeordneten das Schreiben der Beratungsstellen zur Kenntnis nehmen, die sich jetzt schon zu Wort gemeldet haben: Das Bremer JungenBüro e. V., das KinderschutzZentrum, das Mädchenhaus Bremen e. V. und Schattenriss – Beratungsstelle gegen sexuellen Missbrauch an Mädchen e. V. – haben einen Brief auch an die Abgeordneten der Bremischen Bürgerschaft gerichtet und bitten ganz dringend um die Einbindung in diese fachliche Debatte. Ich habe alle Rednerinnen und Redner so verstanden, dass dies geschehen soll. Das finde ich richtig. Diese Expertinnen und Experten, die wirklich inhaltlich etwas von der Sache verstehen oder in diesem Themenfeld Tag für Tag arbeiten, regen auch an, über die Begrifflichkeit dieser Anlaufstelle zu reden.

In die Diskussion wird eingeworfen, ob es eine Interventionsstelle oder eine Erstversorgung sein soll oder ob es eine Anlaufstelle ist. Ich finde es wichtig, dass wir das zusammen diskutieren. Wir werden den Auftrag der Bremischen Bürgerschaft mitnehmen, eine Konzeption zu erarbeiten und freuen uns auf die fachliche Diskussion. Als Senatorin muss ich sagen, den Antrag der Fraktion der CDU, der darauf hinweist, dass, wenn etwas zusätzlich entsteht, das auch zusätzlich finanziert werden muss, halte ich für absolut richtig. Ich kann mir nicht vorstellen, den genannten Jugendhilfeeinrichtungen die Euros, die wir in den letzten Jahren erhöht haben, wegzunehmen. Im Gegenteil, ich glaube, dass wir im Kinderschutzbereich, das haben ja auch ei

nige angemerkt, noch einiges tun müssen. Die Fallzahlen sind leider gestiegen und wir müssen wirklich für eine Fachlichkeit sorgen. Das hat seinen Preis. – Vielen Dank für diesen fachlichen Antrag, wir freuen uns auf die weitere Diskussion!

(Beifall SPD, Bündnis 90/Die Grünen)

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Die Beratung ist geschlossen.

Wir kommen zur Abstimmung.

Gemäß § 51 Absatz 7 unserer Geschäftsordnung lasse ich zunächst über den Änderungsantrag der Fraktion der CDU mit der Drucksachen-Nummer 19/1723 abstimmen.

Wer dem Änderungsantrag der Fraktion der CDU seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen!

(Dafür CDU, DIE LINKE, Abgeordneter Schäfer [LKR], Abgeordneter Tassis [AfD])

Ich bitte um die Gegenprobe!

(SPD, Bündnis 90/Die Grünen, FDP)

Stimmenthaltungen?

(Abgeordneter Öztürk [SPD, fraktionslos])

Ich stelle fest, die Bürgerschaft (Landtag) lehnt den Änderungsantrag ab.

Ich lasse nun über den Antrag der Fraktionen Bündnis 90/Die Grünen und der SPD abstimmen.

Wer dem Antrag der Fraktionen Bündnis 90/Die Grünen und der SPD mit der Drucksachen-Nummer 19/1577 seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen!

(Dafür SPD, CDU, Bündnis 90/Die Grünen, DIE LINKE, FDP, Abgeordneter Öztürk [SPD, fraktions- los], Abgeordneter Schäfer [LKR], Abgeordneter Tassis [AfD])

Ich bitte um die Gegenprobe!

Stimmenthaltungen?

Ich stelle fest, die Bürgerschaft (Landtag) stimmt dem Antrag zu.

(Einstimmig)

Eckpunkte des öffentlich-rechtlichen Rundfunks! Antrag der Fraktionen Bündnis 90/Die Grünen und der SPD vom 13. März 2018 (Drucksache 19/1580)

Wir verbinden hiermit:

Öffentlichen Rundfunk fokussieren – Rundfunkbeiträge langfristig senken! Antrag der Fraktion der FDP vom 15. Juni 2018 (Drucksache 19/1719)

Sowie

Zweiundzwanzigster Staatsvertrag zur Änderung rundfunkrechtlicher Staatsverträge (Zweiund- zwanzigster Rundfunkänderungsstaatsvertrag – 22. RÄStV) Mitteilung des Senats vom 21. August 2018 (Drucksache 19/1781)

Dazu als Vertreter des Senats Bürgermeister Dr. Sieling.

Die gemeinsame Beratung ist eröffnet.

Als erster Redner hat das Wort der Abgeordnete Mustafa Öztürk.

Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Der öffentlich-rechtliche Rundfunk steht nicht nur in diesen Tage in Deutschland, sondern in ganz Europa unter massivem Druck, unter öffentlicher Kritik, aber auch unter heftigen Übergriffen. Das ist Ihnen vielfach bekannt. Es bleibt aber nicht nur bei diesen besorgniserregenden Zuschreibungen und Vorwürfen wie Staatsfunk, Zwangsabgabe, GEZ-Mafia, sondern Fake News wird auch genannt. Es wird offen zu Gewalt gegenüber Journalistinnen und Journalisten gerufen, auch zu denen, die im öffentlich-rechtlichen Bereich unterwegs sind, meine Damen und Herren!

So etwas darf man nicht hinnehmen, schon gar nicht in einem Rechtsstaat, dagegen müssen wir uns mit allen massiven Mitteln wehren, die möglich sind.

(Beifall Bündnis 90/Die Grünen, SPD)

Freie Berichterstattung, gerade durch die öffentlich-rechtlichen Anstalten, ist ein Garant in dieser Demokratie. Die wurde hart erkämpft und die müssen wir aufrechterhalten.

(Beifall Bündnis 90/Die Grünen, SPD)

Demonstranten werden bei Kundgebungen behindert, nicht nur durch die Polizei, sondern auch durch Demonstrierende. Journalisten werden angegriffen, wenn sie vor Ort Bericht erstatten möchten und es bleibt nicht nur dabei, es wird zu Gewalt aufgerufen, wieder und immer wieder, erst jüngst in Chemnitz und auch anderswo. Das ist Ihnen allen bekannt. Sie und ich, wir wissen, weil wir auch in den sozialen Netzwerken aktiv sind, in Foren und auf Internetplattformen, das eine sachliche Diskussion kaum noch möglich ist. Wenn man einen Beitrag zum Beispiel der ARD, des ZDF oder unseres Regionalsenders „buten un binnen“ teilt – es ist teilweise die Hölle, in welcher Art und Weise dort diskutiert wird und welchen Diffamierungen man sich selber auch aussetzt. Aber auch der Beitrag, unter welchen Diffamierungen dieser entsprechend zu leiden hat. Sogenannte Mainstream-Medien, so wird ja diese Diffamierung gewissermaßen umschrieben, gehen sogar so weit, dass sie die geballte Wut darin entladen.

Bei der Flüchtlingsberichterstattung fällt das immer wieder auf, da ist von Hofberichterstattung die Rede, von Lügen und von Einseitigkeit. Das nutzen aber auch populistische Bewegungen und Parteien in Europa. Die haben diese Wut auch mit befeuert und ihre politischen Vertretungen hierzulande gießen jeden Tag etwas mehr Öl ins Feuer, wie zum Beispiel Alexander Gauland schreibt: Schluss mit zwangsfinanzierten Propagandafantasien.

Es ist traurig, dass auch eine andere politische Partei wie die FDP die Rundfunkanstalten nicht nur auf den Prüfstand stellen will, sondern von einer Verschlankung spricht. Das kann man machen. Dass Sie sogar so weit gehen, und sagen, wir haben nur noch zwei Kernkompetenzen, Versorgung und Bildungsauftrag. Alles andere wird eingestampft. Das ZDF mit seinem Parallelprogramm wird privatisiert. Im Bund fordern Sie sogar noch ganz andere Sachen, die will ich jetzt nicht einzeln erwähnen. Ich versuche mich auf den Antrag der Fraktion der FDP aus der Bremischen Bürgerschaft zu konzentrieren. Das finde ich besorgniserregend, weil man dann ein Stück weit ziemlich nahe daran ist, nicht

nur an den Forderungen der Alternative für Deutschland – –.

(Abgeordneter Dr. Buhlert [FDP]: Überhaupt nicht! – Abgeordneter Prof. Dr. Hilz [FDP]: Das fordern wir doch schon seit 20 Jahren!)

Ich will versuchen, das ganz sachlich – nicht aufregen, Kollege Buhlert – Sie sind sehr nahe daran, bei solchen Forderungen, wenn gerade solche Forderungen von anderen Parteien in diesem Land gefordert werden. Dagegen müssen wir uns alle wehren, mit allen Mitteln, die wir haben, gegen diese Bestrebungen, gegen diese Diffamierungen, meine Damen und Herren!

(Beifall Bündnis 90/Die Grünen, DIE LINKE)

Derzeit haben wir auch eine intensive Diskussion um die Zukunft der Öffentlich-Rechtlichen. Es gibt einen Auftrag -

(Abgeordneter Prof. Dr. Hilz [FDP]: Ich wollte be- wusst falsch interpretieren!)

mit dem Titel: Strukturoptimierung des öffentlichrechtlichen Rundfunks im digitalen Zeitalter. Darum geht es, um das digitale Zeitalter, meine Damen und Herren! Hier wurden Papiere vorgelegt, hier wurde viel diskutiert. Es ist unsere Aufgabe, das politisch zu prüfen, weil auch wir als Bremische Bürgerschaft dem Rundfunkänderungsstaatsvertrag zustimmen müssen und entsprechend einbringen können, wie wir uns dort Veränderungen auch in dem Bereich vorstellen. Da geht es um den Auftrag, da geht es um die Finanzierung, aber auch um den Tele-Medienauftrag, der dieses Jahr intensiv beraten, diskutiert und neu gefasst werden muss. Dieser Tele-Medienauftrag ist ziemlich zentral, er muss dem Mediennutzungsverhalten Rechnung tragen auf, wo öffentlich-rechtliche Angebote überhaupt über das Internet bereitgestellt werden.