Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich war bei der Vorstellung der Antwort des Senats schon wirklich reichlich überrascht, weil ich wirklich dachte, ich hätte eine andere gelesen, und ich bin jetzt froh, dass mich die beiden Kolleginnen von der SPD und der LINKEN in meiner Wahrnehmung bestärkt haben, dass die Situation doch nicht so schlecht ist, wie sie eingangs beschrieben wurde. Ganz im Gegenteil!
Ich bin trotzdem dankbar für die Große Anfrage der CDU, weil sie dafür gesorgt hat, dass wir es jetzt durch eine sehr ausführliche und eindrückliche Antwort des Senats schwarz auf weiß haben, wie die Situation derzeit auf dem Bremer Arbeitsmarkt für die Integration von Geflüchteten ist.
Vorweg, man kann es nicht oft genug betonen und sollte es sich vielleicht auch noch einmal vergegenwärtigen: Wir schreiben das Jahr 2018, wir sind jetzt sozusagen drei Jahre nach dem Startsommer. Im Jahr 2015 waren die Ereignisse im Bahnhof in Budapest. Da müssen wir uns schon einmal klarmachen, was wir eigentlich bisher bewältigt haben. Wir haben die erste Phase der Unterbringung und Stabilisierung hinter uns gebracht. Ich will jetzt nicht Lobeshymnen über die Unterbringung halten, aber wenn man sich anschaut, mit welchen Lebensbiografien die Menschen hier angekommen sind, dann muss man natürlich auch mit einrechnen, dass es eine Phase der Stabilisierung der zumeist ja sehr jungen Leute und Familien gegeben hat. Deswegen sind wir jetzt im Jahr 2018, also drei Jahre später, ganz gut aufgestellt, und die jungen Leute sind ja nicht per se einfach willige Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, sondern es sind Menschen, die hier mit diversen Traumatisierungen angekommen sind und auch zur biografischen Stabilisierung in den Arbeitsmarkt integriert werden müssen.
Deswegen vielleicht ein bisschen langsam mit den jungen Pferden, oder welches Sprichwort da Ihnen jetzt so einfällt, dass wir noch keine ausgefeilte große Arbeitsmarktoffensive haben, um die 10 000 Menschen auch in den Arbeitsmarkt zu integrieren, die hier eine neue Heimat gefunden haben!
wie wunderbar die Ressorts hier zusammenarbeiten, nämlich die Ressorts für Arbeit, Bildung, Integration, Soziales, Wissenschaft, die Kammern, die Universität, die Schulen und die verschiedenen Träger. Wir können hier also wirklich von einem breiten Bündnis in Bremen sprechen – das sieht in anderen Kommunen anders aus –, das mit dieser zweiten Phase der Integration von Geflüchteten sehr engmaschig beschäftigt ist und hier einen engen Schulterschluss übt, um so viele Möglichkeiten anzubieten, wie es eben auf dem Bremer Arbeitsmarkt gibt.
Ich finde auch, dass wir jetzt nicht nur das BAP zur Verfügung haben, sondern ich finde, der Senat hat sehr deutlich aufgeschrieben, wie vielfältig die einzelnen Unterstützungsprogramme für Geflüchtete sind. Das fängt bei der Sprachqualifizierung an, geht über eine Vermittlungsunterstützung und Ausbildungsbegleitung, und natürlich dürfen wir auch Alphabetisierungskurse nicht vergessen und dass wir bei vielen auch noch einmal ganz von vorn anfangen müssen – also aus unserer Sicht von vorn –, und dann brauchen wir eben, zumindest in Ansätzen, spezielle Angebote für Frauen.
Ich finde, das ist eine ganze Menge, das kann sich sehen lassen, und auch hier der Hinweis: Da sind wir wirklich ziemlich weit vorn gegenüber anderen Kommunen. Ich habe jedenfalls, was die spezielle Konzentration auf die Integration von geflüchteten Frauen angeht, aus anderen Kommunen und Ländern noch nicht so richtig viel gehört.
Ganz besonders hervorheben möchte ich noch einmal das, was vor allem die jungen Geflüchteten angeht, die tolle Zusammenarbeit und die Angebote, die da auch von der Senatorin für Bildung und der Senatorin für Wissenschaft geschaffen wurden. Die Qualifizierungswege, die wir hier auf den Weg gebracht haben, also von Zukunftschancen, Ausbildung und allen anderen, die in der Antwort des Senats aufgeführt sind, sind doch die Grundlagen für eine dann nicht nur gelungene Integration, sondern auch für ein gelungenes Ankommen dieser jungen Menschen in ihrer eigenen, dann sicheren und Zunftsperspektiven schaffenden Biografie.
Frau Bernhard hat einen wichtigen Punkt angesprochen, dass nämlich sehr viele Menschen einen Erfahrungsschatz durch die Berufsausübung ha
ben, aber keine Ausbildung, wie wir sie hier in diesem klassischen deutschen Sinne kennen. Sie bringen aber unheimlich viel Qualifikation mit. Es ist natürlich schwierig für diejenigen, dann einen Arbeitsplatz zu finden, wo immer als Allererstes, wie eine junge Frau einmal zu mir gesagt hat, der „Zettel“ gefordert wird: „Die Deutschen wollen immer einen Zettel, auf dem ein Stempel ist.“ Sie ist aber eine hervorragende Näherin. Wie gehen wir damit eigentlich um?
Ich finde, da brauchen wir tatsächlich noch ein paar Ideen, was so einen gewerblichen Ausbau oder eine Verselbstständigung von so qualifizierten Leuten angeht, die dann eben nicht auf den Zettel angewiesen sein müssen und dass es Arbeitgeber gibt, die nicht so großen Wert auf so einen Zettel legen. – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit!
Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Leistungsstarke Flüchtlinge sollen nicht nur Visa, Aufenthaltsgenehmigungen oder eine Duldung erhalten, sondern langfristig in Deutschland bleiben können. Deutschland benötigt Menschen, um den aktuellen Fachkräftemangel zu dämpfen. Damit das gelingen kann, braucht es endlich ein vernünftiges Einwanderungsgesetz auf Bundesebene, das die Anforderungen fair und transparent regelt.
Damit es jetzt überhaupt Flüchtlinge gibt, die ihre Leistungsstärke entfalten können ist es nötig, dass die wirtschaftliche Integration, also die Kombination von Bildung und Arbeitsmarkt, vom Senat so gestaltet wird, dass alle Flüchtlinge erstens Deutsch lernen und zweitens möglichst selbstständig ihren Unterhalt finanzieren können.
Naturgemäß schaue ich mehr auf die Sollseite, als auf die Habenseite. Bei der Bearbeitung der Mitteilung des Senats zum Thema sind einige Dinge aufgefallen. Ich beginne einmal mit den Zahlen.
Rückschlüsse zu, ob und wie einzelne Bevölkerungsgruppen von Maßnahmen erreicht werden oder den Übergang in Arbeit schaffen. Viel Arbeit, viel Papier, viel Ordnungswut, aber die Daten sind eigentlich letzten Endes unbrauchbar.
Auf die Frage der prognostischen Entwicklung werden schlicht keine Werte ermittelt – das sagen sie selbst – mit dem Hinweis auf die Notwendigkeit hypothetische Überlegungen anstellen zu müssen. Gehört das nicht immer zum Geschäft bei der Entwicklung von Prognosen?
In anderen Bereichen hypothetisieren Sie munter darauf los, wenn Sie zum Beispiel davon ausgehen, dass die jungen Flüchtlinge, die von den Angeboten des BAMF oder des Jobcenters keinen Gebrauch machen, entweder sozialversicherungspflichtig oder geringfügig beschäftigt seien. Das halte ich für meinen Teil für eine unrealistische, um nicht zu sagen, naive Hypothese.
In Bezug auf EQ-Maßnahmen bekommen wir Daten, wie viele Menschen gestartet sind und wie viele Menschen die Maßnahme abgebrochen haben, aber keine darüber, auf welchem Wege die qualifizierten Flüchtlinge dorthin kommen oder wie sie identifiziert werden. Ebenfalls Fehlanzeige bei der Frage, wie viele davon im Anschluss in eine Berufstätigkeit oder Ausbildung münden, was ja das Ziel der Maßnahme ist! Wie prüfen Sie als Senat denn dann den Erfolg?
Eine Landesstatistik zur Praxis der Anerkennung von beruflicher Vorbildung, also was Frau Müller gerade ausgeführt hat, sei nicht aufstellbar wegen Heterogenität und den geringen Fallzahlen, deswegen sei es nicht umgesetzt worden. Sie machen es uns als Opposition schon ein bisschen leicht!
Wir fordern Sie auf, erstens bei dieser Landesstatistik nachzubessern und zweitens nur Daten zu erheben beziehungsweise zusammenzustellen, die relevant sind!
Die Steuerung von Daten ist ja kein Spiel oder Selbstzweck, sondern das ist letzten Endes der Stellhebel für menschliche Schicksale.
Die Weiterqualifizierungsmöglichkeiten für die jetzt 800 Schulabgänger sind quantitativ theoretisch ausreichend, aber da braucht es natürlich auch eine zahlenbasierte Steuerung und in manchen Bereichen eben auch eine Unterstützung der
Betriebe. Im Beschäftigungspolitischen Aktionsprogramm ist das eigentlich auch vorgesehen. Wie sieht dies in Bremen konkret aus, insbesondere im dualen Berufsausbildungssystem?
Die Deutsche Industrie- und Handelskammer bestätigte im Januar dieses Jahres, dass die meisten Sachen sich entweder um Rechtliches – das ist der höchste Anteil – oder um Sprachförderung drehen. Jetzt hat die 3+2-Regelung, also wenigstens über die drei Jahre Ausbildung noch einmal zwei Jahre hinaus, ein wenig Planungssicherheit gebracht, und der Fokus wird zunehmend auf das Schlüsselthema Sprache gelegt. Da man ja weiß, wie das Erlernen einer Sprache funktioniert, finde ich, sollten in den Berufsoberschulen mit Sprachförderung mehr Angebote ergänzt werden, bei denen die Geflüchteten auch freundschaftliche Kontakte zu Muttersprachlern aufbauen können, zum Beispiel Gutscheinsysteme für Vereine und so etwas. Mehr davon!
Nach wie vor kämpfen Unternehmen auch mit dem Problem, dass zugewanderte erfolgreiche Hauptschulabsolventen oft Gnadennoten erhalten haben, die Deutschkenntnisse nicht einmal auf Level eins und Minimalkenntnisse in Mathematik nicht vorhanden sind. Bei allem Verständnis für diese Entwicklung ist es keine Wohltat für irgendjemanden, die Standards aus motivatorischen Gründen zu senken, denn die Probleme werden nur in die Betriebe verlagert, sie produzieren dort auch große Probleme.
Stattdessen sollte für Ausbildungsvorbereitungszeiträume inklusive des Erlernens der Sprache ein realistisches und ausreichendes Zeitfenster von zwei bis drei Jahren kalkuliert werden.
Ich finde es gut, dass der Blick des Senats bei der letzten Frage der CDU unaufgefordert auf einzelne Menschen gerichtet wird, denn um Menschen geht es. Dass der Senat aber die Frage nach Folgen misslingender Integration für Wirtschaft und Gesellschaft ausschließlich mit einem lapidaren „Die Folgen sind vielfältig und lang anhaltend.“ beantwortet, bedeutet, dass der Frager missachtet und die Frage abgeschüttelt werden sollen oder aber dass die eigene Rolle nicht verstanden wurde,
nämlich wie wichtig eine gelingende Integration in den Arbeitsmarkt ist. Ich habe versucht, an ein paar
Punkten deutlich zu machen, dass die Voraussetzungen dafür noch deutlich verbessert werden können. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir haben die Voraussetzungen für eine gelingende Integration in den Arbeitsmarkt geschaffen. Der Senat hat in allen Teilbereichen der Integration umfassende Maßnahmen ergriffen, um gute Voraussetzungen für die erfolgreiche Arbeitsmarktintegration von Geflüchteten zu schaffen, und ich will Ihnen auch gern an sechs konkreten Beispielen aufzeigen, was wir getan haben, aber selbstverständlich immer noch tun.
Wir haben bereits Anfang 2006 ein umfassendes Integrationskonzept erarbeitet und in die Umsetzung gebracht. Somit konnten wir frühzeitig eigene Projekte zur Förderung von Ausbildungsplätzen für junge Geflüchtete umsetzen und eine Förderung für Ausbildungsbetriebe realisieren. Die Kollegin Frau Dr. Müller hat eben freundlicherweise darauf hingewiesen, wann der Flüchtlingszustrom begonnen hat – das war Mitte/Ende 2015 –, und bereits Anfang 2016 hat dieser Senat mit konkreten Maßnahmen darauf reagiert. Wenn man also behauptet, das sei zu spät gewesen oder nicht früh genug, dann trifft das nach meiner Auffassung auf jeden Fall nicht zu.
Um schnelle und passgenaue Lösungen zu finden, haben wir auf der Ebene aller Ressorts eng zusammengearbeitet, auch darauf ist hingewiesen worden – das war ein Alle-Mann-Manöver, das wir in Bremen miteinander gemacht haben, und dabei sind die Frauen natürlich auch mit eingeschlossen –, um ein breites Angebot für die jungen Flüchtlinge zur beruflichen Integration vorzuhalten. Die Senatorin für Kinder und Bildung hat ein Konzept für Schulabgängerinnen und Schulabgänger entwickelt, das von meinem Haus mitfinanziert worden ist, und als Ergänzung dazu hat die Senatorin für Finanzen die Plätze der Einstiegsqualifizierung beim AFZ auf 250 erhöht. Auch das ist ein Beispiel für die gute Zusammenarbeit unterschiedlicher Ressorts.
Wir haben ein eigenes Landesprogramm „Integration in Bremen und Bremerhaven“ aufgelegt, um bestehende Förderlücken zu schließen, weil ja
auch nicht alles für Geflüchtete neu entwickelt werden muss, sondern wir haben durchaus schon vorhandene Instrumente und Regelangebote. Wir hätten uns aber – den Satz kann ich mir natürlich nicht verkneifen! – von der CDU schon gewünscht, dass auch sie bei dem, was an restriktiven Regelungen auf der Bundesebene bei der Bundesagentur für Arbeit und anderen verhindert, dass frühzeitig Angebote für Geflüchtete gemacht werden, deren Rechtsstatus noch unsicher ist, mithilft, auf Bundesebene dahin zu kommen, frühzeitig ansetzen zu können und die Hürden noch abzubauen, die Sie dort aufgebaut haben.
Es gibt zwischen den Behörden – zwischen den Ressorts, aber auch mit den Bundesbehörden und insbesondere der Bundesagentur für Arbeit – einen guten und direkten Austausch, indem wir immer wieder Lösungen für Einzelfälle gefunden haben und neue Projekte anstoßen konnten. Wir haben vor allem viele junge Geflüchtete in Bremen, bei denen wir insgesamt auch ein besonders großes Potenzial sehen. Wir müssen sie unterstützen und ihnen eine Perspektive geben, und es gibt eine ganze Reihe spezieller Maßnahmen wie die aufsuchende Beratung oder eine zweijährige Beschulung von Geflüchteten ab dem 16. Lebensjahr. Auch die jungen Geflüchteten, die bereits gute fachliche und sprachliche Kompetenzen mitbringen, werden gezielt gefördert, beispielsweise im Rahmen der Anerkennungsberatung meines Hauses oder beim Übergang in die gymnasiale Oberstufe.