Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Mit dem vorliegenden Antrag wirbt die CDU-Fraktion darum, das Thema Deradikalisierung von Gefährdern aus dem Umfeld des Islamismus neu aufzustellen und zu verbessern.
Hintergrund ist, dass der Innensenator nicht müde wird darauf hinzuweisen, dass wir in Bremen, vielleicht auch in Bremerhaven, aber für das Land insgesamt auf jeden Fall, eine Anzahl von 500 Menschen haben, die dem radikalen Islam anhängen, von denen auch eine gute Zahl, den Mitgliedern der Parlamentarischen Kontrollkommission zumindest bekannt, als Gefährder gelten. Wir haben auch eine hohe Anzahl von Menschen, die aus dem Dschihad wieder nach Bremen zurückgekehrt sind, und das bedeutet nicht, dass sie sich von den Vorstellungen des heiligen Krieges und den radikalen Tendenzen abgewendet haben, sondern sie leben wieder hier bei uns in Deutschland, und gegebenenfalls geht auch von ihnen eine Gefahr aus.
Es gibt in anderen Ländern andere grundlegende Konzepte, als Beispiele seien hier die auch nicht von der CDU regierten Länder Berlin oder Hamburg genannt, die beide sehr intensiv und mit sehr umfänglichen Konzepten versuchen, der Radikalisierung, insbesondere von jungen Männern, zu begegnen.
Es gibt eine wissenschaftliche Debatte darüber, ob die Islamisten die neuen Radikalen sind oder die Radikalen die neuen Islamisten. Mittlerweile glaube ich, es gibt viele Gründe, aus denen sich insbesondere junge Menschen dem Dschihad verschreiben. Häufig sind es gar nicht so sehr religiöse Motive, sondern Frustrationsmomente aus der Schule, aus der Ausbildung, aus Benachteiligungssituationen, aus dem sozialen Umfeld, also gar nicht so sehr eine religiöse Überzeugung, die zu einer Radikalisierung im Hinblick auf unseren Staat führt, sondern umgekehrt, eher eine persönliche Lebenssituation, die Widerstand erzeugt, und die Lösung wird dann in der Radikalisierung gesucht.
Wir glauben deswegen als CDU-Fraktion, dass insbesondere das Thema Deradikalisierung an den Schulen einen breiteren Raum einnehmen muss als
bisher. Wir sind der festen Überzeugung, dass mit den bestehenden Strukturen, insbesondere mit der kitab und den geringen personellen Kapazitäten, die dort bestehen, eine grundlegende Strategie zur Deradikalisierung an unseren Schulen zurzeit nicht möglich ist. Wir sind der Auffassung, dass wir auch in Bremen das Augenmerk wie in Hamburg beispielsweise sehr viel stärker auf das Anwerben und Radikalisieren von jungen Menschen über soziale Medien und im Internet legen müssen. Es gibt in Hamburg beispielsweise ein Online-Projekt, das heißt „Think Social Now 2.0 – Verantwortung übernehmen im Netz“, wo Mitarbeiter dabei sind, Chatverläufe und Posts auf Facebook zu überprüfen und nachzuvollziehen, ob hier Gefährdungen liegen.
Schließlich der dritte Punkt, der aus unserer Sicht ganz entscheidend ist: Es gibt bei uns in Bremen zurzeit überhaupt keine Betreuung der Menschen, die aus Bürgerkriegsgebieten zurückkommen und als Gefährder gelten. Die werden hier nicht durch irgendeine Betreuungseinrichtung betreut. Es gibt keine Angehörigen, die sich an Beratungsstellen wenden können. Es bleibt häufig nur der Weg zur Polizei, die Hürde ist hoch, wie wir wissen, oder zum Verfassungsschutz. Der Respekt vor diesen Einrichtungen, glaube ich, hält aber viele davon ab, sich selbst beraten zu lassen oder Beratung für Angehörige in Anspruch zu nehmen.
Kurzum: Wir glauben, es macht Sinn, dass wir uns in den Gremien damit beschäftigen und beantragen deswegen, den Senat aufzufordern, ein entsprechendes neues Konzept vorzulegen, das wir dann intensiv miteinander beraten und dann auch gemeinsam über Lösungen entscheiden sollten. – Vielen Dank!
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die Fraktion der CDU beantragt heute mehr Stellen für die Deradikalisierung und Salafismus-Prävention und fordert ein neues Konzept für die bestehenden Angebote. Es stimmt, da gebe ich dem Kollegen Röwekamp recht, die Beratungsstellen in Bremen sind nicht gut besetzt, sie sind unterbesetzt und teilweise durch die hohe Nachfrage überfordert. Mehr Stellen sind deswegen durchaus notwendig, und wir haben das als Fraktion DIE LINKE auch in sämtlichen Haushaltsberatungen der letzten Jahre immer beantragt.
Ich bin mir sicher und mit der Fraktion der CDU einig, dass wir uns die Fortbildungsangebote und die Unterstützungsmöglichkeiten für Lehrkräfte und Pädagogen anschauen müssen. Wir haben lange überlegt, ob wir einen Antrag dazu schreiben. Der Aspekt der Schule ist in dem Antrag nicht ausreichend berücksichtigt, aufgrund dessen werden wir uns enthalten.
Ich war letzte Woche wieder in einer der Schulen, in der die Schülerschaft genauso zusammengesetzt ist, wie der Kollege Röwekamp es eben gesagt hat: teilweise von Perspektivlosigkeit betroffen. Das sind die Schulen die, nicht nur in dem Bereich der Radikalisierung junger Männer, massive Probleme haben. Die gibt es, die Fälle sind auch bekannt. Wir wissen, dass es auch Ausreisen nach Syrien gab. Die Schulen, in denen es die Probleme bestehen, sind vor zwei, drei Jahren auch einmal öffentlich geworden. Es gibt jedoch auch darunter gelagerte Probleme, und das wird in dem Antrag nicht ausreichend beleuchtet.
Ich weiß zum Beispiel, dass in einer ganzen Reihe von Schulen Mädchen unwahrscheinlich vielen radikalisierten Mädchengangs ausgesetzt werden, um sich zu verschleiern, Kopftücher anzuziehen beziehungsweise mehr als ein Kopftuch zu tragen. Wenn ich an Schulen bin, an denen das Problem besteht, erlebe ich auf der einen Seite Männer, die sich radikalisieren. Die teilweise gar keinen Migrationshintergrund haben, sondern konvertieren, weil das für sie eine Möglichkeit ist, Frust oder Perspektivlosigkeit auszudrücken oder vielleicht auch nur Gewaltfantasien. Dahinter steckt bei Männern im Salafismus tatsächlich auch ein mit sehr viel Macht verbundenes patriarchalisches Männerbild. Auf der anderen Seite besteht der Druck, der teilweise aus den migrantischen Communities kommt, der sich dann auch auf Mädchen auswirkt. Ich glaube, wir brauchen tatsächlich ein Konzept, das weit über das hinausgeht, was wir jetzt haben, und das nicht ausreichend ist, aber eben auch mit dem Antrag der CDU nicht richtig abgedeckt werden kann.
Ich habe lange überlegt, wie wir damit umgehen. Ich fände es am sinnvollsten, wenn wir gemeinsam Überlegungen anstellen. Ob man vielleicht auch einmal eine Expertenanhörung macht, denn der Punkt kommt leider auch in Hamburg zu kurz. Ich habe mir das in Hamburg einmal angeschaut. Da klagen die Schulen auch darüber. Vielleicht fällt uns da etwas Gutes ein.
Die Forderung der Fraktion der CDU, der Senat möge ein neues Konzept erstellen, setzt voraus, dass es überhaupt schon ein Konzept gibt. Da kann die Fraktion der CDU nichts dafür, aber ich würde das tatsächlich bezweifeln, auch wenn hier und da verschiedene Papiere existieren. Ich finde, ein echtes Konzept sieht anders aus, und das haben wir hier zu Recht schon in diversen Debatten bemängelt.
Ich finde es nötig, überhaupt erst einmal die bestehenden Angebote zu evaluieren. Der Senator für Inneres hat das versprochen und will das tun. Eine Stellenausschreibung läuft gerade. Vielleicht sollte man das abwarten. Parallel dazu sollte man selbstverständlich die Personalkapazitäten bei den Trägern der Projekte erhöhen. Anschießend sollten wir tatsächlich über ein Konzept reden und insbesondere auch über das, was wir den Schulen als Handreichung geben dürfen. Die Signale, die ich von dort bekomme, sind: Man lässt uns mit dem Problem allein. Wir müssen damit allein klarkommen. Ich habe hier schon einmal berichtet, dass es Lehrkräfte gibt, die bestimmte Teile des Geschichtsunterrichts auslassen, weil sie mit der Situation überfordert sind. Das kann wirklich nicht angehen. Darüber reden wir jetzt schon seit fünf, sechs Jahren ohne darauf eine Antwort gefunden zu haben. Nur Fortbildung beim LIS anzubieten, beim Landesinstitut für Schule, ist tatsächlich nicht ausreichend.
Für heute mache ich es kurz. Ich finde, der Wille der Fraktion der CDU ist erkennbar. An Details hapert es, deswegen werden wir uns enthalten und die Evaluierung abwarten. Vielleicht können wir ja noch einmal gemeinsam an etwas anderem arbeiten. – Danke schön!
Herr Präsident, meine Damen und Herren! In der Tat, Radikalisierungen von jungen Menschen aus den verschiedensten Gründen sind nicht hinnehmbar, das ist ein Problem.
Viele Menschen in Bremen und Deutschland arbeiten beruflich und ehrenamtlich daran, Radikalisierungen zu verhindern und jungen Menschen zu helfen. Das Beratungsangebot ist in Bremen vielseitig, allerdings reicht es nicht aus, und wir stellen
auch neue Tendenzen und Entwicklungen fest. In der Debatte um die richtige Antwort auf religiösfundamentalistischen Terror islamistisch motivierter Einzeltäter in Gruppen kommt immer wieder der Ruf nach einer Präventionsstrategie. Was auch richtig ist. Der Antrag der Fraktion der CDU: „Prävention und Deradikalisierung in Bremen neu konzipieren!“ stellt die Forderung nach mehr Prävention. Der Antrag vom 16. Januar dieses Jahres fordert, ein neues Konzept zu entwickeln und zeitnah vorzulegen sowie bestehende Projekte zur Prävention auszubauen.
Herr Röwekamp sollte auch mit seinem Kollegen Herrn Hinners sprechen. In der Deputation für Inneres am 8. Februar dieses Jahres wurde mit der Vorlage 19/181 ein Konzeptentwurf mit dem Titel: „Rahmenkonzept zur Deradikalisierung und Extremismusprävention mit Schwerpunkt Islamismus/Salafismus im Land Bremen“ als ressortübergreifendes Konzept vorgestellt. Zur Ausgestaltung und Konzeptentwicklung wurde aus der Lenkungsgruppe Schule-Polizei-Jugendliche-Justiz-Senatskanzlei, kurz LG Schule, heraus die Arbeitsgruppe unter Federführung des Innenressorts gebildet. Es wurde also ein aktueller Stand des Konzeptentwurfes vorgestellt, den wir auch in der Innendeputation diskutiert haben, wie gesagt, am 8. Februar. Hat die Fraktion der CDU dies nicht zur Kenntnis genommen?
Vorher, zwei Wochen vorher, das habe ich auch deutlich gemacht. Das Land Bremen hat seine Handlungsstrategie der Deradikalisierung klar definiert. Die Ansätze, die dabei gewählt werden, liegen in Aufklärungskampagnen, Bildungsarbeit und Maßnahmen des Jugendschutzes, die auf größere Personengruppen abzielen.
Auch in der auf Deradikalisierung fokussierten Präventionsarbeit auf Ebene der Länder nehmen Innenministerien, Polizei und Verfassungsschutzbehörden eine zentrale Rolle ein. Bremen finanziert seit 2015 die Beratungsstelle Legato Bremen KuBiBe, KulturBildungBeratung, die vor allem auf die
Stabilisierung des familiären Umfeldes radikalisierungsgefährdeter Personen setzt. In Bremen, das bereits 2012 mit der Präventionsarbeit begonnen hat, setzt man stärker auf die klassische Form der Jugendsozialarbeit. Von dort wird das Beratungsnetz kitab finanziert, dessen Träger VPN, Violence Prevention Network e. V., Erfahrungen in der aufsuchenden Sozialarbeit, Streetwork hat, Anonymität und Freiwilligkeit betont und ebenfalls zu den Kooperationspartnern in Bremen gehört.
An dieser Stelle ist die Arbeit des Service-Büros bedeutsam. Ziel des Workshops ist es, den Jugendlichen in Projektarbeit und spielerischen Methoden eine kritische Informationskompetenz zu vermitteln und sie auch durch praktische Hilfestellungen in ihrem Medien-Handeln und ihrer Reflexionsfähigkeit zu stärken.
Zum Thema Schule und Deradikalisierung! Das ist in der Tat ganz wichtig. Man muss wissen, dass das Familienministerium gerade das Präventionsprogramm in Schulen ausbaut. Im Rahmen des Vorhabens Jugendsozialarbeit in Schulen mit dem Schwerpunkt Deradikalisierung werden oder wurden zum 1. Mai beziehungsweise zum 1. Juni 2018 in Bremen teilweise sechs Stellen und in Bremerhaven zwei Stellen unter Koordination des Jugendmigrationsdienstes der AWO-Bremen geschaffen und besetzt.
Ich komme zum Schluss! In der letzten Woche habe ich mich mit diesen Kollegen getroffen und sie kennengelernt. Das muss man zur Kenntnis nehmen, Frau Vogt, die gibt es. Diese acht Personen arbeiten in Schulen und leisten gerade zu diesem Thema ihre Arbeit.
Ich finde, es ist nicht sinnvoll, alle zwei Monate neue Konzepte zu entwickeln. Ich plädiere dafür, dass wir das vorhandene Konzept, das aus meiner Sicht gelungen und sinnvoll ist, umsetzen. Aus den von mir genannten Gründen lehnt die Fraktion der SPD den Antrag der Fraktion der CDU ab. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Prävention und Deradikalisierung in Bremen neu konzipieren! Ein Thema, nicht von der Neukonzeption, sondern vom Inhalt her, das uns seit Jahren beschäftigt in allen möglichen Facetten, Anschläge des Terrorismus in Europa, Extremismus, religiös motivierte Gewalttaten mit vielen Todesopfern und vielen Verletzten. Ein ernstes Thema, dessen sich der Staat annehmen muss, und er muss hier entschieden handeln zum Schutz seiner Bürgerinnen und Bürger, im Hinblick auf die Verfolgung von Straftaten, aber insbesondere zur Resozialisierung und zur Prävention. Dieses verstärkt deshalb, weil wir es zurzeit auch mit Rückkehrbewegungen durch die Auflösung des IS zu tun haben.
Wer eine Neukonzeption fordert, müsste allerdings auch sagen, wie es bisher aussieht und wie er sich eine Neukonzeption vorstellt. In der Vergangenheit ist keineswegs nichts getan worden. Wir haben ein Kompetenzzentrum auf den Weg gebracht, der Verfassungsschutz ist eingebunden, wir haben zivilgesellschaftliche Einrichtungen, die sich um die Themen beschäftigen, kitab wurde genannt.
Es kommt darauf an, dass Elternhäuser, Schulen und Ausbildungsstätten mit in die Präventionsarbeit eingebunden werden, dass dort die demokratische Werterziehung vermittelt wird, und Personen, die gefährdet sind, von sich aus oder aber auch durch eine Kultur des Hinschauens die Möglichkeit haben, entsprechende Einrichtungen in Anspruch zu nehmen.
Diese Einrichtungen müssen finanziell und personell befriedigend oder gut ausgestattet sein. Das ist ein Konzept, und darauf kommt es an, hier ein richtiges Netzwerk zu schaffen und vorzuhalten.
Wir unterstützen diesen Antrag trotz dieser Bedenken, die wir zum Ausdruck gebracht haben, nicht unbedingt im Sinne eines neuen Konzeptes, sondern wir müssen das, was wir haben, erst einmal evaluieren. Wir müssen wissen, welche Einrichtungen existieren, wie werden die finanziell ausgestattet, und wie sind sie personell ausgestattet. Das Wichtigste ist zu wissen, wie viele Personen sich diesen Einrichtungen zugewandt haben, wie viele Personen über die Einrichtungen in der Präventionsarbeit auf den Boden demokratischer Erziehung zurückgekehrt sind und wie viele Personen gar nicht erst in die Betreuung aufgenommen werden
konnten, weil es an ausreichenden personellen Kapazitäten oder auch an genügenden finanziellen Ausstattungen mangelte. In diese Richtung unterstützen wir diesen Antrag. Wir erwarten einen Zwischenbericht, aus dem man womöglich weitere Schritte ableiten kann. Es kommt darauf an, die Menschen, die Betroffenen zu erreichen und nicht nur über Strukturen zu diskutieren. Nur dann kann es uns gelingen, Menschen für unsere demokratischen Werte zu gewinnen und aus einem falschen Weg der Radikalisierung in die Gesellschaft zurückzuholen. – Danke schön!
Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Der zunehmende religiöse Extremismus stellt unsere Gesellschaft vor große Herausforderungen, stellt auch eine Bedrohung unseres Gemeinwesens dar. Wenn man dieser Entwicklung nicht entgegentritt, die Entwicklung nicht ernst nimmt oder sie allein den Sicherheitsbehörden überlässt, begeht man aus unserer Sicht einen schweren Fehler. Deswegen ist es gut und wichtig, sich die in Bremen bestehenden Programme anzuschauen, zu hinterfragen, und zwar nicht unter dem Aspekt des Misstrauens, sondern unter dem Aspekt der Hilfestellung, der ausreichenden Ressourcen und der Erreichung aller Zielgruppen. Genau das haben wir getan.