Protocol of the Session on April 26, 2018

Dazu

Änderungsantrag der Fraktionen der SPD und Bündnis 90/Die Grünen vom 24. April 2018 (Drucksache 19/1643)

sowie

Bremisches Ausführungsgesetz zur EU-Datenschutz-Grundverordnung (BremDSGVOAG) Mitteilung des Senats vom 30. Januar 2018 (Drucksache 19/1501) 1. Lesung 2. Lesung

und

Bremisches Ausführungsgesetz zur EU-Datenschutz-Grundverordnung (BremDSGVOAG) Bericht und Antrag des Ausschusses für Wissenschaft, Medien, Datenschutz und Informationsfreiheit vom 23. April 2018 (Drucksache 19/1630)

Die Bürgerschaft (Landtag) hat bei dem Bremischen Ausführungsgesetz zur EU-DatenschutzGrundverordnung die erste Lesung unterbrochen und den Gesetzesantrag in ihrer 57. Sitzung am 21. Februar 2018 zur Beratung und Berichterstattung an den Ausschuss für Wissenschaft, Medien, Datenschutz und Informationsfreiheit überwiesen.

Der Ausschuss für Wissenschaft, Medien, Datenschutz und Informationsfreiheit legt mit der Drucksache 19/1630 seinen Bericht und Antrag vor.

Dazu als Vertreter des Senats Staatsrat Strehl.

Wir kommen zur ersten Lesung.

Die gemeinsame Beratung ist eröffnet.

Das Wort als Berichterstatterin hat die Abgeordnete Frau Grobien.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Am 25. Mai 2016 trat die Verordnung 679/2016 des Europäischen Parlaments und Europäischen Rates zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten und zum freien Datenverkehr, kurz Europäische Datenschutz-Grundverordnung, in Kraft.

In genau einem Monat von heute ab, nämlich am 25. Mai, endet die Übergangszeit, sodass sie einen unmittelbaren Anwendungsvorrang erhält. Aufgrund der zahlreichen Regelungsoptionen und Regelungsaufträge ergeben sich in den Mitgliedsstaaten unterschiedliche Handlungs-, Abstimmungs- und Anpassungsbedarfe, die natürlich auch das jeweilige deutsche Landesrecht betreffen. Der Senat hat dementsprechend den Entwurf des Bremischen Ausführungsgesetzes zur Datenschutz-Grundverordnung vorgelegt. Als Vorsitzende des Ausschusses für Wissenschaft, Medien, Datenschutz und Informationsfreiheit möchte ich kurz unsere Beratungen darstellen. Für eine Bewertung aus der Sicht der Fraktion melde ich mich nachher noch einmal zu Wort.

Die Bremische Bürgerschaft hat den Gesetzesentwurf am 21. Februar dieses Jahres in erster Lesung beraten und an den Wissenschaftsausschuss überwiesen. Am 11. April dieses Jahres beriet der Ausschuss in einer öffentlichen Anhörung, zu der die Handelskammer, die Bremische Evangelische Kirche und die Katholische Kirche bereits im Vorfeld Stellungnahmen eingereicht hatten. Für diese Anregung auch an dieser Stelle noch einmal ganz herzlichen Dank.

Die Beratungen verliefen sehr konstruktiv und effizient. Sie fanden unter fachmännischer Beratung des zuständigen Staatsrats Strehl und der Landesdatenschutzbeauftragten Frau Dr. Sommer statt. Wenn auch nicht alle Bedenken im Einzelnen ausgeräumt werden konnten, so teilte der Ausschuss diese in letzter Konsequenz nicht. Ich verweise hier auf den schriftlichen Bericht, der Ihnen vorliegt, ich möchte aber auch auf jeden Fall noch einmal klar machen – und das war auch franktionsübergreifender Konsens –, dass etwaige Mängel in der Ausübung und in der Praxis natürlich auch weiterhin korrigiert werden können und dass auch der Austausch über die Datenschutz-Grundverordnung mit dem heutigen Beschluss natürlich nicht beendet sein wird.

(Beifall SPD)

Ich will deswegen Frau Dr. Sommer, ihrem Team, den beteiligten Behörden und allen Kolleginnen und Kollegen für die gute Beratung dieses sicherlich nicht immer einfachen Themas – bei mir heißt es immer Feinschmeckerthema – herzlich danken.

(Beifall SPD, CDU, FDP)

Dies gilt ebenso für die mitberatenden Ausschüsse und Deputationen, in denen die Beratungen – soweit es mir berichtet worden ist – ebenfalls von Sachlichkeit und gutem Willen geprägt waren.

Der Ausschuss kommt zu der Beschlussempfehlung, dass die Bürgerschaft das Bremische Ausführungsgesetz zur EU-Datenschutz-Grundverordnung in erster und zweiter Lesung beschließen möge. – Vielen Dank!

(Beifall SPD, CDU)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Herr Mustafa Öztürk.

Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich danke der Ausschussvorsitzenden Frau Grobien für die Ausführungen für den Ausschuss. Meine Fraktion schließt sich den Ausführungen an.

Die EU-Datenschutz-Grundverordnung ist zukünftig das einheitliche starke Datenschutzgesetz für alle 500 Millionen Bürgerinnen und Bürger in der Europäischen Union. Sie schafft Transparenz und gibt den Verbraucherinnen und Verbrauchern auf dem gesamten Binnenmarkt durchsetzbare Rechte. Sie sorgt für faire Wettbewerbsbedingungen sowie für Rechtssicherheit für die Unternehmen. Die Verordnung löst den Flickenteppich vorheriger Regelungen in den 28 Mitgliedstaaten auf. Sie gilt mit Ausnahme der Sicherheitsbehörden für alle Unternehmen und Behörden.

Für den Bereich der Strafverfolgung wurde parallel eine Datenschutzrichtlinie verhandelt und ebenfalls fast einstimmig angenommen.

Meine Damen und Herren, die DatenschutzGrundverordnung ist auch ein historisch europäischer Erfolg – auch ein grüner Erfolg, das möchte ich an dieser Stelle noch einmal anmerken –, weil sich die EU-Länder endgültig auf einheitliche Standards geeinigt haben. Alle Bürgerinnen und Bürger haben damit weitgehende Informationsrechte über den Umgang mit ihren Daten. Der Datenmissbrauch kann und wird in Zukunft extrem teuer werden. Er wird rechtliche Konsequenzen haben, und das finden wir besonders wichtig.

(Beifall Bündnis 90/Die Grünen)

Bis zum 25. Mai 2018 müssen alle Landesgesetze an die EU-Datenschutz-Grundverordnung angepasst werden. Bisher waren die allgemeinen Anforderungen an die Verarbeitung personenbezogener Daten durch öffentliche Stellen im Lande Bremen im Bremischen Datenschutzgesetz geregelt. Dieses Gesetz wird zukünftig durch das Ausführungsgesetz ersetzt. Durch die Anpassung an die Datenschutz-Grundverordnung wird das Bremische Datenschutzgesetz transparenter, es wird schlanker, und es wird verständlicher und rechtssicherer für alle Beteiligten.

Viele Standards sind in der Datenschutz-Grundverordnung geregelt. Das Ausführungsgesetz für das Land Bremen wird verständlicher. Es enthält jetzt weniger Paragrafen als zuvor. Ein einheitlicher Rechtsrahmen ist somit für alle öffentlichen Stellen

geschaffen. Die Datenschutz-Grundverordnung bildet auch einen einheitlichen Rechtsrahmen für die Wirtschaft, für Vereine, für Krankenkassen, für Unis,

(Abgeordnete Dr. Müller [Bündnis 90/Die Grünen]: Für Parteien!)

für Hochschulen und für alle Orte, an denen personenbezogene Daten in Bremen verarbeitet werden.

Für den nicht öffentlichen Bereich gelten die Datenschutz-Grundverordnung und das ebenfalls novellierte Bundesdatenschutzgesetz. Dieser Dreiklang, meine Damen und Herren, stärkt die Bürgerrechte aller Menschen in Europa. Im Lande Bremen hingegen gibt es keine Abstriche bei den Bürgerrechten und dem bremischen Datenschutz, genau das Gegenteil ist der Fall, wir stärken sogar die Auskunftsrechte der Bürgerinnen und Bürger im Lande Bremen.

Die Auskunftsrechte werden in Zukunft noch umfangreicher, und die Informationspflichten öffentlicher Stelle werden noch weiter ausgebaut und werden transparenter. Dort, wo Auskunftspflichten und Informationspflichten wie bisher eingeschränkt bleiben, zum Beispiel bei der Verfolgung von Straftaten oder Ordnungswidrigkeiten, um ihre Verfolgung nicht zu gefährden, bestehen für die Verwaltung auch ausführliche Dokumentationspflichten und auch das Absehen von einer Unterrichtung. Letztendlich müssen die Betroffenen also über die Datenverarbeitung informiert werden, und genau das ist der bürgerrechtskonforme Weg, meine Damen und Herren.

Eine abschließende Bemerkung! Diese proaktive transparente Informationspflicht des Staates ist nicht nur gut für die Bürgerinnen und Bürger, sondern sie stärkt die Demokratie, sie stärkt das Vertrauen in den Rechtsstaat. Ich glaube, gerade in dem Bereich, in dem viele Daten verarbeitet werden, wir sind alle online, Parteien und Fraktionen, Sportvereine, und es hört nicht auf, ist Europa etwas Gutes gelungen. Ich glaube, mit diesem Gesetz ist es uns gelungen, entsprechend handlungsfähig zu werden.

Natürlich wird die Umsetzung der DatenschutzGrundverordnung auch eine Herausforderung für alle Beteiligten werden. Links von mir sitzt die Datenschutzbeauftragte. Für die Datenschutzbeauftragte wird es eine enorme Herausforderung, mit allen Beschwerden umzugehen, aber auch mit der Umsetzung des Gesetzes und dem Ahnden. Das ist

die eine Seite. Die andere Seite sind die nicht staatlichen Einrichtungen wie Sportvereine, Kulturvereine und so weiter.

Sie bekommen nicht nur die Rüge der Datenschutzbeauftragten mit einem blauen Brief auf den Tisch, sondern auch die Rechnung.

Wir haben, glaube ich, mit der Datenschutzbeauftragten und ihrer Behörde eine sehr kompetente Einrichtung, die auch als Ansprechpartner beratend fungieren kann.

(Abgeordneter Strohmann [CDU]: Das macht sie doch gar nicht!)

An dieser Stelle kann ich mir eine Sache nicht verkneifen: Ich glaube fest daran, dass die Datenschutz-Grundverordnung so weitgehende Konsequenzen haben wird, dass wir in Zukunft gemeinsam darüber nachdenken müssen, wie wir die Datenschutzbeauftragte und ihre Behörde aufstellen wollen. Wir müssen natürlich ganz genau hinschauen, welche Aufgaben zusätzlich wahrgenommen werden müssen.

Ich glaube nicht, dass die Organisationseinheit in der jetzigen Form mit den Aufgaben, die zusätzlich wahrgenommen werden müssen, überhaupt arbeitsfähig bleiben wird. Ich bin aber sehr zuversichtlich. – Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit!

(Beifall Bündnis 90/Die Grünen)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Herr Hamann.

Herr Präsident, meine lieben Kolleginnen und Kollegen, liebe Gäste! Frau Grobien sprach eben von einem Feinschmeckerthema, ich vergleiche den Datenschutz immer mit einer Milz. Jeder weiß, sie ist vorhanden, aber keiner weiß, was sie macht. Wenn es allerdings mit ihr ein Problem gibt, dann kann es ernst werden.

Aus welchen Gründen ist der Datenschutz erforderlich? Auf diese Frage gibt es meines Erachtens zwei Antworten. Erstens, es geht nicht um Daten, sondern es geht um Menschen. Es geht um den Schutz von Menschen. Das ist ein Ziel des Datenschutzes. Die Datenschutz-Grundverordnung hat ein weiteres Ziel, nämlich den Datenverkehr im europäischen Raum für 500 Millionen Menschen zu regeln.

Es ist im Zeitalter der Globalisierung und des internationalen Handels eine schöne Sache, dass wir ein einheitliches Niveau in Europa haben. Man kann sich jetzt noch darüber streiten, ob das deutsche Niveau besser oder schlechter gewesen ist, das ist aber egal. Wir haben jetzt ein Schutzniveau, und das ist, glaube ich, erst einmal ein Erfolg.

Ich will noch einmal kurz auf die Historie eingehen. Zu dem Erfolg gehört aber auch, dass es in der Vergangenheit im Zuge der jahrelangen Verhandlungen massiven Einfluss auf diese Verordnung gegeben hat, und zwar von Lobbyisten und von internationalen Firmen, aber auch bestimmte Länder sind unangenehm aufgefallen. Die Bundesregierung hat versucht, Regelungen zu durchlöchern. Allerdings ist es jetzt gut, dass diese Verordnung in Kraft getreten ist.

Ich bin teilweise überrascht, wenn einige sagen: Die Datenschutz-Grundverordnung kommt jetzt, das wusste ich gar nicht. Man kann Brüssel zwar viel vorwerfen, aber aus Brüssel kommt nie etwas überraschend. Das heißt, der Vorlauf umfasste einen Zeitraum von fünf oder sechs Jahren, bis es zur Verabschiedung der Datenschutz-Grundverordnung gekommen ist.

Ich möchte auf ein paar Punkte eingehen, die ich sehr spannend finde. Vorhin ist das Thema Bußgeld angesprochen worden, und wir haben festgestellt, dass Bußgelder dazu führen können, dass sich das Verhalten ändert. Die bisherigen Bußgelder, die durch die Aufsichtsbehörden verhängt worden sind, sind nicht nennenswert. Lassen Sie mich ein Beispiel vortragen.