Protocol of the Session on April 25, 2018

(Beifall Bündnis 90/Die Grünen)

Da hätten auch einige mehr zustimmen können!

Was noch zu tun ist, zeigt der Bericht ebenfalls auf, von der Situation in den Kitas bis zu den Altenheimen haben wir noch ordentlich nachzusteuern, um tatsächlich Strukturen zu schaffen, in denen sich LGBTIQ-Kinder, -Erwachsene und auch -Alte bewegen können. Mit dem Blick darauf, wohin ich mich bewege, möchte ich betonen, ein Altenheim für lesbische Frauen und auch für schwule Männer wäre in dieser Stadt dringend notwendig. Wenn man sein ganzes Leben so organisiert hat, dass man nicht heterosexuell lebt, möchte man das eigentlich auch im Alter nicht mehr anders organisieren müssen. Wir haben also noch ordentlich zu tun, das haben wir aber auch alle erkannt, und deswegen sind wir uns da auch einig und arbeiten daran gemeinsam mit dem Rat & Tat Zentrum und anderen Interessensverbänden weiter.

Schließlich haben wir die Situation heute genutzt, um Rechte von Trans- und Interpersonen noch einmal in den Fokus zu rücken. Gemessen daran, was wir aus Danzig gehört haben, und daran, wie sich auch die Situation in Deutschland in vielen anderen Kommunen rasant ändert, was die Akzeptanz gegenüber Queer- Communities angeht, schließen wir uns den Berlinern an und wünschen uns, dass wir die Rechte von Trans- und Interpersonen und von Personen, die über eine andere als eine heterosexuelle geschlechtliche Identität verfügen, absichern wollen und nicht einfach nur davon ausgehen, dass die Rechte aus Artikel 3 Absatz 3 Grundgesetz abgeleitet werden.

Wir fühlen uns wohler, wenn wir diese Rechte auch noch einmal als Verfassungsrang im Grundgesetz verankern, damit wir eben nicht bei sich ändernden gesellschaftlichen Situationen, wie wir sie in Nachbarländern und auch hier beobachten müssen, in Situationen geraten, in denen Minderheitenrechte ausgehöhlt werden. In dem Sinne bitte ich um Ihre Unterstützung für diesen Antrag! – Vielen Dank!

(Beifall Bündnis 90/Die Grünen)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Dr. Buhlert.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Gesellschaftliche und politische Akzeptanz der vielfältigen geschlechtlichen und sexuellen Identitäten ist noch lange keine Selbstverständlichkeit. Deswegen ist es auch ein Thema, über das wir diskutieren müssen, weil wir gerade sehen, dass sich auch in unserer Gesellschaft manche Errungenschaft wieder umzukehren droht. Wir haben nicht nur einen zugewanderten Antisemitismus, wir haben auch eine zugewanderte Homophobie in Deutschland. Beides müssen wir beklagen, und beides gilt es, als Thema anzunehmen.

(Beifall FDP)

Wichtig ist, dass wir uns an der Stelle klar bekennen, dass wir hier diese Themen aufnehmen und uns auch ganz klar positionieren, dass wir für die Gleichheit aller Menschen stehen und das, was wir unter Gleichheit verstehen, auch definieren.

Wer in seiner Lebensweise vom traditionellen Bild der homosexuellen Geschlechter Mann und Frau abweicht, sieht sich häufig der Ausgrenzung, Benachteiligung oder sogar Gewalt gegenüber – –.

(Abgeordneter Bensch [CDU]: Versprecher!) )

Ich werde das korrigieren, es wird am Ende richtig sein!

Wer in seiner Lebensweise vom traditionellen Bild der heterosexuellen Geschlechter Mann und Frau abweicht, sieht sich häufig der Ausgrenzung, Benachteiligung oder sogar Gewalt gegenüber. In einigen Ländern steht die Homosexualität nach wie vor unter Todesstrafe. Insofern ist das etwas, womit wir auch Signalwirkung erzielen und deutlich machen, wie wir dazu stehen. Auch wenn wir selbst gern und glücklich heterosexuell leben, wie ich es

tue, heißt das doch nicht, dass wir das als Modell für alle sehen müssen, sondern es heißt, dass wir so unsere positive Situation für unser Leben gefunden haben, aber eben nicht jeder sie finden muss. Selbstbestimmung heißt für uns Liberale, so leben zu können, wie man ist.

(Beifall FDP)

Das heißt für mich, dass es in allen Lebensbereichen so ist, und insofern ist es auch richtig zu überlegen, wie man es im Alter leben kann. Ob es aber einzelne Altenheime sind, wo nur gewisse Leute leben, daran habe ich meine Zweifel. Sie mögen gern eine Wohngruppe bilden, das ist Ihnen unbenommen.

(Abgeordnete Dr. Müller [Bündnis 90/Die Grünen]: Das wäre ja auch schon einmal etwas!)

Das wäre auch etwas, aber ansonsten, denke ich, muss es doch das Ziel sein, dass alle Menschen zusammen leben können, egal an welchen Orten, und dass es dann vielleicht auch im Altenheim so erfolgen kann und entsprechend geschlechtersensibel wie auch kultursensibel gepflegt wird. Deswegen setzen wir uns dafür ein, dass jeder, egal ob homo, hetero-, bi-, inter-, transsexuell, Transgender oder anderswie eingestellt ist, seinen Lebensentwurf realisieren kann, solange er die Rechte und die Freiheit anderer damit nicht einschränkt. Deswegen sprechen wir uns auch gegen jedwede Diskriminierung aufgrund von geschlechtlicher oder sexueller Identität aus

(Beifall FDP)

Wir setzen uns auch dafür ein, dass das Ganze Thema wird, nicht nur im Sinne davon, nur zu demonstrieren. Es ist löblich, und wir finden es gut, dass es wieder einen CSD in Bremen gibt, aber das ist eine sehr extrovertierte Ausdrucksform. Natürlich gibt es auch Menschen, die ihre Homosexualität oder ihre Sexualität nicht so extrem leben und auch damit ein Vorbild dafür sind, wie man leben kann. Auch das muss man sehen, und auch das muss man entsprechend einkalkulieren und unterstützen, weil es eben darum geht, so etwas als Normalität in der Gesellschaft zu haben, weil es um das Zusammenleben aller Menschen geht.

Kommen wir zu dem Antrag, das Grundgesetz zu ändern! Wir haben in der Fraktion darüber lange diskutiert, weil das für uns eine Frage ist, nämlich die Frage, was im Grundgesetz geändert werden muss oder nicht. Da gibt es bei den Liberalen eine

lange Tradition, die gesagt, wir wollen keinen Warenhauskatalog haben, sondern wir wollen ausgewählte Dinge haben. Deswegen gibt es, ich nenne sie einmal so, diese Verfassungspuristen, die sich in unserer Fraktion dem Antrag nicht anschließen werden, aber es gibt auch Leute wie mich in unserer Fraktion, die diesen Antrag unterstützen werden. Wir werden also unterschiedlich abstimmen.

Mich bewegt dabei, dass wir an einigen Stellen besondere Signale setzen, und wir müssen uns überlegen, welche Signale wir senden. Wir können diesen Katalog nicht unendlich groß machen, aber für mich ist ein starkes Argument, dass die Angst besteht, dass der Artikel 2 mit dem Sittengesetz wieder herangezogen wird. Wenn einfachgesetzlich definiert wird, was gute Sitten sind, mag ich mir nicht vorstellen, wie es ist, wenn die Falschen an der Macht sind. Deswegen ist hier das Bollwerk einer Verfassungsänderung wichtig, um zu sagen, wie wir es verstehen, und auch eine Interpretation zu liefern. Die Zeit zurückdrehen kann man. Vor dem Paragrafen 175 hat auch der Gleichheitsgrundsatz nicht geschützt, weil damals ein anderes Gesellschafts- und Sittenverständnis herrschte. Deswegen gibt es Menschen in unserer Fraktion, die diesem Antrag gern zustimmen werden. – Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

(Beifall FDP)

Als nächste Rednerin hat das Wort Frau Leonidakis.

Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Bei dem Thema der Gleichstellung und vor allem auch der Sichtbarkeit von Lesben, Schwulen, bi-, trans- und intersexuellen Menschen in Bremen ist viel in Bewegung, und das ist auch gut so!

Wir hatten im letzten Jahr im August die erste CSDParade nach 23 Jahren, eine große, sehr positive und friedliche Demonstration. Eine bunte Demonstration, bei der sich viele Menschen aus Bremen, aber auch aus der Umgebung oder aus Nachbarstädten mit Lesben, Schwulen, bi-, trans- und intersexuellen Menschen solidarisiert oder selbst ihre Sichtbarkeit auf die Straßen Bremens getragen haben. Das war ein sehr positiver Moment für diese Stadt.

Gleichzeitig gibt es aber auch Rückwärtsbewegungen in Europa. Die Kollegin Dr. Henrike Müller hat es erwähnt, Danzig in Polen ist ein Beispiel. Es gibt viele weitere Beispiele in europäischen Ländern,

dass CSD-Paraden angegriffen werden, queerpolitische Veranstaltungen angegriffen werden, Menschen, die nicht heteronormativ leben, angegriffen werden, bis hin zu existenzieller Bedrohung.

Die Veranstaltung am letzten Freitag hat sehr plastisch dargestellt, was das bedeuten kann. Die Freundinnen und Freunde aus Danzig haben beschrieben, wie ihre Veranstaltungen von rechten Mobs angegriffen werden, wie sie mit Steinen beworfen werden und wie auch teilweise die Polizei tatenlos zuschaut, wie sich Regierungsmitglieder oder Mitglieder der Regierungspartei ihnen in den Weg setzen und ihre legalen und berechtigten Demonstrationen zu verhindern versuchen. Das ist dramatisch, und ich finde es sehr, sehr positiv dass sich der Bremer CSD-Verein zusammen mit dem Verein Tolerado aus Danzig dafür eingesetzt hat, das hier solidarische Netzwerke geknüpft werden und die Städtepartnerschaft um dieses wichtige, relevante Thema erweitert wird, um gerade auch praktische Solidarität gegenüber denjenigen auszuüben, die ganz existenziell bedroht und angegriffen werden.

(Beifall DIE LINKE)

Es gibt eine Delegation aus Bremen, die am 25. Mai nach Danzig fährt. Ich würde es begrüßen, wenn einige aus diesem Haus, aber natürlich auch von außerhalb dieses Hauses, mitfahren könnten. Wir werden die Freundinnen und Freunde in Bremen auch wieder im August begrüßen dürfen. Ich freue mich auf diese immer enger werdende Kooperation, auf den Austausch und auf die praktische Solidarität.

(Beifall DIE LINKE)

Man muss sagen, auch hier in Bremen ist es nicht so, dass es keine Homo-, Trans- oder Interfeindlichkeit gäbe. Es gibt wiederholt Angriffe auf das Rat & Tat-Zentrum. Herr Kollege Dr. Buhlert, das Bild, das sie gezeichnet haben, dass Homophobie etwas Importiertes wäre, trifft, glaube ich, nicht ganz zu. Auch hier muss man noch weiter für Akzeptanz werben.

(Abgeordneter Buhlert [FDP]: Auch importiert!)

Es ist in den letzten Jahren viel Gutes passiert, das habe ich gesagt. Nach wie vor muss man teilweise aber auch auf das Bundesverfassungsgericht setzen, wenn es die Gleichstellung angeht. Es gab das spektakuläre Urteil zum sogenannten dritten Ge

schlecht, aber gleichzeitig lässt sich auch glücklicherweise politischer Wille erkennen. Wir erinnern uns alle an die Entscheidung des Bundestags, die Ehe für alle endlich einzuführen.

Auch der Landesaktionsplan ist für uns ein Beispiel für politischen Willen, wirklich etwas zu verändern. Er enthält sinnvolle Maßnahmen, die eben auch von engagierten Institutionen, Vereinen und Personen begleitet und durchgesetzt wurden. All diesen Institutionen – ich glaube, da kann man das Rat & Tat-Zentrum und auch Transrecht und Queeraspora wirklich einmal hervorheben, die sich hier einsetzen und schon seit Jahrzehnten praktische Arbeit leisten –, gebührt der größte Dank, was das angeht, aber es war natürlich auch eine Leistung, auf diesen vielen Seiten die ganz konkreten Ziele niederzuschreiben.

Wichtige Punkte sind in dem Plan, wie Bildung, Gesundheit, Kulturteilhabe, Antidiskriminierung, jedoch müssen die Maßnahmen auch tiefgreifender werden. LGBTIQ sind nämlich noch lange nicht gleichberechtigt. Die Mitarbeitenden des Rat & Tat-Zentrums beklagen, dass die Verwendungsnachweise im Sinne des Gender-Budgetings noch immer binär in männlich und weiblich ausgestaltet sind. Ich glaube, nicht nur vor dem Hintergrund des Bundesverfassungsgerichtsurteils zum dritten Geschlecht müssten diese Kategorien erweitert werden.

Auch im Bereich Bildung und Ausbildung von Multiplikatorinnen und Multiplikatoren müsste aus unserer Sicht noch mehr passieren. Es ist zwar gut, dass es freiwillige Module zur Geschlechteridentität und Umgang mit Vielfalt für Lehrkräfte sowie Erzieherinnen und Erzieher gibt, aber unsere Fraktion fordert schon lange – und das ist aus unserer Sicht auch überfällig –, dass es ein integraler Bestandteil der Ausbildung und des Studiums gerade von Pädagoginnen und Pädagogen sein muss, denn da werden die Grundlagen gelegt.

(Beifall DIE LINKE – Glocke)

Meine Redezeit ist zu Ende.

Abschließend möchte ich sagen, wir werden dem Antrag zur Änderung des Grundgesetzes zustimmen. Wir glauben, das ist eine richtige Ergänzung beziehungsweise eine Richtigstellung, ähnlich wie bei den Kinderrechten: Man kann zwar Verfassungspuristin oder -purist sein, wie der Kollege Dr.

Buhlert es gesagt hat, aber ich glaube, eine Ergänzung ist an dieser Stelle nicht schädlich, sondern nützlich. – Danke schön!

(Beifall DIE LINKE)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Tassis.

Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kollegen des Hohen Hauses! Der Bericht zur Umsetzung des Aktionsplans gegen Homo-, Trans- und Interphobie hat mindestens vier Ebenen.

Die erste positive Ebene ist, dass sicher viel Richtiges darin steht, die Selbstbestimmung der Intersexuellen, das Transsexuellengesetz, kann fraglos verbessert werden. Die zweite Ebene ist so ein allgemeines salbungsvolles Gerede, dass man auf der Seite der Regenbogenmenschen stehe. Auch das ist erträglich.

Dieser Aktionsplan hat seine gefährlichen Seiten, wenn Leute mit sehr fragwürdigen Bildungsmitteln Kindergärten oder Grundschulen aufsuchen sollten. Dazu haben wir, die AfD, eine klare Meinung, die ich teile: Das gehört da nicht hinein!

Vor allem aber hat dieser Aktionsplan eine vierte Ebene, nämlich das, was nicht darin steht. Zum einen haben Sie – das liegt vielleicht am allzu sehr rot-grün aufgefassten Thema – auch andere Identitätsangebote, die gewissermaßen nicht links-rotgrün verankerte Menschen Homosexuellen anbieten, natürlich nicht darin. Das kann man politisch entschuldigen, aber das wirklich Fatale ist, das Wort „Islam“ im Aktionsplan nicht einmal zu erwähnen und die Gefährdung, die wir auch hier in Bremen haben, nicht aufzuarbeiten. Das besagt eben schon wieder sehr, sehr Vieles.