Protocol of the Session on March 15, 2018

Ich finde auch! Auch die Lew-Kopelew-Sammlungen, die es im Osteuropainstitut gibt, all das sind Belege dafür, dass wir in Bremen seit vielen, vielen Jahren sehr aufgeschlossen und sehr hilfreich sind, gerade für geflüchtete Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern. Dafür, muss ich sagen, sollten wir den Hochschulen im Lande Bremen ausdrücklich dankbar sein!

(Beifall SPD, Bündnis 90/Die Grünen, FDP)

In der konkreten Situation hat sich die Universität Bremen auch in Kooperation mit meinem Hause sehr schnell bereit erklärt, sich auch bei den Philipp Schwartz-Stipendien zu engagieren. Sie hat Anträge gestellt, und man muss noch einmal hervorheben, inzwischen sind acht Stipendiaten an der Universität Bremen tätig. Es gibt keine andere Universität in Deutschland, die so viele Stipendiaten hat und so viele Arbeits- und Forschungsmöglichkeiten für geflüchtete türkische Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler organisiert hat. Auch das, finde ich jedenfalls, ist ein sehr guter Beleg für die Arbeit, die die Universität, aber auch die anderen Hochschulen im Lande Bremen leisten.

(Beifall SPD, Bündnis 90/Die Grünen)

Der Senatorin ist es ein ganz besonderes Anliegen, jetzt nicht nur darauf angewiesen zu sein, dass wir auf Philipp Schwartz-Stipendien zurückgreifen können, sondern auch wir vom Ressort werden ein eigenes Stipendienprogramm auflegen, in dem wir genau für geflüchtete Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern auch jenseits der Türkei hier in Bremen Arbeitsmöglichkeiten schaffen. Ich glaube, das ist auch ein Beleg dafür, wie ernst wir dieses Thema nehmen und wie offen wir dieses Thema letztlich auch bearbeiten.

(Beifall SPD, Bündnis 90/Die Grünen)

Ich habe verstanden, vielleicht mit Ausnahme von Herrn Tassis wird es eine breite Mehrheit für diesen Antrag hier im Hause geben. Lassen Sie uns gemeinsam wachsam sein und immer wieder auch darüber diskutieren, wenn wir den Eindruck haben, dass in einzelnen Ländern die Wissenschaftsfreiheit nicht gewährt wird. Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler werden es uns jedenfalls danken! – Vielen Dank!

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Die Beratung ist geschlossen.

Wir kommen zur Abstimmung.

Wer dem Entschließungsantrag der Fraktionen Bündnis 90/Die Grünen und der SPD mit der Drucksachen-Nummer 19/1429 seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen!

(Dafür SPD, CDU, Bündnis 90/Die Grünen, DIE LINKE, FDP, BIW, Abgeordneter Schäfer [LKR], Abgeordnete Wendland [parteilos])

Ich bitte um die Gegenprobe!

Stimmenthaltungen?

(Abgeordneter Tassis [AfD])

Ich stelle fest, die Bürgerschaft (Landtag) stimmt dem Entschließungsantrag zu.

Ich darf noch mitteilen, dass interfraktionell vereinbart wurde, den Tagesordnungspunkt 18 heute nach dem Tagesordnungspunkt 20 aufzurufen, damit auch die Damen und Herren des Gesamtpersonalrats noch zu ihrem Recht kommen.

Situation und Entwicklungsmöglichkeiten der beruflichen Schulen im Land Bremen Große Anfrage der Fraktion der CDU vom 28. November 2017 (Drucksache 19/1418)

Dazu

Mitteilung des Senats vom 6. Februar 2018 (Drucksache 19/1514)

Dazu als Vertreter des Senats Herr Staatsrat Pietrzok.

Die Aussprache ist eröffnet.

Als erster Redner hat das Wort der Abgeordnete Dr. vom Bruch.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich bin sehr froh, dass wir heute einmal über die berufliche Ausbildung im engeren Sinne sprechen können. Neben Problemen, auf die ich noch zu sprechen komme, fehlt nämlich etwas ganz besonders, und das sind die eigentlich gebotene Aufmerksamkeit und Wertschätzung für diesen Bereich der Bildung.

In der bildungspolitischen Diskussion hört man nämlich gelegentlich: „Was soll’s? Läuft doch insgesamt!“ Stimmt sogar, könnte man meinen, zumindest auf den ersten Blick. In Wahrheit aber leben wir auf Kosten der Substanz, einer inzwischen sehr strapazierten Substanz, wie die Antwort des Senats auf unsere Große Anfrage zeigt.

In Wahrheit liegen die Probleme auf der Hand: insgesamt abnehmende Lehrerzahlen, insbesondere in Bremerhaven, Sorgen mit dem Nachwuchs, hoher Sanierungsstau in der schulischen Infrastruktur – das betrifft übrigens nicht nur die Gebäude, auch die Modernität der technischen Ausstattung ist immer wieder Anlass zur Klage –, zu hohe Quoten von nicht regulär erteiltem Unterricht, zu hohe Quoten von Abbrechern.

Meine Damen und Herren, ein Blick hinter die Kulissen offenbart, dass viele Probleme, die wir häufig im Zusammenhang mit der allgemeinbildenden Schule ansprechen, längst auch in der beruflichen Schule angekommen sind. Wenn wir nicht jetzt gegensteuern, werden wir auch da mittelfristig noch sehr viel eindringlicher und lauter hören, was bisher noch eher verhalten bei uns ankommt.

Tatsächlich hängen die Probleme der allgemeinbildenden Schulen und die sich zumindest abzeichnenden Probleme der beruflichen Schulen eng miteinander zusammen. Der Anteil des unmittelbaren Übergangs in eine berufliche Ausbildung nach dem schulischen Abschluss liegt bei 25 Prozent, der in die duale Ausbildung nur bei wenig über 10 Prozent. Viel zu häufig gibt es kritische Einschätzungen von beruflichen Schulen und Betrieben zu den Kompetenzen, die die Absolventinnen und Absolventen der allgemeinbildenden Schulen mitbringen, wir sprachen heute Mittag schon darüber. Dazu steigende Abbrecherquoten in Ausbildungsverhältnissen, wir liegen inzwischen oberhalb von 25 Prozent und erstmals auch oberhalb des Bundesschnitts!

Es war richtig, die Jugendberufsagentur zur Stärkung der Übergänge zu schaffen, aber trotzdem bleibt es dabei: Reparatur und Kompensation sind nur die zweitbeste Lösung. Wir brauchen präventiv mehr Berufsorientierung, mehr Wertschätzung für die berufliche Ausbildung in den allgemeinbildenden Schulen und Kompetenzmuster, die gezielt auf diese berufliche Bildung vorbereiten, meine Damen und Herren!

(Beifall CDU, FDP)

Dabei müssen wir nicht von Null anfangen, auch das zeigt die Antwort auf die Große Anfrage, denn die beruflichen Schulen haben viel zu bieten. Sie haben als weitgehend eigenständige Schulen viel Erfahrung mit der Steuerung von Budgets und Personal. Sie haben schon langjährige Erfahrungen im Umgang mit dem Seiteneinstieg. Sie haben zum

Teil sehr ausgefeilte Systeme der Qualitätssicherung. Sie haben offensichtlich auch sehr bewährte Strukturen der Zusammenarbeit untereinander. Sie haben aber auch auf den Grundlagen von Ausbildungsordnungen klare Ziele, und trotzdem wird nicht die Frage gestellt, wie das allgemeine Bildungssystem von diesen Strukturen profitieren kann. Ein guter Stand in diesen Bereichen ist für Sie nicht Ansporn zur Weiterentwicklung, sondern ein Grund, es links liegen zu lassen, und das ist genau die falsche Botschaft, meine Damen und Herren!

(Beifall CDU)

Fast geräuschlos haben die beruflichen Schulen übrigens darüber hinaus die Herausforderungen angenommen, die sich aus der Qualifizierung von Zugewanderten ergeben. „Nach ,ganz fest‘ kommt ,ganz lose‘“, würde man im Handwerk sagen. Sie brauchen mehr Unterstützung. Sie brauchen eine verbesserte personelle Ausstattung, fachlich, zunehmend aber auch zur pädagogischen Unterstützung einer schwieriger werdenden Schülerklientel. Sie brauchen eine Investitionsoffensive, um zum Beispiel mit Blick auf die Digitalisierung mit dem technischen Fortschritt mitzuhalten und um attraktive Berufsbilder zu erhalten. Sie brauchen all das, ja, und das ist auch alles sehr, sehr wichtig.

Noch wichtiger sind aber eine wertschätzende Diskussion und eine Vermittlung der beruflichen Ausbildung in der Gesellschaft und in den Schulen, eine Diskussion übrigens, die damit beginnt, endlich Abstand davon zu nehmen, Abitur und Studium als das allein selig machende darzustellen,

(Beifall CDU)

die Chancen der dualen Ausbildung betont und in den Schulen auch lebt, und das ist eine gesellschaftliche Kernfrage! Es geht aus wirtschaftspolitischer Sicht um nicht weniger, als jetzt den sich abzeichnenden Fachkräftemangel, zum Beispiel auch im regionalen Handwerk, aufzuhalten.

Es geht aus sozialer Sicht aber auch darum, noch mehr Menschen eine berufliche Perspektive zu eröffnen, die ein selbstverantwortliches Leben ihren Talenten und Neigungen entsprechend ermöglicht, und da ist die berufliche Bildung besonders bewährt. Soll das in der Zukunft auch so bleiben, braucht die berufliche Bildung jetzt mehr Unterstützung als bisher. – Herzlichen Dank!

(Beifall CDU)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Dr. Güldner.

Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Während ich mit vielen Dingen, die der Kollege vom Bruch vor allem dazu ausgeführt hat, was die Bedeutung der beruflichen Bildung angeht, und vielem anderen einverstanden bin, so muss ich ein Urteil, das Sie gefällt haben, doch entschieden zurückweisen! Sie haben eben gesagt, dass die berufliche Bildung links liegen gelassen würde.

(Abgeordneter Dr. vom Bruch [CDU]: Ja, das ist auch so!)

Das ist meines Erachtens überhaupt nicht der Fall, sondern ich glaube, dass bei beiden Koalitionsfraktionen, beim Senat, im zuständigen Ressort die berufliche Bildung voll im Fokus ist und Anstrengungen unternommen werden, um unsere Bildung gut zu halten, besser zu machen und weiter zu fördern. Das ist, glaube ich, auch eindeutig nachweisbar, und deswegen will ich das an dieser Stelle entschieden zurückweisen!

(Zurufe CDU)

Die duale Ausbildung – und wir haben vorhin, nach der Mittagspause, schon einmal eine Debatte gehabt, die diese Thematik auch berührt hat – ist ein extrem wichtiger Pfeiler der Ausbildung hier in Bremen. Ich teile vollständig die Einschätzung, dass der Stellenwert der beruflichen Bildung, der Stellenwert einer dualen Ausbildung gar nicht hoch genug eingeschätzt werden kann. Eine Ausrichtung auf eine reine Akademisierung quasi des gesamten Berufslebens führte dazu, dass wir nicht nur ganz viele Menschen von qualifizierter Ausbildung ausschließen würden, sondern Grundstrukturen unserer Wirtschaft – Sie haben zum Beispiel auch das Handwerk angesprochen – quasi von Fachkräften befreien würden, die sie dringend brauchen. Deswegen ist der Weg, Schülerinnen und Schüler zu orientieren, nicht nur, das Abitur zu machen oder nach dem Abitur ein Studium aufzunehmen, sondern Ausbildungsberufe zu ergreifen, meines Erachtens genau richtig.

Da ich auch sehr viel an beruflichen Schulen unterwegs bin, erreicht mich beunruhigend oft die Nachricht, dass Informationsveranstaltungen an allgemeinbildenden Schulen in der Phase, in der es darauf ankommt, wohin die Schüler orientiert wer

den, wenn sie von der Sekundarstufe I in die Sekundarstufe II übergehen, keineswegs faire Bedingungen für die beruflichen Schulen bestehen, sondern das allgemeinbildende Schulsystem bevorzugt wird, sodass sich die beruflichen Schulen sehr darüber ärgern, dass sie noch nicht einmal die faire Chance bekommen, die Schülerinnen und Schüler über die vielfältigen Angebote zu informieren, unter anderem darüber, dass man auch an einer beruflichen Schule das Abitur machen und vielfältige Ausbildungsgänge absolvieren kann. Das, finde ich, ist ein Punkt, wo wir uns deutlich auch gemeinsam für die beruflichen Schulen aussprechen können,

(Beifall Bündnis 90/Die Grünen)

denn diese faire Chance, die Schüler zu informieren, sollten sie erhalten.

(Abgeordneter Dr. vom Bruch [CDU]: Das stimmt!)

Ich möchte ein Wort zu einem Punkt sagen, der nicht angesprochen wurde, nämlich zur Budgetierung des Personalhaushalts. Ich halte das nach wie vor für ein Erfolgsmodell.