Nun gibt es hier im Plenarsaal einige, denen selbst diese kurzfristige und damit ambitionierte Umstellung auf die Beitragsfreiheit noch viel zu lange dauert. Allein ein Blick auf den Kalender sollte reichen. Wir haben März. In fünf Monaten ist August. Es reicht eben nicht aus, eine plakative Forderung in den Raum zu stellen. Es reicht nicht aus, zu sagen: „Wo ist das Problem? Das kostet doch für das restliche Jahr nur 6 bis 7 Millionen Euro, die man bestimmt irgendwoher nehmen kann.“ Nein, es geht um weit mehr als um diesen Betrag. Es ist doch völlig klar und geradezu wünschenswert, dass sich durch die Beitragsfreiheit die Zahl der benötigten Kitaplätze noch einmal erhöht. Es ist ebenso klar, dass man sich darauf nicht sozusagen bis morgen vorbereiten kann, wenn man auch die Qualität der Betreuung sicherstellen will.
Genau das ist das feste Ziel, das wir mit der Beitragsfreiheit auch verbinden. Die Qualität der Betreuung muss sichergestellt werden. Für jedes Kind muss ein Kitaplatz zur Verfügung stehen. Jetzt auf die Schnelle etwas über das Knie zu brechen, wie die CDU es fordert, ist nicht nur unseriös, sondern auch unlauter. Ich werde mich hier nicht hinstellen und die frohe Botschaft einer Ad-hoc-Beitragsfreiheit verkünden, wenn ich im Nachsatz sagen muss: „Liebe Eltern, ihr müsst zwar nichts bezahlen, aber wir haben entweder keinen Platz für euer Kind oder nur einen Platz in einer völlig überfüllten Gruppe.“
Wir wollen Eltern durch die Beitragsfreiheit entlasten. Mit einer derartigen Ad-hoc-Nummer ist ihnen aber nicht geholfen. So macht man nämlich unser richtiges und, so hoffe ich, weiterhin gemeinsames Ziel zur Farce.
Meine Damen und Herren, ich will es nicht verhehlen: Dass Niedersachsen sich ebenfalls auf den Weg gemacht und sich für diesen Weg entschieden hat, hat uns in unserer Zielsetzung zusätzlich bestärkt. Für uns ist völlig klar, dass wir gleiche Lebensverhältnisse sicherstellen müssen, gerade auch im Vergleich zum Umland. Ja, auch aus der
Überlegung heraus, dass wir junge Familien in Bremen halten oder, noch besser, zum Herziehen bewegen möchten, ist es richtig, mit Niedersachsen gleichzuziehen und auch hier beitragsfreie Kitas anzubieten. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Unser Ziel als Koalition ist es, ab August 2019 die Kitabeiträge im Land Bremen abzuschaffen.
„Vorschulische Bildung leistet einen wichtigen Beitrag zum sozialen Chancenausgleich … Es geht nicht um ein Vorziehen der Schule, sondern um das Schaffen einer anregenden Lernumgebung, in der Kinder entdecken, etwas ausprobieren, selbstständig tätig sein können … Es braucht eine langfristige Qualitätsoffensive, die den Anforderungen an kindgerechte Betreuung, vorschulische Bildung und Wertevermittlung gerecht wird. Das Leben mit Kindern darf nicht automatisch auch das Ausscheiden eines Elternteils aus dem Berufsleben erfordern.“
„Wir wollen ein beitragsfreies qualifiziertes Ganztagsbetreuungsangebot für alle Kinder vom 1. bis zum 12. Lebensjahr durchsetzen.“
Diesen Text kennt zumindest einer sehr gut, Dietmar Strehl. Er hat nämlich damals an der Erarbeitung mitgewirkt. Der Text, den ich gerade zitiert habe, stammt aus dem Grundsatzprogramm der Grünen, das schon 2002 verabschiedet wurde. Ich erwähne das, auch wenn ich mit diesem Bekenntnis, dass man doch deutlich älter geworden ist, ihm den Tag versaut habe.
Das heißt, meine Damen und Herren, ein beitragsfreier Kindergarten beziehungsweise auch die beitragsfreie Krippe ist eine urgrüne Forderung. Im politischen Alltag reichen aber nicht nur Ziele und Bekenntnisse, die man für sich formuliert hat, sondern man muss auch sehen, wie man sie realisiert bekommt. Dann hängt es, das mag man bitter finden, ganz oft an der Finanzierung.
Es nützt nichts, den Menschen immer mehr und mehr und schneller und schneller zu versprechen – das sage ich vor allen Dingen Ihnen, liebe LINKE – , ohne dass man genau erklärt, wie es finanziert werden soll. Ich bin gespannt. Zu einer verantwortungsvollen und ehrlichen Politik gehört es, genau zu beleuchten, was geht, wie man es finanzieren kann, das heißt, woher das Geld kommen soll, und was vielleicht am Ende wegfällt, weil man das Geld für die Aufhebung der Kitabeiträge heranzieht.
Ich finde es schwierig, dass in allen Bildungsdebatten – der Kindergarten gehört für uns zur frühkindlichen Bildung – der Bund sich bisher weitestgehend aus der Finanzierung herausgehalten und das Problem auf die Kommunen abgewälzt hat.
Meine Damen und Herren, die Bildung und Betreuung unserer Kinder darf nicht vom Geldbeutel der Kommune abhängig sein. Bisher war es maßgeblich so. Herr Röwekamp, Sie haben viel von Gerechtigkeit gesprochen. Ich finde es nicht gerecht, wenn reiche Kommunen die Eltern entlasten und die Kinder besser fördern können, armen Kommunen dies aber nicht in dem gleichen Umfang möglich ist.
Für uns Grüne war es schon bisher in Bremen – mit etwas begrenzteren finanziellen Mitteln – wichtig, den Kitaausbau voranzutreiben und auf die Qualitätsstandards zu achten. Das ist ein Ziel, das wir weiterhin verfolgen wollen und verfolgen müssen.
Durch die in Niedersachsen beschlossene Beitragsfreiheit ist für Bremen in der Tat eine neue Situation entstanden. Wir sind eine Zwei-Städte-Staat. Bremen und Bremerhaven sind von niedersächsischen Kommunen umringt. Oftmals ist eine Straßenseite bremisch, die andere Straßenseite schon niedersächsisch.
Natürlich ist die Kita-Beitragsfreiheit ein Standortvorteil im Ringen um junge Familien, gerade auch aus der Mittelschicht. Natürlich überlegen junge Familien, die sich gerade mit der Frage beschäftigen, ob und wenn ja, wo sie sich ein Eigenheim kaufen beziehungsweise leisten können, ob es nicht günstiger ist, 200 Meter von der Landesgrenze entfernt, in Niedersachsen, zu wohnen, weil dann das durch den Wegfall des Kitabeitrags eingesparte Geld für die Abzahlung des Eigenheims eingesetzt werden kann. Das kann man bewerten, wie man will, aber diese Überlegung spielt in vielen Familien eine Rolle.
In einem Punkt bin ich bei Herrn Röwekamp. Auch mich stört, dass in manchen Kommentaren, die man lesen kann, behauptet wird, die armen Familien würden den superreichen Familien quasi die Kitabeiträge finanzieren, obwohl Letztere sich doch höhere Kitabeiträge leisten könnten. Wir finden es durchaus solidarisch, dass Familien mit hohem Einkommen sich entsprechend an der Finanzierung beteiligen. Wenn nur die beiden Extreme gegeneinandergestellt werden, ergibt sich jedoch ein falsches Bild. Denn viele Familien, die Kitabeiträge leisten müssen, sind trotzdem nicht reich, sondern für diese Familien sind 300 Euro im Monat viel Geld.
Um allen Kindern die gleichen Chancen für ihren Lebensweg zu eröffnen, müssen wir natürlich auch den Kindern aus armen Familien den Besuch des Kindergartens ermöglichen. Deswegen zahlen in Bremen und Bremerhaven bereits 56 Prozent der Familien keine Kitabeiträge. Wir wollen aber auch allen anderen Kindern den Besuch der Kita ermöglichen, ohne dass die Eltern überlegen müssen, wie viel Kindergarten sie sich leisten können, und ohne dass die Mütter sich fragen müssen, ob sie überhaupt arbeiten gehen sollen, da ein Großteil ihres Lohns für den Kitabeitrag aufgewandt werden müsste. Wir wollen, dass Frauen arbeiten gehen, weil sie das am Ende auch vor Altersarmut schützt.
Die Chancen der Kinder und damit deren Zukunft dürfen nicht vom Geldbeutel der Eltern, aber auch nicht vom Geldbeutel der jeweiligen Kommune abhängen. Wenn wir das Ziel der Kitabeitragsfreiheit vorantreiben wollen, dann stellen sich aber, uns zumindest, viele Fragen: Wie viele Stunden sollen denn frei sein? Vier Stunden, sechs Stunden, acht Stunden? Wir sagen, acht Stunden wären optimal. In Hamburg sind es nur fünf Stunden. Was bedeutet Beitragsfreiheit in finanzieller Hinsicht für den Landeshaushalt? Was bedeutet Beitragsfreiheit für das Personal? Wir werden wahrscheinlich mehr Personal brauchen, kennen aber alle das Problem des Fachkräftemangels. Wie viel Personal brauchen wir? Wie teuer wird das? Was ist mit dem Mittagessen? Soll es frei sein oder weiterhin etwas kosten? Wie kann der Übergang zwischen Kita und Schule gestaltet werden? Wie kann die Integration der Kinder, die im IV. Quartal geboren worden sind, in die U-3-Betreuung organisiert werden? Wie viel Geld fließt am Ende wirklich vom Bund? Wenn die GroKo in Berlin auch die Krippen beitragsfrei stellen will, dann soll der Bund –
Meine Damen und Herren, das alles sind Fragen, die erst geklärt werden müssen, bevor wir, dann auf einer guten Datenbasis, entscheiden können, wie wir im Detail im August 2019 – wir glauben nicht, dass es schon im August 2018 realistisch ist – die Beitragsfreiheit gewährleisten können.
Wir sind uns im Ziel einig – ich bin sofort fertig! –, die Kitabeiträge abzuschaffen, die Qualitätsstandards zu halten und den Ausbau voranzutreiben. Wir finden aber, zu einer verantwortungsvollen Politik gehört es, dass wir Entscheidungen erst dann treffen, wenn wir genau wissen, wie die Finanzierung aussieht, und alle Fragen geklärt haben, die daran hängen.
Klar ist auch, das Geld, das wir in die frühkindliche Bildung stecken, ist gut investiertes Geld – in den Lebensweg der Kinder, in ihre Zukunft, in die Chancengleichheit. – Vielen Dank!
Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Seit Langem fordern die Freien Demokraten die Abschaffung des Kitabeitrags. Gestern, nach viel Ärger mit der neuen Beitragsordnung vor nicht langer Zeit, überraschte uns alle die Nachricht: „Bremen will Kita-Gebühr abschaffen“, „RotGrün folgt Niedersachsens Beispiel“, „Eltern sollen ab 2019 nicht mehr für den Kindergarten zahlen müssen“. So lauten die dicken Überschriften auf den Titelseiten von „Weser-Kurier“ und „Bremer Nachrichten“. Einen entsprechend breiten Raum nimmt die Neuigkeit auch in den Nachrichten von Radio Bremen ein. Meine Rede, die ich für diesen Tag vorbereitet hatte, ist nun überflüssig.
Unseren Antrag, zuerst das der Einschulung vorausgehende – meistens das dritte – Kindergartenjahr beitragsfrei zu stellen, kann ich gut begründen. Unsere Einstellung hierzu ist bekannt.
Wir Freien Demokraten freuen uns aber auch über den Dringlichkeitsantrag der Koalitionsfraktionen. Schon am 30. Mai soll ein Konzept vorliegen, wie zum Kitajahr 2019/2020 Beitragsfreiheit in der Ü-3Betreuung in den Kitas und der Tagespflege des Bundeslandes Bremen eingeführt werden kann. Die Finanzierung muss geklärt werden, ebenso die Sicherstellung der Qualitätsverbesserung und, vor allem, die ausreichende Personalversorgung. Die Freien Demokraten begrüßen dieses Vorhaben, das uns andere Bundesländer vorgemacht haben, ausdrücklich.
Der zu erwartende Abbau der Bürokratie wird den Kindertagesstätten nutzen. Auch wenn noch viele Fragen offen bleiben, so hoffen wir doch, dass der Zeitplan eingehalten wird.
Auch dem Antrag der CDU-Fraktion werden die Freien Demokraten zustimmen. Er konkretisiert unter Punkt 1 den täglichen Zeitraum für die Beitragsfreiheit. Wir gehen davon aus, dass hierüber zwischen den Fraktionen Konsens besteht.
Den Antrag der Fraktion DIE LINKE dagegen werden wir ablehnen. Wir glauben nicht, dass eine Übergangsregelung jetzt sachdienlich ist. Auch haben wir wiederholt dargestellt, warum es sinnvoller ist, das letzte Kindergartenjahr anstelle des ersten Jahres beitragsfrei zu stellen.
Natürlich ist es ein Unding, dass Eltern für den Hortbesuch ihres Kindes bezahlen müssen. Wir Freien Demokraten denken aber, es wäre vernünftiger, die Ganztagsschulen so schnell entsprechend auszustatten, dass die Horte vollkommen überflüssig sind.