Protocol of the Session on February 22, 2018

(Beifall CDU)

Diese soll dann, wie schon genannt, auch im Straßenverkehrsrecht Anwendung finden.

Abschließend möchte ich Ihnen noch ein Beispiel geben, was eine Legalisierung auch bedeuten kann: Vor kurzem gab es in der „FAZ“ einen Bericht - hier ist er, „Kiffen tötet“ - über zwei Männer, die beide über einen längeren Zeitraum Cannabis konsumiert haben oder dies immer noch tun. Dem einen - sein Name ist Achim - tat die Droge offensichtlich gut. Er hatte sein Leben im Griff, Erfolg im Job, trotz regelmäßiger Einnahme alles gut, könnte man meinen.

Allerdings gab es dann noch den anderen Mann, Torsten. Torsten ist das genaue Gegenteil von Achim. Ihn hat der Konsum völlig aus der Bahn geworfen. Erstkonsum, Beschaffungskriminalität,

verschiedene Suchtberatungsstellen und so weiter. Er sagt selbst, dass er Cannabis niemals hätte nehmen dürfen.

Was uns die Geschichte noch zu denken gibt: Wenn wir über eine Legalisierung debattieren, dann dürfen wir nicht nur Achim im Blick haben, also den ersten Mann. Im Gegenteil, wenn Sie die Legalisierung befürworten, dann tragen Sie die Verantwortung ebenso für Torsten! Sie haben zu verantworten, wenn es in Zukunft mehr solcher Fälle gibt. Ich persönlich und wir, die CDU-Fraktion, können und werden diese Verantwortung nicht tragen und deshalb gegen jede Initiative stimmen, die versucht, den Cannabisgebrauch zu legalisieren und damit zu verharmlosen. - Vielen Dank!

(Beifall CDU)

Als nächster Redner hat das Wort Herr Senator Mäurer.

(Unruhe Bündnis 90/Die Grünen - Abg. Frau Dr. Schaefer [Bündnis 90/Die Grünen]: Herr Präsi- dent!)

Das ist hier nicht angekommen. Sie müssen sich deutlich artikulieren und melden, dann sehen wir das auch. Möchten Sie gern vor dem Herrn Senator reden?

(Abg. Pirooznia [Bündnis 90/Die Grünen]: Wenn der Herr Senator erlaubt!)

Dann kommen Sie bitte nach vorn!

Das Wort hat der Abgeordnete Pirooznia.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Heute debattieren wir über 3 verschiedene Anträge der Opposition zum Thema Cannabis.

Zu den Anträgen der LINKEN und der FDP, welche die Entkriminalisierung von Cannabiskonsumenten ins Auge fassen, kann ich nur sagen, ich freue mich sehr, dass die LINKE und die FDP unseren Antrag, den wir mit der SPD immer noch koalitionär debattieren möchten, genutzt haben, um sich im Themenfeld moderner Drogenpolitik weiterzubilden. Sehr schön, das freut mich, weiter so!

Wir sind natürlich vertragstreu gegenüber Koalitionsvereinbarungen, und dort ist geregelt, wie sich

die Koalition in solchen Situationen verhält. In diesem heutigen Fall würden wir, die Grünen-Fraktion gern aus vollem Herzen mit einem Ja stimmen, aber im Rahmen der Regeln des Koalitionsvertrags müssen wir diese Anträge ablehnen.

Jetzt möchte ich einige Worte über den drogenpolitisch rückwärtsgewandten Antrag der CDU-Fraktion verlieren.

(Abg. Röwekamp [CDU]: Da seid ihr euch ja we- nigstens einig!)

Ich hätte mich gefreut, wenn auch Sie sich einmal mit dem Thema moderner Drogenpolitik durch Hinzunahme aktueller wissenschaftlicher Erkenntnisse auseinandergesetzt hätten. Dies scheint aber nicht Ihr Anspruch zu sein. Lassen Sie uns aber hier gemeinsam Ihre sogenannten Argumente betrachten!

„Einem drogenpolitischen Alleingang Bremens entschieden entgegentreten!“ „Bremen riskiert mit einem Alleingang den Drogentourismus!“ Oh je! Wo soll ich da bloß anfangen?

(Abg. Röwekamp [CDU]: Beim Innensenator, würde ich sagen!)

Der Bund hat im Betäubungsmittelgesetz geregelt, dass der Anbau, Erwerb und Besitz von geringen Mengen Cannabis zum Eigengebrauch strafrechtlich nicht verfolgt werden. Was genau mit geringen Mengen gemeint ist, hat der Bund aber leider ganz bewusst nicht definiert.

Wir Grünen haben im Bundestag mehrmals beantragt, hier klarere Grenzwerte festzulegen, zum Beispiel mit dem Cannabiskontrollgesetz in der letzten Wahlperiode. Dies wurde von der Bundestagsmehrheit, insbesondere von Union und SPD, immer wieder abgelehnt, also bleibt uns hier in Bremen gar nichts anderes übrig, als selbst die Grenzwerte zu definieren. Wenn CDU und SPD solche Abweichungen kritisieren, kritisieren sie ihre eigenen politischen Entscheidungen, auf bundeseinheitliche Grenzwerte zu verzichten.

Zum Thema Drogentourismus: Blödsinn! Nein, das ist völlig abwegig! Wer aus Niedersachsen, um das einmal als Beispiel zu nehmen, nach Bremen fährt, um hier 10 Gramm Cannabis zu kaufen, riskiert schließlich, auf dem Heimweg in Niedersachsen kontrolliert zu werden, wo er nicht mit einer Verfahrenseinstellung rechnen kann, da dort andere Grenzwerte gelten.

(Abg. Röwekamp [CDU]: Vielleicht raucht er ja auch hier!)

An der niedersächsischen Landesgrenze zu Nordrhein-Westfalen, das die geringeren Mengen vor einigen Jahren schon auf 10 Gramm erhöht hat, hat es ebenfalls keinen Cannabistourismus gegeben.

(Abg. Hinners [CDU]: Woher wissen Sie das?)

Zum Thema Verharmlosung der Gefahren von Cannabis: Für uns Grüne stehen Frühintervention, Prävention und Gesundheitsschutz an vorderster Stelle.

(Beifall Bündnis 90/Die Grünen)

Cannabis soll weiterhin nicht bagatellisiert werden, und niemand in diesem Raum wie bundesweit hätte auch nur den Gedanken, Cannabis für Menschen unter 18 Jahren zugänglich zu machen. Davon ist auch nie die Rede. Es geht auch heute hier - das möchte ich auch noch einmal unterstreichen! - um das Thema der Entkriminalisierung von Cannabiskonsumenten und nicht um die Legalisierung von Cannabis. Diesen Unterschied sollten Sie sich auch noch einmal zu Gemüte führen!

(Beifall Bündnis 90/Die Grünen)

Derzeit erfolgt eine umfassende Erhebung des Suchtverhaltens junger Menschen in Bremen und Bremerhaven im Rahmen der Studie SCHULBUS. Auf Grundlage dieser Erkenntnisse sollen lebensweltbezogene Präventionsangebote zur Frühintervention bei erstauffällig konsumierenden Menschen entwickelt werden. Die Ergebnisse werden uns sehr bald präsentiert, und darauf aufbauend können wir auch in diesem Bereich die nächsten Schritte einleiten.

Zum Thema Cannabis und Fahrverbote! Niemand will berauschte Fahrerinnen und Fahrer im Straßenverkehr, doch bei Cannabiskonsumenten wird der Führerschein dauerhaft entzogen, selbst wenn sie nicht unter Rauschwirkung am Steuer sitzen oder gar nicht am Straßenverkehr teilnehmen. Doch womit hängt das zusammen?

Die Grenzwerte sind bei Cannabis deutlich geringer gehalten als bei Alkohol. Für Alkohol existiert ein risikobasierter Grenzwert von 0,5 Promille, bei dessen Überschreitung ein Fahrer als signifikant beeinträchtigt gilt und daher mit Geldbußen, Fahrverbot und Punkten in Flensburg bestraft wird. Bei

einer absoluten Fahruntauglichkeit, also ab 1,1 Promille, erfolgt der Entzug der Fahrerlaubnis mit einer Sperrfrist über das Strafrecht.

Im Gegensatz zu Alkohol wird bei Cannabis ein analytischer Grenzwert von einem Nanogramm THC pro Milliliter Blutserum zur Feststellung einer Rauschfahrt verwendet. Diese technische Nachweisgrenze liegt so niedrig, dass dieser Wert auch noch nach Tagen überschritten sein kann. Auf Alkohol übertragen, würde dies bedeuten, dass schon bei einem Nachweis zwischen 0,0 und 0,3 Promille mit erheblichen führerscheinrechtlichen Problemen zu rechnen wäre.

Die verkehrsrelevanten Auswirkungen des Cannabiskonsums sind, abhängig von der Konsumform, nach 3 bis circa 6 Stunden abgeklungen. Während die Behörde bei Alkohol erst bei wiederholter Überschreitung der 0,5-Promille-Grenze an einer ausreichenden Trennungsbereitschaft zweifelt und eine MPU anordnet, führt ein analytisch gesicherter Nachweis von THC auch ohne messbare Rauschwirkung oft zu einem sofortigen Entzug der Fahrerlaubnis mit der verwaltungsrechtlichen Feststellung „Fehlendes Trennvermögen“.

Anders als bei Alkoholkonsum kann der Umgang mit Cannabis auch unabhängig von einer Verkehrsteilnahme zu Überprüfungsmaßnahmen seitens der Fahrerlaubnisbehörden führen. Diese Ungleichbehandlung ist für mich nicht länger hinnehmbar. - Danke für Ihre Aufmerksamkeit!

(Beifall Bündnis 90/Die Grünen)

Herr Senator Mäurer, jetzt haben Sie aber das Wort!

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Das war eine sehr verwirrende, um nicht zu sagen, berauschende Diskussion.

(Heiterkeit)

Ich möchte auch nicht der Spielverderber heute sein, aber lassen Sie mich einfach einmal ein bisschen die Emotionen herausnehmen und versuchen, das Verhalten des Senats in dieser Frage zu erklären! Ich rede jetzt erst einmal!

(Abg. Dr. Buhlert [FDP]: Ich habe mich auch nicht bei Ihnen gemeldet! - Heiterkeit)

Gut!

Ich freue mich, dass Sie sich in diesem Hause überhaupt noch daran erinnern können, dass der Senat auf der Grundlage der gemeinsamen Koalitionsvereinbarung vor 6 Monaten eine Bundesratsinitiative mit dem Ziel der Änderung des Betäubungsmittelgesetzes gestartet hat, Sie haben es erwähnt. Das Schicksal dieser Initiative war nicht ganz erfolgreich. Es gab eine gewisse Unterstützung. Im Ergebnis hat der Bundesrat mit 4 Ja-, 8 Gegenstimmen und vier Enthaltungen den Antrag von Bremen - Thüringen ist ihm beigetreten - abgelehnt. Das heißt, wir müssen feststellen, dass wir für die Überlegungen, die bisher die Grundlage unseres Handelns waren, auf Bundesebene gegenwärtig keine Mehrheit finden. Das bedeutet nun nicht, dass man damit die Arbeit einstellt.

Wenn man sich die Entwicklung des Betäubungsmittelrechts anschaut, dann weiß man, dass es sich verändert hat. Es hat meistens sehr lange gedauert, ich kann mich noch daran erinnern, dass wir in der Justiz dafür gekämpft haben, schwer erkrankten Heroinabhängigen den legalen Zugang unter ärztlicher Kontrolle zu ermöglichen, alles Dinge, die irgendwann, nach vielen Jahren, dann auch gekommen sind, aber es war immer ein langer Weg. Ich vermute, wir werden auch zukünftig noch einen langen Weg vor uns haben, um in diesem Bereich etwas zu verändern.

Mithin müssen wir zuerst einmal feststellen, wir haben ein geltendes Betäubungsmittelrecht, und wir können darüber streiten - das mache ich gern -, welchen Spielraum wir jetzt im Lande Bremen haben. Wir sind nicht der Bundestag, wir sind nicht der Bundesrat, sondern wir können nur den Spielraum ausschöpfen, den das geltende Bundesrecht uns gibt. Für einige Bereiche möchte ich das gern näher ausführen.

Zum einen geht es um die Frage, was man zu Hause neben Radieschen und Blumenkohl anbauen kann. Es geht zum anderen um die Frage, wie es im Straßenverkehr aussieht und letztlich beim Erwerb.

In der Debatte ist der Vorschlag, dass man zukünftig legal in Bremen 4 Pflanzen für den Eigenbedarf anbauen darf. Das klingt, wenn man sieht, wie viele Pflanzen in den großen Plantagen ausgehoben werden, zunächst einmal nach sehr wenig.