berühmten Gustav Klimt-Gemäldes von Adele Bloch-Bauer, der sogenannten „Goldene Adele“, und die verzwickte Geschichte der Kunstsammlung des inzwischen verstorbenen Cornelius Gurlitt, der sich lange geweigert hatte, einer Überprüfung seiner Sammlung zuzustimmen und einer möglichen Rückgabe seiner Werke den Weg zu ebnen. Inzwischen befindet sich die Sammlung im Kunstmuseum Bern, wo derzeit der Bestand akribisch auf Herkunft und mögliche Besitzansprüche überprüft wird. Seit diesen Fällen hat das Thema, das bis dahin nur von Kunsthistorikern und Wissenschaftlern debattiert wurde, eine breite Öffentlichkeit erreicht.
In der Folge und bis heute beschäftigen sich nun viele Museum, Sammlungen, Universitäten und andere Kultureinrichtungen mit diesem Forschungsbereich. Für viele ehemalige Besitzer und deren Nachkommen kommt dieses Interesse allerdings leider viel zu spät. In vielen Köpfen verbindet sich die Provenienzforschung in erster Linie mit der beispiellosen Ausbeutung der europäischen Juden in der rechtlosen Zeit des Nationalsozialismus von 1933 bis 1945, aber es geht nicht nur darum! Denn nicht nur auf dem internationalen Kunstmarkt sehen wir uns mit der Frage nach der Provenienz konfrontiert. Wie steht es eigentlich um die Sorgfaltspflicht der Provenienzforschung in anderen Bereichen? Ich sage Ihnen deutlich, der Verbleib von Kunst- und Kulturgut, wie zum Beispiel aus dem ehemaligen Besitz von Sinti und Roma, von Homosexuellen und von Kunstwerken aus der Kolonialgeschichte heraus, wird bis heute kaum beachtet.
Meine Damen und Herren, es gilt, allen, denen Kulturgut entzogen wurde, die gleichen Grundlagen zur Aufarbeitung zu gewährleisten. Dies gilt für die Bestände der NS-Raubkunst ebenso wie für kriegsbedingt verlagerte Kunst- und Kulturgüter, aber es gilt auch für Objekte, die aus kolonialen Unrechtkontexten stammen, wie zum Beispiel menschliche Schädel aus der deutschen Kolonie in Namibia oder wie die Bestände aus archäologischen Raubgrabungen. Grundsätzlich gehört zur Provenienzforschung eine Sorgfaltspflicht, bei der Vermittlung von Kunstobjekten muss dies eine Selbstverständlichkeit sein.
Seit den Neunzigerjahren wird ein besonderes Augenmerk auf Objekte geworfen, die während des NS-Regimes in Museen und Bibliotheken gelandet sind. Im Zentrum stehen dabei grundsätzliche wissenschaftliche Recherchen zu Herkunft aller Objekte, um damit die Originalität der Herkunft der
Gegenstände zu belegen. Die Kenntnis dieser Herkunft kann dann aufgrund von ethischen und moralischen Erwägungen dazu veranlassen, eine Entscheidung darüber zu fällen, ob sich die Kunstobjekte rechtmäßig oder unrechtmäßig im Besitz von Museen oder Archiven befinden oder eine Rückgabe erforderlich ist. Demnach fallen zum Beispiel afrikanische Exponate, die während der Kolonialmachtausübung erbeutet wurden, ebenso unter den Begriff „Belastete Objekte“. Das gilt genauso für im Rahmen von Expeditionen in fremden Ländern gesammelte Objekte oder auch von Besatzungsmächten verschleppte Gegenstände.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, es ist unstrittig, dass der Kolonialismus von Europa ausgegangen ist. In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts wurde der afrikanische Kontinent fast vollständig von den europäischen Mächten aufgeteilt, wo schließlich auch Deutschland große Schutzgebiete besaß. Afrika wurde als Naturraum gesehen, vermeintlich eine Welt ohne Wandel und ohne eigene Geschichte.
Das war und ist falsch. Es ist mehr ein Mythos, der zum festen Bestandteil der Kolonialideologie gehörte, denn auch in Afrika wurden wertvolle Kunstobjekte erbeutet.
Meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, wie Sie der Antwort des Senats entnehmen können, kooperieren die bremischen Kultureinrichtungen im Bereich der Provenienzforschung stark miteinander und mit anderen Einrichtungen deutschlandweit.
Zum Beispiel hat mein Kollege Pirooznia schon - ich bin gleich fertig, Herr Präsident! - erwähnt, dass die Direktorin des Übersee-Museums Provenienzforschung im Rahmen des Deutschen Museumsbundes sogar in leitender Funktion betreibt. Im Mai 2017 wurden als Ergebnis der umfangreichen Provenienzforschung im Übersee-Museum die männlichen Überreste von mehr als 44 Maori und Moriori an das Te-Papa-Museum in Wellington, Neuseeland, zurückgegeben. Ich war persönlich dabei, und das war ein bewegender Moment für mich.
Die Kunsthallte Bremen ist im Rahmen ihrer Provenienzforschung bundesweit hervorzuheben. Sie sehen, es ist hier in Bremen im Rahmen der Provenienzforschung und Erinnerungslandschaft bereits
viel geschehen. In letzter Zeit wird zunehmend auch Bezug auf das Kulturgut aus der Kolonialgeschichte genommen.
Nein, Herr Kollege, jetzt ist es gut, wir nähern uns der siebten Minute, und wir haben fünf Minuten Redezeit vereinbart! Ich bitte Sie, jetzt zum Schluss zu kommen!
Ich kann nur sagen, dass wir in Bremen zum Thema Erinnerung und globale Verantwortung mehr in Bewegung sind, und ich gehe davon aus, auch in Zukunft wird es so sein! - Vielen Dank!
Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Aus der umfangreichen und detaillierten Antwort des Senats entnehme ich, dass die Museen in Bremen sich der Bedeutung des Themas Provenienzforschung sehr wohl bewusst sind und die schwierige, aber wichtige Aufgabe der Provenienzforschung schon lange verantwortungsvoll erfüllen.
Provenienzforschung ist ein wichtiges Thema. Die Geschichte und Herkunft von Kunstwerken und Kulturgütern ist spannend und nicht nur aus geschichtlichen Gründen von öffentlichem Interesse. Sie hat auch nicht nur die Aufgabe, die Bedeutung von Eigentumsverhältnissen zu klären, wenn sie auch oft darauf reduziert wird. Hierbei wird übrigens das Wirken der Bremer Kunsthalle allgemein als vorbildlich bezeichnet.
Dass man den Begriff der Provenienzforschung viel weiter fassen muss, sieht man besonders gut an der
Antwort des Senats zur Arbeit des Übersee-Museums. Derzeit arbeitet der Deutsche Museumsbund unter Leitung der Direktorin des Übersee-Museums Empfehlungen zum Umgang mit Sammlungen im kolonialen Kontext aus. Ich bin sehr gespannt auf die für 2018 geplante Veröffentlichung dazu, auch aus persönlichem Interesse. Der Großvater meines Mannes, Carl Spieß, hat als Missionar in Togo viele Exponate gesammelt. Sie gehören heute zum wichtigen Teil des Museumsbestands und sind ein Teil der neuen Forschungen.
Wichtige Fragen sind heute: Aus welchen Gesellschaften kamen die Objekte? Wie kamen die Objekte bis ins Museum? Zu welchen Gruppen gehören diejenigen, die zum Beispiel in Kamerun und auch in Togo Objekte sammelten? Welche Rolle haben die Afrikaner beim Sammeln gespielt? Die Arbeit des Museums hat das Potenzial, diese Fragen zu beantworten und auch die Verflechtungen zwischen den verschiedenen Aspekten aufzugreifen. Mit vielleicht unangenehmen Ergebnissen der Arbeit will man offen und transparent umgehen und gegebenenfalls nach fairen und gerechten Lösungen suchen. Wie gesagt, die Forschungsergebnisse sollen an die Öffentlichkeit getragen werden. Ich bin sehr gespannt darauf.
Wer, wie ich, bereits mit fünf Jahren - und das ist bei mir lange her! - gern in das frühere Kolonialmuseum ging, kann gut die Entwicklung nachvollziehen, die beim heutigen Übersee-Museum stattgefunden hat. Nicht nur bei uns findet dieses Umdenken statt. Auch die Herkunftsländer haben heute einen ganz anderen Anspruch, etwa die Erwartungshaltung, dass mithilfe der Objekte über die verschiedenen Kulturen der Erde berichtet wird und sie auch über ihre eigene Geschichte mehr erfahren.
Es ist gut, dass auch die koloniale Vergangenheit Deutschlands zunehmend in den Fokus und in das gesellschaftliche Bewusstsein rückt, seien es die Gräueltaten, die von Deutschland verübt wurden, seien es die Fragen nach Raub, Schenkungen und Handel. Ist eine Wiedergutmachung vonseiten Deutschlands dabei überhaupt möglich? Dazu sagt Wiebke Ahrndt: „Zu unserer Verantwortung müssen wir stehen, und aus der müssen wir unsere Moral und unser ethisches Handeln definieren.“ Sie fährt fort: „Ich glaube, es wäre schon viel gewonnen, wenn wir das Verhältnis untereinander wieder auf bessere Füße stellen.“
wissen, dass es hier noch einen enormen Forschungsbedarf gibt, sich dieser Aufgabe zu stellen. Hermann Parzinger, Gründungsintendant des Humboldt-Forums, äußert sich heute in der „FAZ“ zum Thema „Kunst der Kolonialzeit“. Die Komplexität des Themas wird aufgezeigt, aber auch die Vorreiterrolle Bremens betont. Er endet mit der Frage: „Ist jetzt nicht der passende Augenblick, in dem wir Europäer endlich eine gemeinsame Initiative zu diesem Thema auf den Weg bringen sollten?“ Ja, und ich freue mich, dass Bremen auf dem guten Weg ist, einen kleinen Beitrag dazu zu leisten! - Ich danke Ihnen!
Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die Herkunftsforschung für Kunstwerke und Sammlungsgegenstände ist ein wichtiges Thema, und es ist gut und richtig, dass sich die Bremer Museen und Institutionen dieser Forschung annehmen. Sie stellen sich dabei ihrer Geschichte und ihrer Verantwortung. Im Falle gelungener Restitutionen, also der erfolgreichen Rückgabe geraubter und enteigneter Güter, stellt die Provenienzforschung auch einen wichtigen Beitrag zur Aufarbeitung vergangenen Unrechts dar.
Besonders hervorheben möchte ich auch, wie meine Vorrednerinnen, dass sich der Blickwinkel auf die Provenienzforschung in den letzten Jahren noch erweitert hat. Als die Bürgerschaft zuletzt 2014 über eine Große Anfrage debattierte, stand die Frage nach Gegenständen und Kunstwerken im Raum, die in der Zeit des Nationalsozialismus geraubt wurden. Nun ist auch der Aspekt der kolonialen Vergangenheit mit in den Fokus gerückt. Das Übersee-Museum erforscht mit Unterstützung der Universität Hamburg, finanziert durch die Volkswagen-Stiftung, in einem vierjährigen Projekt seinen Bestand. Im letzten Jahr - Herr Bolayela hat schon darauf hingewiesen - gab es eine feierliche Zeremonie, als die erste Rückführung menschlicher Überreste nach Neuseeland stattgefunden hat. Wir begrüßen diese Fokuserweiterung ausdrücklich. Das Ende aktiver deutscher Kolonialherrschaft ist fast einhundert Jahre her und eine kritische Aufarbeitung dieser Periode dringend notwendig.
Bei dem Engagement der Bremer Museen auf der einen Seite, das wir sehr begrüßen, sehen wir aber die Rolle des Senats bei der Provenienzforschung auf der anderen Seite kritisch, denn dieser hält sich vor allem heraus. Er erklärt zwar, wie wichtig er das Thema findet und wie ernst er es nimmt, er ist aber einmal wieder nicht bereit, extra Gelder zur Verfügung zu stellen. Wie so oft in Bremen, kosten darf es bitte nichts! Im Ergebnis hängt dann die Provenienzforschung wesentlich von Drittmitteln ab. Ja, auch wir finden, das Bundesland Bremen soll es nicht komplett allein machen, und wir finden es richtig und gut, dass es die Förderung durch das Deutsche Zentrum Kulturgutverluste gibt, aber der Umkehrschluss, dass in Bremen gar keine oder fast keine Förderung erfolgt, das, finden wir, kann nicht Sinn der Sache sein!
Bei der Kunsthalle wird das auch deutlich, denn wie Herr Rohmeyer bereits zu Beginn angeführt hatte, wurde hier der Gemäldebestand bereits erforscht, aber der Zeichnungsbestand steht noch aus, und es ist gerade der Kunsthalle nicht möglich, das aus Eigenmitteln zu finanzieren. Hier müsste es eine Förderung des Landes Bremen geben. Auch an anderer Stelle können ohne Drittmittel nur knappe Werkverträge für einzelne Forschungsschritte vergeben werden, anstatt hier ordentliche Stellen zu schaffen. Wir finden, die beteiligten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler haben hier richtige Arbeitsverhältnisse verdient, und das wäre diesem Thema auch angemessen.
Beim Lesen hat mich auch überrascht, dass das Übersee-Museum erst für 2020 eine feste Stelle schaffen will, denn die Arbeit hat hier schon längst begonnen, und den Bedarf gibt es bereits jetzt.
Herr Pirooznia hat darauf hingewiesen, dass es wichtig wäre, wenn sich der Bund stärker engagieren würde. Natürlich, mehr Geld vom Bund ist immer gut, das finden wir auf jeden Fall auch. Wir finden aber trotzdem, muss man sagen, dass die Haltung des Senats, selbst kaum Geld zu geben, falsch ist, denn das Land Bremen und seine Institutionen haben sich kulturell durch NS-Raubgut bereichert. Außerdem war Bremen ein Zentrum des deutschen Kolonialismus. Wir als Nachfahren stehen in der Pflicht, dieses Unrecht aufzuarbeiten. Diese Pflicht darf nicht von der Frage abhängen, ob es Drittmittel gibt oder nicht.
Abschließend möchte ich noch kurz auf die Arbeit der Staats- und Universitätsbibliothek hinweisen, die in der Auflistung des Senats leider fehlt. Erste Versuche, in dieser Institution die Herkunft im Nationalsozialismus geraubter Bücher zu erforschen, gab es schon in den Siebzigerjahren, auch wenn diese damals von der Bibliotheksleitung unterbunden wurden. Seit den Neunzigerjahren gibt es die systematische Erkundung und Erforschung der Bücher, und bereits 275 Bücher wurden restituiert.
Zusammengefasst bleibt festzuhalten, dass die Bremer Institutionen im Bereich der Herkunftsforschung sehr wichtige Arbeit leisten. Das war nicht immer so, hier hat ein Bewusstseinswandel stattgefunden. Insbesondere auf die Ergebnisse aus dem Übersee-Museum darf man sehr gespannt sein.
Der Senat muss seine Haltung, dass es kein zusätzliches Geld gibt, aber dringend korrigieren. Zum Verstetigen dieser wichtigen Aufgabe und um sich aus der Abhängigkeit von Drittmitteln zu lösen, ist dies dringend notwendig. - Herzlichen Dank!
Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Politik und Gesellschaft müssen sich ihrer historischen Verantwortung stellen, und es ist richtig, dass Verbrechen gegen die Menschlichkeit und die Beraubung anderer Völker keine Taten sind, die auf eine geschichtliche Periode allein beschränkt sind. Das zeigt die Ausweitung der ersten Forschungsergebnisse von Restitutionen aus NS-Raubkultur genauso wie die Ausweitung auf Gräueltaten, die im Zusammenhang mit Kolonialismus stehen. Das wissen wir alle. Es ist eine Aufgabe der Politik, sich sachgerecht darum zu kümmern.
Frau Strunge, Sie haben nur zum Teil recht, wenn Sie sagen, der Senat finanziere bestimmte Dinge nicht mit, denn wir finanzieren über unsere Förderung durchaus Stellen mit. Die Stellen, die dort angesiedelt sind, um Provenienzforschung in den Häusern vorzunehmen, werden von Bremen gefördert, das muss man wissen.