Protocol of the Session on January 24, 2018

Dieses Ergebnis kann auch zur Folge haben, dass qualifizierte Ärzte und Fachpersonal nicht nur durch schlechte Bezahlung und viele Überstunden, sondern auch durch den schlechten Ruf eines Krankenhauses in andere Häuser wechseln oder sogar ins Umland abwandern. Das geht überhaupt nicht, denn der Ruf der städtischen Klinikwelt wird dadurch immer negativer.

Sachsen und Bayern sind Spitzenreiter im Klinikvergleich, nehmen Sie sich bitte einmal ein Beispiel daran. Was können die besser, was wir nicht können? Nehmen Sie Kontakt auf, und fragen Sie nach.

Bremen liegt bei 73,9 Prozent der Qualität. Sachsen erreicht als Spitzenreiter 82 Prozent und liegt damit ebenso wie Bayern mit 81,7 Prozent deutlich über dem Bundesdurchschnitt von 79,3 Prozent. Sogar Ihr Klinikverbund, Gesundheit Nord, nimmt die Ergebnisse ernst und räumt Probleme ein. Sollte das der erste Weg der Besserung sein? Schauen Sie sich zum Beispiel nur die weiße Liste an, sie sagt eigentlich vieles aus.

Immerhin gehören die Kliniken zu dem größten Krankenhausträger im Land Bremen, dem Kommunalen Klinikverbund Gesundheit Nord, GeNo. Wie bereits erwartet hat Bremens Gesundheitssenatorin am Donnerstag Konsequenzen aus der Studie aus der Studie für die Bremer Kliniken angekündigt, sie sagte - ich zitiere -: „Wir werden die Krankenkassen und die Kliniken der Bremer Krankenhausgesellschaft einladen, um über die Studie zu diskutieren.“

Nein, Frau Senatorin, die Bürgerinnen und Bürger wollen nicht nur, dass Sie wieder nur reden und diskutieren, sondern sie wollen endlich verbindliche Reaktionen und Taten sehen. Frau Senatorin, als Aufsichtsratsvorsitzende der GeNo sagten Sie ebenfalls vor einigen Tagen - Zitat -: „Für die Patienten sei es für den Behandlungserfolg und auch für den Heilungsprozess wichtig, dass sie sich im Krankenhaus gut aufgehoben fühlen. Die Kliniken müssen sich mit den Kritikpunkten auseinandersetzen. Der Klinikverbund weiß um die Baustellen, einige Probleme seien schon in Angriff genommen.“ Wie immer wird nur reagiert und verniedlicht, anstatt zu reagieren. Sie sind doch der Chef im Hause,

(Abg. Frau Böschen [SPD]: Chefin! – Abg. Frau Dr. Schaefer [Bündnis 90/Die Grünen]: Chefin!)

also handeln Sie doch bitte danach!

Es werden jedes Jahr 120 000 Patienten stationär behandelt. Unzufriedenheit ist nicht nur im Service und der Organisation vorhanden, sondern sie ist auch in zentralen medizinischen Bereichen, wie in der Chirurgie und der inneren Medizin, vorhanden und geben ein erschreckendes Bild ab. Entscheidend sind doch die Organisation und die Patientenführung, Hygiene, medizinische Standards, Pflege und Personalführung. Das muss alles regelmäßig überprüft werden. Anscheinend kommt man aber den Aufgaben dort nicht ganz nach.

(Beifall BIW)

Der ehemalige Staatsrat, Herr Dr. Schulte-Sasse, sagte noch 2015 zur Freude des Senats - Zitat -: „Der Krankenhausspiegel ist ein riesiger Schritt zu mehr Transparenz im Gesundheitswesen,

(Abg. Frau Dehne [SPD]: Recht hat er!)

und die Abwehrkämpfe der Kliniken werden in einer aufgeklärten Gesellschaft wie der unseren keine Chance haben.“ Theorie und Praxis sind aber Zweierlei! Ziel des Informationsangebots ist es doch, mit der Offenlegung der Ergebnisse eine weitere Verbesserung der Leistungsfähigkeit unserer Krankenhäuser zu erreichen. Genau das Gegenteil hat sich bewiesen. Wir glauben Ihnen gern, dass Sie die Herausforderung angenommen haben, doch das Ergebnis ist ernüchternd.

Noch kurz zwei Beispiele! In der Zukunft nehmen leider psychiatrische Erkrankungen zu. Dies wird unter anderem daran deutlich, dass der Anteil der

Krankschreibungen aufgrund von Depressionen oder Psychosen deutlich ansteigt. In Bremen und Bremerhaven werden jährlich rund 12 000 Patienten in eine der vier darauf spezialisierten Kliniken stationär behandelt. Die Zahl der ambulanten Therapien liegt weitaus höher, dazu gehören etwa psychiatrische oder psychotherapeutische Gesprächstherapien, Behandlungen in einzelnen Gruppen, medikamentöse Therapien, psychosoziale Beratungen, ambulante Kriseninterventionen oder spezifische Behandlungen.

Man sollte jedoch auch in Bremen-Ost zugeben können: Wir haben Fehler gemacht, die auch aufgearbeitet werden müssen, wie zum Beispiel ein Fall aus der Vergangenheit, als eine Patientin als gesund entlassen worden ist, die am gleichen Tag einen Suizid begangen hat.

Keiner ist für Fehler in der ärztlichen Kunst zuständig. Den Patienten wird nicht geholfen, wenn nachweislich Arztfehler oder mangelnde und falsche Behandlung zu schwerwiegenden Folgeerscheinungen geführt haben.

Ein aktueller Fall zum Schluss! Einem Achtzehnjährigen - wie Sie alle wissen - wurde in einer Bremer Klinik eine Niere statt der Milz entfernt. Chirurgen halten die Verwechselung für unvorstellbar. Durch Checklisten und standardisierte Abläufe sollten doch die Krankenhäuser dafür sorgen, dass Patienten bei Operationen keinen Schaden erleiden. Dem achtzehnjährigen Bremer geht es alles andere als gut. Das kranke Organ ist noch im Körper, und die gesunde Niere ist entfernt. Ernst in der Pathologie hat sich schließlich herausgestellt, dass es sich um das falsche Organ handelt. Meine Damen und Herren, wie geht das denn?

Wo waren die standardisierten Abläufe? War der Druck zu groß? War es Inkompetenz? Oder musste wieder einmal alles nur schnell gehen, sodass man die Grundregeln übersehen oder übergangen hat? Das wäre zum Beispiel auch ein klassischer Fall für eine neu zu schaffende Schiedsstelle hier in Bremen als Vorreiter, um zwischen Ärzten und Patienten aufzuklären, zu vermitteln und vielleicht such angemessen zu entschädigen. Ich erinnere an Contergan und an HIV bei Blutkonserven.

Ich hoffe, dass die Verantwortlichen noch zur Rechenschaft gezogen werden, wie auch damals bei dem Beispiel aus der Psychiatrie. Frau Senatorin, tun Sie etwas, und diskutieren Sie nicht nur, die Patienten werden es Ihnen danken. -Danke für Ihre Aufmerksamkeit!

(Beifall BIW)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Dr. Buhlert.

Sehr geehrter Her Präsident, meine Damen und Herren! Wir diskutieren anhand einer Studie, legen Daten anderer Studien dazu und fragen uns: Welche Aussagen und welche Schlüsse können wir daraus für die Bremer Krankenhausszene ziehen? Ich glaube, wir müssen noch weitaus mehr diskutieren.

Wenn ich hier gerade höre, dass wir die Patientenzufriedenheit sozusagen von depressiven Menschen messen sollen, dann frage ich mich allein schon, wie das geht. Insofern müssen wir genau abarbeiten, welche Aussagen hier herauskommen, welche Aussagen wir mitnehmen und welche Schlussfolgerungen wir für das Krankenhauswesen zu ziehen haben. Wir müssen, glaube ich, hingehen, um das in der Gesundheitsdeputation ordentlich, aber nicht, wie bisher, oberflächlich diskutieren, denn es wird hier sehr schnell Etliches gefordert, ohne wirklich in die Studie zu gehen und sich anzuschauen, welche Schlussfolgerungen man wirklich aus der Studie ziehen kann und welche nicht.

Ich sage einmal, die Patientenzufriedenheit ist ein wichtiges Kriterium. Ich glaube, dass Menschen, die zufriedener sind, schneller und besser gesund werden, als Menschen, die unzufrieden sind.

Die Patientenzufriedenheit ist vielleicht als einziges Kriterium in der Palliativmedizin anzusehen. In anderen Bereichen geht es hingegen um Qualität. Es geht darum, wie gesund die Menschen werden und wie gut die Operation ausgeführt worden ist. Wie kommt es zu Infektionen? Warum kommt es zu Nachoperationen und Fehlern? All diese Dinge müssen natürlich auch bewertet werden. Das sind Kriterien, die wir einpflegen müssen und die wir uns auch anschauen müssen.

Es gibt Hinweise, dass dort in Bremen nicht alles zum Besten steht. Es gilt, hier nichts schönzureden. Wir müssen an einigen Dingen - und sie sind auch schon benannt worden - etwas tun.

Klinikinvestitionen! Natürlich sind Klinikinvestitionen notwendig.

(Abg. Bensch [CDU]: Das ist kein Fremdwort für die Freien Demokraten, oder?)

Es ist eine große Belastung für die GeNo-Kliniken, dass das Investitionsvolumen, das dort zur Verfügung steht, fast vollständig vom Teilersatzneubau, TEN, aufgesaugt wird. Das ist ein Problem, das wir haben.

Gleichzeitig ist es ein Problem, dass Bremen nur begrenzt über Haushaltsmittel verfügt, sodass man schauen muss, an welchen Stellen man Prioritäten setzen will. Welche Prioritäten Herr Bensch gern setzen möchte, das weiß ich, welche Prioritäten die CDU setzen möchte, das weiß ich noch nicht, denn entsprechende Haushaltsanträge habe ich nicht gesehen.

(Beifall FDP, SPD, Bündnis 90/Die Grünen)

Die FDP fordert an dieser Stelle Folgendes: Wir wissen, dass Bremen nicht über genügend Mittel verfügen kann, und deshalb setzen wir uns seit langer Zeit für eine monistische Krankenhausfinanzierung ein,

(Abg. Bensch [CDU]: Erklären Sie das einmal!)

denn das ist nur der Weg, über den Bremen mehr Geld bekommen könnte, sodass den Bremer Klinken mehr Geld zur Verfügung stehen würde, wenn allein die Krankenkassen dafür verantwortlich wären,

(Abg. Bensch [CDU]: Ach!)

dass hier entsprechende Investitionen vorgenommen werden würden. Es besteht jetzt die Möglichkeit, das jetzt vielleicht in Berlin zu klären. Die Freien Demokraten in Bremen setzten sich dafür ein, und wir wollen es erreichen.

(Beifall FDP)

Ausreichendes Pflegepersonal! Das ist sicherlich auch wichtig, um gute und zufriedene Patienten zu haben. Es ist notwendig, qualitativ hochwertig auszubilden. Die Große Koalition in Berlin hat an dieser Stelle versagt.

(Abg. Bensch [CDU]: Ihr wolltet ja nicht regieren!)

Es gab einen Vorschlag zur einheitlichen Pflegeausbildung. Er ist nicht realisiert worden. Sie haben es bisher nicht geschafft, und ich hoffe, dass es jetzt endlich geschafft wird, eine gemeinsame Pflegeausbildung zu etablieren. Es ist, glaube ich, wichtig, um hier eine moderne Ausbildung, die auch ein bisschen auf die Digitalisierung eingehen kann, zu

schaffen. Insofern unsere Zustimmung, dass wir dort etwas tun müssen.

(Beifall FDP)

Ein Aspekt ist bisher noch nicht genannt worden: In meiner Zeit, als ich als Zivildienstleistender im Rettungswesen gearbeitet habe, habe ich gelernt, dass die Patientenzufriedenheit sehr stark von der Ernährung abhängt.

(Abg. Bensch [CDU]: Oh ja!)

Welche Angebote, welche Auswahl, welche Ernährungsmöglichketen hat man? In den bremischen Kliniken gibt es auch dort Unterschiede. Das ist auch ein Punkt, auf den wir schauen müssen.

(Beifall FDP)

Die Bewertung der Kliniken und die Weiterempfehlungsbereitschaft hängt auch stark davon von der täglichen Situation ab. Wenn wir negative Ereignisse haben - wir haben gerade eben von ihnen gehört, ich will sie nicht wiederholen -, dann werden die Kliniken natürlich nicht weiterempfohlen. Insofern ist immer zu schauen, auf welchen Erhebungszeitraum sich eine Studie bezieht, und ob die Ereignisse einen Einfluss auf das Ergebnis der Studie gehabt haben. Das müssen wir auch genau betrachten.

Ein weiterer wichtiger Aspekt - Herr Pirooznia hat ihn bereits genannt - ist die Frage: Wie ist es um die ambulante Versorgung bestellt? Ohne eine gute ambulante Versorgung, ohne eine gute Zusammenarbeit kann man keine qualitative Patientenzufriedenheit herstellen. Wenn wir die Studie zur Hand nehmen - und das ist ein Aspekt, der bisher noch nicht genannt worden ist -, dann stellen wir eine sehr hohe Patientenzufriedenheit bei der Paracelsus Klinik fest. Warum ist das so? Es handelt sich um eine Belegklinik, und die Ärzte und Patienten kennen sich schon vor dem Klinikaufenthalt. Es kommt zu einer Verzahnung zwischen ambulanter und stationärer Behandlung, die zu einer hohen Patientenzufriedenheit führt.

Wenn wir in anderen Kliniken, insbesondere in städtischen Kliniken, einen hohen Personalwechsel haben, viele Beschäftigte von Leiharbeitsfirmen, damit die Aufgaben überhaupt erledigt werden können, und eine hohe Fluktuation auf den einzelnen Stationen, dann ist es natürlich schwierig, eine Patientenzufriedenheit herzustellen, weil über

haupt keine Beziehung zwischen dem Pflegepersonal und den Patienten aufgebaut werden kann. Es ist deshalb wichtig, dass ausreichend Personal vorhanden ist und dass das Personal nicht oft wechselt, damit die Menschen eine Beziehung während ihres Krankenhausaufenthalts aufbauen können.

Also, es bleibt viel zu tun!