Protocol of the Session on January 24, 2018

Als erste Rednerin hat das Wort die Abgeordnete Frau Strunge.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wir haben hier im Parlament schon häufiger darüber gesprochen, dass wir die Berufsausbildung aufwerten möchten und dass Auszubildende gegenüber Studierenden nicht mehr benachteiligt sein sollen. Aus dieser Motivation heraus hat sich auch die Koali

tion für das Begrüßungsgeld für Azubis ausgesprochen, das vorher nur für Studierende auf Antrag möglich war. Im Moment gibt es auch ein Gespräch über ein Azubi-Wohnheim hier in Bremen.

Trotzdem fehlt es bisher an einer Initiative, die Auszubildenden auch in der Mobilität mit den Studierenden gleichzustellen. Deshalb stellt DIE LINKE einen Antrag mit dem Ziel, Schritt für Schritt eine Angleichung in der Mobilität zwischen Azubis und Studierenden zu erwirken.

(Beifall DIE LINKE)

Wir fordern im ersten Schritt ein günstigeres Ticket für Azubis, das zumindest die öffentlichen Verkehrsmittel in Bremen und Bremerhaven einbezieht, und wir fordern die Abschaffung des Nachtzuschlags.

Die Debatte um ein AzubiTicket ist nicht neu, erhält in der letzten Zeit aber wieder Aufwind. Die Gewerkschaftsjugend in NRW und die Jusos haben dazu eine Kampagne durchgeführt. In SchleswigHolstein kämpfen die Landesschülervertretungen für ein AzubiTicket, und in Thüringen und in Würzburg wird dieses Thema auch debattiert. In Hessen ist man bereits ein Stück weiter. Hier gibt es ein Ticket für Schülerinnen und Schüler, Freiwilligendienstleistende und Azubis, die für einen Euro pro Tag den kompletten öffentlichen Nahverkehr in Hessen nutzen können. Wir finden, was in Hessen möglich ist, müsste doch eigentlich auch hier möglich sein, zumal Hessen nun doch ein klein wenig größer ist als unser schönes Bundesland Bremen.

(Beifall DIE LINKE)

Wahrscheinlich kommt von der Regierung der Einwand: Das ist eine schöne Idee, aber das kostet Geld. Dazu kann ich Ihnen nur sagen: Ja, das kostet Geld, aber ein Azubi-Wohnheim kostet auch Geld, ein StadtTicket kostet auch Geld. Relevante politische Maßnahmen kosten eben auch einmal. Wir sehen hier nicht nur die Landespolitik in der Pflicht, sondern auch die Bremer Unternehmen, und wir finden es durchaus interessant, auch einmal mit der Handelskammer und der Handwerkskammer ins Gespräch über Finanzierungsmodelle zu kommen und die Wirtschaft in die Pflicht zu nehmen, wenn es um die Mobilität ihrer Azubis geht.

(Beifall DIE LINKE)

Ich möchte noch einmal verdeutlichen, warum insbesondere Azubis dringend ein deutlich vergünstigtes Ticket benötigen. In der Regel gehören sie zu dem Teil der Bevölkerung mit den geringsten finanziellen Mitteln, ebenso wie Studierende oder ALG-II-Beziehende. Genau deshalb erhalten diese Gruppen Vergünstigungen, zum Beispiel im Kino, im Theater oder im Museum. Bei Bus und Bahn gehen Azubis aber fast so gut wie leer aus.

Die durchschnittliche Ausbildungsvergütung liegt in Niedersachsen bei 740 Euro. Für Bremen habe ich leider keine aktuellen Zahlen gefunden. Einige Azubis verdienen aber deutlich weniger. Das bedeutet, dass viele Azubis oft weniger Geld zur Verfügung haben als Studierende. Sie müssen für ihr Recht auf Mobilität aber wesentlich tiefer in die Tasche greifen. Für Studentinnen und Studenten liegt der monatliche Preis für ihr SemesterTicket bei derzeit 29,50 Euro. Er ist in den letzten Jahren deutlich angestiegen. Vorher war er geringer. Azubis müssen im Moment fast 20 Euro mehr im Monat zahlen, und das, obwohl ihr Ticket für ein wesentlich kleineres Tarifgebiet gilt, nämlich nur für den Bereich Bremen. Wir finden, das ist nicht gerecht.

(Beifall DIE LINKE)

Wir als LINKE halten die Mobilität für eine Grundvoraussetzung für gesellschaftliche und kulturelle Teilhabe. Deshalb setzen wir uns auch perspektivisch für einen ticketfreien ÖPNV ein. Solange wir aber noch nicht soweit sind, ist es unserer Meinung nach das Mindeste, dass es sozialverträgliche Tickets gibt. Das schließt auch Azubis ein.

(Beifall DIE LINKE)

Die Situation ist im Moment so, dass das MonatsTicket, das explizit für Azubis gilt, sechs Euro günstiger ist als ein Ticket für Vollzahlerinnen und Vollzahler im Jahresabo. Sechs Euro sind eher ein Witz und keine ernsthafte Ermäßigung.

(Beifall DIE LINKE)

Durch die Strafzahlung für Nachtaktive müssen die Azubis diese sechs Euro auch noch aufwenden, wenn sie mehrmals im Monat nach 23.50 Uhr mit der Bahn nach Hause kommen sollen. Wir finden, das ist falsch.

Für diesen Antrag ist Überweisung in die Deputation für Wirtschaft, Arbeit und Häfen beantragt. Wir hoffen, dass dieser Antrag dort nicht versenkt, sondern konstruktiv weiterdiskutiert wird. Eines

möchte ich festhalten: Was wir hier beantragen, ist keine Vision für die Zukunft, sondern eine Minimalforderung.

(Glocke)

Wir sagen nicht, ein AzubiTicket muss kostenlos sein, obwohl umsonst besser wäre. Wir sagen nicht, das Ticket sollte wie bei Studierenden im ganzen VBN-Gebiet gelten, obwohl das am gerechtesten wäre. Wir fordern hier das absolut Notwendige. In Bremen muss Mobilität auch für Auszubildende bezahlbar sein. - Vielen Dank!

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Saxe.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Das ist eine schöne Idee, sagen wir, aber nicht nach dem Motto: Aus dieser schönen Idee werden wir nichts machen. Ich teile grundsätzlich das Anliegen und die Auffassung, dass man in diesem Bereich etwas machen muss. Ich finde aber, dass wir in Anbetracht unserer finanziellen Lage in Bremen und in Bremerhaven schon sehr viel in Sachen öffentlicher Nahverkehr machen. Das JobTicket ist erwähnt worden, wird viel genutzt. Das nutzen auch einige Azubis, die in großen Betrieben sind. Unser SozialTicket ist ein Angebot, das vergleichbare Städte nicht haben.

Es gibt zwei Anträge der Koalition, einen gemeinsam mit der CDU - in der Bürgerschafts-Pipeline - für ein FreiwilligenTicket für die vielen Freiwilligen in Bremen, zum anderen für ein kostenloses Sechs-Monats-Ticket für ältere Menschen, wenn sie ihren Führerschein abgeben wollen. Unser SemesterTicket haben wir schon sehr lange. München zum Beispiel hat das, soweit ich weiß, erst 2013/2014 eingeführt. Das gibt es jetzt in fast allen vergleichbaren Kommunen.

DIE LINKE orientiert sich mit ihrem Vorschlag an dem SemesterTicket. Das kann ich nachvollziehen. Das Verfassungsgericht hat zu Recht eine ausbildungsbedingte finanzielle Bedürftigkeit konstatiert. Den Unterschied haben Sie schon genannt. Das sind etwa 20 Euro im Monat, und das ist sehr viel Geld.

Es ist völlig klar, dass man das SemesterTicket nicht mit einem AzubiTicket vergleichen kann. Das SemesterTicket zahlen alle Studenten. Das ist quasi eine solidarische Variante aller Studentinnen und Studenten, und man hat nur die Hochschulen als

Partner. Bei einem AzubiTicket wären es viele Tausend Arbeitgeber, mit denen man es zu tun hat.

Daher müssen wir darüber nachdenken, wie wir eine Lösung für diese Azubis erreichen, die jedenfalls wir als Grüne für sinnvoll halten. Wir haben uns Gedanken darüber gemacht. Ich denke, es ist schwer, dem bremischen Haushalt noch sehr viel mehr Ausgaben zuzumuten.

Es ist anzunehmen, dass es durch solch ein AzubiTicket mehr ÖPNV-Nutzerinnen und ÖPNV-Nutzer geben würde, dass der ÖPNV gerade auch von jenen mehr genutzt würde, die im Umland wohnen. Wir haben das vorhin diskutiert, und es wurde gesagt: Ihr müsst irgendwie sicherstellen, dass das nur Leute machen, die in Bremen wohnen. Nein, unser Mobilitätsinteresse ist es ganz eindeutig, dass auch diejenigen, die von außen einpendeln, die bremischen Straßen entlasten, indem sie den ÖPNV benutzen.

Also muss man sich überlegen, wie man das erreichen kann. Der Vorsitzende des Kommunalverbandes, Herr Bovenschulte, hat ein EinwohnerTicket vorgeschlagen. Er schlägt damit vor, dass Kommunen ein Kontingent an Tickets kaufen und den Rabatt, den sie durch diese große Menge haben, an ihre Einwohner weitergeben. Das halte ich grundsätzlich für eine gute Idee. Wir sollten weiter über diese Variante einer Lösung nachdenken. Es könnte die Handwerkskammer sein, es könnte der Senat oder wer auch immer sein, der ein Kontingent anschafft und Tickets vergünstigt an die Unternehmen weiterreicht. Das könnte ein Weg sein, mit dem wir den öffentlichen Haushalt nicht weiter belasten und der die Arbeitgeber, die ein Interesse daran haben, dass der Ausbildungsstandort attraktiv ist, mit ins Boot holt. Über eine solche Kontingentlösung bei einem AzubiTicket müssen wir miteinander reden. Das könnte ich mir vorstellen.

Deswegen ist auch eine Überweisung des Antrags sinnvoll. Ich weiß aber gar nicht, wohin überwiesen werden soll.

(Abg. Frau Sprehe [SPD]: Verkehrsdeputation!)

Es sollte in die Verkehrsdeputation überwiesen werden, meinetwegen auch in die Wirtschaftsdeputation. Ich glaube aber, wir sollten das in der Verkehrsdeputation fachlich begleiten.

Wir werden uns insgesamt über eine andere Finanzierung des ÖPNV und auch über eine andere Tarifstruktur Gedanken machen müssen. Ich sage das

ganz deutlich. Die Ticketpreise in Bremen sind nochmals erhöht worden und liegen jetzt beim EinzelTicket bei 2,80 Euro. Das ist insgesamt zu teuer. Das muss man ganz klar sagen. Es gibt keinen Weg weiter nach oben. Meiner Ansicht nach kann es nur einen Weg nach unten geben.

Ich will nur das Beispiel Wien nennen. In Wien hat man überlegt, die Jahreskarte auf 500 Euro anzuheben. Man hat dann gesagt: Nein, das machen wir nicht. Es ist im Sinne einer Teilhabe nicht mehr möglich, dass der öffentliche Nahverkehr, den man einfach braucht, damit alle Menschen teilhaben können, immer teurer wird. Man hat sich für ein 365-Euro-Ticket entschieden. Es hat sich nicht nur dadurch finanziert, dass man mehr Nutzerinnen und Nutzer bekommen hat. Man hat sich vielmehr auch über eine andere finanzielle Lenkung der Mobilität in Wien Gedanken gemacht.

Ich rege solch eine Debatte an. Wir sollten uns über Mobilität insgesamt Gedanken machen. Wir müssen uns wirklich Gedanken darüber machen, wie wir eine Teilhabe in unseren beiden Städten sichern. Dafür - das sage ich ganz deutlich - sind die Ticketpreise im Augenblick zu hoch.

Da passt dann auch ein AzubiTicket hinein. Azubis sind, wie wir festgestellt haben, bedürftig. Deswegen sollten wir versuchen, miteinander über eine andere Finanzierung des ÖPNV insgesamt nachzudenken. Wir sollten versuchen, zu einer Lösung zu kommen, bei der wir die Arbeitgeber im eigenen Interesse mit ins Boot holen und sich der Senat nicht verschließt, das zu koordinieren. - Vielen Dank!

(Beifall Bündnis 90/Die Grünen, SPD)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Buchholz.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! „Auszubildende gleichstellen - auch in der öffentlichen Mobilität!‟, das ist ein toller Titel. Dies soll dazu dienen, die Auszubildenden in ihrer Absicht, einen Beruf zu ergreifen, auf eine Stufe mit den Studierenden zu stellen. Dennoch ist die Situation der beiden angesprochenen Gruppen nicht dieselbe. Auszubildende bekommen in der Regel eine Ausbildungsvergütung, während Studierende entweder, sofern sie die Voraussetzungen erfüllen, von einer Unterstützung nach BAföG leben oder sich neben dem Studium noch etwas dazuverdienen oder sogar ihren Lebensunterhalt be

streiten müssen. Zudem müssen die weitaus meisten Studierenden für das Studium aus der elterlichen Wohnung ausziehen und umziehen, während viele Auszubildende ihren Ausbildungsplatz doch meist wohnortnah suchen. Es gibt Ausnahmen; das ist bekannt.

Studenten haben eine größere Vertretung. Alle Studierenden sind in der Regel verpflichtet, sich am SemesterTicket zu beteiligen. Dies ermöglicht erst einen Großkundenrabatt, der das SemesterTicket entsprechend günstig macht und den Abstand zwischen dem SemesterTicket und der Vergütung für Auszubildende scheinbar in die Zone der Ungerechtigkeit bringt.

Es bleibt festzuhalten, dass auch Auszubildende nur über ein geringes Einkommen verfügen und dennoch natürlich ein Bedürfnis nach zeitgemäßer Mobilität haben. Wenn wir unsere Straßen entlasten wollen, brauchen wir attraktive Angebote und müssen den ÖPNV möglichst auch für diese Personengruppen attraktiv gestalten. Dazu hat Herr Saxe eben eine Menge ausgeführt.

Auszubildende haben leider keinen mit den Studierenden vergleichbaren Organisationsgrad. Daher muss hier wohl tatsächlich jemand Drittes entsprechende Verhandlungen führen. Es sind schon Anregungen gemacht worden. Das werden wir sicherlich in der Deputation zu besprechen haben.

Für uns Freie Demokraten ist eine Abnahmeverpflichtung eines AzubiTickets für Auszubildende, ähnlich wie beim SemesterTicket, kaum vorstellbar, da dies einen riesigen bürokratischen Aufwand erfordern würde. Daher muss man die Hoffnung, die mit einem AzubiTicket verbunden ist, ein wenig dämpfen. Es wird aufgrund des kleineren und nicht garantierten Abnehmerkreises in Reichweite und Preis wohl kaum dem SemesterTicket gleichen.

Dennoch finden wir, dass der Antrag in die richtige Richtung geht. Wir werden ihn unterstützen und der Überweisung in die zuständige Deputation zustimmen. - Danke schön!

(Beifall FDP)

Als nächste Rednerin hat das Wort die Abgeordnete Frau Sprehe.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! „Auszubildende gleichstellen -