Warum 500 Euro nicht reichen können, ergibt sich aus den durchschnittlichen Zahlen. Studierende haben deutschlandweit - und das gilt auch für Bremen - durchschnittliche Lebenshaltungskosten von circa 800 Euro. Mit 500 Euro sind wir dann bei einem Betrag, bei dem man sagen kann, dass er für sehr viele nicht reichen wird. Aus diesem Grund ist dieses Modell für uns nicht zustimmungsfähig, aber das wird Sie auch nicht verwundern!
Das Gleiche gilt für DIE LINKE. DIE LINKE erhöht den FDP-Betrag einfach einmal um 550 Euro und landet bei 1 050 Euro. Der Betrag von 1 050 Euro liegt jedoch weit über dem durchschnittlichen Bedarf, den Studierende derzeit haben. Deswegen -auch wenn wir bei beiden Anträgen die Analyse teilen, alles richtig - lehnen wir beide Anträge ab.
Welche Idee haben wir Grüne? Es wird Sie nicht verwundern, dass wir irgendwo in der Mitte changieren und natürlich ein Zwei-Säulen-Modell präferieren. Das BAföG soll eine elternunabhängige Leistung sein, und es soll am Ende ein schuldenfreies Studium ermöglichen, aber kein Studium, mit dem man mit einer Schuldenlast in die Berufstätigkeit einsteigt.
Die grüne Bundestagsfraktion hat beantragt, die BAföG-Sätze in diesem Jahr um sechs Prozent und die Freibeträge für die Eltern um drei Prozent zu erhöhen. Damit hat sie sich leider nicht durchsetzen können. Trotzdem ist die Erhöhung um sechs Prozent beziehungsweise um drei Prozent kurzfristig immer noch die Idee der Grünen. Darüber hinaus wollen wir, dass im BAföG das Bezugsrecht für Teilzeitstudierende eingeführt wird.
Ich glaube, wir sind uns in der Analyse alle einig, dass der bürokratische Wahnsinn bei der BAföG-Antragstellung eingedämmt werden muss. Wir treten deswegen für eine Online-Beantragung und für eine sehr vereinfachte Beantragung ein.
Jetzt wären wir nicht Die Grünen, wenn wir nicht auch ein mittelfristiges und nachhaltiges Konzept hätten. Es sieht ein Zwei-Säulen-Modell vor, das dem FDP-Modell ähnelt. Unser Modell sieht einen Basisbetrag vor, den wir jedem Studierenden zugutekommen lassen wollen, egal, aus welchem Elternhaus er stammt. Wenn wir uns diejenigen anschauen, die kein BAföG beantragen, dann ist es in der Tat oft so, dass es
sich um Studierende handelt, die aus problematischen Elternhäusern stammen, egal, wie sie jetzt finanziell - wie heißt das? - gestellt sind. Es geht vielmehr darum, ob man sich mit den Eltern streiten oder ob man sie verklagen muss. Das kommt sehr häufig vor. Ich glaube, dass viele den Mut eben doch nicht aufbringen.
Deswegen schlagen wir einen Sockelbetrag von circa 500 Euro für alle vor - wir haben ihn noch nicht ganz genau festgelegt -, aber in jedem Fall BAföG für alle! Das soll dann aber nicht darlehensfinanziert werden, sondern zinsfrei für diejenigen, die wirklich aus finanziell prekären Elternhäusern kommen, noch aufgestockt werden, sodass es dann bedarfsgerecht ist. In unserem Sinne liegt der bedarfsgerechte BAföG-Satz nicht bei 1 050 Euro. (Abg. Dr. Buhlert [FDP]: Aber geliehen bekom- men sie das Geld dann doch!)
Das sind die Ideen, die im Bundestagswahlkampf - willkommen, wir haben Bundestagswahlen - diskutiert werden. Ich bin wirklich sehr gespannt, welche Modelle am Ende miteinander konkurrieren werden. - Vielen Dank!
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich habe, als die beiden Anträge kamen, auch gleich gedacht, es ist Wahlkampf, das Geld sitzt lockerer, und Versprechen reiht sich an Versprechen. Auch die FDP und DIE LINKE haben zum BAföG zwei Anträge eingebracht, BAföG-Erhöhung bei der FDP - eine Kombination aus Zuschuss und Darlehen - und DIE LINKE sogar mit einer konkreten Summe, elternunabhängiges BAföG in Höhe von 1 050 Euro. Man würde, ehrlich gesagt, gern noch einmal studieren.
Im Jahr 1971 eingeführt, hat das BAföG Millionen junger Menschen dabei unterstützt, eine Ausbildung oder ein Studium zu meistern. Man darf davon ausgehen, dass viele Bildungsbiografien ohne BAföG gar nicht zustande gekommen und auch ohne Weiteres gar nicht möglich gewesen wären. BAföG ist eine Erfolgsgeschichte. Es trägt maßgeblich dazu bei, dass niemand bei uns aus rein finanziellen Gründen ein Studium oder eine Ausbildung nicht beginnen kann. Das BAföG ist somit ein zentraler Baustein unseres Sozialstaats, auf den wir stolz
sein können und den es in der Tat auch zu erhalten und mit den unterschiedlichsten Möglichkeiten weiterzuentwickeln gilt.
An dieser Stelle möchte ich natürlich auch nicht versäumen zu erinnern, dass der Bund sich in vorbildlicher Weise engagiert hat. Seit 2015 sind die Länder nämlich durch die Übernahme des BAföG vonseiten des Bundes allein bereits um 3,5 Milliarden Euro entlastet worden. Das nennt man soziale Politik.
Natürlich können wir im Detail noch einmal unterschiedliche Modelle diskutieren, ob Altersgrenzen, Vermögensgrenzen, Rückzahlungsfristen und der bürokratische Aufwand angemessen sind, aber, wie gesagt, Gerechtigkeit zu fordern ist leicht, Gerechtigkeit herzustellen hingegen schon etwas ganz anderes. Ist es denn wirklich gerecht, ein Kind aus einer Hartz-IVFamilie genauso zu behandeln wie das Kind eines Pflegers oder aus einer Familie mit oberem Mittelschichtseinkommen oder sogar aus einem Millionärshaushalt? Das hier im Raum stehende BAföG für alle sieht das aber so und würde genau das bedeuten, eine Gewährung unabhängig von der jeweiligen Lebenssituation. Das steht doch genau im Widerspruch zu dem eigentlich von uns allen akzeptierten Subsidiaritätsprinzip.
Begründet wird dies mit der vermeintlichen Ungerechtigkeit, dass nur gut 15 Prozent der Studentinnen und Studenten derzeit BAföG erhalten, das Verfahren zu kompliziert sei und das Geld sowieso nicht reiche. Das finde ich schon grandios, denn dass eine Förderquote im letzten Jahr zurückgegangen ist, muss ja nicht im Umkehrschluss heißen, dass es deshalb weniger Anträge waren, sondern im Gegenteil, die positive wirtschaftliche Entwicklung auch innerhalb der Bevölkerung hat dafür gesorgt, dass nicht so viele Anträge gestellt wurden. Frau Wanka hat das in einer Pressemitteilung im August dieses Jahres noch einmal dargestellt, sie weist darin auf die gute wirtschaftliche Lage hin. Bei guter Einkommens- und Arbeitsmarktsituation ist doch völlig klar, dass der Bedarf nach finanzieller Unterstützung eben auch abnimmt, und das genau ist das Ziel.
Wenn man die Studentenzahlen einmal anschaut, wirkt das Gerede von der Ungerechtigkeit sowieso nicht so wirklichkeitsnah. Schauen wir uns doch einmal die Studierendenzahlen an: Zum Wintersemester 2016/2017 schrieben sich mehr als eine halbe Million junger Menschen an Hochschulen und Universitäten ein. Zum Vergleich: 1970, bei Einführung, gab es insgesamt bundesweit 500 000 Studenten. Also, während
in den Siebzigerjahren rund elf Prozent eines Jahrgangs studieren wollten, sind es in diesem Jahr rund 50 Prozent. Ich weiß nicht, wo das Problem liegt, von wegen, es seien zu wenig Studierende da! Es hat sicherlich eine Reihe von Gründen, aber eines gilt eben auch: Finanzielle Sorgen sind heute nicht mehr das Ausschlusskriterium.
Deswegen auch noch einmal ein kurzer Satz zu der Höhe! Das durchschnittliche Einkommen eines Studenten liegt durchschnittlich bei etwa 920 Euro bei rund 800 Euro Kosten. Die LINKE hat da gleich 1 050 Euro vorgeschlagen, und, Frau Strunge, ich war beeindruckt - mein Studium liegt ja schon lang zurück, und auch das meiner Kinder ist schon ein bisschen her -, wie detailliert Sie doch auch aus der Situation der Betroffenen sagen konnten, was ihre Ausgaben für Kopierkosten und Bücher sind. Wirklich beeindruckend, wie Sie dargestellt haben, warum Sie auf 1 050 Euro kommen! Wenn man bedenkt, dass der Höchstsatz des BAföG heute bei 735 Euro liegt und dieser Satz auch letztes Jahr vom Bund noch einmal erhöht worden ist, dann ist das schon eine ziemliche Leistung.
Immerhin 40 Prozent bekommen ja diesen Höchstsatz. Ist das nun ungerecht? Wir finden das nicht! BAföG dient dazu, Menschen zu unterstützen, die es aus eigener Anstrengung nicht schaffen zu studieren.
Die FDP hat formuliert, Kinder haften nicht für ihre Eltern, aber Eltern haben auch eine Verantwortung für ihre Kinder, und ich weiß nicht, wie es Ihnen ging, falls Sie Kinder haben: Man engagiert sich auch gern, damit die Kinder eine Ausbildung erhalten.
Ich finde auch, dass man über die Selbstverantwortung eines einzelnen Studierenden nicht so einfach hinweggehen sollte. Ein Nebenjob ist natürlich mit Stress verbunden und bedeutet auch ein bisschen zusätzliche Belastung. Das mag der eine oder andere auch vielleicht als ungerecht empfinden, aber es löst den Widerspruch insgesamt ja nicht auf, nur weil wir eine Pauschale annehmen. Ich sehe die Probleme da nicht unbedingt in der Höhe dieses BAföG
Satzes, sondern hier in Bremen und auch anderswo hapert es, wie wir heute wieder in der Zeitung lesen konnten, am günstigen Wohnraum. Wir haben zwar den Bau 400 neuer Wohneinheiten beschlossen, aber 800 Menschen stehen in Bremen aktuell im Studentenwerk auf der Warteliste und warten auf ein Zimmer, sage ich einmal, um zum Studienbeginn untergebracht zu sein.
Dann gibt es noch die Themen frühkindliche Bildung, bessere Unterrichtsversorgung und Qualität, denn das ist das, wo Bildungschancen heute auf der Kippe stehen. Da sind unsere Prioritäten haushälterisch auch anders gesetzt. Wir wären eher für eine kostenlose Kita-Betreuung.
Also, auch hier im Land gibt es viel zu tun. Wir stehen für diesen Sozialstaat, der die Menschen da unterstützt, wo es nötig ist, und setzen daher lieber andere Schwerpunkte als auf den Wahltag am kommenden Sonntag. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Die Frage, die man sich stellen muss, ist doch, ob wir wirklich wollen, dass die Studierenden auf das Einkommen ihrer Eltern zurückgreifen müssen, oder ob wir sagen, sie ziehen von zu Hause aus, sie sind selbstständig, sie gehören nicht mehr zur Bedarfsgemeinschaft, und dann sind sie auch elternunabhängig anzusehen und zu fördern. So sehen wir das als Freie Demokraten!
Wenn das so ist, dann haben sie unserer Meinung nach auch den Anspruch auf, sagen wir, 500 Euro, und der Rest ist durch ein Darlehen zu zahlen. Vom BAföG-Amt! Wir wollen doch keinen in die Hände von Banken geben, dann hätten wir in der Tat mehr Bürokratie. Über die Höhe der Verzinsung kann man reden. Bei dem heutigen Zinsniveau sind wir dann sehr schnell bei null, also insofern überhaupt kein Problem! Über die Anhebung müssen wir auch nicht länger diskutieren, das ist, glaube ich, eine Sache, die auch bei uns klar ist, auch bei den Modellen, die im Bundestagswahlprogramm stehen, da steht nicht, wir wollen das für 735 Euro haben, sondern wir wollen das für einen deutlich höheren Satz von 800 Euro haben. Da muss man dann genau hinschauen, wie die Lebensverhältnisse zu dem Zeitpunkt sind, in dem man das ändert.
Wenn man hier hört, das Problem sei die Nichtinanspruchnahme: Das sind häufig Leute, die sich das überlegt haben. Mein Problem sind die Leute, die nicht studieren, weil sie eben gefühlt finanziell nicht zurechtkommen.
Ja, das ist jetzt die nette Frage nach der Dunkelziffer, Herr Gottschalk, die können Sie selbst auch nicht beantworten.
Insofern lassen wir diesen Zwischenruf im Raum stehen und sagen in Richtung CDU: Es ist eben das Problem, dass es Menschen gibt, die es sich auf dem Papier zwar leisten könnten, das in Anspruch zu nehmen und dann auch studieren könnten und keine finanzielle Situation hätten, die sie davon abhalten würde. Ich kenne Leute, denen ich auch zum Studium rate und sage, ihr hättet diese und jene Ansprüche, ihr könntet das machen, aber das Ergebnis ist: Nein, ich traue mich nicht, ich will meine Eltern nicht fragen und so weiter. Diese Leute zu verlieren, das ist das Problem, und das wollen wir angehen!
Wenn man hier hört, wie toll die Bundesregierung war, dass sie jetzt die Länder entlastet hat: Ja, das war toll, aber das war keine soziale Tat, das hat keinem Studenten geholfen, das hat die Länder entlastet und Geld für Bildung an anderer Stelle freigesetzt.