Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich fange einmal mit einem Zitat an: „Wir kämpfen deshalb seit Jahren gegen die teils menschenunwürdigen Wohnverhältnisse, die von sogenannten Heuschrecken oder Eigentümern von Schrottimmobilien aus Profitgier erzeugt oder zumindest in Kauf genommen werden.“ Das ist ein Zitat von Jürgen Pohlmann, seines Zeichens baupolitischer Sprecher der SPD-Fraktion, vom 9. Februar 2015.
Das zweite Zitat: „Ganze Häuser verrotten, was negativ auf die benachbarten Grundstücke ausstrahlt und dazu führt, dass ganze Straßenzüge zu verwahrlosen drohen. Auch das werden wir mit den neuen Regelungen ändern.“ Das ist jetzt ein Zitat von dem Fraktionsvorsitzenden Björn Tschöpe.
Auch das ist richtig. So weit, so gut, das heißt, das Wohnraumaufsichtsgesetz ist damals mit einem richtigen Ziel eingesetzt worden, mit dem Ziel, einen Riegel vorzuschieben zu Verwahrlosung von Wohnraum und zu der weiteren Nutzung von Wohnraum, der eigentlich nicht mehr geeignet ist, als Wohnraum genutzt zu werden. Enthalten in diesem Gesetz sind auch Sanktionsmöglichkeiten, die die Vermieter oder Eigentümer eines solchen Wohnraums betreffen. Es geht in erster Linie darum, dass, wenn bestimmte Mängel nicht beseitigt werden, beispielsweise, wenn Wohnungen nicht ausreichend gegen Witterung geschützt sind, wenn die Grundfläche nicht einen bestimmten Umfang hat, wenn Wasser, Strom oder Heizung nicht vorhanden oder funktionstüchtig sind, dass dann dieses Gesetz Sanktionsmöglichkeiten zulässt, um damit gegen diese unzulänglichen Zustände vorzugehen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich habe das Gesetz immer für richtig und für gut gehalten. Leider ist es bisher so gut wie gar nicht zur Anwendung gekommen.
Bei dem Wohnungsaufsichtsgesetz geht es jetzt auch nicht um Fragen des Brandschutzes, oder es soll auch nicht die Landesbauordnung ersetzen. Es sind ergänzende, darüber hinausgehende, flankierende Regelungen, die einen Hebel und ein Instrument dem Gesetz, also den Kommunen in erster Linie, an die Hand geben sollen, um Wohnraum zu kontrollieren.
In den letzten Jahren gab es ja immer wieder Berichte, gerade über die Situationen der Wohnungen im Stadtteil Bremerhaven-Lehe, im GoetheQuartier, über Wohnungsbestand, in dem es auch mehrere sogenannte Schrottimmobilien gibt, also Wohnungen, die tatsächlich nicht mehr als bewohnbar gelten dürften. Dennoch gab es immer wieder Meldungen darüber, dass diese Wohnungen trotzdem bewohnt waren. Nicht nur im Rahmen des Untersuchungsausschusses, sondern auch an verschiedenen anderen Stellen sind ja immer wieder Berichte aufgekommen. Es gab auch verschiedene Brandsituationen in den letzten Jahren, die Anlass gegeben haben, daran zu zweifeln, ob dieses Gesetz eigentlich die erwünschte Wirkung entfaltet. Daher haben wir
eine Große Anfrage gestellt, um nach zwei Jahren einmal eine Art Zwischenevaluation vorzunehmen, wie weit das Gesetz eigentlich gewirkt hat.
Ich nenne einmal ein paar Punkte aus der Antwort des Senats. Zunächst einmal stellt der Senat fest, es wurde kein zusätzliches Personal für Kontrollen eingestellt, und das, obwohl Herr Senator Dr. Lohse genau das in der Verabschiedung des Gesetzes im Februar 2015 eigentlich gefordert hatte. Auch hier noch einmal ein Zitat: „Ich möchte darauf hinweisen, dass es sich um neue Aufgaben, auch neue Vollzugsaufgaben handelt, für deren Bewältigung im Moment in der Verwaltung die Ressourcen nicht vorhanden sind. Wir müssen entsprechend finanzielle und personelle Strukturen schaffen.“ Das heißt, bereits mit der Verabschiedung dieses Gesetzes, mit der richtigen Intention, hier den Handlungsspielraum zu nutzen oder einen Handlungsspielraum überhaupt erst zu eröffnen, wurde festgestellt, ohne Personal, das auch zu überprüfen, wird es nicht funktionieren.
Seitdem ist das Personal nicht gestellt worden, und damit verwundern auch die weiteren Erkenntnisse der Senatsantwort nicht, wenn es dann heißt, dass auf der Grundlage des Wohnungsaufsichtsgesetzes seit 2015 keine einzige Anordnung gegen Vermieter oder Immobilieneigentümer erlassen wurde. Es wurde auch keine einzige Überbelegung festgestellt und kein einziges Bußgeld wegen Verstöße verhängt. Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenn wir daraus schließen sollten, dann ist ja alles gut am Immobilienmarkt, dann würden wir eine massive Fehleinschätzung begehen.
Wir haben massive Probleme, aber sie werden nicht angegangen. Ich finde es auch nicht nur ernüchternd und frustrierend, dass man hier dieses Mittel nicht nutzt, um diesem Immobilienmarkt wenigsten ein bisschen Herr zu werden. Ich finde es auch deshalb frustrierend, weil für mich sich dann die Frage stellt, warum wir hier in diesem Hause solche Initiativen lange diskutieren, vorbereiten, in einen Gesetzgebungsprozess gehen, und damit nach außen den Eindruck vermitteln, wir würden uns eines Themas annehmen, im Endeffekt aber weder die finanziellen, noch die organisatorischen Konsequenzen daraus ziehen, das Gesetz auch umzusetzen.
Ein paar Dinge, die aus meiner Sicht nun konkret geschehen müssten; wir werden das natürlich entsprechend dann auch mit Anträgen oder in der
Haushaltsberatung noch einmal einbringen. Erstens, wir brauchen die finanziellen Ressourcen, um hier personelle Ausstattungen zu schaffen, die überhaupt ermöglichen, dass dieses Gesetz umgesetzt wird, weil wir nach wie vor finden, dass dieses Gesetz richtig ist.
Zweitens, für Bremerhaven gilt, dass es nun eine Arbeitsgruppe gibt, die sich des Themas angenommen hat, aber auch eine Arbeitsgruppe ist noch keine Lösung, sondern in vielen Fällen erst einmal nur das Aufwerfen oder das Attestieren eines Problembewusstseins. Sollten auch in dem Zusammenhang Regelungslücken auffallen, müssten wir schauen, ob das Gesetz an der Stelle nachgearbeitet werden muss, dann aber natürlich mit den entsprechenden finanziellen Ausstattungen.
Drittens müssen wir verhindern, dass für Immobilien, die derzeit nicht in dem Zustand sind, dass sie bewohnt werden dürfen, auch keine öffentlichen Gelder verwendet werden, weil es nach wie vor aus unserer Sicht nicht ausgeschlossen werden kann, dass in diese Immobilien, die eigentlich vom Wohnungsaufsichtsgesetz betroffen werden müssten, nach wie vor Gelder vom Jobcenter fließen, somit öffentliches Geld in einen Schrottimmobilienmarkt fließt, man sozusagen auch noch subventioniert, wo eigentlich gesetzliche Regelungen ein Bewohnen verhindern sollten. Das darf es in der Zukunft nicht mehr geben.
Ich hoffe, dass mit dieser Anfrage wenigstens noch einmal ein Problembewusstsein entstanden ist. Wir werden uns darum bemühen, mit Anträgen diese Regelungslücken noch einmal zu schließen.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Also ich bin noch einmal sehr dankbar, auch den LINKEN, und insbesondere Ihnen, Herr Janßen, dass das hier auch noch einmal vorgetragen worden ist. - Bitte schön?
Meine Damen und Herren, das Wohnungsaufsichtsgesetz, und das ist vollkommen richtig, war für uns als sozialdemokratische Bürgerschaftsfraktion immer als Gesamtpaket zu sehen, das ein wichtiges Instrument ist, um im Bereich von Mindeststandards, wo sie nicht eingehalten werden, einen Riegel vorzuschieben. Es geht um Überbelegungen, Vernachlässigungen - all das ist ja auch in der Antwort beschrieben -, es geht
um die Fragen von kaputten Fenstern, Wasserhähnen und insbesondere auch um den Gesundheitszustand der Menschen, besonders für Kinder, die darin leben. Das war immer unser Ansatz.
Die Grundlage war, dass zwar nicht allen, aber einigen Vermietern, es wirklich egal ist, und diese setzen auch die Sachen, die ich eben genannt habe, mitleidslos ein, um ihr Geld zu verdienen. Das ist so. Ich möchte auch noch einmal darauf verweisen, weil das, glaube ich, auch noch ganz interessant ist, wenn man sich damit auseinandersetzt, dass der Landesverband von Haus und Grund diesem Gesetz mehr als skeptisch gegenübersteht. Es ist doch so, dass es auch immer einige schwarze Schafe in diesem Bereich gibt, überhaupt nicht alle Vermieter. Wer sich das einmal herunterlädt oder auch noch einmal die Position von Haus und Grund anschaut, die verstehen wir als SPD ebenfalls absolut nicht.
Mit diesem Wohnungsaufsichtsgesetz gibt es eine weitere Regulierung auch des Wohnungsmarktes in diesem Bereich. Was Sie da als negativ beurteilen, teilen wir überhaupt nicht, sondern das ist notwendig und auch als wichtiges Instrument zu sehen.
Meine Damen und Herren! Ich bin auch der Meinung, dass Punkte in der Antwort des Senats sehr ernüchternd sind, darum braucht man ja auch nicht herumzureden. Was wir hier als Mitteilung vonseiten des Senats erhalten haben, und ich sage es für die SPD, für uns, das nehmen wir auch mit zum Anlass, gemeinsam mit unserem Koalitionspartner zu überlegen, wie wir hier auch in die Umsetzungen, auch im Rahmen der Haushaltsaufstellungsverfahren, regulieren, und was wir auch verbessern können. Es ist vollkommen nicht zufriedenstellend, dass auch die personelle Situation, die wir immer eingefordert haben, die uns auch insgesamt versprochen wurde, nicht umgesetzt werden konnte.
Eine schwierige Situation, wenn wir uns all die Bereiche anschauen. Die Kolleginnen und Kollegen hier in dem Hause, die auch in der Deputation für Bau, Umwelt, Verkehr, Stadtentwicklung und Landwirtschaft vertreten sind, wissen ja, dass es nicht der einzige Bereich ist, in dem wir im personellen Bereich auch richtig Schwierigkeiten haben. Das ist so, aber es kann nicht angehen, wenn wir dieses Gesetz haben, es ist vonseiten der Verwaltung - es ist hier ja auch noch einmal beschrieben worden, wer dafür zuständig ist -, also auch vom Bauordnungsamt und so weiter umzusetzen.
Ich sage vielleicht nachher noch einmal etwas zum Jobcenter. Das sehe ich ein bisschen anders als Sie, Herr Janßen.
Wir brauchen jedoch eine finanzielle Unterstützung, auch gerade eine personelle Unterstützung, zur weiteren Umsetzung des Wohnungsaufsichtsgesetzes.
Meine Kolleginnen und Kollegen haben berichtet, wie die Situation in Bremerhaven aussieht, und ich möchte einmal als Bremer, als Stadtbremer, sagen, da können wir in diesem Bereich ein ganzes Stück auch von der Bremerhavener Verwaltung lernen. In diesem Bereich, auch in der Wohnungsbaupolitik, im Kampf gegen Schrottimmobilien, ist, glaube ich, die Stadt Bremerhaven insgesamt ein ganzes Stück vor uns, sowohl was die Initiativen betrifft als auch in der Umsetzung.
(Abg. Dr. vom Bruch [CDU]: Oh Gott, oh Gott! - Abg. Dr. Buhlert [FDP]: Was ist denn das für eine Wahrnehmung?)
Ja, auch das noch, Herr vom Bruch. Ich glaube, das muss man sich einmal anschauen, was hier berichtet wurde, und ich verweise noch einmal auf die Antwort des Senats, auch zu den einzelnen Ausführungen über die Stadt Bremerhaven.
Zum Schluss noch einmal, dieses Wohnungsaufsichtsgesetz ist aus Sicht der SPD ein wichtiger Bestandteil eines Gesamtpakets. Es gilt unter anderem, auch mit dem Wohnraumförderungsprogramm, darum, die Möglichkeit von Sanierungsgebieten auszuweisen. Das muss man als Gesamtpaket sehen, und ich teile es auch, was hier eben in der Debatte gesagt worden ist, dass wir wirklich darauf achten müssen, dass auch in diesen Bereichen, in denen das nicht eingehalten wird, keine Städtebauförderungsmittel oder andere Förderungsprogramme eingesetzt werden.
In diesem Sinne, dieses Wohnungsbauaufsichtsgesetz ist wichtig, aber wir haben noch richtige Defizite, es auch in der Praxis umzusetzen. - Danke!