In Bremen leben schätzungsweise 6 000 bis 8 000 spielsüchtige Menschen, bundesweit sind es etwa eine halbe Million Menschen. Die Allermeisten davon haben ein Problem mit Automaten. Sie sorgen für 60 bis 80 Prozent des Gesamtumsatzes. Das ist das Geschäftsmodell dieser Betreiber, das muss man in aller Deutlichkeit sagen. Mit Gelegenheitsspielern jedenfalls kann man einen solchen Betrieb nicht aufrechterhalten.
Darauf zielt auch das Bremer Spielhallengesetz. Die Mitarbeiter sind angehalten, diese Spieler zu sehen, sie auf ihr Verhalten aufmerksam zu machen und sie gegebenenfalls dabei zu unterstützen, sich sperren zu lassen.
Dabei scheint in der Praxis einiges nicht richtig zu laufen. Darauf verweist eine aktuelle Studie in Bremen. Einige Betreiber in Bremen scheinen es mit der Kontrolle nicht so ernst zu nehmen. Das muss man in aller Deutlichkeit ansprechen, meine Damen und Herren.
Am Ende geht es, wie so oft, um wirtschaftliche Interessen der Betreiber auf der einen Seite und den Schutz der Spieler auf der anderen Seite. Natürlich wirken sich die Einschränkungen seit Juli 2017 negativ auf die Rentabilität der Spielhallen aus. Aber das Grundgesetz gewährleistet keine Rentabilität für Spielhallen, und so hat - zu Recht, wie ich denke - das Bundesverfassungsgericht in seinem Spielhallenbeschluss deutlich gemacht, dass diese Beschränkungen - etwa das Abstandsgebot - mit Blick auf den Spielerschutz verfassungsgemäß sind. Das begrüßen wir außerordentlich.
Eben diese Abstandsregelung von 250 Metern wird dazu führen, das Angebot zu reduzieren. Dadurch steigert sich auch automatisch die Chance, diesen Markt dauerhaft kontrollieren zu können. Das setzt natürlich voraus, dass die Gesetze umgesetzt werden. Dabei scheinen in der Tat momentan Vollzugsprobleme sichtbar zu werden. Jedenfalls kann man im Bundesgebiet nicht von massenhaften Schließungen von Spielhallen sprechen. Im Gegenteil, es werden weiterhin großzügig Gnadenfristen erteilt und von Härtefallregelungen sowie von sogenannten Duldungsvereinbarungen Gebrauch gemacht, die rechtlich problematisch sind, da das Verwaltungsrecht ein solches Konstrukt nicht kennt, und das trotz fünfjähriger Vorlaufzeit.
Bauchschmerzen bereitet auch der illegale Bereich. Dort haben wir einen Zuwachs von 20 bis 30 Prozent. Herr Professor Dr. Hilz, Sie haben recht, seriöse Studien sprechen von 18,6 Milliarden Euro Umsatz im letzten Jahr. Über 200 Internetanbieter bieten über das Internet illegales Glücksspiel an. Über 400 deutschsprachige Seiten können von Bremen aus abgerufen werden. Es gibt keinen Spielerschutz, keinen Jugendschutz und keine gemeinsamen Sperrdateien. Wenn wir den Glücksspielstaatsvertrag ernst nehmen, dann müssen wir ihn auch wehrhaft machen.
Das Argument, dass die Betreiber im Ausland sitzen, zieht nicht wirklich, denn es ist möglich, diese Finanzströme zu kappen. Bwin beispielsweise musste sich wegen Paymentblocking komplett aus Griechenland herausziehen. Das ist auch in Deutschland möglich. Im Glücksspielstaatsvertrag 2012 ist das manifestiert. 16 Bundesländer haben es unterschrieben. Die Banken und Kreditinstitute können verpflichtet werden, die Geldströme trockenzulegen. Es ist also rechtlich möglich, es ist technisch möglich, und es ist vor allem unter Wahrung datenschutzrechtlicher Gesichtspunkte möglich. Dass es nicht getan wird, ist ein Vollzugsdefizit, das geradezu dazu ermuntert, den illegalen Markt weiter auszudehnen. Das ist ein großes Problem.
Ich komme zum Schluss! Trotz dieser kritischen Stimmen möchten wir die Evaluation abwarten und die notwendigen Konsequenzen ziehen. Wir werden jedenfalls dem Änderungsantrag in dieser Form zustimmen. - Danke schön!
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Den Versuch zu unternehmen, Glücksspiel - sei es in Spielhallen oder online - zu reglementieren, zu begrenzen und Menschen, insbesondere Jugendliche, vor Spielsucht zu schützen, ist ein wichtiges und meines Erachtens notwendiges Anliegen.
Der erste Beschluss, der besagt, wir brauchen Mindestabstände zwischen den Spielhallen, ist ein guter Beschluss. Er schützt nicht nur Spielerinnen und Spieler beziehungsweise Jugendliche ein Stück weit vor Spielsucht, sondern er
schützt auch vor der Entwicklung, dass in manchen Straßenzügen eine Spielhalle neben der anderen steht. Dies alles sind Entwicklungen, die wir nicht wollen.
Wir diskutieren jetzt die Frage: Wie gehen wir mit den zunehmenden Online-Spielerinnen- und -Spieleraktivitäten um? Ich gestehe, ich habe meine Zweifel, ob die Vergabe von Konzessionen an mittlerweile 35 Anbieterinnen und Anbieter ein Beitrag ist, die Spielsucht einzudämmen.
Nun kann man sagen: Ja, diese können wir zumindest ein Stück weit kontrollieren, darauf haben wir Zugriff! Möglicherweise bewirkt diese Form von Konzessionserteilung das Gegenteil. Sie wird eventuell die Spielsucht verstärken und noch mehr Menschen in den Bann dieser Form von Spielsucht ziehen. Insbesondere Fußballwetten, habe ich gelernt, üben einen eigenen Reiz aus, da dort die subjektive Empfindung eine Rolle spielt, nämlich dass man durch Fachkenntnis oder Bescheidwissen das Ergebnis vorhersagen und damit seine eigenen Chancen steigern kann, Spiele richtig vorauszusagen und zu gewinnen. Das ist anders als beispielsweise bei vom Zufall geprägten Automaten. Ich weiß, auch dort glauben manche, sie könnten die Ergebnisse vorhersagen. Bei Menschen, die Fußballwetten abschließen, erlebe ich es in meinem ganz persönlichen Umfeld. Wenn ich irgendwo sitze, sehe ich, dass sich Menschen darüber unterhalten, ihr Handy vor der Nase haben und diese Wetten bewerten. Dort ist die Schwelle zu wetten ziemlich niedrig. Unabhängig von der Frage, ob es ein genehmigter, konzessionierter oder ein illegaler Anbieter ist, meine ich, dass der Zugang, der Reiz - dies wird auch in Studien betont - insbesondere für junge Männer sehr groß ist.
Wir schaffen jetzt ein legales Angebot für diese Form von Online-Spielen. Es ist zunächst eine Experimentierphase. Ich habe auch gelernt, dass es nicht zu deckeln geht, da wir ja einen staatlichen Anbieter haben. Ich finde, man kann ruhig darüber nachdenken, ob man fragt: Brauchen wir eigentlich die legalen Online-Spieleanbieter, und müssen wir vielleicht den staatlichen Anbieter ebenfalls deckeln, weil wir damit die Voraussetzungen schaffen, dass legale OnlineAnbieter dies auch nicht dürfen? Darüber muss man nachdenken.
Worüber ich aber am meisten nachdenke, ist Folgendes. Wir haben gute Maßnahmen getroffen, Tabak- und Alkoholwerbung aus dem öffentlichen Straßenbild und aus dem Fernsehen und so weiter großenteils zu verbannen.
(Abg. Frau Dr. Kappert-Gonther [Bündnis 90/Die Grünen]: Tabak leider nicht! - Abg. Frau Dr. Schaefer [Bündnis 90/Die Grünen]: Tabak leider noch nicht!)
Ja, es ist aber zumindest ein Stück weit reduziert! Im Fernsehen habe ich jetzt lange keine Tabakwerbung mehr gesehen!
Das sind Maßnahmen, über die wir nachdenken müssen, wenn es darum geht, für Online-Wetten zu werben. Mir stellen sich die Nackenhaare auf, wenn ich sehe, dass Fußballerinnen und Fußballer früher mit T-Shirts herumgelaufen sind, auf denen stand: „Keine Macht den Drogen!“, und dann kommt ein ehemaliger Nationaltorwart und wirbt permanent im Bezahlfernsehen für diese Form von Wetten. Das passt nicht zusammen. Das darf nicht sein.
Ich finde es richtig, dass wir darüber nachdenken müssen, wie wir illegalen Anbietern das Handwerk legen. Ich bin mit Ihnen einer Meinung, dass dafür die technischen Voraussetzungen gegeben sind. Wir müssen möglicherweise formale und rechtliche Voraussetzungen schaffen, aber ich denke auch, dass wir diese Form aggressiver Werbung für Online-Spiele - auch noch von Personen des öffentlichen Lebens - und so zu tun, als ob diese Spiele sicher und erfolgversprechend seien und man davon nicht süchtig werden könne, unterbinden müssen. Darüber lohnt es sich zusätzlich nachzudenken. - Vielen Dank für die Aufmerksamkeit!
Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenn ich auch die Umsätze des Glücksspielstaatsvertrages und die einzelnen Implikationen schätze, so muss ich doch sagen, dass im Bereich der Sportwetten das, was damals angedacht war, nicht funktioniert hat.
Nun kann man sich hinstellen und sagen, es lag am Land Hessen, an der Ausführung, die vielleicht, so sagen böse Zungen, ganz bewusst die Kontingentierung von Sportwettanbietern durch das aufwendige Lizenzierungsverfahren hintertrieben hat. Man kann aber auch sagen, dass dieses Lizenzierungsverfahren an sich zwar richtig, aber die Begrenzung der Anzahl von Sportwetten beziehungsweise Sportwettanbietern rechtlich nicht zulässig war.
Sie wissen, dass in den damaligen Diskussionen zur Verlängerung des Glücksspielstaatsvertrages Herr Matthias Güldner für die Grünen immer deutlich gemacht hat, dass es für uns eher wichtig ist, innerhalb der Lizenzierung klare Regelungen zu haben, die auch durchsetzbar sind. Das ist von mehreren Rednern aufgegriffen worden. Wir haben nicht so sehr darauf bestanden, dass es 15, 17 oder 20 sind. Wir sind nämlich der festen Überzeugung, dass wir, da dieser Markt momentan sowohl illegal als auch überhaupt nicht kontrolliert ist und man unter niedrigschwelligen Bedingungen Wetten abschließen kann - es ist für Minderjährige heute kein Problem, im Internet zu wetten, und dann haben wir die Fälle von Spielsucht -, durch Lizenzierung und Auflagen klare und hohe Hürden brauchen, die wir notfalls entsprechend sanktionieren, wenn sie nicht eingehalten werden, bis hin zum Entzug der Lizenz. Das war für uns bisher die wichtige Grundhaltung.
Die Beschränkung auf eine bestimmte Anzahl von Sportwetten wird durch die Ministerpräsidenten mit dieser Änderung, die wir heute zur Kenntnis nehmen, kassiert. Wir halten dies für korrekt und sinnvoll. Fortan können alle Firmen eine Konzession beantragen und müssen die Mindestanforderungen erfüllen, um diese Konzession zu erhalten.
Wir können nun gern noch einmal darüber diskutieren, ob diese Mindestanforderungen genügen und wie wir damit umgehen, wenn sie nicht eingehalten werden. Aus unserer Sicht muss es in erster Linie im Bereich der Sportwetten um die konsequente Umsetzung der Regularien gehen. Dort, sage ich Ihnen ganz deutlich, sehen wir als Grüne im Land Bremen erheblichen Nachholbedarf.
Wir haben uns hier schon häufiger darüber ausgetauscht und gelernt, dass es einen Unterschied zwischen der gefühlten und der formellen Illegalität gibt und gerade die Ordnungsbehörden im Land Bremen aufgrund der unklaren Rechtslage keine gerichtsfeste Möglichkeit hatten, gegen die Werbung sogenannter illegaler Wettanbieter vorzugehen. Wir hoffen, dass sich das jetzt mit dieser klaren Regelung im Glücksspieländerungsstaatsvertrag ändert.
Wie geht es im Bereich Sportwetten insgesamt weiter? Das ist eine spannende Frage. Sie wissen, Schleswig-Holstein hat gewählt. Dort gibt es klare Aussagen, zumindest von Teilen der Regierung, dass sie diesen Änderungen nicht zustimmen werden. Insofern wird in diesem Bereich weiterhin ordentlich Bewegung sein. Aber ich denke, was wir am wenigsten brauchen - das müssen sich auch die Abgeordneten in Schleswig-Holstein bewusst machen -, ist ein
unkontrollierter und vollkommen illegal agierender, keine Rücksicht auf irgendwen nehmender Markt im Bereich der Sportwetten. Das kann nicht unser Ziel sein. Ich kann nur hoffen, dass es den Ministerpräsidenten gelingt, eine Regelung zu schaffen, auch zusammen mit Schleswig-Holstein, die am Ende all das, was hier in den Reden bereits an Spielerschutz gefordert wurde, vernünftig umsetzt. - Herzlichen Dank!
Meine Damen und Herren! Ich habe lange in der Glücksspielaufsicht gearbeitet. Was ich dort gelernt und erfahren habe, darf ich Ihnen nicht erzählen, da ich auch als außer Dienst gestellte Beamtin verpflichtet bin, über die Erkenntnisse, die ich im Dienst gewonnen habe, Stillschweigen zu bewahren. Deshalb beschränke ich mich jetzt auf das, was man der Zeitung entnehmen kann und was jeder geneigte Leser ebenfalls hätte zur Kenntnis nehmen können.
Dabei fällt mir als Erstes ein, Herr Dr. Hilz: Ach du liebes Bisschen! Haben Sie eigentlich gelesen, was diese Vorlage heute will und worum es hier geht? Es geht hier nämlich nicht darum, irgendetwas im Sportwettbereich zu verhindern, sondern darum, etwas zu ermöglichen,
(Beifall SPD, Bündnis 90/Die Grünen - Abg. Professor Dr. Hilz [FDP]: Nichts anderes habe ich gesagt, Frau Kollegin!)
etwas, das nach bisherigem Recht nicht möglich ist. Wenn also dieses Parlament zu der Auffassung käme, diesen Vertrag nicht ratifizieren zu wollen - wie Sie es gerade in Ihren letzten Satz gesagt haben -, dann könnte diese Öffnung nicht erfolgen. Nehmen Sie das bitte zur Kenntnis!
Gerade durch den Zweiten Glücksspieländerungsstaatsvertrag wird das Sportwettmonopol auf eine erweiterte Konzessionsregelung ermöglicht. Es geht darum, für einen beschränkten Zeitraum, der sich noch einmal verlängert, wenn man diesem Gesetz zustimmt, die Möglichkeit zu eröffnen, das Verfahren neu in Gang zu bringen. Aber bitte, stimmen Sie gern dagegen! Ich kann das gut aushalten. Was passiert, wenn dieser Vertrag nicht ratifiziert wird, will ich Ihnen kurz erzählen, weil es bereits im bisherigen Gesetz steht: Der Glücksspielstaatsvertrag wird in der hier vorliegenden Form bis zum 31. Dezember 2021 fortbestehen, ab dem 30. Juni
2019 völlig ohne allgemeine Sportwetten. Diese fallen dann nämlich wieder ins Monopol zurück. Das geschieht, wenn man diesem Vertrag heute nicht zustimmt.
Wenn Sie das nicht wollen, dann müssen Sie diesem Vertrag zustimmen, da nur er überhaupt die Öffnungsklausel enthält, etwas anderes zu tun. Ich zeige es Ihnen gern, wenn Sie wollen, auch anhand des Vertragstextes. Aber das funktioniert, glaube ich, nicht von hier vorn.