Protocol of the Session on August 23, 2017

Ich komme zum Abschluss, ohne dass ich viele Neuerungen eingebracht hätte. Ich glaube, das gilt für alle Rednerinnen und Redner in dieser Debatte. Die relevanten Veränderungen, um die Weser für das Befahren mit Großmotorschiffen zu ertüchtigen, sind bereits umgesetzt. Die anstehenden Veränderungen sind dagegen eher marginal.

Frau Grobien hat die Begegnungsverbote angesprochen. Nach dem derzeitigen Naturschutzrecht lässt sich das sowieso nicht so umsetzen. Es wird weiterhin Einschränkungen geben.

Deshalb hätten wir die weiteren Uferrückverlegungen eigentlich nicht gebraucht. Sie werden jetzt kommen. Das ist zwar nicht ein so riesiger Eingriff wie weitere Vertiefungen, aber trotzdem hätten wir die Uferrückverlegungen an dieser Stelle nicht gebraucht.

Wir erwarten, dass der Senat uns rechtzeitig darüber informiert, wie es mit der weiteren Finanzierung aussieht, vor allen Dingen, was die Instandhaltungskosten angeht, die Bremen quasi im Tausch gegen die Übernahme der ausstehenden 23 Millionen Euro durch den Bund übernehmen müsste. - Vielen Dank für die Aufmerksamkeit!

(Beifall DIE LINKE)

Als nächste Rednerin hat das Wort die Abgeordnete Frau Dr. Schaefer.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! In der Tat debattieren wir heute nicht zum ersten Mal über die Mittelweser. Es ist eine komplexe, schwierige Debatte, die seit vielen Jahren geführt wird.

Frau Grobien, Sie haben vorhin Herrn Wedemeier sehr gelobt. Ich möchte jetzt trotzdem einen kritischen Aspekt einbringen. Vor Jahren hat sich Bremen unter Führung unter Herrn Wedemeier verpflichtet, ein Drittel der Gesamtkosten dieser Anpassungsmaßnahmen zu tragen. Das ist extrem unüblich, weil ausschließlich der Bund für die Finanzierung solcher Maßnahmen an Bundeswasserstraßen zuständig ist. Die Länder sind für Maßnahmen in den Häfen zuständig, der Bund für solche an den Bundeswasserstraßen. Man kann jetzt zwar sagen, dass das Jahre her sei. Dennoch glaube ich, mit der damaligen Entscheidung ist eine ungünstige Ausgangslage für Bremen entstanden. Es kommt hinzu, dass der zu übernehmende Betrag nicht einmal gedeckelt ist. Dabei weiß man, dass Bauvorhaben in jedem Jahr teurer werden. Insofern muss man das Ganze auch einmal kritisch betrachten. Man hat sich nicht auf eine Höchstgrenze geeinigt.

Im Jahr 2008 wurden die Gesamtbaukosten zumindest überschlägig angegeben. Damals wurden 162,2 Millionen Euro errechnet. Das ist auch schon wieder neun Jahre her. Ich gehe davon aus, dass die Gesamtkosten inzwischen eher gestiegen sind.

Bremen hat, auch das wird in der Antwort des Senats deutlich, bisher 22,5 Millionen Euro für Anpassungsmaßnahmen bezahlt. Mindestens 23 Millionen Euro stehen aus.

Stadtbürgerschaft 3617 47. Sitzung/23.08.17

Es ist in der Tat so, dass die Anpassung der Mittelweser ordnungsgemäß planfestgestellt worden ist. Zum Teil sind Maßnahmen umgesetzt worden. Zum Teil steht die Umsetzung aber eben noch aus. Das sind diese Uferrückverlegungen.

Der mit dem Bund angestrebte Deal hat zum Inhalt, dass der Bund die auf Bremen entfallenden Kosten übernimmt. Dafür übernimmt Bremen die Unterhaltungsverpflichtung für die Lesum und die Wümme. Herr Janßen ist schon darauf eingegangen.

Ich teile die Frage von Herrn Janßen nach der Höhe der Unterhaltungskosten. Wir wissen, dass beide Flüsse in Bremen in keinem guten ökologischen Zustand sind. Laut Europäischer Wasserrahmenrichtlinie besteht hier Handlungsbedarf. Man muss sie in einen guten ökologischen Zustand versetzen. Das schreibt das europäische Recht vor, meine Damen und Herren.

(Beifall Bündnis 90/Die Grünen)

Man muss eben genau gegenrechnen, wie teuer die Unterhaltung von Lesum und Wümme sein wird. Auch wenn uns noch keine Zahlen vorliegen, heißt das für mich in der Tat, dass es die Anpassung der Mittelweser für Bremen definitiv nicht zum Nulltarif geben wird. Das muss uns dringend einmal vorgerechnet werden.

Bremen und der Bund befinden sich nach wie vor in Verhandlungen miteinander. Auch wenn Herr Ferlemann etwas verkündet hat, ist noch kein Ergebnis unter Dach und Fach und noch nichts unterschrieben.

Es ist in der Tat eine schwierige Debatte. Der Bund - genauer: das CDU-geführte Bundesverkehrsministerium - steht auf dem Standpunkt, die Optimierung der Schleusenzeiten reiche absolut aus, während die teure Umsetzung der restlichen Maßnahmen zur Mittelweseranpassung nicht wirklich einen Mehrgewinn brächte. Diese Auffassung kann man auch der Antwort des Senats entnehmen. Frau Grobien, was darin steht, ist das offizielle Ergebnis des Bundesverkehrsministeriums, das dieses verkündet hat, nachdem es eine Verkehrssimulation und eine Probefahrt mit einem Großmotorgüterschiff organisiert hat. Darüber haben wir hier im April diskutiert.

Wichtig ist unbestritten der Neubau der Schleusen in Minden und Dörverden. Auf die Einweihung der Schleuse, die letzte Woche stattgefunden hat, wurde gerade eingegangen. Ich

möchte trotzdem - dies ging auch aus der Antwort des Senats hervor - das Bundesverkehrsministerium zitieren. Es stellt fest - Zitat -:

„Die Umsetzung aller gemäß Planfeststellungsbeschluss noch anstehenden Uferrückverlegungen haben nur einen marginalen Einfluss auf die Gesamtpassagedauer. Die Wartezeit an den Schleusen durch steigende Anzahlen der Schiffe sind vor allem der limitierende Faktor.“

Deshalb schlägt das Bundesverkehrsministerium einen 24-Stunden-Betrieb als Entlastung vor. Das möchte das Binnenschifffahrtgewerbe jedoch nicht. In diesen Debatten kommt Folgendes überhaupt nicht vor, es steht nicht in der Antwort des Senats und wurde auch nicht nachgefragt, es ist aber so, wenn man sich mit Experten unterhält: Der limitierende Faktor sind nicht nur die Schleusen, sondern auch die Höhe der Brücken. Diese kann man nicht einfach erhöhen.

Derzeit führen Bremen und der Bund noch Verhandlungen. Im Koalitionsvertrag halten wir Grüne an dem Ziel fest, dass die Anpassung stattfinden soll, allerdings auch daran, dass der bremische Finanzierungsbeitrag haushaltsentlastend verbindlich zu regeln ist. Meiner Meinung ist es sinnvoll, sich einmal die Kosten- und Nutzenfaktoren in den einzelnen Abschnitten anzuschauen, sie zu bewerten und gegebenenfalls eine Priorisierung vorzunehmen. Dies tut zumindest das Bundesverkehrsministerium. Es stellt fest, dass in den südlichen Flussabschnitten - von Minden bis Landesbergen - Engpässe mit längeren Wartezeiten zu erwarten sind und es sinnvoll ist, die Anpassung am ehesten dort vorzunehmen.

(Glocke)

Ich komme sofort zum Schluss! Deshalb ist es sinnvoll, vor allem zunächst dort diese Abschnitte umzusetzen.

Erlauben Sie mir als Grüne einen letzten Satz: Es wird Sie nicht verwundern, aber wir sind der Meinung, dass es eigentlich Irrsinn ist, dass sich die Natur auf Kosten der Gesellschaft - weil es teuer ist - den Schiffen anzupassen hat. Nein, wir meinen, es ergibt mehr Sinn, dass Schiffe sich der Natur anpassen müssen.

(Beifall Bündnis 90/Die Grünen)

Wenn wir uns die Probleme in der Schifffahrt anschauen, in der es immer größere Schiffe gab, die sich gegenseitig Konkurrenz machten und am Ende eine Schifffahrtskrise ausgelöst haben, dann halte ich solche Fragen in diesem Kontext berechtigt. - Vielen Dank!

Stadtbürgerschaft 3618 47. Sitzung/23.08.17

(Beifall Bündnis 90/Die Grünen)

Als nächster Redner hat das Wort Herr Professor Dr. Hilz.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir Freie Demokraten stehen selbstverständlich weiterhin für den voll planfestgestellten Ausbau der Mittelweser.

(Beifall FDP)

Wir sind auch der Meinung, dass es nicht zu akzeptieren ist, wenn es durch nicht zurückverlegte Ufer zu zusätzlichem Begegnungsverkehr und damit zu Verzögerungen auf dieser so wichtigen Schifffahrtsstraße für unsere bremischen Häfen kommt.

Wir haben uns ein wenig über diese Große Anfrage gewundert - darin schließe ich mich den Vorrednern an -, denn auch aus unserer Sicht war mit unserer Anfrage vom Dezember 2008 beziehungsweise der Berichtsbitte im Ausschuss für Wirtschaft, Arbeit und Häfen eigentlich alles beantwortet. Es ist trotzdem gut, noch einmal darüber zu sprechen, denn seitdem Sie die Anfrage gestellt haben, hat sich einiges getan, und es kommt zu weiteren Rückverlegungen, die ein wichtiger und guter Schritt sind, insbesondere für unsere bremischen Häfen.

(Beifall FDP)

Frau Dr. Schaefer, mich hat Ihr Schlusssatz verwundert. Zum einen kann ich mir technisch nicht vorstellen, wie sich das Schiff der Natur anpassen soll,

(Abg. Frau Dr. Schaefer [Bündnis 90/Die Grü- nen]: Indem man sie vergrößert!)

und zum anderen propagieren Sie doch immer, dass wir vom Lkw-Transport, vom Transport auf der Straße wegkommen sollen. Wenn wir den Transport von der Straße nicht auf die Wasserstraße verlegen, auf das umweltfreundlichste Verkehrsmittel, das Schiff - in diesem Fall das Binnenschiff -, dann weiß ich nicht, wie wir es ansonsten nach Ihren Vorstellungen gestalten können. Der Ausbau der Mittelweser ist ganz klar ein umweltfreundlicher Vorstoß, um Transportwege zu schaffen.

(Abg. Frau Dr. Schaefer [Bündnis 90/Die Grü- nen]: Dabei geht es um die Umweltbilanz! Das kann ich Ihnen erklären!)

Man kann sich gar nicht ausdenken, was passieren würde, wenn weitere Begegnungsverkehre kämen und alles, was bisher an Kies,

Sand et cetera über die Mittelweser transportiert wird, mit Lkws durch die Dörfer gefahren wird. Das kann doch nicht in Ihrem Sinn sein!

Kurz gesagt: Wir stehen weiterhin dazu! Ich bin froh, und eigentlich müssen wir den Niedersachsen danken, denn alle im - jetzt aufgelösten - Landtag vertretenen Fraktionen haben sich gemeinsam dafür starkgemacht, den planfestgestellten Ausbau zu realisieren. Nur deshalb, denke ich, hat sich der Bund bewegt. Der Senat war in dieser ganzen Frage viel zu passiv und zurückhaltend. Vielleicht haben Sie ja jetzt Ihre Meinung geändert, Herr Günthner. Eventuell sagen Sie gleich noch einmal etwas dazu.

Wir hoffen, dass wir am Ende dazu kommen, dass durch den Weiterbetrieb der kleineren Schleusen in Dörverden und Minden Stauungen minimiert werden können oder bei eventuellen Ausfällen der großen Schleusen Ersatz geschaffen wird. Aus unserer Sicht ist der Ausbau der Mittelweser ein umweltfreundlicher Weg, um weiterhin Güterverkehr auf die Wasserstraße zu verlagern und eine umweltfreundlichere Alternative für unsere wichtigen Hafenstandorte leisten. - Vielen Dank!

(Beifall FDP)

Als nächste Rednerin hat das Wort die Abgeordnete Frau Grobien.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich kann es kurz machen und stelle noch einmal klar: Natürlich ist es sehr spannend, wenn man am 6. Juni 2017 eine Antwort des Senats bekam, die im diametralen Gegensatz zu dem steht, was das Bundesverkehrsministerium am 14. Juni 2017 veröffentlicht hat. Darüber, warum es dann so kurzfristig zu einem Richtungswechsel im Bundesverkehrsministerium kommen konnte, kann man natürlich lange spekulieren, ob es Verkehrsminister Dobrindt war, der Gast bei der Schaffermahlzeit war, auf der es ein Gespräch mit dem Bürgermeister und Herrn Dettmer gab, und man sagte: Was? Das wusste ich gar nicht, das Thema kannte ich gar nicht!

Der Erfolg hat sehr viele Väter, und wichtig ist, dass die Uferrückverlegungen beschlossen worden sind.

Eines möchte ich auch noch sagen: Eine Schleuse, die ja auch von Ihnen allen als eine deutliche Verbesserung erkannt wird, ist natürlich nur dann eine relevante Verbesserung, wenn sie so zum Tragen kommt, dass die zwischen Bremen und Minden fahrenden Schiffe auch in einer zügigen Geschwindigkeit hindurchfahren können - „zügige Geschwindigkeit“

Stadtbürgerschaft 3619 47. Sitzung/23.08.17

ist bei der kurvenreichen Weser immer relativ, muss man ehrlicherweise sagen -, denn sonst wäre die Schleuse und deren Neubau ein reiner Investitionstorso und völlig überflüssig. Es war mir wichtig, dies noch einmal darzustellen. - Vielen Dank!