Protocol of the Session on June 15, 2017

Deshalb habe ich mich ja auch noch einmal gemeldet, ich denke, es ist auch ein typisches Beispiel. Wir sind hier an einer Stelle, an der eigentlich alle, glaube ich, in diesem Hause der Meinung sind, dass das Justizwesen für eine

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Gesellschaft ein ganz wichtiger Part ist, der eigentlich funktionieren muss. Wenn so etwas immer wieder passiert, dass man immer wieder zu Situationen kommt, dass das Vertrauen in diese Justiz erschüttert werden kann, weil es zu solchen Fällen kommt, dass Verfahren zu lang sind, nicht abgearbeitet werden, nicht stattfinden oder eben Menschen wegen Personalmangels aus der U-Haft entlassen werden, dann muss man sagen, da ist doch irgendetwas grundsätzlich falsch!

Wir als LINKE sagen da auch noch einmal ganz deutlich, wir glauben, es gibt bestimmte Bereiche in unserem Staat, in der Daseinsvorsorge, die einfach gewährleistet werden müssen, und dafür muss eine Gesellschaft auch das entsprechende Geld aufbringen. Sonst funktioniert irgendwann die Gesellschaft nicht mehr, und das ist auch, glaube ich, bei der Justiz der Fall, auch wenn wir Linken mit der Justiz nicht immer so viel zu tun haben. Ich finde aber, das ist plausibel, und daher werden wir heute den Antrag der CDU unterstützen. - Danke!

(Beifall DIE LINKE)

Als nächste Rednerin hat das Wort die Abgeordnete Frau Aulepp.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich hätte nicht gedacht, dass es dieser Klarstellung noch bedarf, aber ich mache es dann jetzt trotzdem, offensichtlich ist es bei einigen nicht angekommen. Die Frage, wer wen persönlich angreift, lasse ich einmal hier im Raum stehen!

Ja, wir brauchen eine Verstärkung beim Landgericht, weil man dort die Arbeit künftig können muss, und dort finden schon konstruktive Gespräche statt, ich habe gestern mit der Präsidentin des OLG darüber gesprochen. Es ist eben nicht so, dass man das hier plakativ auf diese Weise deutlich machen muss, sondern es wird sachlich und fachlich abgearbeitet, und da sind wir weiter daran.

Zweiter Punkt: Herr Erlanson hat gerade darauf hingewiesen, dass wir uns jetzt tatsächlich von der sogenannten PEP-Quote nicht nur im Bereich Justiz, sondern auch in anderen ganz wichtigen Bereichen der öffentlichen Daseinsvorsorge und der hoheitlichen Tätigkeiten verabschieden, das ist richtig, wichtig und überfällig. Ich möchte dazu noch sagen, ich bin sehr froh darüber, dass wir von der Ideologie der Neunzigerjahre wegkommen, in der man dem Irrglauben aufgesessen ist, dass man nach einer Entstaatlichung hoheitliche Tätigkeiten und öffentliche Daseinsvorsorge wie in Wirtschaftsunternehmen durchführen könne. Wenn das,

was ich hier heute gehört habe, bedeutet, dass diesbezüglich auch ein Umdenken bei der CDU und der FDP stattgefunden hat, dann würde mich das sehr freuen. Ich bin sehr verhalten optimistisch in dieser Frage,

(Abg. Röwekamp [CDU]: Kein Mensch will Ge- richte privatisieren!)

aber ich glaube, das ist an der Stelle deutlich geworden. - Vielen Dank!

(Beifall SPD)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Zenner.

Herr Präsident, meine Damen und Herren!! Zwei, drei kurze Bemerkungen noch zur Debatte! Einzelfälle, die in der Öffentlichkeit aufgebauscht und hochgespielt werden, müssen nicht immer ein Fehler in der Justiz sein, manchmal liegt für den Juristen auch das Thema im Einzelfall und in dem einzelnen Verfahrensablauf. Juristen sollten immer bemüht sein, auch Sachlichkeit zu wahren und den Ball dann in der Debatte auch flach zu halten,

(Beifall Bündnis 90/Die Grünen)

das muss man auch dazu sagen.

Ich muss auch sagen, dass wir ansonsten im Rechtsausschuss gute und sachliche Debatten führen und auch informiert werden, allerdings muss man häufiger selbst nacharbeiten und nachfragen, weil immer nur das beantwortet wird, was gefragt wird.

(Abg. Röwekamp [CDU]: Das mache ich zu Hause auch so!)

Nach außen ist man nicht so auskunftsbereit, deswegen unsere Berichtsbitte zu den Altfällen, die dann etwa die Zahl von 35 ergibt. Um es noch einmal auf den Punkt zu bringen: Wir haben 35 Altfälle, es gibt weitere Altfälle, die jetzt in der Anfrage zur Beantwortung stehen, und wir haben sehr viele Haftsachen. Dadurch, dass es nicht gelungen ist, mit einer weiteren Strafkammer die Haftsachen in den Griff zu bekommen - das hatte die Kollegin ja ausgeführt -, sind wir auch nicht zur Abarbeitung der Altfälle gekommen und kommen auch mit den aktuellen weiteren Haftfällen nicht klar.

Deswegen ist die Forderung, die wir als FDP schon vor ein paar Monaten im Rechtsausschuss und auch öffentlich erhoben haben, zwei zusätzliche Strafkammern einzurichten,

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also sechs qualifizierte Richter einzustellen, völlig seriös. Ich meine, dass wir nicht noch einmal unbedingt den Rechtsausschuss brauchten und alles noch einmal aufgearbeitet und noch einmal wieder genauer hingeschaut werden muss. Das ist eine seriöse Forderung, auch deshalb, weil schon Umschichtungen von der Zivil- in die Strafgerichtsbarkeit erfolgen, wie es der Kollege auch ausgeführt hat. Das kann man später auch wieder umgekehrt machen, deshalb sehe diesen Bedarf nicht.

Des Weiteren müssen wir uns noch ein bisschen mehr damit beschäftigen, warum es in Bremen überlange Strafverfahren gibt. In allen anderen Bereichen sind wir im Vergleich zu Großstädten und anderen Bundesländern nicht ganz schlecht, das muss man ehrlicherweise so sagen. Das ist auch eine Anerkennung an unsere Richterschaft, dass sie ordentlich arbeitet und zügig liefert.

(Beifall FDP)

Bei den Strafverfahren haben wir jedoch überlange Verfahrensdauern. Dazu hat dann die Präsidentin des OLG als Begründung gesagt, wir hätten in Bremen Verteidiger, die den Strafrichtern immer besonders mit Beweisanträgen und anderen Verfahrenstricks, sage ich jetzt einmal, das Leben schwer machten und die Verfahren deshalb so lange dauern. Das hat mich nicht überzeugt, das muss man sich genauer ansehen. Deswegen haben wir nicht seit über zehn Jahren diese vielen Altfälle.

Zu den Servicekräften! Wir müssen nicht nur auf Servicekräfte schauen, meine Damen und Herren, sondern wir haben auch in anderen Bereichen, zum Beispiel beim Registergericht, schlechtere Bearbeitungszeiten als in den umliegenden Amtsgerichten in Niedersachsen, das gilt gleichermaßen für das Grundbuchamt. Dort gibt es auch noch Nachholbedarf, wie wir uns in anderen Bereichen besser aufstellen müssen. Die Justiz muss als Dienstleister für die Bevölkerung begriffen werden, und da müssen wir ein bisschen mehr investieren, um das Vertrauen in den Rechtsstaat zu erhalten. - Danke schön!

(Beifall FDP)

Als nächster Redner hat das Wort Herr Staatsrat Schulz.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten! Zunächst muss ich sagen, als Staatsrat für Justiz und Verfassung freue ich mich doch sehr, wenn ich hier solch eine - wie sich abzeichnet -

breite Mehrheit finde, die bereit ist, jetzt die nötigen Stellen für Personal in den Haushaltsberatungen abzusichern.

(Zuruf Abg. Dr. vom Bruch [CDU])

Wir werden ganz genau darauf achten müssen, ob diese Forderungen dann bei der abschließenden Beratung des Haushalts doch wieder untergehen, weil man sagt, in Gänze könne man sich dem Haushalt nicht anschließen, aber die Bereitschaft, die Personalausstattung der bremischen Justiz zu verstärken, finde ich wirklich erfreulich, alles andere wäre ja falsch, wenn ich das sagen würde.

(Beifall SPD)

Wir haben eine Situation, die hier auch in den Debattenbeiträgen schon angesprochen worden ist: Die bremische Justiz besteht nicht nur aus dem Landgericht und schon gar nicht nur aus dem Landgericht in Strafsachen. Die bremische Justiz ist - und das wird man auch aus dem Belastungsbericht der bremischen Justiz erlesen können - in vielen Fachgerichtsbarkeiten spitze. Wenn man etwas von einem Ranking hält, dann werden Sie feststellen, dass sie in vielen Fällen auf Platz eins steht,

(Beifall SPD)

allerdings auch in Fällen, in denen es nachweisbar hohe Eingangszahlen und trotzdem auch hohe Erledigungszahlen gibt. Es ist nicht unbedingt so, dass hohe Eingangszahlen dazu führen müssen, dass Altbestände aufgebaut werden. Das ist etwas schwierig von Fachgerichtsbarkeit zu Fachgerichtsbarkeit.

Es ist natürlich so, dass die Strafjustiz in einem besonderen Fokus der Öffentlichkeit steht, das ist klar, und es trifft auch zu, dass es im Augenblick vermehrt zu Haftsachen kommt. Das ist ganz offensichtlich heute ein anderes Herangehen bei Fällen, die früher vielleicht noch nicht zu einer Haft geführt haben, heute wird das offensichtlich wieder anders beurteilt. Das führt natürlich dazu, dass die Haftsachen - das ist hier auch mehrfach erwähnt worden - in erster Linie bearbeitet werden müssen und der Abbau von Altverfahren deswegen nur schwer vorankommt.

Schon im Jahr 2016 hat man dem Landgericht eine Personalverstärkung zum Abbau von Altverfahren gegeben, auch im Jahr 2017 ist es so. Es wird so sein, dass wir im Jahr 2017 49,20 Richterstellen am Landgericht Bremen hatten und am Ende des Jahres 52,63 Stellen haben werden. Im Rahmen der Haushaltsberatungen hat das Ressort Justiz und Verfassung viele

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Personalstellen im richterlichen Bereich angemeldet, und wir werden davon hoffentlich im Ringen um die knappen Mittel auch das eine oder andere durchsetzen können.

Eine funktionsfähige Justiz besteht aber nicht nur allein aus der Richterschaft, sondern auch aus den nicht richterlichen Bediensteten der Gerichte. Bei meinen ersten Besuchen an den Gerichten habe ich großen Wert darauf gelegt - und das werde ich auch den nachfolgenden Besuchen weiterhin machen -, dass ich auch das Gespräch mit den Geschäftsstellenleitungen finde, weil diese mir schildern können, wo es dann wirklich drückt. Wir haben im letzten Jahr im Bereich der Justiz in diesem Segment nacharbeiten können, indem man Justizfachangestellte und Rechtsanwalts- und Notariatsgehilfen eingestellt hat. In den ersten Gesprächen, die ich geführt habe, war die Auskunft, dass das eine gute Entscheidung war, weil deren Arbeitsbelastung so ist, dass sie gut in die Justiz passen und wirklich geholfen haben.

Ich will klar festhalten, dass im Augenblick die Zahl der Eingänge am Landgericht, und jetzt besonders in Strafsachen, weil das im Fokus der Öffentlichkeit steht, wirklich hoch ist. Ich kann auch sagen, dass wir uns in der nächsten Woche seitens der Justizverwaltung mit der Präsidentin des OLG und der Präsidentin des Landgerichts zusammensetzen werden. Es wird zu einer personellen Verstärkung in diesem Bereich kommen, das kann ich auch jetzt schon sagen.

(Beifall SPD, CDU, Bündnis 90/Die Grünen)

Allerdings ist es aber nicht allein mit einer personellen Verstärkung getan. Man kann über Statistiken reden, aber man kann sie nicht vollständig ignorieren. Mein Vorgänger Matthias Stauch war in der Hinsicht ein sehr genauer Rechner und hat vielleicht auch manche Leute manchmal damit genervt, aber es ist eben so, dass die personelle Ausstattung bezogen auf das Landgericht überdurchschnittlich ist, und die Erledigungsquoten sind unterdurchschnittlich. Das wird auch in der Justiz in Gänze beobachtet, und wir müssen seitens der Justizverwaltung jetzt darauf achten, dass wir eine passgenaue Antwort für das Thema der Altverfahren und Haftsachen in der Strafjustiz finden. Wie gesagt, eine Personalverstärkung gehört dazu, aber es ist nicht nur die Personalverstärkung, sondern wir werden mit den beiden Präsidenten darüber reden müssen, welche Ideen aus den Gerichten kommen, um dafür zu sorgen, dass im Rahmen der Selbstverwaltung der Gerichte entsprechende Maßnahmen getroffen werden. Das ist letztlich das Thema der Geschäftsverteilung.

Ich weiß aus einem Bericht, der mir noch im Entwurf vorliegt, aus einer anderen Fachgerichtsbarkeit, die auch über sehr hohe Eingangszahlen klagt, dass man sich dort selbst damit beschäftigt, wie man auch unterjährig Anpassungen vornimmt, um darauf Antworten zu finden, und schaut, welche Fälle aus welchen Gründen auf einmal nicht befördert werden.

Es gehört aus meiner Sicht auch zur Selbstverwaltung der Justiz, dass sich die Beschäftigten nicht darauf beschränken, nur festzustellen, dass die Arbeit zu viel geworden ist, sondern sie müssen auch selbst Antworten darauf finden, wie sie dort Lösungen aufzeigen wollen. Natürlich sind dann die Lösungsvarianten hier an die Justizverwaltung zu adressieren, und wir werden dann mit Ihnen, die im Rechtsausschuss vertreten sind, oder gegebenenfalls dann auch hier im Hohen Hause darüber zu befinden haben.

(Beifall SPD - Glocke)

In Gänze also: Es ist nicht so, dass die bremische Justiz keine Bestnoten hat. Die bremische Justiz ist überwiegend spitze, auch - das an die Richter und Herrn Zenner gerichtet! - in der freiwilligen Gerichtsbarkeit.

(Zuruf Abg. Zenner [FDP])

Ja, die Zahlen habe ich mir auch schon angesehen! Es gibt Teilbereiche, in denen wir nachbessern müssen, und auch dies werden wir uns genauer - -. Es gibt aber eben auch andere Bereiche der freiwilligen Gerichtsbarkeit, in denen wir auch Spitzenplätze belegen.