Es wäre hilfreich, wenn uns die Zahlen zur Verfügung gestellt werden würden, aber natürlich ist das ein anderes Format als das, das die UPD zurzeit abwickelt. Man kann sie natürlich nebeneinanderstellen und man, ob sich das ergänzt und ob bestimmte Beratungsfälle über die Verbraucherzentrale abgewickelt werden. Wenn ich die Zahlen bekomme, dann werden sie in dem Bewertungsprozess aufgenommen und der Deputation zur Verfügung gestellt.
Die zweite Anfrage bezieht sich auf die öffentliche Darbietung der Reichsbürgerhymne „Marionetten“ in Bremen durch Xavier Naidoo und die Band „Söhne Mannheims“. Die Anfrage ist unterschrieben von den Abgeordneten Senkal, Tschöpe und Fraktion der SPD.
Erstens: Ist dem Senat der Text des Liedes „Marionetten“ bekannt, das voller Anspielungen auf rechtspopulistische Themen wie Lügen
presse und Volksverrat steckt, aber auch handfeste Verschwörungstheorien und die Reichsbürgerideologie beinhaltet sowie von rechten Magazinen wie Compact, von Reichsbürgern, Mitgliedern der NPD und der „Identitären Bewegung“ im Internet zustimmend kommentiert wird, und wie bewertet er dieses Lied im Spannungsfeld der Kunstfreiheit zu strafrechtlichen Normen zum Schutz einer liberalen repräsentativen Demokratie?
Zweitens: Compact stilisiert dieses Lied als „Hymne der friedlichen Volksopposition“. Sind vor diesem Hintergrund nach Ansicht des Senats politische Manifestationen von Rechtsextremen anlässlich der in Bremen geplanten Konzerte von Xavier Naidoo zu erwarten?
Drittens: Worin sieht der Senat Unterschiede in Bands wie Kategorie C, Musik aus dem Bereich des Anaschid oder Gruppen mit indizierten Alben und Liedern von der öffentlichen Darbietung der Reichsbürgerhymne „Marionetten“ durch Xavier Naidoo und die „Söhne Mannheims“, insbesondere im Hinblick auf die Wirkung und Anziehungskraft gerade für junge Menschen und in Bezug auf die Gewaltverherrlichung, Verharmlosung politisch-extremistischer oder terroristischer Standpunkte und Jugendgefährdung im Allgemeinen, und wie wird der Senat sich zur Gefahrenabwehr anlässlich dieser Auftritte aufstellen?
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Für den Senat beantworte ich die Anfrage wie folgt:
Zu Frage eins: Das Lied „Marionetten“ des Sängers Xavier Naidoo und der Band „Söhne Mannheims“ ist dem Senat bekannt. An mehreren Stellen bezieht sich das Lied auf Positionen und Verschwörungstheorien, die zum rhetorischen Repertoire von Rechtsextremisten und „Reichsbürgern“ gehören. Beispiele hierfür sind die verwendeten Begriffe „Puppenspieler“, „Marionetten“ oder „Volksverräter“.
Bisher liegen den bremischen Strafverfolgungsbehörden keine hinreichenden tatsächlichen Anhaltspunkte zur Eröffnung eines Strafverfahrens vor.
Zu Frage zwei: Das Lied „Marionetten“ des Sängers Xavier Naidoo ist vor dem Konzert in Bremen am 13. Mai 2017 unter anderem innerhalb des „Reichsbürger“-Spektrums in sozialen Medien thematisiert worden. In diesem Zusam
menhang wurde vor allem die mediale Berichterstattung über das Lied als vermeintliche „Hetzkampagne“ gegen den Sänger deklariert.
Im Sinne der Fragestellung liegen dem Senat keine Hinweise auf politische Manifestationen von Rechtsextremisten zu dem bereits durchgeführten beziehungsweise zu noch anstehenden Konzerten vor.
Zu Frage drei: In allen extremistischen Phänomenbereichen kommt der Musik eine besondere Bedeutung zu. Es lassen sich dadurch Inhalte und Feindbilder leicht vermitteln und verbreiten. Jugendliche und junge Erwachsene finden häufig einen Zugang und einen Einstieg in die jeweilige extremistische Szene über die Musik. Dies zeigt sich insbesondere bei rechtsextremistischen Konzerten. Diese bilden eine Gelegenheit für interne Treffen der Szene und stärken das Gemeinschaftsgefühl ihrer Angehörigen, auch weil sie häufig konspirativ organisiert sind. Der Senator für Inneres weist seit Jahren unter anderem im Verfassungsschutzbericht auf diese Problematik hin.
Durch die Arbeit der Sicherheits- und Ordnungsbehörden ist es vielfach gelungen, entsprechende Aktivitäten möglichst zu verhindern. Hierzu trägt auch eine aufmerksame und engagierte Zivilgesellschaft in Bremen wesentlich bei. - Soweit die Antwort des Senats!
Ich habe so ein bisschen das Gefühl, dass bei Bands, die in der medialen Wahrnehmung nicht so ganz oben stehen, die Indexierung, die ich richtig finde, sehr schnell vorangeht, aber dass bei bestimmten Künstlern die Frage der künstlerischen Freiheit sehr weit ausgedehnt wird. Die Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien führt ja diese Indexierung durch. Ich frage Sie: Nach welchen Maßgaben wird dort vorgegangen, wie wird das getan? Bedarf es einer Meldung, oder ist die Jugendprüfstelle grundsätzlich dabei, alle Medien, wie bei Facebook oder in anderen Bereichen, selbst zu kontrollieren? Wie findet die Indexierung statt?
Zunächst einmal befindet man sich in der Tat in einem rechtlich sehr komplizierten Spannungsfeld, wenn man sich den Bereich der Indizierung, der Verbreitungsbeschränkung oder der Verbreitungsverbote anschaut, denn in der Tat ist auf der einen Seite mit dem Grundrecht der Meinungsfreiheit und der Kunst ein sehr hohes Grundrecht zu würdigen, und auf der anderen Seite muss eine Abgrenzung zu möglichen anderen betroffenen
Rechtsgütern stattfinden. Das Verfahren der sogenannten Indizierung führt ja im Ergebnis - das sei auch noch kurz vorweggenommen - nicht zu einem Verbot des Musikstücks oder des Liedes, sondern zu einem Verbreitungsverbot in offener Form. Das heißt, es darf nicht beworben und offen verkauft werden, sondern dann findet der berühmte Verkauf unter der Ladentheke an Erwachsene statt, weil - wie der Name schon sagt - die Bundesprüfstelle hier nicht die Frage von Strafbarkeit oder Ähnlichem prüft, sondern Jugendschutzgesichtspunkte würdigt.
Das Verfahren sieht wie folgt aus: Die Bundesprüfstelle wird entweder auf Antrag eines Jugendamtes, eines Jugendministeriums oder auf Anregung eines anerkannten Trägers der Jugendhilfe tätig. Ein Zwölfer-Gremium der Bundesprüfstelle, das sich aus verschiedenen Personen des gesellschaftlichen Lebens zusammensetzt, prüft dann, ob bei dem jeweiligen Musikstück, bei dem Film oder dem Spiel ein Verstoß gegen das Jugendschutzgesetz vorliegt oder nicht. Wenn die Bundesprüfstelle dies feststellt, käme es zu der beschriebenen Rechtsfolge, dass das Stück nicht mehr offen verbreitet werden dürfte.
Ja, weil ich jetzt ein wenig verwundert bin! Es gibt aber auch Lieder, die auf dem Index stehen, bei denen dann bestimmte Textzeilen unkenntlich gemacht werden. Das ist ja etwas anderes, als wenn man es nur nicht verbreiten darf oder nicht bewerben kann. Worin liegt denn da der Unterschied?
Die vollständige Indizierung ist die schärfste Form. Die Bundesprüfstelle prüft insbesondere, welches der verhältnismäßigste, der sozusagen geringste, aber gleichzeitig notwendige Eingriff ist, weil ja auch die Grundrechte der Meinungs- und Kunstfreiheit zu würdigen sind. Dieser kann unter anderem darin bestehen, dass man sagt, dieses Stück kann nur teilweise nicht verbreitet werden - dann gibt es häufig zwei Versionen, nämlich eine, die offen zugänglich ist, und eine, die nicht offen zugänglich ist -, oder aber man sagt, das zieht sich so durch das ganze Stück, es hilft alles nichts, dann würde man im Zweifelsfall zu verschiedenen Kategorien wie zum Beispiel C oder D kommen. Wenn es so ist, dann hätte es die Rechtsfolge, dass das Stück gar nicht mehr verbreitet werden darf, sondern es würde dann unter der Ladentheke und nur auf Nachfrage veräußert.
Herr Staatsrat, wie bewerten Sie die Situation, dass Bremen Vier sich von der Präsentation des Konzertes von Xavier Naidoo zurückgezogen hat, eben weil es sehr massive Kritik an dem Song „Marionetten“ gibt, da er von Reichsbürgern, Rechtspopulisten, der NPD gefeiert wird und man darin ganz klar eine Volksverhetzung sehen kann, weil er einen Aufruf zu Gewalt und Mord beinhaltet und dieses Konzert jetzt trotzdem in der ÖVB-Arena, also in der Stadthalle, stattfinden kann? Wie positioniert sich der Senat dazu?
Frau Abgeordnete, nach meinem Kenntnisstand ist dieses Lied in der Stadthalle nicht aufgeführt worden. Das ist im Übrigen auch der Grund, weshalb sich die Staatsanwaltschaft Bremen gar nicht herausgefordert fühlte, sich ganz konkret mit der Situation auseinanderzusetzen, ob hier eine strafbare Handlung vorliegt. Das hätte ja vorausgesetzt, dass dieses Lied dort öffentlich aufgeführt worden wäre, und dann hätte man möglicherweise eine andere Prüfung durchführen müssen als die aufgrund der nicht gegebenen Zuständigkeit. Dieses Lied ist nach meinem Kenntnisstand dort nicht aufgeführt worden.
Unabhängig davon finde ich die Entscheidung von Radio Bremen persönlich konsequent. Als Mitglied des Senats würde ich mich hier zurückhalten, das zu kommentieren, aber es ist schon so, dass Radio Bremen in dieser Frage Haltung bewiesen hat, und das kann man durchaus anerkennen.
Ich glaube, es geht hier um zwei verschiedene Sachverhalte. Es gab im Mai ein Konzert der Söhne Mannheims, und es wird im Dezember ein Konzert von Xavier Naidoo geben. Verstehe ich den Senat jetzt richtig, dass er auch da prüfen wird, ob das Lied „Marionetten“ von Xavier Naidoo gespielt wird und wir darauf hoffen können, dass der Senat Haltung zeigt?
Haltung hat der Senat ja in seiner Antwort schon ein Stück weit eingenommen, indem er darauf hingewiesen hat, dass wir durchaus problematische Szenen in diesem Lied erkennen. Haltung zeigen heißt allerdings auch, dass man als staatliches Organ im Hinblick auf das Grundrecht der Meinungs- und Kunstfreiheit sehr sorgfältig hinschauen muss, weil wir auch eine Geschichte haben, die uns
lehrt, dass wir unterscheiden müssen zwischen dem staatlichen Eingriff in die Verbreitung von bestimmten Haltungen und dem gesellschaftlichen Umgang damit. Wir haben es am Ende unserer Antwort gesagt: Die bremische Zivilgesellschaft, die auf extremistische Bestrebungen in der Vergangenheit immer sehr sensibel reagiert hat, und die Organisationen in Bremen, die das tragen und unser Gemeinwesen fördern, sind aufgerufen, sich solchen Bestrebungen entgegenzustellen.
Einerseits hat der Senat mehrfach verkündet, dass er stolz darauf ist, eine solche Zivilgesellschaft zu haben, und er tut das ihm Mögliche, um diese Zivilgesellschaft zu fördern. Andererseits, wenn auf dem Konzert etwas aufgeführt wird, das der Staatsanwaltschaft und der Polizei Bremen Anlass gibt, prüfen zu müssen, ob hier eine Verletzung des Strafrechts vorliegt, dann werden wir das selbstverständlich tun. Das ist dann eine Frage des Legalitätsprinzips, und selbstverständlich würden Polizei und Staatsanwaltschaft bei Hinweisen auf strafbare Handlungen tätig werden. Das heißt aber ganz ausdrücklich nicht - das will ich hier auch noch einmal sagen -, dass ich die Auffassung vertrete, das Lied sei strafbar, sondern ich habe gesagt, bisher bestand für die Staatsanwaltschaft Bremen keine Veranlassung, diese Frage zu prüfen, weil das Lied hier nicht aufgeführt worden ist.
Nur, damit ich es richtig verstehe: Gibt es denn Fälle, in denen die Stadt Bremen auch ganz offenkundig sagt, dass ein Betreiber keine Lizenz für die Aufführung in der Stadthalle erhält, weil man sich mit diesen Inhalten nicht identifizieren kann, oder ist das noch nie passiert und wird auch nie vorkommen?
Das kann ich Ihnen jetzt im Einzelnen nicht sagen. Ich kann Ihnen aber erklären, dass die Stadtgemeinde Bremen und das Land Bremen sehr aufmerksam darauf achten, dort einzuschreiten, wo wir davon ausgehen, dass von Veranstaltungen eine Gefährdung der öffentlichen Sicherheit oder strafbares Handeln zu erwarten ist. Deshalb hat der Senat auch in der Vergangenheit Veranstaltungen untersagt, die nicht in der Stadthalle, sondern in privaten Räumen geplant waren. Wir haben mehrfach Veranstaltungen und Konzerte der Kategorie C untersagt, aber es ist nicht so einfach. Man kann nicht einfach sagen, dort wird vielleicht ein Lied aufgeführt, das uns nicht gefällt, sondern es ist eine Gesamtwürdigung der
gesamten Veranstaltung, weil wir in verschiedene Grundrechte wie die Versammlungsfreiheit, die Meinungsfreiheit und die Kunstfreiheit eingreifen.
Ich bin dafür, das zu tun, wenn man eine Gefährdung der öffentlichen Sicherheit vermutet und davon ausgeht, dass auf einer solchen Veranstaltung zu Hass, Gewalt und Straftaten aufgerufen wird. Ich sage nur, man muss das auch sehr sorgfältig abwägen, denn es ist ja nicht einfach ein lapidarer Eingriff, sondern es ist ein schwerer Eingriff in Grundrechte, und da muss man beide Seiten würdigen. Noch einmal: Wir haben in der Vergangenheit Veranstaltungen untersagt, und wir werden dies auch in der Zukunft tun, wenn es erforderlich ist.
Ich muss ganz offen sagen, dass ich das auch wegen mangelnder Detailkenntnisse nicht abschließend bewerten kann, weder im Hinblick auf Detailkenntnisse in Bezug auf den Jugendschutz - also welcher Maßstab von der Bundesprüfstelle dort angelegt wird - noch im Hinblick auf die Detailkenntnisse zu dem Lied. Also, das ist ein Vorgang, der im Zweifelsfall geprüft werden muss, und mir ist nicht bekannt, ob inzwischen eine derartige Anregung oder ein entsprechender Antrag bei der Bundesprüfstelle vorliegt. Ich kann die Frage hier nicht abschließend beantworten.
Die dritte Anfrage trägt den Titel „Digitales Planen und Bauen auch in Bremen?“. Die Anfrage ist unterschrieben von den Abgeordneten Frau Neumeyer, Kastendiek, Röwekamp und Fraktion der CDU.