Protocol of the Session on June 14, 2017

(Abg. Frau Schnittker [CDU]: Ja! Bitte, Frau Abgeordnete! Abg. Frau Schnittker (CDU): Ich habe eine ganz kurze Frage. Herr Tschöpe, gilt denn dieses Angebot nur für die Stadt Bremen?

Landtag 3377 45. Sitzung/14.06.17

Bitte, Herr Kollege Tschöpe!

Ich beantworte die Kurzintervention von hier vorn. Ich glaube, das ist nach der Geschäftsordnung zulässig.

(Abg. Röwekamp [CDU]: Das sieht die Geschäftsordnung auch nicht vor!)

Ja, das ist zulässig!

Das ist doch völlig klar. Der Bremer Bürgermeister, der Präsident des Senats, ist der Ministerpräsident des Bundeslandes Bremen. In diesen Prozess muss Bremerhaven eingebunden werden, wenn das ein Erfolg sein soll. Selbstverständlich wird Bremerhaven eingebunden.

(Beifall SPD, Bündnis 90/Die Grünen)

Es macht doch überhaupt keinen Sinn, diesen wichtigen Teil unseres Landes nicht zu bedenken, wenn man über die Zukunft redet. Das Angebot besteht. Ich glaube, Sie haben inzwischen auch alle die Senatsvorlagen bekommen. Zumindest die Fraktionen haben sie. Darin stehen die Vertreter Bremerhavens. Die Frage ist mit Ja zu beantworten.

(Beifall SPD, Bündnis 90/Die Grünen)

Als nächste Rednerin hat das Wort die Abgeordnete Frau Dr. Schaefer.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich habe mich ursprünglich gemeldet, um noch einmal auf Herrn Rupp zu antworten. Sie haben gesagt, es wäre geradezu irrsinnig, 80 Millionen Euro jährlich zu tilgen. Das, was Sie hier vorgetragen haben, führt das Problem nur weiter und löst überhaupt kein Problem.

Sie haben mich gebeten, noch einmal zur Generationengerechtigkeit zu reden. Das möchte ich gern tun. Es lohnt sich zuerst einmal, einen Blick zurückzuwerfen, um unser Problem als Haushaltsnotlageland zu analysieren. Es gibt dafür mehrere Gründe.

Erstens ist es - ich sage es einmal vorsichtig - eine für Bremen suboptimale Steuerpolitik seit den 70er-Jahren, weil die Steuern eben nur dort bezahlt werden, wo man wohnt, und nicht dort, wo man arbeitet. In Bremen ist es so, dass viele Menschen hier arbeiten, aber eben auch viele einpendeln. Mein Mann ist Ingenieur in einem großen Unternehmen hier in Bremen. Die meisten Kollegen in seiner Abteilung kommen aus Stuhr, Weyhe, Osterholz-Scharmbeck,

Schwanewede und sogar aus Cloppenburg. Sie pendeln jeden Tag hier ein. Hier werden Arbeitsplätze geschaffen. Das ist richtig und gut. Davon profitieren aber eben auch viele in Niedersachsen, im Umland. Deswegen, meine Damen und Herren, ist es so wichtig, dass wir uns Gedanken darüber machen, wie wir unsere beiden Städte attraktiv machen, damit die Menschen, die hier arbeiten, auch gern hier leben, wohnen und Steuern zahlen.

Deswegen finde ich es richtig, dass man Anstrengungen für die Lebens- und Wohnqualität unternimmt. Es ist auch wichtig, dass eine Aufgabe der Zukunftskommission in der Frage besteht: Wie können wir Stadtentwicklungen zukünftig betreiben? Wie können wir Wohnraum schaffen, aber auch Grünflächen erhalten? Das ist das, was die Menschen erwarten.

Es gibt aber ein zweites Problem, das auch in der Vergangenheit liegt. Es sind Schulden gemacht worden, für die wir heute aufkommen müssen. Das lähmt uns doch jetzt in den Haushalten, meine Damen und Herren. Ihre Finanzpolitik, Herr Rupp und die Fraktion DIE LINKE, führt nicht zu einer Befreiung aus dieser Schuldenfalle, sondern sie verschärft sie nur langfristig. Das geschieht dann eben auf Kosten der nachfolgenden Generationen.

(Beifall Bündnis 90/Die Grünen)

Herr Tschöpe ist gerade darauf eingegangen. Die Schuldenbremse ist gesetzlich verankert. Sie können sie doof finden oder kritisch sehen, aber sie gilt. Sie gilt eben auch für Bremen.

(Abg. Frau Vogt [DIE LINKE]: Sie ist aber nicht vom Himmel gefallen!)

Der Länderfinanzausgleich, Frau Vogt, wurde bis 2035 ausgehandelt. Das ist kein Ergebnis, welches für die nächsten 100 Jahre gilt, sondern erst einmal bis 2035.

Was meinen Sie denn, wie es im Bund und bei den anderen Bundesländern ankommt, wenn Bremen jetzt keine Anstrengungen unternehmen würde, um Schulden zu tilgen, sondern munter weiter Schulden macht?

(Abg. Rupp [DIE LINKE]: Wir wollen doch gar nicht munter weiter Schulden machen! Das hat doch niemand vor!)

Meinen Sie, es gibt dann bei den nächsten Verhandlungen die gleiche Solidarität von den anderen Bundesländern, die es jetzt gegeben hat? Ich glaube nicht, Herr Rupp! Deswegen darf man das Vertrauen, dass die anderen

Landtag 3378 45. Sitzung/14.06.17

Bundesländer und der Bund in diese Neuverhandlungen in Bremen gesetzt haben, auch nicht missbrauchen, meine Damen und Herren.

Der Einsatz des Geldes muss nachhaltig sein. Herr Eckhoff hat Schwerpunkte angemahnt. Ich glaube, wir sind in den Schwerpunkten gar nicht wirklich auseinander. Ich habe es vorhin gesagt. Die Bereiche Bildung und Kita sind wichtig. Wichtig ist es aber auch, Arbeitsplätze schaffen und Steuerzahler an Bremen binden, das heißt, für eine intelligente, nachhaltige Stadtentwicklung zu sorgen. Auch Integration ist ein wichtiger Bereich. Ich glaube, wir haben auch keinen Dissens über eine bessere Vernetzung zwischen Wirtschaft und Wissenschaft, Herr Eckhoff.

Herr Rupp, Sie haben gesagt, der Haushalt wurde auf Kosten der Armen saniert.

(Abg. Rupp [DIE LINKE]: Ja!)

Ich möchte das nicht schönreden. Wer arm ist, ist auch arm dran. Das muss verbessert werden. Das stelle ich voran. Trotzdem muss man sehen, dass der Sozialbereich die größte Position im Gesamthaushalt ist. Es geht aber nicht - und da verwahre ich mich vor dem, was Herr Schäfer hier gesagt hat -, dass man den Menschen auch noch sagt, sie würden am süßen Tropf der Transferleistungen hängen. Das finde ich wirklich menschenverachtend, meine Damen und Herren.

(Beifall Bündnis 90/Die Grünen)

Das sind wirklich Menschen, die nicht auf der Sonnenseite des Lebens stehen. Es sind Alleinerziehende, Menschen mit Migrationshintergrund und Rentner. Ich habe gestern in der Debatte zur George-Albrecht-Straße gesagt, es ist unverantwortlich, wenn die hier lebenden Menschen mit Migrationshintergrund nicht arbeiten dürfen, obwohl sie arbeiten wollen, weil ihr Aufenthaltsstatus nicht geklärt ist und sie nur geduldet sind. Insofern zahlen sie im Übrigen auch keine Steuern, sondern ihnen stehen gesetzlich Transferleistungen zu. Das, meine Damen und Herren, muss bundesweit geändert werden.

Herr Leidreiter, es ist ein Unterschied, ob man wie bisher 300 Millionen Euro bekommt, die nicht in den Haushalt einfließen dürfen und nur die Nettokreditaufnahme verhindern, oder ob man jetzt Geld hat, über das man zumindest frei verfügen und mit dem man Schulden tilgen, das man aber auch anders investieren kann.

Herr Eckhoff, Sie haben dem Senat vorgeworfen, dass er eine Kommission einrichtet, weil er keine Antworten hat. In dieser Kommission sind ja nicht nur die Mitglieder des Senats, wie gerade ausgeführt wurde, sondern darin sollen gerade Player der Stadtgesellschaften, der Kammern und der Institutionen vertreten sein.

Wir finden es richtig, dass auch die Menschen der beiden Städte mitreden können, wenn es um die Zukunft der beiden Städte und des Bundeslands geht, und sich nicht nur die acht Senatoren darüber Gedanken machen. Es ist auch nicht nur die Sache der Parteien, sich darüber Gedanken zu machen. Am Ende entscheidet jeder Wähler über die Zukunftsvorstellungen der einzelnen Parteien, die in Form von Wahlprogrammen dargelegt werden. Wir benötigen noch repräsentative Teile der Stadtgesellschaft, die darüber reden. Daher ist eine Zukunftskommission ein gutes und ein demokratisches Instrument, um hier über die Zukunft des Bundeslands Bremen zu beraten. - Herzlichen Dank!

(Beifall Bündnis 90/Die Grünen)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Rupp.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Erstens: Ich fühle mich seit zehn Jahren als Mitglied einer Zukunftskommission. Diese Zukunftskommission heißt „Bremische Bürgerschaft“.

(Beifall DIE LINKE)

Ich habe meine Arbeit hier immer so verstanden, dass ich nach bestem Wissen und Gewissen Vorschläge mache, auch wenn Sie sie nicht gut finden, und konstruktiv an einer Zukunft für Bremen mitarbeite.

Zweitens: Lieber Kollege Tschöpe, es tut mir leid, dass Sie von mir träumen müssen.

(Abg. Tschöpe [SPD]: Manchmal ist es ganz schön!)

Ich möchte zu Ihren Ausführungen zwei Bemerkungen machen. Sie haben gefragt, an welcher Stelle der Sanierungspfad eigentlich dafür verantwortlich ist, dass wir einen Investitionsstau haben. Ich will Ihnen noch einmal zwei Punkte dazu sagen. Im Rahmen des Sanierungspfades hätten wir in den letzten Jahren eine Milliarde Euro mehr Kredite aufnehmen können, ohne den Sanierungspfad zu verletzen.

Landtag 3379 45. Sitzung/14.06.17

(Abg. Frau Dr. Schaefer [Bündnis 90/Die Grünen]: Die man auch tilgen muss!)

Ich habe das verstanden. Mir müssen Sie Betriebswirtschaft nicht erklären.

(Abg. Frau Dr. Schaefer [Bündnis 90/Die Grünen]: Ich sage es nur noch einmal!)

Das haben wir nicht gemacht. Wir haben vorgezogen, dieses Geld nicht auszugeben, in der Meinung, dass wir damit zukünftig Zinsen sparen. Ich sage aber, die daraus resultierenden Mehrkosten der nicht getätigten Investitionen werden höher sein und längerfristiger wirken als die gesparten Zinsen.

(Beifall DIE LINKE)

Im Haushalts- und Finanzausschuss haben wir gerade gesagt, wir haben ungefähr 40 Milliarden Euro für Instandhaltung und Sanierung der öffentlichen Gebäude in Bremen zur Verfügung. Wir sind nicht mehr in der Lage, dieses Geld auszugeben, weil uns die dafür notwendigen Personalkapazitäten fehlen. Das ist der zweite Grund, aus dem dieser Sanierungspfad unmittelbar verhindert hat, dass wir den Sanierungsstau bekämpfen.

(Beifall DIE LINKE)