Es gibt zwei Möglichkeiten: Es kann sein, dass 96 Prozent der Anzeigen konstruierte falsche Anschuldigungen gewesen sind. Wir erkennen durchaus an, dass es das gibt. Wir erkennen auch an, welche Folgen falsche Anschuldigungen für die betroffenen Polizeibeamten haben. Es kann aber durchaus auch sein, dass es strukturelle Zusammenhänge gibt, die dort eine Rolle spielen. Zumindest werden zivilgesellschaftliche Organisationen und Strafverteidiger den Eindruck nicht los, dass es relativ schwierig ist, Straftaten, die durch Polizeibeamte begangen worden sind, vor Gericht zu bringen.
Es ist jetzt eine Änderung vorgesehen. Die Abteilung Interne Ermittlungen soll vom Innenressort in das Justizressort verlagert werden. Unserer Meinung nach wird damit nicht grundsätzlich etwas geändert. Wenn ich die personelle Ausstattung des Ressorts anschaue, dann habe ich dort auch meine Zweifel.
Andere Länder haben eigenständige, unabhängige Institutionen, die mögliches polizeiliches Fehlverhalten und Straftaten aufklären. Das ist im Übrigen nicht nur in Großbritannien oder angloamerikanischen Rechtssystemen der Fall, sondern das ist auch in Österreich, in den Niederlanden und in Belgien der Fall, und diese Länder stehen nicht in der Tradition eines angloamerikanischen Rechtssystems.
Das UN-Menschenrechtskomitee, das UNKomitee für die Beseitigung von Rassendiskriminierung und das Europäische Komitee zur Verhütung von Folter haben Deutschland bereits mehrfach für das Fehlen einer unabhängigen Kontrollinstanz für polizeiliches Handeln kritisiert. Das sind nicht irgendwelche runden Tische, sondern das sind offizielle internationale Organisationen, und die sollten wir ernst nehmen.
Organisationen wie Amnesty International unterstützen auch die Forderung nach einer unabhängigen Stelle, und es sind von ihnen schon entsprechende Gesetzesentwürfe vorgelegt worden.
Die SPD selbst hatte hier bereits im Jahr 2013 genau aus diesem Grund beim Senat nachgefragt, welche Auffassung er zu einer unabhängigen Stelle vertritt, die nicht im Innenressort oder im Justizressort angebunden ist. Seit 2013 ist in den anderen Ländern einiges geschehen. In meinem zweiten Redebeitrag werde ich darauf eingehen. - Vielen Dank!
Liebe Kolleginnen und Kollegen, bevor ich die nächste Rednerin aufrufe, teile ich Ihnen mit, dass interfraktionell vereinbart worden ist, nach dem Tagesordnungspunkt vier den Tagesordnungspunkt zehn aufzurufen.
Sehr geehrter Präsident, meine Damen und Herren! Wir diskutieren heute den Antrag der Fraktion DIE LINKE zur Schaffung eines unabhängigen Polizeibeauftragten. Die SPDFraktion lehnt die Schaffung der Stelle eines Polizeibeauftragten in der vorgeschlagenen Form ab.
Es ist festzustellen, dass heute effektive Mechanismen bestehen. Sowohl für Konfliktsituationen innerhalb der Polizei, aber auch für Konflikte zwischen Bürgerinnen und Bürgern mit der Polizei bestehen heute gut funktionierende Instrumente, um
solchen Konflikten zu begegnen. Mit möglichen Verbesserungen befassen wir uns immer. Das hat ja gerade Frau Vogt von der Fraktion DIE LINKE dargestellt.
Die Fraktion DIE LINKE fordert, dass die oder der Polizeibeauftragte als eine eigenständige Institution eigenständige Ermittlungsbefugnisse erhalten soll. Wie soll das praktisch funktionieren?
Super! Der Polizeibeauftragte soll - so habe ich das nach dem uns vorgelegten Antrag verstanden - die Strafprozessermittlungen parallel zu den staatsanwaltschaftlichen oder polizeilichen Ermittlungen durchführen. Ist das aus Ihrer Sicht machbar?
Zwei voneinander unabhängige Ermittlungsbehörden können allein aus ermittlungstaktischen Gründen schwer gleichzeitig an einem Sachverhalt arbeiten.
Das haben Sie in Ihrem Antrag nicht genug erklärt. Ein eigenes Untersuchungs-, Ladungs- und Vernehmungsrecht wäre nicht nur rechtlich unzulässig, sondern es würde auch zu einer ineffektiven Konkurrenzsituation führen. Im Übrigen würden weitere strafprozessuale Maßnahmen, wie Beschlagnahme, Wohnungsdurchsuchung und Telekommunikationsüberwachung und so weiter, nicht zu den Maßnahmen gehören, die man einer solchen Einrichtung übertragen könnte. Das suggeriert aber Ihr Antrag, liebe Fraktion DIE LINKE.
Heute werden interne Ermittlungen nicht mehr von der Polizei durchgeführt - das haben Sie ja auch schon gesagt -, sondern, wie Sie wissen, sind die Ermittlungen auf die vorgesetzte Behörde verlagert worden. Durch diese im Jahr 2009 vorgenommene Umstrukturierung ist seinerzeit bereits das Signal gesetzt worden, Ermittlungen bei Vorwürfen gegen Polizeibeamte und andere öffentliche Bedienstete unabhängig von der sonstigen polizeilichen Organisation führen zu wollen. Die jetzige Organisation der Ermittlungen bei Amtsdelikten ist aus meiner
Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, dass die Ermittlungen ohnehin allein unter Sachleitung der Staatsanwaltschaft geführt werden. Die Betrachtung der Frage, wie in anderen Ländern polizeiinterne Ermittlungen organisiert sind, zeigt, dass die organisatorische Lösung in Bremen der Forderung nach einer unabhängigen Ermittlungsarbeit in besonderem Maße Rechnung trägt. In fast allen Ländern werden polizeiinterne Ermittlungen weiterhin von Dienststellen innerhalb der Polizei geführt.
Das bei der Ortspolizeibehörde der Stadt Bremerhaven eingerichtete Modell der internen Ermittlungen hat sich seit über zwölf Jahren - das können meine Kollegen aus Bremerhaven hier im Hause bestätigen - bewährt.
Für dieses Aufgabenfeld sind die besonderen rechtlichen Kompetenzen des Polizeivollzugsdienstes und die polizeilichen Fachdienste unerlässlich. Außerdem ermöglicht die Kenntnis der internen Abläufe und die örtliche Nähe eine professionelle und zeitnahe Aufarbeitung. Die Sachverhalte werden neben der strafrechtlichen Wertung durch die Staatsanwaltschaft zur dienstrechtlichen Prüfung und weiteren Veranlassung dem Oberbürgermeister vorgelegt.
Meine Ausführungen zur Organisation in anderen Ländern werde ich in meinem zweiten Wortbeitrag darlegen.
fordert die Fraktion DIE LINKE in der Bürgerschaft, die Polizei stärker als bisher kontrollieren zu können. Heute liegt uns ein Antrag vor, Frau Vogt hat ihn vorgestellt, die Stelle einer oder eines unabhängigen Polizeibeauftragten zu schaffen, ohne dafür einen konkreten Grund zu nennen.
Im Tenor gehen beide Anträge auf dieselbe Motivation der LINKEN zurück, nämlich ein grundlegendes Misstrauen für die Arbeit der Polizei zu dokumentieren.
Deswegen lehnen wir auch heute - wie vor drei Jahren - diesen Antrag ab. Meine Damen und Herren, ich will mit meinen weiteren Ausführungen näher auf diesen Antrag eingehen.
Wir sehen keinen Grund, auf Kosten des Steuerzahlers weitere Kontrollmechanismen polizeilicher Arbeit aufzubauen, weil es bei der Hamburger Polizei ein vergleichbares Modell bereits gegeben hat. Dort wurde drei Jahre lang im Auftrag des Antrags der LINKEN gearbeitet. Nach drei Jahren hat die Hamburger Kommission festgestellt, dass in der Hamburger Polizei kein nennenswerter Aufklärungsbedarf besteht. Die Kommission hat ihre Arbeit eingestellt. Es sind Kosten von 600 000 Euro entstanden.