Herr Präsident, meine Damen und Herren! Trotz der vielen Horrorszenarien, die ja gerade in diesem Hause häufig gezeichnet werden – ich erinnere einmal an die gestrige Bildungsdebatte –, müssen wir feststellen, dass Bremen für viele Menschen außerordentlich interessant ist. Das erleben wir an unseren Hochschulen, die sehr stark von jungen Menschen aus unterschiedlichen Bundesländern angewählt werden. Bremen bildet im Vergleich zu deutlich finanzstärkeren Bundesländern überdurschnittlich aus. Das erleben wir aber auch an unseren Schulen, an unseren Berufsschulen. Sehr viele junge Leute, insbesondere aus Niedersachsen, finden hier einen Ausbildungsplatz und beim Besuch der Berufsschulen eben eine hochwertige Berufsausbildung. Das ist gut so. Wir freuen uns darüber, dass diese Menschen zu uns kommen, aber ich sage ganz klar, noch besser wäre es, wenn sie hier in Bremen wohnen würden.
Bei den Studierenden haben wir bereits 2003 mit dem Begrüßungsgeld angesetzt. Sie wissen selbst, viele Studierende hatten ihren Zweitwohnsitz in Bremen, aber ihren Erstwohnsitz gar nicht verändert. Sie waren in der Regel nach wie vor am Wohnort ihrer Eltern angemeldet. Durch das Begrüßungsgeld von 150 Euro ist ein Anreiz geschaffen worden, dies zu verändern. Das hat sich durchaus bewährt. Es ist zu einem starken Zuzug von Studierenden nach Bremen gekommen.
Bremen profitiert natürlich von zusätzlichen Einwohnerinnen und Einwohnern. Über den Daumen sind es durchschnittlich 5 000 Euro, die Bremen im Länderfi
nanzausgleich pro zusätzlichem Einwohner bekommt. Insofern ist es eine Win-win-Situtation, sowohl fiskalisch als auch in der Form, dass wir froh sind, viele junge Leute mit vielen Qualifikationen für unsere beiden Städte zu gewinnen.
Nun ist ein starker Zuzug, wie er bei den Studierenden entstanden ist, bei den Auszubildenden sicherlich nicht zu erwarten. Sie leben in der Regel im Umland Bremens, in Niedersachsen, und sie sind bisher nicht unbedingt mit einem Zweitwohnsitz in Bremen gemeldet. Trotzdem glauben wir, dass mit einem Begrüßungsgeld für viele ein Anreiz geschaffen wird, ihren Wohnsitz nach Bremen zu verlegen.
Die Stadt Kiel hat die Erfahrung gemacht, dass es 200 bis 300 Auszubildende gewesen sind, die über das Begrüßungsgeld gewonnen werden konnten. Ich glaube, es wäre für uns ein gutes Resultat, wenn wir diese Zahl als Ergebnis für Bremen generieren könnten.
Ich freue mich, dass dieser Vorstoß, der aus unserer Partei von den Jusos gemacht wurde, hier auf eine breite Zustimmung gestoßen ist, sodass sich auch andere Fraktionen unserem Vorschlag mit der Folge angeschlossen haben, dass wir mit einem gemeinsamen Antrag den Senat auffordern, entsprechend zu handeln. – Ich bedanke mich für Ihre Unterstützung!
Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen, sehr geehrte Herren! Den von unserem Koalitionspartner, der SPD, initiierten Antrag „Begrüßungsgeld auch für Auszubildende einführen“ haben wir sehr gern unterstützt, weil wir auch seit dem Jahr 2003 – darauf hat Frau Böschen Bezug genommen – die Erfahrung gemacht haben, dass wir sehr viele Studentinnen und Studenten damit in Bremen und für Bremen gewonnen haben. Deswegen ist es auch folgerichtig, finde ich, die Ungleichbehandlung zwischen Studenten und Auszubildenden aufzuheben und diesen Weg auch in Richtung von Auszubildenden zu gehen. Meine Kollegin hat auch darauf hingewiesen, dass andere Städte und Kommunen in Deutschland diesen Weg bereits ebenfalls gegangen sind. Die Erfahrung hat gezeigt, dass es in den anderen Städten schon einige Hundert Anträge gab, wo junge Menschen sich dafür entschieden haben, ihren Erstwohnsitz dann in der Stadt aufzunehmen.
Man muss jedoch auch ganz ehrlich sagen, dass die Zahlung von Begrüßungsgeld nicht bei jedem jungen Menschen dazu führt, den Erstwohnsitz in der Stadt aufzunehmen, weil das Begrüßungsgeld nicht der
alleinige Aspekt ist. Dazu gehören viele andere Faktoren für junge Menschen. Ich glaube dennoch, dass es völlig der richtige Schritt ist, den wir gemeinsam gehen sollten. Ich finde es auch sehr gut, dass das hier so viel Anklang gefunden hat. Wir Grünen werden auf jeden Fall diesen Antrag unterstützen. – Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit!
Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wenn es ein Begrüßungsgeld für Studierende gibt, dann muss es das auch für Auszubildende geben. Wir wollen, dass junge Menschen, die ein Studium oder eine berufliche Ausbildung absolvieren, gleichgestellt werden. Deswegen finden wir Ihre Initiative sehr gut, und wir finden es richtig, das auch beim Begrüßungsgeld deutlich zu machen. Das Begrüßungsgeld gibt es inzwischen außer in Kiel auch in Lübeck, Stralsund, Greifswald oder Lingen. Auch in Karlsruhe gibt es Gutscheine, und diese erhalten in Karlsruhe übrigens auch beide, also die Gruppe der Studierenden und die Gruppe der Auszubildenden. Das Problem, das anhand des Begrüßungsgeldes aber deutlich wird, ist die Frage, ob Auszubildende es sich überhaupt leisten können, nach Bremen zu ziehen und einen eigenen Haushalt zu gründen. In vielen Fällen geht das nicht, weil die Ausbildungsvergütung dafür zu niedrig ist und die Mieten in Bremen zu hoch sind. Die Mietobergrenze im SGB II ist ja gerade für einen Einpersonenhaushalt auf 455 Euro im Monat angehoben worden, und das ist mehr, als eine Friseurin im zweiten Lehrjahr überhaupt insgesamt verdient. 800 bis 864 Euro werden für eine alleinstehende Person nach den Hartz-IV-Regeln als Existenzminimum veranschlagt. Dies gilt nur für die Hälfte der tariflichen Ausbildungsvergütungen, und das erst im dritten Lehrjahr. Für viele Auszubildende ist eine eigene Wohnung also Zukunftsmusik. Wenn man nun will, dass berufliche Ausbildung und Studium als gleichwertige Alternativen für junge Erwachsene gelten, und das betont ja auch das Bundesbildungsministerium immer wieder als Ziel, dann muss sich das auch beim Geld niederschlagen. Die Höchstgrenze für das BAföG liegt im Moment bei 735 Euro. Die Höchstgrenze für die Berufsausbildungsbeihilfe liegt 100 Euro darunter. Das reicht oft nicht aus, um eine eigene Wohnung zu finanzieren. Deshalb wäre es aus unserer Sicht dringend notwendig, als allerersten Schritt die Bundesausbildungsbeihilfe in der Höhe mit dem BAföG gleichzustellen.
Weiter zum Punkt Gleichstellung! Für Studierende gibt es das Semesterticket, das kostet aktuell knapp
28 Euro im Monat. Für Auszubildende gilt die Monatskarte, die kostet 46,50 Euro, und dann muss auch der Nachtzuschlag in Bremen noch extra bezahlt werden. Deshalb wird zunehmend gefordert, dass Auszubildende auch ein Azubiticket bekommen, das dem Studententicket gleichgestellt ist. Gerade wird das in Nordrhein-Westfalen oder in Würzburg diskutiert, und wir finden, das müsste auch Thema für die BSAG und für den Bremer Senat werden.
Wohnheime sind das nächste Thema. Hamburg hat mit dem Azubiwerk ein eigenes Wohnheim für Auszubildende. Auch in München gibt es einige Wohnheime, die jungen Menschen offen stehen, die in betrieblicher Ausbildung oder in schulischer Berufsausbildung sind. In Bremen gibt es für Studierende Studienwohnheime, allerdings haben wir auch in dem Bereich Nachsteuerungsbedarf, weil das zu wenig ist. Für Auszubildende gibt es aber gar keine Wohnheime. Wenn man jetzt wirklich möchte, dass die jungen Menschen, die in Bremen eine Ausbildung machen, auch nach Bremen ziehen, dann muss man auch über solche Angebote nachdenken.
Das Begrüßungsgeld für Auszubildende, finden wir, ist ein gutes Signal, aber es macht eben nur dann Sinn, wenn junge Menschen in Ausbildung auch in der Lage sind, tatsächlich einen eigenen Hausstand zu gründen. Das Begrüßungsgeld kann hier nur ein Anstoß sein, den man natürlich lieber früher als später geben sollte. Wir sprechen uns jedoch dafür aus, dass das Begrüßungsgeld nur ein erster Schritt in der Frage der Gleichstellung zwischen Studium und beruflicher Ausbildung ist. Wir denken, dass man auch die Debatte um ein Azubiticket angehen muss, die Debatte um ein Wohnheim für Auszubildende und auch die Debatte um eine Mindestausbildungsvergütung, denn das wird alles dazu beitragen, dass das Begrüßungsgeld für Auszubildende auch wirklich ein Erfolg wird. – Vielen Dank!
Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Begrüßungsgeld ist keine Sache des Bundes, sondern eine Angelegenheit der Länder. Jedes Land entscheidet für sich, wem wie viel Begrüßungsgeld gewährt wird, und es hat mich, ehrlich gesagt, ein bisschen verwundert, dass das tatsächlich wirkt. Es scheint im Abwägungsprozess, wohin man zieht, bei unseren Studierenden doch öfter das Zünglein an der Waage zu sein, sich dann für Bremen als Stadt
zu entscheiden. Das freut uns sehr. Es ist für Bremen selbst natürlich auch wunderbar, denn so können wir jeden Einzelnen persönlich begrüßen.
Wir haben mehr Personen, die ihren Hauptwohnsitz hier haben, und wir erhalten durch die Regelungen im Länderfinanzausgleich 5 000 Euro in die Kasse. Es stärkt unsere Wirtschaftssituation und natürlich auch die Kaufkraft in Bremen, ist also unter dem Strich eine komplette Win-win-Situation. Da uns Auszubildende genauso wichtig und genauso wertvoll sind wie Studierende, finden wir den Gedanken auch logisch und folgerichtig, und wir schließen uns da gern dieser Forderung an, das Begrüßungsgeld entsprechend auszuweiten.
Allerdings, wie soll ich sagen, ist es nicht nur für Bremer mit schwäbischem Migrationshintergrund wahrscheinlich so, dass man sich freut, einen Gutschein zu haben, wenn man in ein Restaurant geht. Nur, ob man dann auch mit Freude wieder herausgeht, das hängt dann natürlich auch von der Qualität des Essens und vom Service ab, die man in diesem Restaurant erlebt. Analog ist das mit dem Begrüßungsgeld. Das ist sozusagen ein schöner Bonus, und bei der Universität und den Hochschulen wissen wir, dass das auch gedeckt ist.
Bei den Berufsschulen sieht es ein bisschen anders aus. Deswegen muss ich in dem Zusammenhang dazu noch ein etwas sagen. Wir wissen, die Gebäude sind teilweise sehr marode und überfüllt. Wir wissen, es wird teilweise mit Büchern gearbeitet, mit denen die Meister schon gearbeitet haben. Es gibt zu wenig von den Büchern, sie verbleiben in der Präsenzbibliothek, und man kann sie nicht einmal mit nach Hause nehmen, um zu lernen.
Die Mechatroniker arbeiten an Motoren aus den Neunzigerjahren, und das ist zwar spannend, aber auch nicht immer nur hilfreich.
Die Berufsschulen haben ein großes Lehrerproblem. Sie dürfen zwar selbst einstellen, können das Problem aber nicht allein lösen, weil der Markt leer gefegt ist. Wir wissen, dass Lehrer teilweise auch nicht so gern nach Bremen ziehen, weil das Umland mehr Gehalt zahlt und sich auch schneller entscheidet. Gleichzeitig haben die Zahlen der Auszubildenden stark zugenommen, teilweise bis zu 50 Prozent.
(Abg. Frau Böschen [SPD]: Die kommen alle aus Niedersachsen, weil das alles so schrecklich hier ist!)
Ja, aber damit muss man irgendwie umgehen! Die Leistungsfähigkeit der Schüler hat parallel dazu abgenommen.
Das sind Aussagen, die ich von Handwerksmeistern und von Auszubildenden selbst erhalten habe. Teilweise wird es unterstützt, dass auch die – –.
Teilweise ist die Qualität des Unterrichts so, dass ein Lehrer in vier Klassen geht, die Arbeitsblätter einwirft, für Stunden verschwindet und nach vielen Stunden wiederkommt. Das ist nicht unbedingt eine Frage des Geldes. Es tut mir leid, dass ich Sie mit diesen Tatsachen nerven muss, aber das sind einfach die Realitäten, die man vor Ort vorfindet. So sehr wir wünschen, dieses Begrüßungsgeld auszugeben und allen Auszubildenden zu sagen, herzlich willkommen in Bremen, macht hier eure Ausbildung, so sehr möchten wir, dass dann eben auch die Servicequalität und die Qualität des Essens stimmt, um im Bild zu bleiben. Deswegen verbinden wir den Wunsch, diesen Antrag zu unterstützen, mit einer Forderung an den Senat, die Berufsschulausbildungen zu verbessern, diese nicht aus dem Blick zu verlieren, dafür die Substanz zu schaffen, denn wir brauchen eine Imageverbesserung für Ausbildungen in Bremen. Für die Hochschulen ist sie vorhanden.
Das Zweite ist natürlich, wenn die Menschen nach Bremen ziehen, dann brauchen sie auch bezahlbaren Wohnraum. Auch dazu gibt es eine Aufforderung an den Senat mit auf den Weg, damit wir mit einem guten Gefühl dieses Begrüßungsgeld anbieten können. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Nach diesem Beitrag muss ich doch noch einmal darstellen, dass die berufliche Bildung in Bremen in der gesamten Bundesrepublik als deutlich stark und deutlich besser als in vielen anderen Bundesländern eingeschätzt wird. Ich möchte das nach diesem Beitrag doch noch einmal deutlich sagen.