Protocol of the Session on March 9, 2017

Frau Präsiden tin! Ich wollte noch zur Kenntnis geben, dass es zwei kleine Fehler in dem Antrag gibt. Es war irgendwie nicht möglich, weil das schon ein geänderter Antrag war, den Antrag noch einmal wieder zu ändern. Es steht nämlich darin, dass es die staatliche Deputation für Wissenschaft ist, die damit begrüßt werden soll.

Die haben wir nicht, die gibt es nicht. Das betrifft den Ausschuss für Wissenschaft, Medien, Daten schutz und Informationsfreiheit, das müsste geändert werden. Dann muss natürlich auch die Deputation für Bau, Umwelt, Verkehr, Stadtentwicklung und Landwirtschaft beteiligt werden.

Des Weiteren, wen es interessiert: Ich habe gestern einmal recherchiert, es gibt übrigens auch inzwischen das autonome Fahrrad, man weiß nur noch nicht ganz genau, wofür das gut ist. – Danke!

(Beifall Bündnis 90/Die Grünen)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Reinken.

Frau Präsidentin, meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Die Bemerkung von dem Kollegen Saxe, autonomes Fahrrad, finde ich völlig großartig, denn das ist wahrscheinlich die beste Möglichkeit zu verhindern, dass einem auf dem Radweg die Fahrräder auf der falschen Seite entgegenkommen, wo es nicht erlaubt ist. Das wäre wirklich wunderbar, wenn wir da ein Stückchen weiterkämen!

Ich finde nur, wir müssen nun ein bisschen aufpassen mit der Debatte, dass wir es nicht überhöhen. Ich habe bei Ihren Beiträgen, Herr Kollege Rupp – so viel und so wichtig es ist, an der einen oder anderen Stelle darüber zu diskutieren – ein bisschen den Eindruck. Man muss das ein wenig herunterbrechen. Wir lösen nicht all die Fragen von Technologie- und Gesellschaftsentwicklung mit diesem Thema.

(Beifall SPD)

Das können und wollen wir auch gar nicht. Wenn ich mir unter dem Gesichtspunkt technologischer Entwicklung und auch Auswirkung auf die Gesell schaft das ansehe, was ich zumindest für mich selbst in den letzten 45 Jahren so verfolgt habe, und wenn ich dann noch weiter in der Industrie- und Gesell schaftsgeschichte zurückgehe, dann sage ich, na ja, vieles von dem, was prophezeit worden ist, ist dann auch wiederum ganz anders eingetreten. Wenn ich nur an die Debatten am Ende der Achtzigerjahre über das Ende der Arbeitsteilung nachdenke, die These von Kern und Schumann, und wie sich das dann wirklich in der Realität später abgespielt hat: Wichtig ist, dass man das aufgreift, keine Frage, aber wichtig ist auch, dass man das macht, was jetzt geht.

Ich will nur noch einmal zwei Bemerkungen dazu machen, weil Herr Kollege Buchholz das ja auch angesprochen hat: Es ist jetzt nicht so – Herr Kollege Bücking hat darauf schon einmal hingewiesen, und daran liegt mir schon sehr viel –, dass wir sozusagen diejenigen sind, die jetzt nur den Schalter umlegen müssen, und dann läuft das. Dieser Eindruck ist na

türlich ein bisschen von Herrn Ferlemann ausgelöst worden, und dieser Eindruck wurde bei mir auch vor Kurzem beim Neujahrsempfang des Kfz-Handwerks vom Präses der Handelskammer ein wenig erweckt, so nach dem Motto, das sei alles nur eine Sache der Bremer Politik, die müssten jetzt einmal machen. Nein, so einfach ist das nicht! Der Antrag ist gerade deswegen so wichtig, weil er ein Signal ist in Rich tung Wirtschaft, wir machen das, aber ihr müsst euch bewegen, denn ohne die Wirtschaft erreichen Sie da gar nichts!

(Beifall SPD)

Die Wirtschaft muss mit an den Tisch, die Wirtschaft im Bereich der Logistik, im Bereich der Zulieferer, aber auch der Hersteller. Dazu nenne ich jetzt keine Namen, Borgward ist noch nicht da. Hierzu muss ein Bündnis geschlossen werden, und sie müssen mit an den Tisch und auch mit eingebunden werden in das Projekt, denn ohne sie spielt sich gar nichts ab. Das müssen wir wissen. Das sage ich nur deswegen, weil mir diese ständigen indirekten Schuldzuweisungen auch ein bisschen missfallen, nach dem Motto, ihr bewegt euch nicht schnell genug, und wir hätten das schon lange, wenn ihr nur machen würdet. Das scheint mir im Moment nicht der Fall zu sein, das nur noch einmal zur Klarstellung!

Ansonsten teile ich die Aussage des Kollegen Bücking, man muss die Chancen nutzen, die darin stecken, man muss die Probleme sehen und bewältigen, und man muss dafür sorgen, dass wir die nötige Kompetenz, die wir in der Region haben, bündeln. Wir haben da ganz großartige Wissenschaftler und ganz hervorra gende Menschen im Bereich der Zulieferer, die etwas können, wir sind ein hochkompetentes Zentrum im Bereich der Logistik. Sie muss man zusammenbrin gen und mobilisieren, dann bekommt man auch die Zukunftsthemen geregelt. – Danke!

(Beifall SPD, Bündnis 90/Die Grünen)

Als nächster Redner hat das Wort Herr Staatsrat Meyer.

Frau Präsidentin, sehr geehrte Da men und Herren! Die Zukunft ist ungleich verteilt, bei manchen ist sie schon da, bei anderen wartet man noch darauf. Mit diesem Antrag können Sie dafür sorgen, dass die Zukunft in dem Themenfeld autonomes Fahren eben auch in Bremen beginnt.

Wir haben es soeben gehört, Experten sehen, dass das selbstfahrende Auto die größte Innovation in der Automobilität seit der Erfindung des Autos selbst sein kann. Selbstfahrende Autos werden die Art, wie wir Menschen leben und arbeiten – das haben wir auch in vorherigen Reden gehört –, aber natürlich auch, wie wir uns bewegen, fundamental ändern.

Ich bin dankbar für den Hinweis, dass es nur mit der Wirtschaft geht. Wir können nur die Rahmenbedin gungen setzen. Die Geschäftsmodelle entlang der gesamten Wertschöpfungskette der Automobilwirt schaft werden sich ändern. Ehrlicherweise ändern sie sich heute schon. Sie alle kennen das aus den Nachrichten. Stichworte hier bei den Automobil herstellern sind Sharing Economy, Sie kennen es, in den anderen Städten gibt es ganze Flotten von Automobilherstellern, Mobility Access Services, dass Sie also selbst kein Auto mehr besitzen, sondern Mobilität einkaufen.

Die Geschäftsmodelle der Zulieferer werden sich än dern. Die Geschäftsmodelle der Werkstätten ändern sich oder werden sich ändern. Natürlich gibt es auch Risiken und Nebenwirkungen, Herr Rupp. Die Frage, ob selbstfahrende Autos zum Beispiel nur noch Ver tragswerkstätten anfahren, ginge dann zum Beispiel auf Kosten von freien Werkstätten. Natürlich gibt es Risiken und Nebenwirkungen. Die Geschäftsmodelle entlang der gesamten Automobilwirtschaft werden sich ändern, bis hin zur Versicherungswirtschaft.

Die Automobilwirtschaft wird sich in den nächsten Jahren radikal ändern müssen, hin zu mehr Elektri fizierung, mehr Vernetzung und eben zu den selbst fahrenden Autos. Neue Mobilitätsangebote werden entstehen, und die Anbieter von ÖPNV-Angeboten werden ihre Geschäftsmodelle auch anpassen müssen, sonst werden sie mit ihrem Geschäftsmodell in 10, 20 Jahren leider nicht mehr am Markt bestehen können.

Wir haben es auch gehört, der Technologiesprung hat enormes Potenzial, auch auf anderen Gebieten andere Sektoren fundamental zu ändern. Für Bremen ist natürlich der Bereich Logistik ein zentraler Sektor, der auch durch autonome Fahrzeuge, selbststeu ernde Fahrzeuge geändert werden kann, und wir reden da nicht zwangsläufig, Herr Rupp, über lange Gigaliner-Lkw-Ketten auf den Autobahnen, sondern wir sprechen auch darüber, dass ortsnahe Anbieter und Zulieferer für Automobilhersteller und andere Industrieunternehmen ihre Logistik mit selbstfah renden Fahrzeugen planen können.

Warum sollte sich Bremen an dieser Innovation be teiligen? Das haben wir auch zuhauf gehört, für mich ist noch einmal ein wichtiger Punkt: Den größten Einfluss werden die selbstfahrenden Autos nicht auf den Autobahnen haben, sondern in den Städten. Die Hälfte der Menschheit lebt heute schon in Städten. Im Jahr 2030 werden zwei Drittel der Weltbevölke rung in Städten leben, insofern brauchen wir auch Teststrecken dort. Die Städte tragen zu 70 Prozent des weltweiten Energieverbrauchs und der CO2Emissionen bei. Damit wir die Nachhaltigkeitszie le erreichen, brauchen wir eben auch intelligente Lösungen im Bereich Verkehr, und die autonomen Fahrzeuge, so sie denn mit grünem Elektrostrom fahren, gehören dazu.

Ganz wichtig, und das möchte ich auch noch einmal betonen: Autonome Fahrzeuge können nur ein Glied in einer Kette sein, die zu einer digitalen Stadt führt, zu einer sogenannten Smart City, zu einer intelligenten Stadt. Der Teilbereich selbstfahrende Autos ist dabei ein wichtiger Aspekt. Die Frage ist nicht mehr, ob sie kommen, sondern nur noch, wann. Schon heute werden selbstfahrende Fahrzeuge im Bereich von abgeschlossenen Bereichen, wie zum Beispiel der Landwirtschaft, genutzt. Herr Rupp, Sie sprechen von hochkomplexen Systemen. Schon heute ist es so, dass bei dem hochkomplexesten Verkehrsmittel, nämlich dem Flugzeug, im Durchschnitt der Mensch nur noch sieben Minuten lenkt, die Restzeit des Fluges übernimmt schon heute eine autonome Maschine, nämlich der Autopilot.

(Glocke)

Herr Staatsrat Meyer, gestat ten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Rupp?

Ja, gern!

Bitte, Herr Rupp!

Herr Staatsrat, ich möchte Sie fragen, gibt es eine ungefähre Einschätzung, wie viel grünen Strom man eigentlich braucht, um wie viel Elektroautos zu betreiben? Wenn wir jetzt sagen würden, wir elektrifizieren Lkws, wie viel grünen Strom braucht man eigentlich, um, sagen wir einmal, zunächst 25 Prozent der Lkws in irgendeiner Weise zu elektrifizieren?

Auf die konkrete Frage habe ich keine Antwort. Ich kann Ihnen aber sagen, wenn wir darüber nachdenken, im Jahr 2030 einen hohen Anteil an Elektroautos zu haben, dass sie dann zum Beispiel 55 Gigawatt Offshore-Windenergie allein für Deutschland bräuchten. Das ist weit mehr, als die derzeitige Bundesregierung plant, und sicherlich ausreichend, um einen Offshore-Hafen in Bremer haven zu betreiben.

(Beifall SPD)

Die Vorteile der Revolution im Fahrersitz auf der Straße sind heute schon deutlich erkennbar: Mehr Zeit der Verkehrsteilnehmer für andere Dinge, ein facheres Parken, damit auch eine Reduktion der Parkplatzflächen, verminderte Unfallzahlen, verbes serte Effizienz der Verkehre und auch verbesserter Anschluss von entlegenen Gebieten bei geringeren Kosten, geringerer Luftverschmutzung und weniger CO2-Emmissionen.

Wir haben es auch gehört, es wird sicherlich noch dauern, bis die selbstfahrenden Autos in großer An zahl auf den Straßen zu sehen sein werden. Dennoch,

glaube ich, sind wir gut beraten, als Stadt der Zukunft uns schon jetzt mit den möglichen Konsequenzen auseinanderzusetzen. Das, finde ich, ist das Char mante an dem Antrag, er setzt eben nicht nur auf die Technik, sondern er schaut auch auf die Risiken und Nebenwirkungen. Da gibt es ja auch zwei oder drei Beschlusspunkte, die sich kritisch damit ausein andersetzen. Natürlich, Herr Rupp, haben Sie recht, dass es bei solchen Innovationen eben auch Risiken und Nebenwirkungen geben wird. Diese sollen auch betrachtet werden, wir können sie auch nennen.

Natürlich kann man kritisch sehen, dass selbstfahrende Autos einen Einfluss auf den ÖPNV haben werden, auch auf das Business-Geschäftsmodell des öffentli chen Personennahverkehrs. Es wird sicherlich dazu beitragen können, und das muss man auch kritisch begleiten, dass es zu einer Zersiedelung von Städten kommt. Das ist sicherlich ein Nachteil. Die Einnahmen der Stadt durch Parkgebühren, auch das wird man sich anschauen müssen, und natürlich der Schutz der Vertraulichkeit und der Integrität der Daten und nicht zuletzt die Kosten für die Infrastruktur, die aufgebaut werden muss, aber wenn Sie das zusammen nehmen, die Chancen und die Risiken, die man sieht, dann, glaube ich, ist die Stadt Bremen gut beraten, diesen Weg zu gehen.

Alles in allem: Selbstfahrende Autos ergeben nur Sinn, wenn sie Teil eines größeren integrierten Angebots an Mobilität sind und wenn sie Teil einer digitalen Stadt, einer sogenannten Smart City sind. Sie müssen heute entscheiden, ob Bremen am Rande steht oder ob wir mitmachen wollen. Meine Beschäftigten im Hause haben Spaß an dem Thema. Es wird nur mit der Wirtschaft gehen. Ich würde mich freuen, wenn Sie dem Antrag zustimmen. Nicht, wie Nena einmal gesagt hat, irgendwie, irgendwo, irgendwann fängt die Zukunft an, sondern mit diesem Antrag können Sie deutlich sagen, wo: Hier in Bremen, mit autonomen Fahren, dann ab heute! – Vielen Dank!

(Beifall SPD)

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Die Beratung ist geschlossen.

Wir kommen zur Abstimmung.

Wer dem Antrag der Fraktionen der SPD, Bündnis 90/Die Grünen und der CDU mit der DrucksachenNummer 19/941, Neufassung der Drucksache 19/923, mit der klarstellenden Maßgabe seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen!

(Dafür SPD, CDU, Bündnis 90/Die Grünen, FDP, LKR, Abg. Tassis [AfD], Abg. Timke [BIW])

Ich bitte um die Gegenprobe!

(Dagegen DIE LINKE)

Stimmenthaltungen?

Ich stelle fest, die Bürgerschaft (Landtag) stimmt dem Antrag zu.

Achtes Gesetz zur Änderung des Bremischen Ver gnügungssteuergesetzes (Einführung einer Wettbü rosteuer) Antrag der Fraktionen der SPD und Bündnis 90/ Die Grünen vom 2. November 2016 (Drucksache 19/817) 2. Lesung Wir verbinden hiermit: Achtes Gesetz zur Änderung des Bremischen Ver gnügungssteuergesetzes (Einführung einer Wettbü rosteuer) Bericht und Antrag des staatlichen Haushalts- und Finanzausschusses vom 8. Februar 2017 (Drucksache 19/933)

Dazu als Vertreter des Senats Herr Staatsrat Strehl.

Wir kommen zur zweiten Lesung.

Die gemeinsame Beratung ist eröffnet.

Als erster Redner hat das Wort der Abgeordnete Senkal.