Im Übrigen nimmt die Bürgerschaft (Landtag) von der Antwort des Senats, Drucksache 19/892, auf die Große Anfrage der Fraktion der CDU Kenntnis.
Erschütterungen durch Bahnverkehr berücksichtigen – Lärmmessstelle einrichten Antrag der Fraktionen Bündnis 90/Die Grünen und der SPD vom 7. Dezember 2016 (Drucksache 19/869) Wir verbinden hiermit: Bahnlärm in Bremen: Ohren zu und durch? Große Anfrage der Fraktion der CDU vom 13. Dezember 2016 (Drucksache 19/875) Dazu Mitteilung des Senats vom 14. Februar 2017 (Drucksache 19/942)
Gemäß Paragraf 29 unserer Geschäftsordnung hat der Senat die Möglichkeit, die Antwort, Drucksache 19/942, auf die Große Anfrage in der Bürgerschaft mündlich zu wiederholen.
Ich gehe davon aus, Herr Senator Dr. Lohse, dass darauf verzichten wollen, sodass wir gleich in die Aussprache eintreten können.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wir debattieren heute nicht zum ersten Mal das Thema Bahnlärm in der Bürgerschaft. Es ist ja auch immer wieder Thema in der Umwelt- und Verkehrsdeputation. Das zeigt vielleicht die Wichtigkeit des Themas in Bremen, und es zeigt vielleicht auch, wie wichtig uns das Thema ist. Ich hoffe, das machen auch unser Antrag, um dessen Unterstützung ich werbe, sowie die Große Anfrage der CDU-Fraktion deutlich.
Bahnlärm ist ein wichtiges Thema in Bremen und Bremerhaven, denn Bremen und Bremerhaven liegen an einer Haupttrasse für den Güterverkehr von den bremischen Häfen in den Süden. Der Bremer Bahnhof – das wissen Sie auch alle – ist als Durchgangsbahnhof ein Nadelöhr für den Bahnverkehr.
Die Trassen, die quer durch die Städte verlaufen, sind hochfrequentiert, und damit ist in Bremen und Bremerhaven eine große Zahl Betroffener – einige sitzen hier – vorhanden.
Wir wissen aus Gesundheitsstudien, dass Lärm krank macht. Meine Damen und Herren, deshalb ist Lärmschutz auch Gesundheitsschutz.
Die Menschen, die an den Bahnstrecken wohnen, sind nicht nur dem Bahnlärm, sondern auch den Erschütterungen ausgesetzt. Ich glaube, jedes Mitglied der Deputation kennt das Beispiel Stolzenauer Straße. Sie ist explizit auch in der Antwort des Senats auf die Große Anfrage der CDU-Fraktion erwähnt worden.
Die Erschütterungen stellen ebenfalls eine hohe Belastung dar. Hier wollen wir nicht nur, meine Damen und Herren, sondern wir müssen Abhilfe schaffen.
Wenn wir effektiv etwas verbessern wollen, dann reicht es eben nicht nur, dass wir uns beispielsweise um den passiven Lärmschutz durch Lärmschutzwände oder durch dämmende Fenster kümmern – dieser Lärmschutz ist ja auch in etlichen Straßenzügen nicht vorhanden –, sondern wir müssen vor allen Dingen den Lärm an der Quelle reduzieren, also an den Zügen selbst, an den Rädern, an den Bremsen und am Gleisbett. Ich habe irgendwann einmal den Zungenbrecher „Graugussklotzbremsen“ lernen müssen.
Die Bahn hat – das kann man auch der Antwort des Senats entnehmen – Lärmschutzwände im Rahmen des freiwilligen Lärmsanierungsprogramms in Bremen und Bremerhaven errichtet.
Das führt natürlich erst einmal zu Erleichterungen in den Häusern der Menschen, bei denen aufgrund des Bundes-Immissionsschutzgesetzes der Lärmschutz nicht berücksichtigt wird, da diese Häuser nach 1974 gebaut worden sind; aber eben auch nur dort, wo die Bahn das freiwillig gemacht hat.
Ich möchte an dieser Stelle einmal sagen: Ich finde die Einschränkung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes, die vorsieht, dass Lärmschutzwände nur an Streckenläufen gesetzlich vorgeschrieben sind und gebaut werden, an denen die Häuser vor 1974 gebaut worden sind, also bevor das Bundes-Immissionsschutzgesetz in Kraft getreten ist, gerade in wachsenden Städten total überholt. Hier muss auf Bundesebene nachgebessert werden.
Ich denke, es leuchtet allen ein, dass Lärm eben Lärm ist, egal, wie alt das Haus ist, und dass die Menschen den gleichen Anspruch haben. Deswegen – ich glaube, da spreche ich für alle – setzen wir uns alle für den lückenlosen Lärmschutz ein. Es muss vor allen Dingen ein neues Regelwerk geben, das Grenzwerte
für Erschütterungen festsetzt. Erschütterungen sind nicht nur dann unangenehm, wenn die Gläser im Schrank klirren, wenn ein Zug vorbeifährt, sondern sie stressen die Menschen auch gesundheitlich. Es kann auch zu Rissbildungen in den Häusern führen, die bisher, weil es schwer nachweisbar gewesen ist, nie monetär abgegolten worden sind.
Damit die Erschütterungen abgedämmt werden, wollen wir, dass besohlte Schwellen in Wohngebieten standardmäßig eingesetzt werden. Das ist Lärmschutz an der Quelle, und das sollte zum Standard werden.
Wir fordern in unserem Antrag, dass in Bremen eine Lärmstelle installiert und in das geplante MonitoringSystem aufgenommen wird. Wenn ein Bahnlärmschwerpunkt – wie in Bremen – vorhanden ist, dann sollte es im Interesse der Bahn und des Bundes sein, zusätzliche Daten, bessere Daten und Auswertungen zu generieren, um daraus weitere Rückschlüsse zu ziehen und gegebenenfalls Maßnahmen besser planen zu können.
Die Gesundheitsministerkonferenz hat im letzten Jahr festgestellt, dass der Lärmschutz an Bahnstrecken deutlich verbessert werden muss. Die Bundesregierung will den Bahnlärm bis zum Jahr 2020 halbieren. Ich finde das sehr ambitioniert. Ich würde mich freuen, wenn es gelingen würde. Wir haben jetzt schon das Jahr 2017. Ich bin, wenn ich mir die Situation in Bremen anschaue, nicht ganz so optimistisch, ob die Bahn das schafft. Um das Ziel zu erreichen, muss der Bund den Lärmschutz an der Quelle massiv angehen und finanzieren.
Ich bitte Sie, unterstützen Sie den Antrag, denn er hilft den vielen betroffenen Menschen in Bremen und Bremerhaven, ruhiger zu leben und zu wohnen. Er fördert damit auch den Gesundheitsschutz. – Herzlichen Dank!
Bevor ich dem Kollegen Strohmann das Wort erteilen, möchte ich nicht versäumen, den ehemaligen Kollegen Ruffler auf dem Besucherrang zu begrüßen. Der ehemalige Kollege Ruffler gehörte der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen an und ist heute Vorsitzender der Initiative Lärmschutz.
Ruffler, herzlich willkommen! Sie sind ja auch einer derjenigen, die uns mahnen und antreiben, damit wir uns ein bisschen intensiver um das Thema Lärmschutz bei der Bahn kümmern. Recht herzlichen Dank auch für die Art und Weise! Sie sind damit ein Vorbild, wie eine Bürgerinitiative arbeiten kann und effektiv ist.
Bremen und Bremerhaven sind bedingt durch ihre Lage und als Städte von Bahnlärm betroffen. In unseren beiden Städten sind es circa 120 000 Bürgerinnen und Bürger, und zwar Tag für Tag. Die Hauptursache für den Bahnlärm sind Luftverwicklungen bei hohen Geschwindigkeiten, die klassischen Quietschgeräusche, verursacht durch Gleiskurven, Bremsanlagen, Rollgeräusche und durch die Berührung zwischen Rad und Schiene. In Bremen kommen in gewissen Bereichen Motoren-, Lüftungs- und Kompressionsgeräusche hinzu. Denjenigen, die in der Nähe eines Bahnhofs wohnen, kann das verursachte Zischen erheblich nerven. Das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur arbeitet zurzeit einen Koalitionsauftrag zwischen CDU/CSU und der SPD ab – Frau Dr. Schaefer, Sie haben recht, das Ziel ist sehr ambitioniert –, damit der Betrieb von lauten Güterwagen ab 2020 auf deutschen Strecken verboten werden soll. Wir haben es bereits in der Großen Anfrage nachgefragt. Wir sollten gegebenenfalls von unserer Seite aus auf die Bundestagsfraktionen hinsichtlich der Ausnahmetatbestände Einfluss nehmen. Es macht keinen Sinn, dass ein Gesetz beschlossen wird, in dem es so umfangreiche Ausnahmetatbestände gibt. Ansonsten widmen sich das Bundesministerium und Minister Dobrindt in den letzten Jahren sehr intensiv gerade dem Bahnlärm durch weitere Initiativen. Das Projekt „Plattform Leise Bahnen“ erarbeitet ein bundeseinheitliches Messkonzept. Ich glaube, das ist vernünftig. Es geht hauptsächlich um den Lärm, der durch den Güterverkehr produziert wird. Er soll erfasst werden, sodass dann sehr objektiv auf das Thema Bahnlärm reagiert werden kann, denn vielerorts ist es eine subjektive Wahrnehmung. Ich glaube, das ist ein guter Ansatz. Die Absicht der Deutschen Bahn, den Schienenverkehrslärm in einem Zeitraum von 2000 bis 2020 halbieren zu wollen, halte ich für möglich. Damit sind wir genau bei der Diskussion, die wir hier seit Jahren führen: Es geht ja nicht nur um die Lärmbelästigung für die Anwohner, sondern es geht auch, wenn Schallschutzwände installiert werden, um die Ästhetik und um die nicht hervorragende Wohnqualität. Wenn man im Winter das Fenster einmal öffnen möchte, ist das problematisch. Deswegen ist der Einsatz von Güterwagen mit – ich habe einen anderen Begriff – Verbundstoff-Bremsklotzsohlen
für uns ein wichtiges Thema. Im Grunde kennen wir diesen Begriff, es handelt sich um ein Kunststoff-/ Karbidgemisch. Diese Bremsbeläge sind gar nicht so teuer.
Die Diskussion wird schon seit einigen Jahren geführt. Ich habe bereits vor einigen Jahren gesagt, das wäre ein Thema für die Europäische Union gewesen. Ich glaube, es ist nicht sinnvoll, wenn allein in Deutschland umgerüstet wird. Das Problem ist nicht behoben, wenn ein Güterwagen aus einem anderen Land, das keine Umrüstung vorgenommen hat, an einen Zug in der Bundesrepublik angekoppelt wird.
Ich glaube, die Umstrukturierung der Güterwagen und die Androhung eines Verbotes sind der richtige Weg.
Ich bedanke mich für die Antworten des Senats, denn sie waren in dem einen oder anderen Fall hilfreich, und sie sind eine gute Grundlage für die weitere Bearbeitung dieses Themas.
Wir werden dem Antrag der Koalition zustimmen, obwohl die ersten beiden Punkte bereits mehr oder weniger umgesetzt worden sind. Jetzt können Sie sagen: Wir stellen einen Antrag, und der Senat setzt ihn um, prima! ich glaube aber, dass es sowieso klar gewesen ist, dass der Senat mit der Problematik entsprechend umgeht. Solange wie die Forderungen größtenteils aus Berlin bezahlt werden, ist es immer unproblematisch, solche Forderungen an Berlin zu stellen. Das kennen wir ja aus anderen Zusammenhängen.
Es wäre ansonsten ganz nett gewesen, wenn der Senat in seiner Antwort auf die Große Anfrage eine Bewertung unserer Fragen vorgenommen hätte. Was muss noch gemacht werden, und was erwarten Sie von uns als CDU-Fraktion, die auf Bundesebene mit regiert und die auch weiter regieren wird, was noch getan werden soll? Lärmschutz geht uns nämlich alle an.
Ich möchte trotzdem ein bisschen Wasser in den Wein schütten: Die Schallschutzwand in Walle ist aufgrund eines sehr intensiven Engagements der Menschen vor Ort errichtet worden. Sie sind mit ihrem Anliegen sogar bis zum Petitionsausschuss des Bundestags gegangen. Es lohnt sich – das will ich noch einmal sagen – in einer Bürgerinitiative, einer sehr angenehmen Bürgerinitiative, tätig zu werden. Die Forderungen waren klar. Sie haben ihre Schallschutzwand bekommen, und das hat der Staatsrat bei der Einweihung begrüßt.
Wir müssen den Weg gemeinsam weitergehen, weil ich glaube, dass wir das unseren Bürgerinnen und Bürgern schuldig sind. – Vielen Dank!