Für den Bereich der Strafverfolgungsbehörden gilt es sicherzustellen, dass das Opfer nach der Anzeige nicht erleben muss, dass der Täter erst einmal unbehelligt bleibt, dass man ihn womöglich noch beim Einkaufen oder in anderen Zusammenhängen trifft. Die Verfahrensdauer muss möglichst kurz und für das Opfer möglichst wenig belastend verlaufen.
Der Senat hat aus unserer Sicht den richtigen Weg gewählt. Dieses Feld kann nur ressortübergreifend bearbeitet werden. Ich bin mir sicher, dass der Senat jederzeit über Details in den Deputationen und Ausschüssen berichten wird, wenn man eine entsprechende Bitte an ihn richtet. Dazu ist aus Sicht der grünen Fraktion kein Antrag notwendig.
Meine Damen und Herren, der Grundsatz „Wer schlägt, der geht“ ist genau das richtige Zeichen in unserer Gesellschaft.
Wir dürfen Gewalt nicht tolerieren. Wer Gewalt ausübt, muss Konsequenzen spüren. Das führt mich zu einem zumeist vergessenen Punkt, der dankenswerter Weise in dieser Debatte nicht vergessen wurde, nämlich die Täterarbeit. Es ist richtig, dem Opfer alle möglichen Hilfen und alle mögliche Unterstützung zu geben. Gleichwohl müssen wir gemeinsam daran arbeiten, dass die Täter nicht erneut im wahrsten Sinne des Wortes zuschlagen beziehungsweise sie im Idealfall gar nicht erst zu Tätern werden.
Es sind hier gerade einige Punkte genannt worden, wie zum Beispiel Auflagen, wenn es zu Gerichtsverfahren kommt. Es ist allerdings auch die Frage zu beantworten, welche Möglichkeiten wir anbieten können, wenn es nicht zu Gerichtsverfahren kommt. Ob die Auflagen verpflichtend sein können, das müssen wir vielleicht noch einmal diskutieren, auch wenn es juristisch ein heikles Thema ist.
Meine Damen und Herren, es gilt, die Spirale der Gewalt zu unterbrechen. Transportiert jemand die Gewalterfahrung aus der eigenen Kindheit in die eigene Beziehung, dann bedarf es eines notwendigen Mixes aus Prävention und Reaktion. Wir sind als grüne Fraktion gern bereit, in den Ausschüssen und Deputationen daran weiterhin konstruktiv mitzuarbeiten. – Vielen Dank!
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich war ehrlicherweise über die in der Großen Anfrage genannte Zahl schockiert. Es gibt eine Bandbreite von Zahlen zu diesem Thema, aber, zurückhaltend geschätzt, erlebt wirklich jede vierte Frau in Deutschland in ihrem Leben mindestens einmal häusliche Gewalt.
Das ist für mich kaum zu fassen, es macht mich sehr nachdenklich, und es erschüttert mich. Das heißt ja, dass jede vierte Frau entweder bedroht, genötigt, geschlagen, missbraucht oder vergewaltigt wird. Die häusliche Gewalt ist damit kein Phänomen, sie ist eine gesellschaftliche Realität. In Bremen werden jährlich circa 2 000 Fälle häuslicher Gewalt erfasst, wohl gemerkt, nur erfasst. Deswegen ist ja auch die Idee richtig, in das Dunkelfeld ein bisschen Licht zu bringen, denn ich glaube, wir können von weitaus mehr Fällen ausgehen.
Die entscheidende Frage lautet natürlich für uns: Was können wir unternehmen, um die Opfer besser zu schützen und zu unterstützen? Die Opfer sind in fast 90 Prozent der Fälle Frauen. Ich glaube, bei der Strafverfolgung war die anonyme Beweissicherung bei sexualisierter Gewalt beziehungsweise bei Vergewaltigungen ein wichtiger Schritt. Wichtiger für die Strafverfolgung ist aber, den Opfern die Sicherheit und das Vertrauen zu geben, Anzeige erstatten zu können, und dass sie das Gefühl haben, in guten Händen zu sein.
Die bremischen Frauenhäuser sind dafür ganz bedeutend, denn sie sind für die Opfer häuslicher Gewalt die ersten Anlaufstellen. Die Frauen befinden sich dann in einer Umgebung, in der sie sich etwas zutrauen und in der sie sich quasi wie zu Hause fühlen. Es ist, glaube ich, ein ganz entscheidender Punkt, dass in den Frauenhäusern das Umfeld geschaffen wird, dass sich die Opfer in einem intimen Umfeld bewegen können und dass sie dort keine Angst mehr haben müssen.
Wir haben im vergangenen Jahr die Debatte zur Finanzierung der Frauenhäuser erlebt, und deshalb glaube ich – bei allem Respekt vor der Idee, die wirklich wichtig ist –, dass wir im Moment nicht die teure Dunkelfeldstudie brauchen, sondern dass wir versuchen sollten, jeden Euro in die Unterstützung der Frauenhäuser zu stecken.
Es gibt aus unserer Sicht zwei Probleme. Erstens: Es sind die Sprachprobleme der Migrantinnen. Der sechste Bericht der ressortübergreifenden Arbeitsgruppe häusliche Beziehungsgewalt hat sich dieses Jahr den Schwerpunkt gesetzt, Migrantinnen besser zu erreichen. In diesem Bereich ist bereits viel passiert, um die Angebote unter Migrantinnen bekannter zu machen. Es gibt den sehr guten mehrsprachigen Flyer der ZGF zu dem Thema „Keine Frau muss Gewalt akzeptieren!“.
Wichtig ist, dass die Frauenhäuser in der Lage sind, adäquat mit den Migrantinnen umzugehen. Die Finanzierung der Frauenhäuser ist dementsprechend zu gestalten, dass auch Dolmetscherdienste in Anspruch genommen werden können. Bei den Dolmetschern ist es notwendig, dass sie über besondere Qualifikationen verfügen, und deshalb ist dieser Bereich entsprechend kostenintensiv. Ich glaube, einen Dolmetscher mit einer Angelegenheit zu befassen, der nicht selbst mit der entstehenden psychischen Belastung umgehen kann, ist sehr schwierig.
Zweitens: Aus der Praxis gibt es Berichte, dass die Gruppe der jüngeren Frauen, und zwar zwischen 18 Jahren und 25 Jahren, ein bisschen zwischen zwei Stühle sitzen. Sie passen auf der einen Seite eben nicht mehr – Frau Böschen, Sie haben es auch erklärt – so richtig in das Mädchenhaus hinein, auf der andern Seite passen sie aber auch nicht in das Frauenhaus. Es kommt auf den Entwicklungsstand der jungen Frauen an. Das hängt gar nicht so sehr vom Alter ab. Wo fühlen Sie sich wohl? Wo fühlen Sie sich geborgen? Das sind Fragen, die zu beantworten sind.
Wir wollen diesen jungen Frauen eine vertraute Umgebung bieten. Das ist die Idee, die dahintersteht. Deshalb danke ich Ihnen schon, Frau Böschen, für die Einschätzung, die Sie eben in Ihrer Rede gegeben haben. Es wäre schön, wenn Sie in diesem Bereich auch tätig würden. Das wäre toll. – Vielen Dank!
Frau Bernhard, bezüglich des Berichts möchte ich gern noch erklären: Es geht uns gar nicht darum, den großen Bericht für 2018 vorzuziehen, sondern es geht uns um einen Zwischenbericht und darum, anhand des Zwischenberichts zu überprüfen, welche Defizite vorhanden gewesen sind: Wurden die Defizite abgestellt, wurde in bestimmten Bereichen gehandelt, hat sich die Struktur verändert beziehungsweise hat sich insgesamt etwas verändert? Das ist unser Anliegen.
Die ressortübergreifende Arbeitsgruppe zum Thema häusliche Gewalt ist bereits vorhanden. Die Arbeitsgruppe legt regelmäßig einen Bericht vor, in dem sie auch die Handlungsfelder aufzeigt. Wir finden es wichtig, die Entwicklung zu beobachten. In diesem Rahmen ist sicherlich zu prüfen, ob alle Stellen, die im Rahmen der Bekämpfung der häuslichen Gewalt tätig sind, personell angemessen ausgestattet sind.
Zum Schluss noch ein Wort zum CDU-Antrag! Wir haben uns die einzelnen Punkte des CDU Antrags angeschaut, sie beraten und ein Verfahren verabredet. Aus unserer Sicht beschäftigt sich der CDU-Antrag zu viel mit den Tätern, aber zu wenig mit den Opfern.
Ja, die Täterarbeit ist wichtig und richtig, aber, ganz ehrlich, ein Nein zum Täter-Opfer-Ausgleich! Wir
finden ihn in dieser Frage einfach nicht zielführend. Allein die Vorstellung, dass es zu einer Gegenüberstellung kommt, ist der falsche Ansatz. Viele Opfer brechen, wenn sie nach einer schlimmen Tat im Gerichtssaal auf ihre Peiniger treffen, zusammen und können die Situation psychisch kaum aushalten.
Wir sollten im Endeffekt, glaube ich, bei der häuslichen Gewalt akzeptieren, dass es sich um ein gesellschaftliches Problem handelt und dass es Zeit wird zu handeln. Es sind viele Frauen, aber auch Männer Opfer.
Die vorliegenden Anträge sind sicherlich ein kleiner Teil, der dazu beitragen kann, die Opfer besser zu schützen, und deswegen bitten wir um Ihre Unterstützung. – Vielen Dank!
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte doch noch einmal auf zwei Punkte eingehen, weil sie hier mehrfach vor einem kritischen Hintergrund beleuchtet worden sind. Zunächst komme ich zum Täter-OpferAusgleich!
Ich habe das Gefühl, dass einigen der Hintergrund des Täter-Opfer-Ausgleichs nicht richtig bekannt ist. Der Hintergrund ergibt sich aus den Paragrafen 155 a und b der Strafprozessordnung und dem Paragrafen 46 a des Strafgesetzbuchs. In diesen Paragrafen ist der Rahmen des Täter-Opfer-Ausgleichs festgelegt. Es geht dort beispielsweise um die einvernehmliche Regelung zwischen Beschuldigtem und Geschädigtem. Beide Seiten sollen sich am Ende des Verfahrens mit ihrem Anliegen berücksichtigt finden. Die Reduzierung von Konfliktfolgen und Folgekonflikten ist hier angesprochen.
Alles das spielt sich ganz eindeutig wiederholt im Bereich der häuslichen Gewalt ab. Das haben wir hier ja mehrfach diskutiert. Wer glaubt, dass der Täter-Opfer-Ausgleich im Gerichtssaal stattfindet, liegt völlig falsch. Er findet außergerichtlich statt. Das ist auch der Sinn des Ganzen. Ich habe vorhin angedeutet – das ist auch meine felsenfeste Überzeugung –, dass er bei Ersttätern ein sinnvolles Instrument ist. Bei Wiederholungstätern im Bereich der häuslichen Gewalt halte ich dieses Instrument nicht für sehr sinnvoll.
Zielrichtung kann nicht sein, dass die Gemeinschaft erhalten bleiben soll, sondern vielmehr, eine Vereinbarung zu treffen, die aus meiner Sicht an der Stelle von großer Bedeutung ist.
Herr Hinners, ich würde gern mit Ihnen in einen Gedankenaustausch eintreten. Teilen Sie die Auffassung, dass es sich bei häuslicher Gewalt in den Fällen, in denen sich das Opfer entscheidet, aktiv zu werden, indem es zur Polizei oder zu einer Beratungsstelle geht, in ganz wenigen Fällen um die Ersttat handelt, sondern immer um das häufige Auftreten von Gewalt, sodass wir eben nicht von dem von Ihnen beschriebenen Fall der Ersttat ausgehen können?
Teilen Sie überdies die Auffassung, dass gerade im Themenfeld der häuslichen Gewalt die Beratung der Opfer von ganz eminent wichtiger Bedeutung ist?
Sie haben zwei Fragen gestellt. Das, was Sie in Ihrer ersten Frage zum Ausdruck gebracht haben, teile ich nicht. Aus meiner beruflichen Erfahrung heraus weiß ich, dass es häufig erste Anzeigen bei der Ersttat gibt. Das ist richtig. Ich kann nur jeder und jedem Geschädigten empfehlen, die erste Tat anzuzeigen, um Gewalt möglichst früh zu stoppen. Meine Erfahrungen sind nicht identisch mit Ihren. Ich weiß nicht, woher Sie sie haben. Ich weiß, woher ich sie habe.
Es gibt schon Anzeigen, die nach der ersten Tat erstattet werden. Ich glaube jedoch, das ist nicht das Entscheidende. Entscheidender ist, dass in den Fällen, in denen es zum ersten Mal zu einem Verfahren kommt, das Instrument des Täter-Opfer-Ausgleichs bei dem Ersttäter, der angezeigt worden ist, angewendet wird. Ich glaube, dass es in Einzelfällen, nicht aber bei der großen Masse zu einem Erfolg führen kann, weil wir dadurch verhindern können, dass es Folgetaten gibt, und zwar nicht nur in dieser Beziehung, sondern vielleicht in weiteren Beziehungen des Täters.
Meine Frage war, ob Sie die Auffassung vertreten, dass es bei diesen Taten um die Frage der Beratung geht, während der Täter-Opfer-Ausgleich eine andere Zielrichtung verfolgt, nämlich die des Ausgleichs, und es bei Bera
Ich habe das eben gerade so gesagt, Herr Fecker! Ein Ziel des Täter-Opfer-Ausgleichs ist es auch, die Anliegen beider Seiten zu berücksichtigen. Das habe ich eben sinngemäß zitiert, das habe ich mir nicht selbst einfallen lassen. Das habe ich übernommen.
Ich will auf einen zweiten Punkt eingehen, der hier kritisch betrachtet worden ist, nämlich die sogenannte Dunkelfelderhellung oder Dunkelfeldforschung. Sie haben im Bereich der Dunkelfeldforschung von Zahlen gesprochen, die wir kennen. Wir glauben, sie zu kennen, das ist richtig! Es gibt aber auch Fakten, die von großer Bedeutung sind. Zu den Fakten gehört beispielsweise der Modus Operandi. Er ist nicht immer gleich, er kann sehr unterschiedlich ausfallen.