Der öffentlich-rechtliche Rundfunk muss nach der Meinung der AfD-Fraktion in den Landtagen auf den Prüfstand. Daher haben die neun Fraktionen und der eine Einzelabgeordnete in Bremen zeitgleich Ende des letzten Jahres die Kündigung der Rundfunkstaatsverträge eingereicht.
Deutschland hat einen sehr großen und teuren öffentlich-rechtlichen Rundfunk, vielleicht den teuersten Rundfunk der Welt. Das besagen internationale Vergleiche. Wir haben eine Tradition in diesem Bereich. Das ZDF ist später, in den Sechzigerjahren, dazugekommen. Wir haben mit unserem öffentlichrechtlichen Rundfunk eine große Tradition im Wiederaufbau der Bundesrepublik Deutschland gehabt, der nun im Zuge der letzten Jahre, im Zuge der Internettechnologie, leider technisch zurückgeblieben ist und auch im Zuge der letzten Jahre seltsamerweise mehr zur Spaltung der Gesellschaft im politischen Bereich beiträgt als zu einer öffentlichen Aufklärung und zu einer international würdigen Debatte eines öffentlich-rechtlichen Rundfunksystems, wie das in Großbritannien oder in anderen Ländern der Fall ist.
Die Gesetzgebung hinkt also seit Jahren der medialen und technischen Realität hinterher. Selbstbewusst nutzen ARD und ZDF ihren Einfluss aus und geben Gutachten selbst in Auftrag, mit denen sie sich quasi die Berechtigung ihres Daseins selbst belegen. Das kann nicht sein. Der öffentlich-rechtliche Rundfunk Deutschlands sollte für Staatsferne stehen und unabhängig sein.
Auch dieses Haus hat ja mit seiner Änderung der Regelungen zur Zulassung von Abgeordneten in den Bremer Rundfunkrat mit dem Ausschluss des einen AfD-Abgeordneten aus demselben selbst die Schwierigkeiten der letzten Jahre belegt: wie solche Rundfunkräte aussehen und wie es dort mit der Staatsferne aussieht.
Das hat alles seine Problemlagen. Daher wünschen wir uns eine Debatte in den Parlamenten, in der Öffentlichkeit. Das ist bisher nur eine Kündigung der öffentlich-rechtlichen Rundfunkstaatsverträge, noch kein Konzept, das man an deren Stelle setzen kann. Das geben wir gern zu. Wir müssen in den nächsten Jahren endlich einmal zu einer Debatte kommen.
Da jetzt ohnehin die Frist zur Kündigung der Rundfunkstaatsverträge für die nächsten Jahre abgelaufen ist, bleibt Zeit, gemeinsam mit allen Parteien, mit allen Beteiligten neue Konzepte für den öffentlichrechtlichen Rundfunk zu schaffen, zu suchen und eben diese Zeit, quasi diese Verschleppung, unsere neuen zehn Anträge zu nutzen, in den nächsten beiden Jahren wirklich zu einem neuen Konzept des öffentlich-rechtlichen Rundfunks zu kommen.
auch ein Recht auf Nichtnutzung der Angebote. Der Bürger ist Chef. Der Rundfunk ist Diener. Ein Nichtnutzer muss sich – das ist zentral! – auf Antrag von der Rundfunkabgabe befreien lassen können. Es kann nicht sein, dass, wie es nach den relativ neuen Regelungen zum Gebühreneinzug gehandhabt wird, alle bezahlen müssen, auch wenn sie den öffentlichrechtlichen Rundfunk nicht nutzen wollen.
Trotz des Beitragsüberschusses, der jedes Jahr quasi ausgewiesen wird, steckt der öffentlich-rechtliche Rundfunk in der Krise. Er steht verstärkt unter dem Druck des sparsamen Wirtschaftens, aber investiert kaum noch in Programmqualität, worüber sich nun wirklich alle Bürger, wahrscheinlich auch LINKE, SPD- und Grüne-Wähler sowie CDU- und FDP-Wähler genauso aufregen wie AfD-Wähler.
Es fehlt an der Vielfalt der Programmangebote, vor allem an Unterschieden zu privaten Sendern. Daher konstatiert die AfD allgemein in allen Landesparlamenten einen Reformbedarf. Ziel des vorliegenden Antrags ist nicht, ich erwähnte es schon, die sofortige Abschaffung des derzeitigen öffentlich-rechtlichen Rundfunksystems. Vielmehr geht es endlich um die Ingangsetzung eines Prozesses, zu der wir jetzt auch Zeit haben, an dessen Ende eine umfassende Neuordnung steht.
Die in den Staatsverträgen vorgesehenen langen Kündigungsfristen von zumeist zwei Jahren lassen jetzt sowieso, da die Frist verstrichen ist, ausreichend Zeit für eine breite öffentliche Diskussion und eine Fixierung eines grundsätzlichen Richtungswechsels. Wir brauchen keinen Staats- und Parteienrundfunk, sondern eine spürbare Rundfunkfreiheit für alle, so wie dies unsere Verfassung vorsieht.
Der Antrag als solcher mit der Kündigung der Rundfunkstaatsverträge bis zum 31. Dezember 2016 ist natürlich obsolet. Ich rufe aber dazu auf, eben diesen Antrag dazu zu benutzen – das ist ja auch sein Sinn –, nunmehr die nächsten beiden Jahre dazu zu nutzen, ein wirklich lebensfähiges, leistungsfähiges, modernes Rundfunksystem in der Bundesrepublik Deutschland zu schaffen. – Vielen Dank!
Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich nehme heute stellvertretend für die Fraktionen in der Bremischen Bürgerschaft Stellung zum Antrag von Herrn Tassis von der AfD, der die Abschaffung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks vorsieht. In den letzten Monaten hat die AfD eine gezielte Kampagne zur Diskreditierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks gestartet und dabei bundesweit ähnliche Anträge in die Landesparlamente eingebracht, die in keiner Weise einen Beitrag zur sachlichen Debatte über die Zukunft der Rundfunkanstalten leisten.
Was steht nun im AfD-Papier, mit dem wir uns heute beschäftigen müssen? Ziel dieses Antrags ist nicht die Neugestaltung der Rundfunklandschaft, sondern ihre Zerschlagung. Anders ist es nicht zu verstehen, wenn nur die Kündigung der Rundfunkstaatsverträge verlangt wird, ohne irgendeinen Vorschlag für ihre Umgestaltung darzulegen. Was Sie wollen, Herr Tassis, ist ein Staat ohne kritische Medienberichterstattung, ohne ARD, ZDF oder Deutschlandfunk, wahrscheinlich weil es Ihnen nicht schmeckt, wenn im öffentlich-rechtlichen Fernsehen unabhängig und kritisch über die AfD berichtet wird, wenn Ihre Hetze auch als Hetze benannt wird.
Was mich an diesem Antrag besonders ärgert, ist, dass es die AfD überhaupt wagt, sich im Antragstext als Bewahrer der Pressefreiheit darzustellen,
während sie gleichzeitig immer wieder genau diese mit den Füßen tritt. Das ist eine Unverschämtheit!
Kürzlich, in diesem Jahr, wurden Journalistinnen des MDR bei einer AfD-Demonstration körperlich angegriffen und verletzt. Kamerateams gehen in vielen Gebieten nur noch mit privaten Sicherheitsdiensten zu Demonstrationen und Kundgebungen der AfD, weil sie weitere körperliche Angriffe befürchten. Die AfD schließt immer wieder Medien von Parteitagen und Versammlungen aus. So viel zu Ihrem grundsätzlichen Medienverständnis!
Wenn man sich mit Ihrem Antrag nun auseinandersetzen muss, ist es schon interessant zu lesen, was Sie genau kritisieren. Da heißt es, ich zitiere:
„Aktuelle Geschehnisse in Deutschland und der Welt werden nicht objektiv und nüchtern, sondern permanent einseitig und wertend dargestellt.“
Entschuldigen Sie! Sie kritisieren einerseits, dass es angeblich keine objektive Berichterstattung gebe. Andererseits schließen Sie bei Ihrem rechtsextremen Kaffeeklatsch in Koblenz, dem Treffen „Europa der Nationen und der Freiheit“ in ganz großem Stil Journalistinnen und Journalisten aus. Das ist meiner Meinung nach schon ein bisschen schizophren und vor allem eines: demokratiefeindlich!
Ich glaube aber, dass an diesem Beispiel deutlich wird, wie sich die AfD die Medienlandschaft wünscht, als gefällige Hofberichterstattung für ihre einmal rechtspopulistische, einmal rechtsextreme Politik und nicht als unabhängige und kritische Stimme.
Sie beziehen sich in Ihrem Antrag auch auf den Begriff der Lügenpresse. Dieses Wort diente immer der Verunglimpfung freier und kritischer Berichterstattung. Seit dem 19. Jahrhundert wurde es vor allem von rechts benutzt, im Ersten Weltkrieg als Kriegspropaganda gegen ausländische Berichterstattungen über deutsche Kriegsverbrechen. Aber die Hauptnutzer des Begriffs waren bisher die Nationalsozialisten, die mit diesem Begriff die freie Presse denunzierten und zerstörten, immer mit dem Hinweis darauf, dass diese auch noch vermeintlich jüdisch fremdgesteuert sei. Die Geschichte des Begriffs der Lügenpresse steht daher in engem Zusammenhang zu antisemitischen Verschwörungstheorien. Völlig zu Recht wurde dieser Begriff zum Unwort des Jahres 2014 gewählt.
Die AfD sollte sich schämen, diesen wesentlich von der nationalsozialistischen Propaganda geprägten Begriff mit diesem Antrag in die parlamentarische Beratung einzubringen!
Gehen wir weiter in diesem Antrag. Darin wird behauptet, dass es keine sehenswerten Programme mehr gebe. Explizit wird erwähnt, es gebe keine guten Dokumentationen mehr. Das sehe ich grundlegend anders, Herr Tassis. Wenn ich Ihnen einen Tipp geben darf, dann schauen Sie sich doch einmal die Dokumentation „Das braune Netzwerk“ im WDR vom 11. Januar 2017 an.
Dort werden sehr gut die Zusammenhänge von AfD und rechtsextremen Bewegungen dargestellt. Vielleicht können Sie noch etwas lernen.
Abschließend möchte ich festhalten: Ihr Antrag ist eine absolute Heuchelei! Sie behaupten allen Ernstes, das Ziel des vorliegenden Antrags sei nicht die sofortige Abschaffung des derzeitigen öffentlich-rechtlichen Rundfunksystems. Vielmehr gehe es hierbei um die Ingangsetzung eines Prozesses, an dessen Ende eine umfassende Neuordnung stehe. Das ist ein billiges Ablenkungsmanöver.
Natürlich fordern Sie die sofortige Abschaffung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Natürlich reichen zwei Jahre nicht aus, um eine völlig neue Rundfunk
landschaft entstehen zu lassen. Deshalb fordere ich alle Fraktionen in der Bremischen Bürgerschaft auf, diesen Antrag geschlossen abzulehnen als Zeichen, dass das Parlament für unabhängigen und kritischen Journalismus steht,
als Zeichen, dass wir insbesondere in Zeiten von Fake News, Verschwörungstheorien und homogenen Meinungsfilterblasen à la Facebook einen starken öffentlich-rechtlichen Rundfunk brauchen. Wir lehnen diesen Angriff auf den öffentlich-rechtlichen Rundfunk heute und auch in Zukunft ab!
Wer dem Antrag des Abgeordneten Tassis, AfD, mit der Drucksachen-Nummer 19/850 seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen!