Protocol of the Session on January 26, 2017

Drittens. Sie haben die Bundesfreiwilligendienste genannt. Sie leisten natürlich eine total wichtige Arbeit. Nicht jeder derjenigen, der das tut, hat so ein Portemonnaie zu Hause oder ein Bankkonto, bei dem jedes Mal am Monatsende immer noch Geld übrig ist, dass sie das finanzieren können. Das eine oder andere muss natürlich immer wieder einmal diskutiert werden. Es ist nicht so, dass auf der Ministerpräsidentenkonferenz – so ist meine Rückmeldung, die ich ab und zu einmal habe, wenn ich nachfrage, wie denn das eine oder andere debattiert worden ist – die Ministerpräsidenten auf taube Ohren schalten, wenn es um Beitragsreduzierung geht. An der Stelle muss weiterhin erwähnt werden, dass es ein Stück weit nach einem Wahlkampfinstrument klingt,

(Abg. Rohmeyer [CDU]: Genau, das ist unsere Haupt- zielgruppe!)

irgendwie mit dieser Initiative um die Ecke zu kommen. Ich würde doch eher für Geduld werben, dass man all die Dinge, die Sie fordern, die auch die Initiative fordert, für jeden Tatbestand prüft. Denn es darf nicht sein, dass man hier Ungerechtigkeiten schafft. Wir haben Menschen, die unter dem Existenzminimum leben. Es gibt auf der einen Seite Menschen, die versuchen, über die Härtefallregelung an eine Beitragsbefreiung zu kommen, die durchaus Schwierigkeiten haben.

Auf der anderen Seite haben wir Studierende, die durch Nebenerwerb, durch Steuerbefreiung und alle anderen möglichen Tatbestände deutlich über dem Existenzminimum liegen. Ich will nicht sagen, dass das bei allen Studierenden der Fall ist, aber man hat diesen Bereich. Insofern bleiben wir erst einmal dabei, dass wir den Antrag ablehnen. Natürlich sperren wir uns nicht, das eine oder andere zu prüfen, aber es bis Juni mit dem Tenor abzuprüfen, wie Sie den Antrag

vorgelegt haben, das teilen wir nicht. – Danke schön für Ihre Aufmerksamkeit!

(Beifall Bündnis 90/Die Grünen)

Als Nächster hat das Wort der Abgeordnete Hamann.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Jetzt ist die Spannung ein bisschen heraus. Herr Rohmeyer hat es schon gesagt. Wir werden diesen Antrag ablehnen. Die inhaltliche Begründung hat Mustafa Öztürk eben schon vorgetragen. Die Entstehungsgeschichte, Umstellung des Modells, hat Herr Kollege Rohmeyer ausführlich dargestellt. Uns allen war das klar, als wir das Modell entwickelt haben. Das haben wir in einem langen Prozess gemacht.

(Abg. Frau Grotheer [SPD]: Mühsam war es!)

Ich erinnere mich daran, dass wir uns über die Anzahl der Betriebsstätten von Bäcker mit Filialunternehmungen unterhalten haben und dann auch die Staffeln für solche Fälle angepasst haben. Kollegin Grotheer nickt. Das war ein sehr langer Prozess. Uns war auch klar, dass dieses Modell Ungerechtigkeiten schafft. Aber das andere Modell war vielleicht auch ungerecht. Deshalb ist es völlig in Ordnung, dass man sich darüber unterhält, inwieweit man dieses Modell weiterentwickeln kann, gerade auch vor dem Hintergrund – Kollege Rohmeyer hat es gesagt –, dass sich natürlich der öffentlich-rechtliche Rundfunk in der aktuellen Situation auch über seine Zukunft Gedanken machen muss, welche Angebote gebraucht werden. Es muss Aufgabenkritik durchgeführt werden. Deshalb ist es völlig in Ordnung, dass man sich auch darüber unterhält.

Warum erfolgt jetzt aber diese Ablehnung? Ich will noch einen Grund anführen. Wenn ich das richtig recherchiert habe, haben wir am 9. November im Wissenschaftsausschuss über den aktuellen Rundfunkänderungsstaatsvertrag gesprochen. In der Debatte kam von Ihnen, Herr Rohmeyer, auch der Einwurf, dass man einmal schauen müsse, welche Tatbestände es da gibt. So habe ich das in Erinnerung. Am 11. November, so habe ich mir das notiert, kam dann die Pressemitteilung der CDU, sie hätten jetzt einen Antrag vorbereitet, um die Ungerechtigkeiten aus der Welt zu schaffen. Da fühlte ich mich so ein bisschen – wie soll ich es sagen? –: Ich war überrascht.

(Abg. Rohmeyer [CDU]: Wir haben in der Debatte am 9. entdeckt, welche Missstände es gibt! – Abg. Frau Grotheer [SPD]: Frühzeitiges Lesen von Vorlagen er- leichtert die Arbeit, Herr Rohmeyer!)

Herr Kollege Hamann, Sie haben das Wort.

Ja, aber es ist auch in Ordnung, wenn es lebendig wird! Lassen Sie uns in aller Ruhe überlegen, ob es vielleicht noch weitere Ungerechtigkeiten gibt. Vielleicht ist es gar keine Ungerechtigkeit. Ich würde mich dann auch unterhalten wollen, bevor man eine Änderung durchführt, über welche Mengen wir eigentlich reden. Sind zehn Leute betroffen, sind 10 Millionen betroffen – okay, 10 Millionen sind es nicht –, welche Auswirkungen hat das? Deshalb ist dieser Antrag dafür viel zu kurz. Die Ministerpräsidentenkonferenz, wenn ich das richtig im Kopf habe, hat das auch unter Mitwirkung der CDUMinisterpräsidenten so verabschiedet. Da kann mir jetzt keiner erzählen, dass Ihr Antrag zwischen dem 9. November und dem 11. November plötzlich vom Himmel gefallen ist.

(Beifall SPD)

Vielleicht doch, ich will nicht spekulieren. Wir lehnen ihn ab. Natürlich müssen wir – wir sind jetzt im Jahr vier nach der Änderung des Beitragsmodells – weiter schauen, ob es vielleicht weitere Änderungsmöglichkeiten gibt.

(Abg. Rohmeyer [CDU]: Die wir dann auch nicht ma- chen?)

Das jetzt so kurzfristig zu machen, erscheint uns etwas unseriös. Deshalb lehnen wir das ab. – Vielen Dank!

(Beifall SPD, Bündnis 90/Die Grünen)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Dr. Buhlert.

(Abg. Rohmeyer [CDU]: Er ist gegen den öffentlich- rechtlichen Rundfunk!)

Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wir haben hier einen Antrag, der eine einzige Fragestellung behandelt, nämlich ob es gerecht oder ungerecht ist, dass Studierende Rundfunkbeiträge bezahlen. Dabei ist erst einmal zu sagen, dass diejenigen, die Ausbildungsbeihilfen bekommen, die BAföG bekommen, sich befreien lassen können. Insofern ist dieser Teil der Ungerechtigkeit, der dargestellt wurde – im Antrag ist das richtig beschrieben, in der Rede war es nicht erwähnt – sehr viel kleiner. Letztlich wird man jede Rundfunkbeitragssituation mit der einen oder anderen Ungerechtigkeit haben. Das ist immer so in dem System. Man kann nur versuchen, möglichst wenige Ungerechtigkeiten zu schaffen, möglichst nahe an Gerechtigkeit heranzukommen.

Was aber nicht geht, ist, dass man einen Punkt singulär herauspickt und sagt: „Da stellen wir das ab,

und an allen anderen Stellen müssen wir vielleicht noch mal schauen“, das hier dann aber nicht näher benennt. Nein, wir als Freie Demokraten sind – wir sind nicht gegen den öffentlich-rechtlichen Rundfunk, Herr Rohmeyer, Sie haben das eben fälschlicherweise dazwischengerufen – für einen öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Wir wollen am Rundfunkauftrag etwas ändern, dass er sich konzentriert auf Information und Unterrichtung der Bevölkerung, damit es gerade eben nicht so etwas wie Fake-News und all das, was uns im Moment belastet, gibt.

(Beifall FDP)

Ich bin nicht derjenige, der regelmäßig die „Tagesschau“ sieht. Aber ich freue mich an den Nachrichten-Apps, die es gibt, und dergleichen, um es unregelmäßig wahrnehmen zu können, weil es dort gute Qualitätsangebote der Medien gibt, die wir nutzen und nutzen wollen und die wir angeboten wissen wollen auch für Jugendliche mit „Radio Bremen NEXT“ und so weiter. Die Dinge haben Sie angesprochen.

Insofern müssen wir an der Stelle sicherlich über eine Veränderung auch des Rundfunkauftrages reden. Dann reden wir auch über die Frage der Höhe des Rundfunkbeitrages, weil wir dann über das reden, wofür wir Rundfunkbeitrag bezahlen müssen.Und dann reden wir darüber, was andere können, was öffentlich-rechtlicher Rundfunk dann vielleicht nicht tun muss. Wenn wir darüber reden, reden wir bitte gleich über alles. Dann müssen wir uns nämlich auch überlegen, wie viel Beiträge überhaupt vorhanden sind, welche Gruppen diesen Rundfunkbeitrag in welchem Umfang überhaupt zu zahlen haben und wofür. Das würden wir gern tun, aber wir wollen nicht hier einzeln und allein solch eine Ausnahme beschließen. – Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

(Beifall FDP)

Als nächste Rednerin hat das Wort die Abgeordnete Frau Strunge.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die CDU-Fraktion hat heute einen Antrag vorgelegt, der die Rundfunkgebühren für bestimmte Gruppen senken möchte, nämlich für Studierende, Auszubildende und Menschen, die einen Jugendfreiwilligendienst leisten. Der Grund, so steht es im CDU-Antrag, ist die sozio-ökonomische Situation dieser Personen oder, einfacher ausgedrückt, viele junge Menschen haben wenig Geld zum Leben. Für sie stellt der Rundfunkbeitrag von derzeit 17,50 Euro monatlich eine enorme Belastung dar. Das ist absolut richtig.

Natürlich ist es ein Batzen Geld für Studierende, nicht nur für Studierende, die BAföG bekommen, sondern auch für Studierende, die beispielsweise von ihren Eltern genau den Unterhalt, gemessen an der BAföG

Höchstgrenze, von 649 Euro bekommen, oder wenn Azubis von ihrer Ausbildungsvergütung leben müssen, die oft deutlich unter 800 Euro liegt. Noch schlimmer ist es beim Jugendfreiwilligendienst. Da bekommen junge Leute maximal 381 Euro für ihr Engagement. Wir fordern deshalb seit Langem eine deutliche Erhöhung des BAföG-Satzes und Pauschalen für den Freiwilligendienst sowie eine Mindestausbildungsvergütung. Aber das ist ein anderes Thema.

(Abg. Dr. vom Bruch [CDU]: Stimmt!)

Festzuhalten bleibt: Ja, wir stimmen der CDU zu, dass die jungen Menschen hier unverhältnismäßig belastet werden. Das ist ungerecht, und das erfordert umfassende Änderungen.

Herr Hamann hat davon gesprochen, dass man einmal über die Mengen sprechen müsste, um wie viele Leute es eigentlich geht. Wenn Sie das nicht so genau wissen, sage ich es: Es gibt ungefähr 2,8 Millionen Studierende in Deutschland, davon müssen sie ungefähr 25 Prozent abrechnen, die BAföG beziehen. Es gibt 1,3 Millionen Auszubildende in Deutschland. Man kommt relativ einfach und schnell zu diesen Zahlen. Das ist nicht das Problem.

Aber zurück zur CDU! Im Gegensatz zur CDU halten wir das ganze System für komplett ungerecht, denn ein Millionär zahlt genauso viel wie eine Geringverdienerin. Ein Fußballprofi zahlt genauso viel wie eine Erzieherin. Das finden wir ungerecht und falsch.

(Beifall DIE LINKE)

Wir sind mittelfristig der Meinung, dass man das ganze System umkrempeln müsste, hin zu mehr sozialer Gerechtigkeit, denn die Beiträge müssten wirklich sozial gestaffelt sein.

(Abg. Dr. Buhlert [FDP]: Worüber wollt ihr eigentlich noch umverteilen?)

Kurzfristig brauchen wir zumindest eine Gebührenbefreiung für alle Personen mit geringem Einkommen. Hier ist der Unterschied zur CDU. Entlastungen von Studierenden, Azubis und Freiwilligendienstleistenden finden wir richtig. Wir finden auch, dass man nicht den willkürlich gesetzten Beitrag von fünf Euro von Ihnen oder von sechs Euro vom RCDS benötigt, sondern aufgrund der finanziellen Lage eine vollständige Beitragsbefreiung.

(Beifall DIE LINKE)

Auch das Deutsche Studentenwerk fordert, Studierende generell von den Rundfunkgebühren zu befreien. Das sehen wir genauso. Das muss dann aber für alle gelten, deren finanzielle Lage einen Rundfunkbeitrag nicht hergibt. Das sind eben nicht nur Hartz

IV-Bezieherinnen und Bezieher oder BAföG-Empfängerinnen und Empfänger, sondern auch Geringverdienerinnen und Geringverdiener und Menschen mit kleiner Rente.

Wir fordern die Befreiung vom Rundfunkbeitrag für diese Personengruppen sowie eine Beitragsbefreiung für Menschen mit Behinderung. Außerdem braucht man Sonderregelungen bei der Gebührenerhebung für gemeinnützige Einrichtungen. Wir halten daher eine Paketlösung für alle Befreiungsgründe für wesentlich sinnvoller, als Einzellösungen zu stricken.

(Abg. Dr. Buhlert [FDP]: Wer soll dann überhaupt noch zahlen?)

Deshalb sagen wir, dass der Antrag der CDU eine gute Idee ist, aber er bleibt auf halber Strecke stehen und ist nicht zu Ende gedacht.

(Abg. Rohmeyer [CDU]: Er ist Ihnen wohl nicht pro- gressiv genug?)

Demzufolge werden wir uns heute in der Abstimmung enthalten. Um das noch einmal ganz klar zu sagen, DIE LINKE unterstützt einen starken öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Wir setzen weiterhin auf Qualitätsjournalismus unabhängig von Marktmechanismen. Deshalb brauchen wir auch einen gut finanzierten Rundfunk. Der muss aber sozial gerecht sein. Das geht eben nur mit einer umfassenden Beitragsbefreiung für alle mit geringem Einkommen. Dazu gehören eben auch Auszubildende und Studierende, aber nicht nur. – Herzlichen Dank!

(Beifall DIE LINKE)

Als nächster Redner hat das Wort Herr Staatsrat Dr. Joachim.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herzlichen Dank zumindest für die Debatte in der Einschätzung, dass der öffentlich-rechtliche Rundfunk in Deutschland für das Gemeinwesen eine sehr zentrale Rolle spielt. Diese Einigkeit hier im Haus ist meines Erachtens auch schon einmal eine wertvolle Feststellung, auch die Feststellung, dass er diese Aufgabe nur wahrnehmen kann, wenn er entsprechend angemessen finanziert wird.