Protocol of the Session on January 25, 2017

Ich will auch noch einmal ganz deutlich sagen: Wir haben uns im letzten Jahr von Hans Koschnick ver abschieden müssen. Hans Koschnick war ein großer Unterstützer der Solidarność-Bewegung. Er hat sich über Jahre bilateral dafür engagiert. Solidarność in Polen hat seinen Abschluss 1989 auch in der Siche rung Polens als demokratischem Staat gefunden und damit, die Grenzen von Polen anzuerkennen. Es hat aber auch damit ein Ende gefunden, dass sich Polen das Bündnis frei aussuchen konnte.

Das, was Herr Putin in seiner Rede auf Jalta 2014 wiederherstellen wollte, konnten die Länder dort abschütteln. Das kann man nachlesen. Sie haben sich frei entschieden.

Meine Damen und Herren, wenn ich das so sagen darf: Wenn Hans Koschnick miterleben würde, was Sie als Sozialdemokraten sich heute hier erlaubt haben, würde er sich im Grab umdrehen. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

(Beifall CDU – Abg. Frau Grotheer [SPD]: Das ist eine wirkliche Frechheit! Bis dahin okay, aber den Koschnick für sich zu vereinnahmen!)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Gottschalk.

Herr Präsident, liebe Kolle ginnen und Kollegen! Herr Eckhoff, in dieser Weise Hans Koschnick für sich zu reklamieren, halte ich für ein ganz mieses Vorgehen. Das weise ich in dieser Form zurück.

(Beifall SPD)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich möchte noch einmal eines betonen, was ich versucht habe, in meinem ersten Beitrag deutlich zu machen. Ich habe nicht die geringste Sympathie für diejenigen, die in Russland regieren und dieses System für richtig halten. Nicht die Geringste! Ich halte in keiner Weise irgendetwas davon für auf uns übertragbar. Meine

Sorge ist, wie wir mit dieser Situation, die sich in den letzten Jahren entwickelt hat, umgehen. Welche Perspektive hat sie?

Frau Müller, ja, wir müssen sehr sorgfältig analysie ren. Das enthebt uns aber nicht der Frage, was genau die Antwort ist. Was genau ist die Antwort? Herr Bücking, Sie sagen, wir müssen gut gerüstet sein. Ja, wenn ich mir auch einmal Zahlen ansehe, wie es Herr Eckhoff mit Ereignissen macht, dann sehe ich: Russland gibt 2016 60 Milliarden Dollar für Rüstung aus. Deutschland, Frankreich und Großbritannien geben zusammen mehr als das Doppelte aus. Die europäischen NATO-Staaten geben das Dreieinhalb fache aus. – Die Gesamtbilanz NATO gegen Russland lautet: 928 Milliarden Dollar zu 60 Milliarden Dollar. Das ist das Fünfzehnfache!

Denken wir nur einmal, wie wir uns fühlen würden, wenn es genau umgekehrt wäre. Ich spreche von Empathie. Es ist keine Sympathie, sondern das Ver ständnis dafür, wie man es von der anderen Seite sieht. Ich frage Sie: Wo genau und mit welchem Ziel soll jetzt weiter gerüstet werden, Herr Eckhoff? – Sie wissen doch genau, dass die zentrale Schwäche im nuklearen Bereich liegt. Sagen Sie uns doch, dass sie gern endlich auch den Finger am Drücker haben sollten.

(Abg. Strohmann [CDU]: Wir sind gegen den Welt frieden? Also wirklich!)

Sagen Sie, dass wir mit Blick auf Le Pen in Frank reich etwas überlegen müssen. Dann können wir irgendetwas debattieren. Herr Strohmann, das war Ihre Frage. Wir sind im Moment in der Situation der Unübersichtlichkeit, die Herr Bücking angesprochen hat. Wir wissen nicht, wie demnächst das russischamerikanische Verhältnis sein wird. Zum ersten Mal kommt möglicherweise eine sehr weit gehende Ver änderung. Wir wissen es nicht. Wenn sie kommt, dann werden wir darüber nachzudenken haben, in welcher Situation wir eigentlich Politik machen müssen.

In der jetzigen Situation kann die Tendenz dahin ge hen, dass der zentrale Bezugspunkt der USA in jeder Hinsicht China sein wird und dementsprechend ein Interesse daran bestehen könnte, das Verhältnis zu Russland zu entspannen. Herr Eckhoff, ich glaube, das haben wir gemeinsam schon einmal angespro chen. Was wird das für uns bringen: Risiken oder Chancen? – Das wissen wir im Moment noch nicht. Ich plädiere dafür: Lasst uns die Entwicklungen be trachten. Danach lasst uns die Frage stellen, wie wir aus der Rüstungsspirale herauskommen; denn bei ihr können wir alle nur verlieren. – Danke!

(Beifall SPD)

Als nächste Rednerin hat das Wort die Abgeordnete Leonidakis.

Herr Präsi dent, meine Damen und Herren! Lieber Kollege Gottschalk, für diese Worte noch einmal ein Danke von meiner Seite.

Herr Eckhoff, Sie haben eben in einem Atemzug den Kollegen Gottschalk, mich und Herrn Tassis genannt.

(Abg. Dr. vom Bruch [CDU]: Ja, genau das!)

Ich möchte noch einmal hier festhalten, wir haben keine, aber wirklich keine Gemeinsamkeit und es gibt überhaupt keine Begründung, uns hier in eine Parallele zu stellen. Das gilt insbesondere nach den Worten von Herrn Tassis von heute Morgen, mit denen er sich eindeutig hinter Neonazipositionen gestellt hat. Herr Tassis und ich – und ich glaube, ich kann auch für Herrn Gottschalk sprechen – haben keine, aber auch null Komma nichts an Gemeinsamkeit.

(Beifall DIE LINKE)

Herr Bücking, Sie haben eben gesagt, man müsse gut gerüstet sein, um Entspannungspolitik zu begin nen. Ich wundere mich tatsächlich ein wenig, dass Sie als Mitglied der Grünen, also einer – vielleicht auch ehemaligen – Friedenspartei, dieser Logik von Aufrüstung, um für Entspannung zu sorgen, folgen. Das ist unlogisch. Kollege Gottschalk hat eben be schrieben, wie die Situation aussieht und wohin Rüstungsspiralen führen können, nämlich dazu, dass auf der andere Seite auch aufgerüstet wird. Dass das keine Lösung bringen wird, dürfte aus der Geschichte hinreichend belegt sein.

(Abg. Eckhoff [CDU]: Falsch, Frau Leonidakis! Das ist nicht aus der Geschichte belegt! Es ist genau andersherum!)

Wir werden trotzdem, das möchte ich hier ausfüh ren – –.

(Abg. Strohmann [CDU]: Sagen Sie uns doch einmal einen Präzedenzfall!)

Der Zerfall der Sowjetunion hat mit Diplomatie und nicht mit Aufrüstung begonnen.

(Unruhe CDU – Abg. Eckhoff [CDU]: Was? – Zuruf CDU: Sie haben von nichts eine Ahnung! – Abg. Frau Ahrens [CDU]: Bitte jetzt nicht die Trump-Nummer abziehen! – Glocke)

Ich glaube, wir brauchen hier jetzt keine Geschichts vorlesung. Das interessante Thema ist doch: Wie gehen wir jetzt mit der Situation um?

(Abg. Kastendiek [CDU]: Postfaktisch!)

In Punkt 5 geht es darum, wie man antinationa listische, zivilgesellschaftliche Kräfte in Russland unterstützt. Ich bin keine Putin-Freundin. Auch ich habe vorhin schon deutlich gemacht, dass Putin eine nationalistische, gefährliche und völkerrechtswidrige Politik betreibt.

(Abg. Frau Vogt [DIE LINKE]: Das wollte die CDU nicht hören! Das passt nicht in ihr Weltbild!)

Ich glaube nicht, dass Putin besonders unterstützungs würdig ist. Insofern halte ich Punkt 5 tatsächlich für richtig, wonach man antinationalistische Kräfte in Russland unterstützen müsste, was auch für die Ukra ine gilt. Bisher war leider teilweise das Gegenteil der Fall. Deshalb werden wir diesen Punkt unterstützen. Sie haben schon getrennte Abstimmung beantragt.

Wir kennen den Vorfall der Internierung der Mitglie der von Pussy Riot. Sie sind regimekritisch, haben regimekritische Aktivitäten an den Tag gelegt und sind dann für Jahre in Internierungslagern verschwunden. Solche Kräfte wollen und müssen wir unterstützen. Sie sind auch unterstützungswürdig. Man muss dafür sorgen, dass die gesellschaftliche Entwicklung, dass gesellschaftliche Kräfte in der russischen Gesellschaft gestärkt werden.

(Unruhe)

Können Sie vielleicht für Ruhe sorgen?

(Glocke)

Liebe Kollegen, ich finde es unhöf lich gegenüber der Kollegin, wenn im Plenarsaal jetzt eine solche Geräuschkulisse entsteht, dass sie ihre Rede nicht halten kann. Sie mögen mit den Ausfüh rungen nicht einverstanden sein. Ich bitte aber doch um Respekt vor der Kollegin.

(Beifall SPD)

Ich war eigentlich schon am Ende angelangt.

Solche Kräfte verdienen Unterstützung. Die rus sische Gesellschaft entwickelt sich in eine andere Richtung – in der Hoffnung, dass die aggressive und nationalistische Außenpolitik Putins nur ein Mittel ist, um von internen Problemen abzulenken. Das ist in der Regel das Mittel dafür. Eine Zivilgesellschaft, die dieser Richtung etwas entgegensetzt, damit sich die russische Politik langfristig ändert, muss gestärkt werden. – Danke schön!

(Beifall DIE LINKE)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Zenner.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Nur zwei kurze Bemerkungen dazu: Ich bin enttäuscht, Herr Eckhoff, dass Sie das zweite Bein der Außenpolitik nicht benannt haben. Ich bin völlig bei Ihnen, dass Deutschland, dass Europa, dass die transatlantische Gemeinschaft stark sein muss und man aus einer Stärke heraus vernünftige Politik machen und die Hand reichen kann. Ich erinnere an das Münchner Abkommen 1938 und Chamberlain mit seiner Appeasement-Politik. Es hat nichts gebracht. Erfolgreich war die sozial-liberale Koalition mit der Doppelstrategie, als die Sowjetunion seinerzeit – –.

(Beifall FDP)

Doppelstrategie, das ist der Punkt: Aus einer soliden Stärke heraus, aber nicht aus der Aggression heraus zu klären, welche anderen Mechanismen wir anbieten können, damit ein Prozess, wie wir ihn beim KSZEProzess gehabt haben, wieder greifen würde.

(Abg. Eckhoff [CDU] meldet sich zu einer Zwischen frage. – Glocke)

Das ist Entspannungspolitik. Auch zu Minsk II habe ich von Ihnen nichts Richtiges gehört. Es gibt schon eine Vielzahl von Bemühungen im Bereich Ukraine/ Minsk II. Das dümpelt auch vor sich hin. Die Arbeit ist oft sehr kleinteilig. Darauf kommt es an, nicht darauf, den ganz großen weltpolitischen Bogen zu schlagen. Davon haben wir im Ergebnis alle mehr. – Danke schön!

(Beifall FDP – Abg. Eckhoff [CDU]: Er hätte jetzt ja noch erklären können, welche Aggression!)

Als nächster Redner hat das Wort Herr Staatsrat Ehmke.

Herr Präsident, meine sehr geehr ten Damen und Herren! Ich bin gar nicht von der Innen- in die Außenpolitik gewechselt,

(Abg. Eckhoff [CDU]: Ich wollte gerade sagen!)