Protocol of the Session on August 24, 2016

Herr Röwekamp, nicht nur wir sind uns bewusst, dass die Realisierung der B 6n dauern wird, sondern das hat auch Ihr Fraktionskollege Heiko Strohmann am Schluss seiner Rede in der Debatte am 18. Oktober 2012 deutlich zum Ausdruck gebracht. Herr Erlan son sagte, es werde ein bis zwei Legislaturperioden dauern; so lange müssten die Beschlüsse halten. Herr Strohmann hat diese Annahme korrigiert und gesagt, das dauere mindestens 10 bis 15 Jahre und das müssten wir den Menschen ehrlich erklären. Am Schluss seiner Rede, im letzten Satz, sagte er – Herr Präsident, es ist schön, dass wir die Protokolle haben, in denen wir das nachlesen können –, er hoffe, dass wir das den Menschen „ehrlich und wahrhaftig“ erklären. Er fügte hinzu: „… dann schaffen wir das.“ Das hat Herr Strohmann damals gesagt!

(Abg. Röwekamp [CDU]: Das würde er heute auch noch sagen! – Abg. Pohlmann [SPD]: Und heute ist er nicht da!)

Die Kanzlerin hat den Spruch von ihm übernommen. Das wissen wir; das ist drei Jahre später gewesen.

Aber Herr Strohmann ist derjenige, der hier gesagt hat: Wir schaffen das!

(Beifall Bündnis 90/Die Grünen)

Ich komme zum Lärmschutz an der A 1. Herr Saxe hat es sehr gut erklärt. Ohne Weiteres bekommen wir diesen Lärmschutz nicht. Die Staus dort nehmen jedoch zu. Fast jede Woche ereignet sich ein tödlicher Unfall, bei dem ein Pkw am Stauende unter einen Lkw gerät oder ein Lkw ins Stauende hineinfährt. Jedes Mal sterben junge Menschen in kleinen Au tos oder Lkw-Fahrer in ihren Führerhäuschen. Das wollen wir abstellen.

Da die Straße ihre Leistungsgrenze erreicht hat, wollen wir durch den Ausbau auch ihre Leistungs fähigkeit erhöhen. Dies hat den Vorteil, dass wir aus den rechtlichen Gründen, die Herr Saxe erklärt hat, den entsprechenden Lärmschutz bekommen.

(Beifall SPD, Bündnis 90/Die Grünen)

Wir haben im April das sogenannte Ländergespräch beim Bundesminister für Verkehr und digitale Inf rastruktur geführt. In diesem Rahmen erörtern die Länder mit dem Bund, was von den schriftlichen Anmeldungen, die zunächst im Entwurf das Minis terium erreichen, tatsächlich umsetzbar ist. Der Bund hat uns ganz klar gesagt, dass für die Realisierung beider Projekte, sowohl für den achtspurigen Ausbau der A 1 als auch für die B 6n, kein Geld da ist. Der Bund hat auch gesagt: Bremer, seid ehrlich, bei der B 6n kann es ziemlich lange dauern, bis Geld aus dem Bundesverkehrswegeplan nach Bremen fließt.

Dann wurden wir gefragt, warum wir die beiden Pro jekte nicht einfach tauschen, das heißt den Ausbau der A 1 in den „Vordringlichen Bedarf“ hochstufen – finanziell würde sich das in ähnlicher Größenordnung bewegen – und die B 6n in den „Weiteren Bedarf“ mit Planungsrecht aufnehmen. Wir könnten weiter planen, es würde weder schneller gehen noch länger dauern. Wir verlören nichts bei der B 6n, sondern gewönnen etwas bei der A 1. Herr Röwekamp, das heißt nicht, zwei Projekte gegeneinander auszuspielen, sondern das heißt, bei begrenzten Ressourcen die Prioritäten richtig zu setzen. Das haben wir damals getan.

(Beifall SPD, Bündnis 90/Die Grünen)

Wir haben das im Ressort geprüft und mit dem gesam ten Senat erörtert. Der Senat hat dann beschlossen, den Tausch vorzunehmen. Die Vorteile sind von uns öffentlich, sehr transparent kommuniziert worden. Wir haben deutlich gemacht: Wir bekommen früher den Lärmschutz, wir bekommen früher einen besseren Verkehrsfluss, wir bekommen weniger Unfälle, es pro fitieren die Wirtschaftsverkehre und die Bauwirtschaft in der Region und vor allen Dingen die Bürgerinnen

und Bürger, für deren Gesundheit wir im Bereich des Lärmschutzes schneller handeln können.

Herr Röwekamp, dann kamen Sie mit Ihrem Brief an Staatssekretär Ferlemann, in dem der Satz steht: „Jede B 6n ist besser als keine B 6n.“ Herr Röwe kamp, ich könnte verstehen, wenn das jemand aus Brinkum sagen würde. Ich könnte verstehen, wenn das jemandem aus Bremerhaven herausrutschen würde. Aber ich kann nicht verstehen, dass jemand, der in diesem Haus dem Antrag zugestimmt hat – es war ein einstimmiger Beschluss –, dass nur die Tunnelvariante gebaut werden soll, sich – noch dazu als Vorsitzender der CDU-Fraktion – in dieser Wei se an den Staatssekretär wendet. Das ist mir völlig unverständlich.

(Beifall SPD, Bündnis 90/Die Grünen, DIE LINKE)

Es ist auch falsch gewesen; denn Herr Ferlemann hat in seinem Antwortschreiben an Sie bekräftigt, dass auch die Herabstufung der B 6n in den „Weiteren Bedarf“ mit Planungsrecht keine Verzögerung be deutet, sodass Bremen das Projekt genauso weiter planen kann. Das heißt, mit Ihrer Intervention – –.

(Abg. Röwekamp [CDU]: Die A 1 auch!)

Diese werden wir aber schneller bauen! Mit Ihrer Intervention haben Sie für Bremen nichts gewonnen, aber viel verloren. Das finde ich außerordentlich bedauerlich.

(Beifall Bündnis 90/Die Grünen, FDP)

Herr Röwekamp, Sie haben heute einen einiger maßen versöhnlichen Ton angeschlagen. Ich finde auch, das Thema ist zu wichtig, als dass wir die überragenden Interessen Bremens an dieser Stelle dem parteipolitischen Gezänk opfern sollten. Deshalb bitte ich Sie, gehen Sie wieder ehrlich und aufrichtig mit dem Thema um – so, wie Ihr Fraktionskollege Heiko Strohmann es vor vier Jahren in diesem Haus gesagt hat. Lassen Sie uns die Interessen der Men schen in Kattenturm, in der Wolfskuhlensiedlung, in Kattenesch und in Arsten nicht gegeneinander ausspielen, sondern lassen Sie uns so schnell wie möglich Abhilfe schaffen!

Ich lade Sie hiermit ein, zu mir ins Ressort zu kommen, um das Für und das Wider noch einmal zu erörtern. Hoffentlich gelingt es uns, Sie zu überzeugen. Ich gebe die Hoffnung nicht auf, dass wir dann gemein sam, mit vereinten Kräften noch einmal intervenieren werden, um bis zur Beschlussfassung im Deutschen Bundestag eine Korrektur hinzubekommen. – Meine Damen und Herren, ich danke Ihnen!

(Beifall SPD, Bündnis 90/Die Grünen)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Röwekamp.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Senator, ich habe die Passage, die ich meine, wiedergefunden. Sie steht auf Seite 76 des Bundesverkehrswegeplans. Dort heißt es unter „Alternativenprüfung“:

„Das Ziel der Alternativenprüfungen im Rahmen der BVWP-Aufstellung besteht darin, bereits in einem möglichst frühen Planungsstadium Alternativen zu untersuchen und die gewonnenen Erkenntnisse in den Entwicklungsprozess der Verkehrsinfrastruktur einfließen zu lassen. Gegenstand der Alternativen prüfungen ist es, zu beurteilen, ob Planalternativen bestehen, die beispielsweise mit geringeren Umwelt auswirkungen oder Investitionskosten verbunden sind. Geprüft wurden nur vernünftige Optionen, die mit zumutbarem Aufwand zu ermitteln waren und als Alternativen zum eigentlichen Planentwurf ernsthaft in Betracht kamen.“

Sehr geehrter Herr Senator Dr. Lohse, diese Hürde hat die Bremer Vorzugsvariante nicht genommen. Deswegen gehört es zur Ehrlichkeit, wie Heiko Stroh mann sie eingefordert hat, dazu, den Menschen klar zu sagen: Es wird bundesfinanziert diesen Tunnel bis 2030 nicht geben!

Sie haben in Ihrem Interview mit dem „Weser-Kurier“ bereits angedeutet, was das für unser Land bedeutet. Ja, wir haben für den Bau des Abschnitts 2.2 eine Kompromisslösung gefunden, wobei wir 20 Millionen Euro Bremer Steuergeld für diese Variante zusätzlich bereitstellen. Wir reden aber bei der Tunnelvariante über mindestens 150 Millionen Euro! Diese Mittel haben Sie nicht zum Haushalt 2016/2017 angemel det. Diese Mittel haben Sie nicht für die mittelfristige Finanzplanung angemeldet. Diese Mittel haben Sie nicht bis zum Jahr 2020 in Aussicht gestellt. In Ihrem Interview haben Sie angedeutet, dann werde die Sanierungsphase unseres Landes beendet sein und man werde über solche Projekte vielleicht wieder reden können.

Reden Sie eigentlich nicht mit der Finanzsenatorin? Auch ab dem Jahr 2020 wird Bremen nicht in der Lage sein, 150 Millionen Euro in ein Tunnelprojekt zu stecken, nur um die Bremer Vorzugsvariante zu realisieren. Deswegen ist die Alternative zur jetzt priorisierten B 6n nicht der Tunnel, sondern das, was Sie vielleicht wirklich wollen, nämlich dass sich an der Kattenturmer Heerstraße, an den desaströsen Zuständen für die Anwohner, für die Menschen an der B 75 in Huchting keine Verbesserung ergibt. Vertrösten Sie die Menschen nicht mehr auf einen Tunnel, der nicht kommen wird! Sagen Sie ihnen dann die Wahrheit: Wenn ihr diese Variante des Bundes nicht nehmt, dann wird es keine Entlastung an der Kattenturmer Heerstraße geben! Das ist die Wahrheit, die Sie den Menschen in unserem Land sagen müssen, Herr Senator!

(Beifall CDU – Glocke – Die Abg. Frau Dr. Schaefer [Bündnis 90/Die Grünen] meldet sich zu einer Zwi schenfrage.)

Herr Kollege Röwekamp, gestatten Sie eine Frage der Abgeordneten Frau Dr. Schaefer?

Nein. – Herr Saxe, das, was Sie hier – –

(Zuruf Abg. Dr. Buhlert [FDP])

Lieber Dr. Magnus Buhlert, gut, dass du noch einmal dazwischenrufst; sonst hätte ich dich vergessen!

(Heiterkeit CDU)

Ich habe manchmal eine große Nähe zur FDP. Aber ausgerechnet der Vertreter einer FDP, die im Bund, egal wer regiert, immer den Vorwurf erhebt, unsere Infrastruktur werde vernachlässigt, und die mehr Geld für die Erneuerung von Straßen, insbesondere von Autobahnen, fordert, sich hier hin stellt und larmoyant sagt: Bitte nicht bauen! Das könnte zu Baustellen führen. – So etwas Abstruses bekommt nur Dr. Dr. Buhlert hin, meine Damen und Herren!

(Lebhafter Beifall CDU)

Herr Saxe, der erwartete Angriff auf den Vorsitzenden der CDU-Fraktion kam von Ihnen und auch von Herr Dr. Lohse ein bisschen spät. Was habe ich eigentlich gemacht?

Das Bundesverkehrsministerium hat eine fachliche Beurteilung der beiden Projekte vorgenommen. Sie haben vorhin den Kopf geschüttelt, aber nichts an deres gesagt.

(Glocke – Abg. Saxe [Bündnis 90/Die Grünen] meldet sich zu einer Zwischenfrage.)

Herr Saxe, bleiben Sie ruhig sitzen! Ich beantworte keine Fragen, weil ich keine Redezeit mehr habe! Sie können gleich eine Zwischenintervention machen!

Ich habe bereits gesagt, dass es allein für die B 6n einen 17-seitigen Projektbericht gibt. Darin heißt es – ich zitiere sinngemäß –: Durch den Bau der B 6n würden 164 Anwohner unmittelbar entlastet. Sinken würden die Stickoxid‑, die Kohlenmonoxid‑, die Koh lenwasserstoff- und die CO2-Emissionen. Das alles wird in diesem Bericht ausführlich dargelegt. 14 200 Menschen außerhalb von Kattenturm hätten einen Vorteil von dieser neuen Trassenführung.

Deswegen kommt der Bund zu einer so hohen Bewer tung, zu einem so hohen Nutzen-Kosten-Verhältnis. Der Grund ist nicht, dass der Bund eine bestimmte Variante politisch priorisiert hätte, wie Sie, Herr Saxe, das vorhin getan haben, sondern weil er es

fachlich priorisiert hat. Danach hätte die B 6n eine Entlastungswirkung und wäre ein enormer Vorteil für Bremen. Daher lasse ich mir nicht vorwerfen, ich hätte Bremer Interessen geschadet, Herr Senator. Für die Menschen in der Wolfskuhlensiedlung wäre die neue Trassenführung schwer zu akzeptieren; das gebe ich zu. Aber gesamtstaatliches Interesse ist nicht die Summe von Bürgerinitiativen. Gesamtstaatliche Interesse zu verfolgen, ist auch, die Interessen der Menschen in Huchting und an der Kattenturmer Heerstraße wahrnehmen!

(Beifall CDU)

Allen Bürgerinitiativen hinterherzurennen reicht, um bei Wahlen 15 Prozent der Stimmen bei Wahlen zu bekommen, Herr Senator Dr. Lohse. Es reicht nicht – um es so deutlich zu sagen –, um dem Anspruch an einen die ganze Stadt regierenden Verkehrssenator gerecht zu werden, um das einmal deutlich zu sagen.

(Beifall CDU – Abg. Dr. Schaefer [Bündnis 90/Die Grünen]: Für euch reicht es auch nicht!)

Im Nachgang zu dieser Priorisierung des Bundes hat es wohl auf Arbeitsebene Kontakt mit dem BMVI gegeben. Ich weiß nicht, ob das mit der Hausspitze besprochen wurde. Sie haben öffentlich erklärt, ich hätte in das BMVI bessere Beziehungen als Sie. Daraus schließe ich, dass nicht Sie, sondern nur Ihre Mitarbeiter mit dem BMVI reden. Wenn Ihnen die Untertunnelung, das heißt die Bremer Vorzugsvari ante, so wichtig war, warum haben Sie sich dann in den vergangenen vier Jahren nicht in einem persön lichen Gespräch mit dem Bundesverkehrsminister oder wenigstens auf Staatssekretärsebene für diese Lösung starkgemacht, Herr Senator Dr. Lohse? Wa rum schicken Sie immer nur Ihre Beamten los und lassen sie verhandeln? Warum schalten Sie sich nicht persönlich in solche wichtigen, für Bremen existen ziellen Fragen ein?

(Lebhafter Beifall CDU)

Andere Verkehrsminister – ich füge hinzu: sogar Mi nisterpräsidenten – setzen sich in solchen Gesprächen für die Interessen ihres Landes ein. Es scheint Ihnen gar nicht so wichtig gewesen zu sein, den Tunnel zu bekommen. Sie wollten anscheinend nur die B 6n verhindern, weil sie das den Menschen vor Ort versprochen hatten. Das ist aber nicht das Interesse unserer Stadt, Herr Senator Dr. Lohse!

(Beifall CDU)

Sie haben dann ohne Beteiligung des Parlaments und ohne Beteiligung des Senats – nur auf der Ebene von zwei Mitarbeitern! – beim Bund eruieren lassen, ob die Projekte nicht getauscht werden könnten. Der