Trassenführung der B 6n – nur in der Variante Un tertunnelung planen und bauen Antrag der Fraktion DIE LINKE vom 19. April 2016 (Drucksache 19/397)
Wir verbinden hiermit: Keine Denkverbote bei der Planung der B 6n Antrag der Fraktion der CDU vom 23. August 2016 (Neufassung der Drucksache 19/422 vom 4. Mai 2016) (Drucksache 19/705) sowie Lärm- und Unfallschutz geht vor: Ausbau A 1 in den vordringlichen Bedarf des Bundesverkehrs wegeplans, weitere Verhandlungen über Bremer Vorzugsvariante für B 6n Antrag der Fraktionen Bündnis 90/ Die Grünen und der SPD vom 23. August 2016 (Drucksache 19/710)
Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren, liebe Gäste! Es ist nun schon einige Zeit her, dass wir, die Linksfraktion, unseren Antrag eingebracht haben. Er hat auch aufgrund von Ereignissen in jüngerer Zeit noch einmal Schwung bekommen; das Thema ist wieder in der Öffentlichkeit. Bevor ich auf den Antragstext eingehe, möchte ich einige grundsätzliche Anmerkungen dazu machen, worum es eigentlich geht. Verschiedene Punkte spielen hier zusammen.
Es geht in dem Antrag um die Bundesstraße 6 neu – kurz: B 6n –, die von Huckelriede aus eine bessere Direktverbindung nach Brinkum gewährleisten und damit vor allen Dingen die verkehrsbelastete Katten turmer Heerstraße entlasten soll. Die Verkehrsströme in südliche Richtung könnten somit auch besser an die A 1 angeschlossen werden.
Die Planungen für das Projekt stehen schon lange. Insbesondere die Frage der Trassenführung hat die Bürgerschaft schon häufig beschäftigt. Die Planungen sind auch Ergebnis langer Bürgerbeteiligungsprozesse und zweier Runder Tische. Einigkeit bestand sowohl in der Bürgerschaft als auch bei der Bürgerbeteili gung immer über das Ziel, die sogenannte Bremer Vorzugsvariante zu realisieren. Wir stehen nach wie vor zu diesem breiten demokratischen Konsens.
Die sogenannte Vorzugsvariante sieht vor, dass die neu zu bauende Bundesstraße unter das Flughafen gelände hindurch statt außen herum geführt wird. Bei der Trassenführung um das Flughafengelände herum befände sich die Straße in unmittelbarer Nachbar schaft zur Wohnbebauung der Wolfskuhlensiedlung. Die Einigkeit darüber, dass dies vermieden werden sollte, ist bisher breit getragen worden.
Warum also wird das Thema wieder neu aufgegrif fen? Das Thema ist deshalb wieder neu aufgegriffen worden, weil die Grundlagen für wichtige Infrastruk turprojekte sowie Bundesstraßen und Autobahnen im Bundesverkehrswegeplan festgelegt werden. Im Bundesverkehrswegeplan gibt es verschiedene Eingruppierungen, wie wichtig ein Projekt ist. Die Eingruppierung für Verkehrsprojekte, die realisiert werden, nennt sich „Vordringlicher Bedarf“. Die dort eingruppierten Projekte können dann über ein Ausführungsprojekt finanziert werden.
Es ist gelungen, die B 6n in die Kategorie „Vor dringlicher Bedarf“ zu bekommen, blöderweise aber nicht in der Variante, die sowohl im Bürgerbeteili gungsprozess als auch im demokratischen Prozess in diesem Hause besprochen wurde, sondern in der Variante „Umfahrung des Flughafengeländes“. In dieser Variante ist die B 6n im Bundesverkehrswe geplan gelandet. Das war so nicht gedacht, und das kann so eigentlich nicht sein!
Es stellt sich die Frage, wie die Umfahrungsvariante in den Bundesverkehrswegeplan hineingekommen ist. Dazu ist es gekommen, weil das Umweltressort beide Varianten angemeldet hat. Die Erklärung ist relativ leicht verständlich: Beide Varianten sind ein gereicht worden. Die Umfahrungsvariante ist die kostengünstigere. Das Bundesverkehrsministerium hat sich dann für die günstigere Variante entschieden.
Es gibt einen Vermerk aus dem Ressort des Verkehrs senators Dr. Lohse. Demnach teilt er die Einschät zung, dass im Bundesverkehrsministerium keine Variantendiskussion stattfindet, sondern einfach die wirtschaftlichste Variante in den Bundesverkehrswe geplan aufgenommen wird. Mit der Erkenntnis, dass sowieso die wirtschaftlichste Variante aufgenommen wird, kann man doch nicht zwei Varianten einreichen, wenn die kostengünstigere Variante dem demokrati schen Willen, wie er sowohl in diesem Haus als auch in der Bürgerbeteiligung zum Ausdruck gekommen ist, nicht entspricht. Sie dürfen sich jedenfalls nicht darüber wundern, dass bei dieser Konstellation die kostengünstigere Variante ausgewählt worden ist. Das darf nicht sein!
Die Notwendigkeit der B 6n stellen wir nicht infrage. Wir stellen aber sehr wohl die Frage, mit welcher Ernst haftigkeit hier ausgiebige Bürgerbeteiligungsprozesse betrachtet werden und mit welcher Ernsthaftigkeit an gefassten Beschlüssen festgehalten wird.
Wenn ich mir den letzten Punkt in dem Antrag der CDU-Fraktion ins Gedächtnis rufe – es ist Punkt 6 –, in dem steht, für die weiteren Planungen solle man mit den Bürgerinnen und Bürgern ins Gespräch kom men, dann frage ich die CDU ernsthaft: An welcher
Stelle verlangen Sie denn weitere Bürgerbeteiligung? Das Ergebnis der Bürgerbeteiligung liegt vor. Es ist nach einem langen, ausgiebigen Prozess zustande gekommen und in der Bürgerschaft parlamentarisch abgesichert worden. Wenn sich aber das Gegenteil dessen im Bundesverkehrswegeplan wiederfindet, dann empfinde ich das, ehrlich gesagt, als Bürger beteiligungsfarce. Ich sehe jedenfalls nicht, wie man auf dieser Grundlage weiterkommen kann.
Wir verlangen nach wie vor, dass die B 6n nur in der Vorzugsvariante gebaut werden kann. Wir sehen nicht ein, dass auf eine Variante, die dem Willens bildungsprozess in unserem Land nicht entspricht, ausgewichen werden soll.
Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Lieber Herr Janßen, so ganz geheim ist das, was Sie soeben geschildert haben, nicht gewesen. Das Verfahren zur Aufstellung des Bundesverkehrswegeplans läuft über mehrere Jahre. Es ist transparent ausgestaltet und mit einer breiten Bürgerbeteiligung unterlegt. Auch in diesem Verfahren war aus meiner Sicht jederzeit Transparenz gegeben. Ich will an dieser Stelle ausdrücklich sagen, dass auch die Anmeldung der in den vordringlichen Bedarf aufgenommenen Trassenführung der B 6n nicht klammheimlich erfolgt ist. Dies geschah vielmehr ausdrücklich mit Wissen sowohl des Senats als auch der zuständigen Depu tation; das ist dort nämlich im Jahr 2013 ausführlich beraten worden.
Es kann daher niemanden überrascht haben, dass diese Variante bei der Aufstellung des Planes auch entsprechend geprüft worden ist. Zumindest Senator Dr. Lohse hat schon in den damaligen Beratungen der Deputation darauf hingewiesen, dass diese Variante deswegen angemeldet werden muss, weil sonst die Gefahr bestünde, dass die B 6n überhaupt nicht in den Bundesverkehrswegeplan aufgenommen wird. Die Botschaft des Bundesverkehrsministeriums war nämlich, dass die Vorzugsvariante – ich sage verkürzt: der Tunnel – keine Chance hat, in die Prioritätenliste des Bundesverkehrswegeplans aufgenommen zu werden. Insofern sage ich für die CDU-Fraktion, Herr Senator Dr. Lohse, was diesen Punkt betrifft, haben Sie unsere volle Unterstützung. Sie haben an dieser Stelle alles richtig gemacht.
Bevor wir über die B 6n im Detail sprechen, will ich ausdrücklich sagen, dass Bremen sich über den Inhalt des Bundesverkehrswegeplans und darüber, wie Bremen darin berücksichtigt wird, nicht beklagen
sollte. Auch dafür gilt mein besonderer Dank natür lich Ihrer Behörde, Herr Senator Dr. Lohse. Wir sind mit Projekten in Höhe von rund 618 Millionen Euro im vordringlichen Bedarf dabei.
Alle aus unserer Sicht wichtigen Straßeninfrastruk turprojekte sind entweder im vordringlichen oder im weiteren Bedarf berücksichtigt worden. Ich finde, das kann man zu Beginn einer solchen Debatte durchaus sagen: Dieser Bundesverkehrswegeplan ist ein großer Erfolg für Bremen!
Er ist übrigens auch deswegen ein großer Erfolg, weil er nicht nur eine quantitative, sondern auch eine qua litative Verbesserung gegenüber dem Vorgängerplan aus dem Jahr 2003 darstellt. Seit 40 Jahren reden wir von dem Ringschluss der A 281. Seit vielen Jahren sind unterschiedliche Senatoren und Senate dabei, dieses Projekt zu verwirklichen. Es ist uns erstmals – erstmals! – gelungen, alle noch fehlenden Abschnitte zum Ringschluss der A 281 im „Vordringlichen Bedarf“ und im „Weiteren Bedarf“ unterzubringen.
Das heißt, mit dem vorliegenden Bundesverkehrswe geplan fließt nicht nur viel Geld in Bremens Straßen, sondern es gelingt uns auch, dieses Jahrzehntepro jekt endlich fertigzustellen – übrigens ohne für die Weserquerung ein Finanzierungsmodell zu wählen, bei dem 50 Prozent sozusagen von privater Seite zugeschossen werden müssen. Das war ohnehin von Anfang an unrealistisch. Wir haben die Chance, den Autobahnring um Bremen voll staatlich finanziert zu schließen. Ich finde, das ist ein großer qualitativer Erfolg der entsprechenden Beratungen.
Es stimmt, die Bremer Vorzugsvariante, die 2011 am Runden Tisch, im selben Jahr zum ersten Mal und 2012 zum zweiten Mal in der Bürgerschaft beschlos sen wurde, ist nicht in den Bundesverkehrswegeplan aufgenommen worden. Das hat kaum jemanden überrascht, weil der Bund schon am Runden Tisch zum Ausdruck gebracht hat, dass er die Variante der Untertunnelung nicht für finanzierbar hält.
Kollege Janßen, es trifft nicht zu, dass das nur unter dem Gesichtspunkt des Preises gesehen wird. Bei der Aufstellung des nun vorliegenden Bundesver kehrswegeplans hat vielmehr eine sehr umfangrei che, detaillierte Bewertung jedes einzelnen Projekts stattgefunden. Allein das Projekt B 6n ist in einer Ex pertise auf 17 Seiten erörtert worden. Der Preis spielt natürlich auch eine Rolle. Aber in der umfangreichen Kosten-Nutzen-Betrachtung spielen auch viele andere Gesichtspunkte eine Rolle. Es geht zum Beispiel um
die Frage der ökologischen Auswirkungen. Nicht zu verachten ist auch die Frage, welchen verkehrlichen Vorteil die Realisierung des Projekts hat.
Bezogen auf die von Bremen angemeldete Trassen führung – ich bezeichne sie jetzt der Einfachheit halber als „B 6n oberirdisch“ – kommt das Projekt im Vergleich mit Projekten in anderen Ländern zu einem außerordentlich hohen Nutzen-Kosten-Verhältnis.
Die A 1 eben nicht! Diese kommt auf 6,2, die B 6n auf 7,1! Sie schütteln den Kopf. Haben Sie andere Zahlen? Dann zeigen Sie sie mir. Ich habe hier Anga ben zum Nutzen-Kosten-Verhältnis; vielleicht haben wir eine andere Vorlage. Hier steht: Wir kommen für das Projekt B 6n oberirdisch auf ein Nutzen-KostenVerhältnis von 7,1.
Dabei spielen verschiedene Faktoren eine Rolle. Eine Rolle spielt eine hohe städtebauliche Bedeutung. Da spielt eine Rolle eine massive Reduzierung der hohen verkehrlichen Belastung der Kattenturmer Heerstraße durch den Neubau. Da spielt eine Rolle, dass sich die Betrachtung nicht auf Kattenturm be schränkt, sondern dass durch die Neuordnung der Verkehrsströme die Anwohner der B 75 in Huchting massiv entlastet würden. Zusammenfassend kommt die Expertise zu dem Ergebnis:
„Neben einer massiven Entlastung der Kattenturmer Heerstraße führt sie“ – diese Variante – „zu einer deutlichen Verbesserung der Anbindung von Gewerbe und Industrie in Bremen an das Fernstraßennetz so wie der Verkehrsbeziehungen zwischen Bremen und den angrenzenden niedersächsischen Landkreisen.“
Das ist die fachliche Bewertung aus dem Bundesver kehrsministerium. Ich sage, das ist die Grundlage, auf der das Bundesverkehrsministerium seine Projekte bewertet.
Jetzt fragen Sie natürlich – wenn Sie mich das so sagen lassen, Herr Präsident –, warum die Tunnelvariante – das ist ja auch Gegenstand der Senatsvorlage gewesen, über die im Mai beraten wurde – nicht auftaucht. Die Antwortet findet sich auch im Bundesverkehrswe geplan, und zwar, ich meine, auf Seite 78 oder 83, nämlich bei der Alternativenprüfung. Jetzt muss ich ein bisschen blättern; Herr Präsident, Sie sehen mir das nach – oder auch nicht. Das ist die Technik. Ich habe Papier geschont und nichts ausgedruckt. Es ist eine sehr lange Vorlage; sie hat 193 Seiten. Ich kann daraus zitieren, wenn ich es wiedergefunden habe. Unter Ziffer 12.5.3 heißt es, dass Alternativen nur dann geprüft werden, wenn sie nicht „bereits frühzeitig nach einer überschlägigen Prüfung“ des Nutzen-Kosten-Verhältnisses ausscheiden. Das heißt, der Bund hat die Untertunnelungsvariante gar nicht
weiter geprüft, weil sie bereits auf den ersten Blick kein angemessenes Nutzen-Kosten-Verhältnis erreicht.