Wegfall der Entflechtungsmittel für Verkehr und Hochschulbau nach 2019 Große Anfrage der Fraktion der CDU vom 8. März 2016 (Drucksache 19/321)
Gemäß Paragraf 29 unserer Geschäftsordnung hat der Senat die Möglichkeit, die Antwort mündlich zu wiederholen. – Ich sehe, das möchte er nicht. Ich gehe davon aus, dass Frau Linnert, die auch gar nicht da ist, die Antwort auch nicht wiederholen möchte.
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir haben diese Große Anfrage gestellt, obwohl die Problematik dieser Großen Anfrage eigentlich erst in etlichen Jahren relevant ist, aber wir wissen, wie langwierig solche Prozesse sind. Wir möchten mit dieser Großen Anfrage eigentlich eine Diskussion anstoßen, wie es weitergehen könnte.
Zur Geschichte, wie es zu diesen Entflechtungsmitteln gekommen ist! Im Rahmen der Föderalismuskommission I wurden im Jahr 2006 bisherige Gemeinschaftsaufgaben zwischen dem Bund und den Ländern neu organisiert, und es wurden die Zuständigkeiten konkretisiert. Man hat dann natürlich, wie es in einem politischen Diskurs üblich ist, Übergangsregelungen geschaffen, um es den Ländern auch in gewisser Weise zu versüßen. Es kam dann zu diesem Entflechtungsgesetz, das zweckgebundene Kompensationszahlungen bis 2019 realisiert. Damit haben wir im Grunde genommen in drei großen Bereichen bestimmte Projekte finanziert. Es handelt sich um die Bereiche Verkehr, Hochschulausbau und Wohnbauförderung. Im Jahr 2014 erfolgte eine Nachjustierung, ob die Mittel im Grunde genommen noch ausreichten.
Wir haben die Große Anfrage gestellt, weil wir uns große Sorgen machen. Wir hatten jetzt gerade die Diskussion. Wenn man sich einmal die Haushaltsaufstellung, die wir gestern beraten haben, und die Haushaltsstellen im Detail anschaut, dann muss man sich auch große Sorgen machen, denn man muss sich fragen, wie es mit der Finanzierung unserer Infrastruktur weitergeht. Deswegen haben wir rechtzeitig diese Große Anfrage gestellt, und wir werden es fortführen, weil die Antwort nicht überraschend gewesen ist; sie war nichtssagend. Der Senat konnte sich natürlich zurückziehen, weil er noch nichts Genaues weiß.
Es besteht das Problem, dass sich im Zuge der Diskussion über die Neuordnung des Länderfinanzausgleichs die Länder geeinigt haben. Im Rahmen dieser Einigung ist festgelegt worden, dass die bisherigen Entflechtungsmittel praktisch entfallen und dann in den großen Topf kommen. Es ist natürlich eine ent
scheidende Frage, die wir diskutieren müssen: Was passiert eigentlich, wenn bestimmte Haushaltsmittel nicht mehr zweckgebunden sind, sondern in den Haushalt eingestellt werden?
Wir wissen ganz genau, was passiert – ob es nun Frau Linnert oder irgendjemand anders in den nächsten Jahren sein wird –, bei der jetzigen Konstellation der Koalition werden die Mittel für irgendetwas, aber leider nicht für die Infrastruktur und nicht für den Hochschulausbau ausgegeben. Unsere große Sorge ist einfach, dass wir weiterhin hinten herunterfallen, dass keine weitere Straßensanierung erfolgt, dass keine Straßen gebaut werden, dass der Straßenbahnausbau, der ja zum großen Teil über Entflechtungsmittel finanziert wird, komplett zum Stillstand kommt.
Ja, genau, dann kommt es nämlich zu der Diskussion, die gerade in Huchting stattfindet. Ich habe mir eben gerade nur denken können, aus welcher Richtung das kommt. Dann wird gesagt, wir brauchen keinen Straßenbahnausbau, wir fahren weiterhin mit dem Ringbus, wir können das Geld lieber für andere Projekte ausgeben. Das ist eben genau das Problem, das wir sehen.
Wir haben es bei den Wettmitteln gesehen. Wenn die Zweckbindung wegfällt, werden bestimmte Bereiche nicht mehr bedacht. In diesem Fall wurden die Mittel dem Sportbereich entzogen und dem Kulturbereich zugeschlagen. Unsere große Sorge ist im Grunde genommen – –. Ja, so ist es!
(Abg. Rupp [DIE LINKE]: Sie sind also für ein nicht souveränes Bremen! Ist okay, habe ich jetzt verstan- den! Nein, ich bin für ein souveränes Bremen, wenn Leute in der Regierung sind, die in der Lage sind, länger als drei Tage zu denken und vorausschauend zu han- deln, beispielsweise im Hinblick auf die Infrastruk- tur. (Abg. Professor Dr. Hilz [FDP]: Wenn Sie regieren, sind Sie dafür, wenn nicht, dann nicht!)
Ich habe bei dieser Regierung im Moment aber große Zweifel. Die Haushaltsaufstellung hat diese Zweifel bestätigt, weil wir nach wie vor nicht in der Lage sind, Entscheidungen zu treffen. Wenn dann auch noch Parteien wie Ihre dazukommen, die jeder dümmlichen Bürgerinitiative hinterherlaufen und im Grunde genommen den Wirtschafts- und Logistikstandort infrage stellen, dann muss man sich nicht wundern! Mit dem Motto „Wir fassen uns alle an die Hände“ schaffen wir keine Arbeitsplätze, das ist leider so! Wir sind nun einmal – –.
Ja, Arbeitsplätze, nur können Sie nicht bezahlt werden, aber irgendeiner muss es ja bezahlen! Deswegen haben wir die Große Anfrage gestellt, und die Antworten des Senats geben uns insoweit recht und haben uns jetzt nicht beruhigt, sondern eher beunruhigt. Wir werden diese Diskussion weiterhin führen. Seien Sie gewiss, dass wir auch bei dem nächsten Haushaltsaufstellungsverfahren diese Thematik ansprechen und genau schauen werden.
Wie weit Sie damit heute gekommen sind, das haben wir gesehen. Sie können Ihre Verschwörungstheorie in 48 Änderungsanträge schreiben, es ist kein Problem, aber lassen Sie uns unsere Arbeit machen, Sie können Ihre Arbeit machen, und wir diskutieren darüber!
Ich muss Ihnen ehrlicherweise sagen, wir können uns einmal zusammen unsere Redebeiträge in den Protokollen anschauen. Ihre Redebeiträge strotzen nun auch nicht unbedingt vor Faktenbezogenheit. Ich habe es Ihnen schon einmal gesagt, wenn es hier im Plenum eine Hitparade für Sprechblasen geben würde, dann stünden Sie auf dem ersten Platz, das sage ich Ihnen!
In einem zweiten Redebeitrag wird meine Kollegin Frau Grobien unsere Position für den Hochschulausbau darlegen. Uns ist eben wichtig, dass wir an den Punkten, an denen es um die Existenz dieses Landes, um Arbeitsplätze und um Hochschulplätze geht, nicht den Anschluss verlieren. Das ist unsere große Sorge, und diese Diskussion werden wir auch weiterhin führen –
ich komme zum Schluss – und sie wird dann auch noch in Anträge, vielleicht auch in Haushaltsanträge münden. – Vielen Dank!
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich finde die Große Anfrage der CDU-Fraktion durchaus berechtigt. Wenn man sich im Einzelnen tatsächlich einmal anschaut, welche Bereiche mit den Entflechtungsmitteln finanziert worden sind, dann ist das ein riesiger Anteil.
Gemäß dem Verteilungsschlüssel nach dem Gesetz zur Entflechtung von Gemeinschaftsaufgaben und Finanzhilfen, dem sogenannten Entflechtungsgesetz, flossen und fließen vom Bund bis einschließlich 2019 jährlich insgesamt über 27 Millionen Euro für Gemeinschaftsaufgaben zweckgebunden nach Bremen, fast 13 Millionen Euro für den Hochschulbau, 661 000 Euro für die Bildungsplanung, gut 11 Millionen Euro für Verkehrsprojekte und 3,5 Millionen Euro für den Wohnungsbau, ab 2016 sogar 6,5 Millionen Euro, das heißt, die Entflechtungsmittel erhöhen sich sogar auf über 30 Millionen Euro.
Diese enormen Summen wurden für Investitionen zur Beseitigung der bestehenden Sanierungsrückstände und die Erhaltung der Infrastruktur in Bremen und Bremerhaven eingesetzt. Ich finde, die Antwort des Senats – anders, als es eben Herr Strohmann gesagt hat – ist in keiner Weise nichtssagend, sondern sie führt wirklich detailliert auf mehreren Seiten einzelne Maßnahmen auf, die wir hier nicht alle ansprechen können. Eines steht jedoch fest: Dass für die Entwicklung der Universität und der Hochschulen, vielfältige Maßnahmen im Bereich Verkehr über das gesamte Stadtgebiet sowie in Bremerhaven, die Förderung von Sozialwohnungen an der Marcuskaje und anderer Projekte der GEWOBA und der Stäwog sowie anderer Investoren die sogenannten Entflechtungsmittel unverzichtbar waren und sind!
Das entsprechende Gesetz läuft 2019 aus. Im Rahmen der Neuordnung des Länderfinanzausgleichs sollen die bisherigen Entflechtungsmittel kompensiert werden, darüber sind sich Bund und Länder grundsätzlich einig. Es besteht auch noch die Möglichkeit einer Neufassung des Gesetzes, aber für eine Anschlussregelung müsste eine Verfassungsänderung erfolgen. Dieser Weg wäre nicht einfach, aber theoretisch machbar.
Ich hoffe, dass die Bundesregierung der vorgeschlagenen Neuregelung der Bund-Länder-Finanzbeziehungen zustimmt, damit die Mittel für eine Fortsetzung der mehr als sinnvollen Maßnahmen im Bereich
Hochschul- und Wohnungsbau sowie Verkehr im Lande Bremen weiter zur Verfügung stehen. Da, wie beschrieben, die Entflechtungsmittel nach bisheriger Gesetzeslage wegfallen, müssen durch Mehreinnahmen über den Finanzausgleich ab 2020 die Eckwerte bei Wissenschaft und Bau mindestens im gleichen Umfang wie die bisherigen Entflechtungsmittel in der Vergangenheit erhöht werden.
Dies gilt auch bei einer von Finanzminister Schäuble favorisierten und hoffentlich nicht eintretenden Reduzierung des Gesamtausgleichs zwischen Bund und Ländern auf nur 8,5 Milliarden Euro, da die Entflechtungsmittel wegfallen, wie gesagt, und gänzlich in den geplanten Finanzausgleich eingeflossen sind. Alle Länder werden bei der ausstehenden Einigung der Bund-Länder-Finanzbeziehungen mit einem geeinten Ausgleichsvolumen von 9,7 Milliarden Euro auf den Bund einwirken, und ich fordere alle Fraktionen unserer Bürgerschaft auf, dies bei ihren eigenen Bundestagsfraktionen auch zu tun!
Man muss ehrlicherweise sagen, dass da die Entscheidung der Parteien auf Bundes- und Landesebene nicht übergreifend ist, sondern da sehen die Bundesparteien den Bund, und wir sehen natürlich unsere Landesmittel. Eines steht für mich fest: Die Entflechtungsmittel sind auch ab 2020 für die Universitäten und Hochschulen, die Infrastruktur und den Wohnungsbau in Bremen und Bremerhaven unverzichtbar. Nochmals: Ich bin felsenfest der Meinung – ich denke, ich habe dabei auch Ihre Unterstützung –, dass die Eckwerte der zuständigen Ressorts entsprechend erhöht werden müssen. – Danke!
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Zunächst ein paar Vorbemerkungen zu der Rede von Herrn Strohmann, der sich gerade von mir abgewendet hat.