Wir konnten den Medien in den letzten Wochen vermehrt entnehmen, dass gerade bei der Polizei ein erheblicher Personalmangel herrscht, der sich in den nächsten Jahren sogar noch verstärken wird. Da können Sie ruhig von Errungenschaften sprechen, Herr Senkal. Auch das Stadtamt steht nach wie vor mit massiven Beschwerden über zu lange Wartezeiten im Fokus, die auf Personalmangel zurückzuführen sind. Sie haben es angesprochen, Herr Senkal.
Das ist im Übrigen zum Schaden der Bürgerinnen und Bürger der Fall, die vom Stadtamt natürlich vernünftige Serviceleistungen erwarten müssen und dürfen. Diese Probleme waren mehrfach und über Jahre Gegenstand von Diskussionen und Nachfragen in der Innendeputation und auch hier in der Bürger schaft. Das muss man wirklich sagen. Was hat sich geändert? Gar nichts!
Insbesondere die Entwicklung der Flüchtlingszahlen und die damit verbundene Mehrbelastung im Stadtamt
und bei der Polizei sind seit mindestens einem Jahr, wenn nicht gar länger, bekannt. Auch an der Stelle haben Sie nicht reagiert. Was Sie jetzt im Haushalt darzustellen versuchen, reicht bei Weitem nicht aus, um die Probleme in den Griff zu bekommen. Wir wissen, dass die Ausbildung bei der Polizei drei Jahre dauert.
Herr Eckhoff hat in seiner Grundsatzrede darauf hingewiesen, dass der Gutachter, der für das Land Bremen eine Stellungnahme abgegeben hat, die detaillierte Ausweisung der Kosten für die Flücht linge gefordert hat. Das ist im Bereich Inneres in keiner Weise geschehen. Leider sind die vom Senat beschlossenen und im Haushaltsentwurf Inneres vorgeschlagenen Maßnahmen nicht geeignet, um kurz- oder mittelfristig für positive Veränderungen zu sorgen. Die aktuell viel zu spät beschlossene Erhöhung der Zielzahl für die Polizei in Bremen auf 2 600 wirkt sich erst ab 2019 aus.
Insofern von Errungenschaft zu sprechen, Herr Senkal und Herr Tschöpe, ist schon ein bisschen Veräppelung! In den Jahren 2013/2014 sind viel zu wenige Perso nen eingestellt worden, obwohl gerade wir von der CDU hier in der Bürgerschaft immer wieder darauf hingewiesen haben, wie sich die Personalentwicklung der Polizei darstellen wird.
Bis 2019 wird sich die Anzahl der Mitarbeiter bei der Polizei von zurzeit 2 460 weiter verringern, sodass beispielsweise die Funktionen der Cops, wie bekannt, deutlich zurückgehen werden. Das ist die Diskussion, die gegenwärtig in der Gesellschaft und insbesondere bei der Polizei geführt wird. Selbst Menschenhan del – er gehört zur organisierten Kriminalität, wie viele wissen – kann nicht mehr ordnungsgemäß oder umfangreich genug bearbeitet werden. In Zukunft können diese Dinge nicht mehr oder nur unzurei chend bearbeitet werden. Das ist ein Armutszeugnis dieses Senats.
Es ist unschwer festzustellen, dass die Aufklärungs quote weiter sinken wird. Bei abnehmender Polizis tenzahl ist das eigentlich eine Selbstverständlichkeit. Damit sinkt auch das Sicherheitsgefühl der Bevöl kerung. Die Unzufriedenheit können wir uns alle vorstellen. Die schon jetzt prekäre Überstundenbelas tung der Polizei mit über 300 000 Stunden in Bremen wird sich zwangsläufig weiter erhöhen. Das kann mit den veranschlagten Mitteln nur unzureichend kompensiert werden.
Ebenfalls zu kritisieren ist das haushalterische Vor haben, personelle und konsumtive Mittel aus Ein nahmesteigerungen bei der Verkehrsüberwachung darstellen zu wollen. Sie wollen tatsächlich 70 Stellen bei der Polizei durch Einnahmesteigerungen bei der Verkehrsüberwachung finanzieren.
(Zuruf Bündnis 90/Die Grünen: Quatsch! – Abg. Tschö pe [SPD]: Herr Hinners, Schauen Sie doch einmal rein! Das sind gar nicht 70!)
Im Übrigen sind auch die veranschlagten Mittel für investive Maßnahmen zumindest in Teilbereichen deutlich zu gering. Hier spreche ich beispielhaft nur die Fahrzeuge von Polizei und Feuerwehr an.
Meine Damen und Herren, schauen wir uns den Justizbereich an! Dort ist die Situation auch nicht besser, auch wenn Herr Senkal eben etwas anderes dargestellt hat.
Das zeigt sich auch an dem aktuellen Beispiel eines aus der U-Haft Entlassenen wegen der Fristüberschrei tung bei der Terminierung der Hauptverhandlung.
Dabei geht es im Übrigen auch um einen Fall von Menschenhandel. Der in U-Haft Sitzende war wegen schweren Menschenhandels angeklagt.
Es zeigt sich im Weiteren auch daran, dass allgemein von den Strafkammern fast nur noch Haftsachen oder besonders priorisierte Verfahren verhandelt werden können. Bei der Justiz bleibt vieles zuerst einmal mit der Konsequenz liegen, dass die Angeklagten munter weitermachen können und sich die Zeugen immer weniger an die Taten erinnern werden. Das Sicherheitsgefühl der Bevölkerung wird dadurch na türlich weiter sinken. Jeder, der mit der Justiz Kontakt hat, weiß, dass dort hochmotiviert gearbeitet wird. Allerdings stimmen die personellen und sonstigen Rahmenbedingungen schon seit einigen Jahren nicht mehr. Das gilt nicht nur für Richter und Staatsanwäl te, sondern natürlich auch für das Servicepersonal, denn dort werden wichtige Querschnittsfunktionen wahrgenommen.
Die im Bundesvergleich überdurchschnittlich hohe Verfahrensdauer ist an einigen Gerichten ein gra vierendes Problem mit der Folge, dass regelmäßig wegen zu langer Verfahrensdauer gegen die Freie Hansestadt Bremen geklagt wird. Neue Verfahren stehen allein wegen dieser Klagegründe an. Kläger haben auch schon Entschädigungszahlungen erhalten. Die Anzahl der Strafverfahren und Strafsachen ist im Vergleich zum Vorjahr um 20 Prozent gestiegen. Dafür hat es keinen adäquaten Personalausgleich gegeben.
Meine Damen und Herren, abschließend ist Folgen des festzustellen: Bei der Polizei wird sich die Perso nalentwicklung in den nächsten Jahren dramatisch verschlechtern. Der Senat hat dies viel zu spät erkannt und zu spät gegengesteuert. Im Stadtamt sind die personellen und technischen Probleme täglich anhand der langen Wartezeiten und hohen Kundenunzu friedenheit zu erkennen. Auch hier hat der Senator für Inneres bisher keine zufriedenstellende Lösung gefunden. Bei der Feuerwehr droht ein Investitions stau bei der technischen und baulichen Ausstattung. In einigen Stadtteilen wird das Brandschutzkonzept schon heute nicht erfüllt. Bei der Justiz bleiben aus Personalmangel viele Verfahren ohne ausreichenden Personalausgleich unbearbeitet liegen. Die Steigerung von Straftaten um 20 Prozent innerhalb eines Jahres wird das weiter verschlechtern.
Meine Damen und Herren, der Haushalt für das 2017 ist aus unserer Sicht heute weder hinsichtlich der Flüchtlingsentwicklung noch hinsichtlich der Beurtei lung der Probleme oder Hinweise des Stabilitätsrats seriös zu beschließen. Das hat der Kollege Eckhoff schon angesprochen. Diese Probleme lösen Sie mit dem vorliegenden Haushaltsentwurf 2016/2017 nicht. Wir werden ihn deshalb ablehnen. – Vielen Dank!
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Polizei, Feuerwehr und Justiz sind staat liche und gesellschaftliche Grundpfeiler für Sicherheit und Rechtsstaatlichkeit, Voraussetzung für die Freiheit des Einzelnen und der Akzeptanz der Bürgerinnen und Bürger für unser politisches Gemeinwesen. Des halb haben sie eine große Wertschätzung verdient.
Was die Polizei anbelangt, so sind wir seit Jahren im Ranking ganz weit unten. Die Koalition hat 2 470 Poli zeibeamte im Dienst. Sie hat sich im Koalitionsvertrag 2 540 vorgenommen, dies aber noch nicht erfüllt. Über 330 000 Überstunden und über 6 Millionen Euro, die nachbezahlt werden müssen, ist schlimmes Zahlen material für die Sicherheit suchenden Bürgerinnen und Bürger. Nachdem die FDP angemahnt hat, die
Zielzahl für Polizisten endlich auf 2 600 anzuheben, wie es in einer Begutachtung seit über zehn Jahren festgeschrieben ist, hat sich die Koalition aufgrund dieser Anträge nun dazu bereit erklärt, um nicht völlig das Gesicht vor den Kolleginnen und Kollegen zu verlieren.
Wir haben bei weiterer Durchforstung des Haushalts die Möglichkeit gesehen, nicht nur 60 Vollzeitstel len zusätzlich zu schaffen, sondern vielleicht auf 72 Vollzeitstellen zu kommen.
Sie haben gar nichts zur Ausstattung mit Sachmit teln wie zu Fahrzeugen und zur Verbesserung der Technik gesagt. Hier halten wir 850 000 Euro für die Polizei für erforderlich. Hinzu kommen weitere Gelder für die Terrorismusabwehr und eine Stelle an der Hochschule für Öffentliche Verwaltung, damit Polizeibeamte ausgebildet werden können.
Der zweite Bereich ist die Feuerwehr. Brandschutzziele werden in Bremen nicht eingehalten und sollen so, anders als in anderen Bundesländern, festgeschrie ben werden. Die Unterbesetzung bei der Feuerwehr haben Sie jetzt ein bisschen abgebaut. Wir sind auf dem richtigen Weg. Das ist anzuerkennen.
Überhaupt nicht in Angriff genommen worden ist der Investitionsstau bei der Feuerwehr, insbesondere bei den Freiwilligen Feuerwehren. Wir schieben hier einen Investitionsstau von 6 Millionen Euro vor uns her. Dieser wird permanent höher, weil die Einsatz fahrzeuge immer älter werden. Wenn man hier nicht neu mit mindestens 860 000 Euro justiert, wie wir es vorgesehen haben, wird man über die Jahre auch die ehrenamtlichen Männer und Frauen im Bereich der Feuerwehr verprellen.
Die Justiz arbeitet am Limit. Das zeigen die Fallzahlen. Das zeigt die Erledigung. Das zeigt die Dauer der Verfahren. Wir sind gegenüber vergleichbaren Städten oder Bundesländern bis auf das Landgericht in allen Bereichen unterdurchschnittlich. Insbesondere betrifft dies die Grundbuchämter, die Nachlassgerichte und die Betreuungssachen. In Niedersachsen geht das alles schneller. In Bremen muss der Bürger warten. Dies hat mit einem Justizgewährleistungsanspruch nichts mehr zu tun. Hier muss das Anliegen der Bürgerinnen und Bürger ernster genommen werden. Deswegen sind wir der Auffassung, dass im Bereich der Justiz keine weiteren Einsparungen in Betracht kommen können.
Schließlich geht es um die seit Monaten oder, wenn man so will, seit Jahren unzumutbaren Zustände beim Stadtamt. Die Personalausstattung reicht nicht aus. Die technische Ausstattung ist nicht auf Vordermann gebracht. Der Bürger ist unzufrieden. Das sieht man jeden Tag, wenn man selbst zum Stadtamt geht und sich in die dortige Schlange einreihen muss. Dies ist keine bürgernahe Verwaltung mehr.
Wir haben die Personalsituation umgewertet. Wir möchten, dass dort mehr Bedienstete eingestellt werden und arbeiten, wo es erforderlich ist, und wir möchten dort Einsparungen machen, wo es vertretbar ist. Wir wollen einen Staat für Bürgerinnen und Bürger und keinen unsozialen Schuldenstaat. – Danke schön!
Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen, sehr geehrte Herren! Auf den Bereich Inneres haben wir als Koalition in diesem Doppelhaushalt einen deutlichen Schwerpunkt gelegt. Polizei, Feuerwehr und Verfassungsschutz sind nicht nur von der PEPQuote ausgenommen, sondern werden auch personell erheblich besser ausgestattet. Das hat vorhin auch Herr Zenner deutlich gemacht.