Es ist normal, dass die sich überlegen, wie sie das am besten steuern, wie sie das machen. Solche Zeiträume sind nicht unnormal. Es ist zwischendurch noch einmal geschaut worden, bei welchen Räumlichkeiten das stattfindet; da hat es eine Änderung der Beschlüsse gegeben.
Die Akten konnten also vollständig festgestellt werden. Das ist der Stand des bisherigen Verfahrens.
Im Übrigen muss man natürlich die Frage stellen, die hier berechtigterweise gestellt wurde: Wann müssen solche Vorgänge im Jobcenter bemerkt werden? Das ist eine zutreffende Frage. Es geht hier um die Vorgänge der Jahre 2014 und 2015. Volle Freizügigkeit gab es für Bulgaren ab dem Jahre 2014. In diesem Zeitraum ist das entstanden. Die Häufung gab es Ende 2014, Anfang 2015. Das ergibt sich aus den Zahlen.
Im Jobcenter haben sich offenbar Anhaltspunkte für Misstrauen ergeben. Die sind letztlich vom Arbeitsressort aufgegriffen worden und haben zu diesem Strafverfahren geführt.
Das Jobcenter ist eine gemeinsame Einrichtung der Bundesagentur und der Kommune, das heißt der Seestadt Bremerhaven. Die Aufsicht über das Jobcenter hat die Trägerversammlung. Gegenüber der Trägerversammlung müssen solche Vorgänge berichtet werden. Ich glaube, es ist auch Aufgabe der Trägerversammlung, sehr genau auf die Aufklärung zu achten und zu schauen, wie diese Vorgänge im Jobcenter in Bremerhaven gehandhabt worden sind. Da sind die richtigen Ansprechpartner! Der Magistrat ist Mitglied in der Trägerversammlung.
In Bremen haben wir solche Vorgänge nicht in dem Umfang gehabt. Es hat auch Steigerungen gegeben, aber die sind deutlich geringer gewesen. Daher ist es richtig, dass es Anhaltspunkte gegeben hat.
Ich glaube, man muss diesen Fragen nachgehen. Jetzt ist der Zeitpunkt etwas verfrüht. Man muss sehr genau nachforschen und im Grunde auch abwarten, was bei den staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen herauskommt.
Die staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen werden, wie in anderen Fällen, das Vorfeld sehr genau klären. Sie können das im Moment beim Beluga-Verfahren sehen, in anderen Bereichen auch. Ich glaube, es ist richtig, dass wir uns auf das staatsanwaltschaftliche Verfahren konzentrieren und abwarten.
Herr Röwekamp, Sie haben drei Fragen an die Justiz gestellt. Auf die erste Frage, Strafanzeige im August, habe ich geantwortet. Das Strafverfahren ist aus eigener Initiative bereits vorher in Gang gesetzt worden. Auch aus eigener Initiative des Arbeitsressorts sind Unstimmigkeiten zum Anlass genommen worden, den Dingen nachzugehen. Das Verfahren richtet sich gegen zwei Hauptbeschuldigte. Ich kann hier keine Einzelheiten nennen.
Sie unterstellen Sachverhalte – Sie haben Zahlungen angesprochen –, die so nicht bestätigt werden können, so vorsichtig muss ich das sagen. Stellen Sie also bitte Fragen, und geben Sie nicht Antworten! Das ist ein ganz wichtiger Punkt.
Ein wichtiger Punkt ist das parlamentarische Mittel. Wir sind hier in einer Aktuellen Stunde. Das parlamentarische Mittel ist also die Frage. Sie können Fragen zu dem Verfahren stellen. Die Fragen werden beantwortet, und das ist vollkommen richtig so.
(Abg. Röwekamp [CDU]: Wie wir unsere Aufgaben wahrnehmen sollen, brauchen Sie uns nicht zu be- schreiben! Wir sagen Ihnen, wie Sie Ihre Aufgaben wahrzunehmen haben, so herum funktioniert das! Sie haben uns keine Vorschriften über unsere par- lamentarische Tätigkeit zu machen!)
(Abg. Dr. vom Bruch [CDU]: Wir brauchen hier kei- ne juristische Vorlesung! – Abg. Frau Dr. Schaefer [Bündnis 90/Die Grünen]: Vielleicht doch!)
(Zuruf FDP: Beim Strafverfahren wissen wir doch noch gar nicht, wie das ausgeht! Da kann man noch nicht sagen, was richtig und was falsch ist!)
Nein, eben! Stellen Sie bitte Fragen, und die Fragen werden beantwortet werden, insbesondere in dem staatsanwaltschaftlichen Verfahren. – Vielen Dank!
(Beifall SPD, Bündnis 90/Die Grünen – Abg. Frau Böschen [SPD]: Die SPD-Fraktion hat ja Fragen gestellt! – Abg. Dr. vom Bruch [CDU]: Kein Wort! Das ist gar nichts!)
Es liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Damit haben wir das erste Thema der Aktuellen Stunde abgeschlossen. Wir kommen zum zweiten Thema.
Teilnahme des Präsidenten der Bremischen Bürgerschaft an einer Veranstaltung der „Islamischen Föderation Bremen“ (IFB), dem hiesigen Regionalverband, der vom Bundesamt für Verfassungsschutz beobachteten „Islamischen Gemeinschaft Milli Görüs“ (IGMG), am Ostersonntag in Bremen – Neufassung des Antrags vom 31. März 2016
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wir hatten, Sie werden das in den interfraktionellen Absprachen, in den Besprechungen mitbekommen haben, ein langes Hin und Her, ob es überhaupt eine Aktuelle Stunde mit diesem Thema geben sollte, und wir haben aus den Diskussionen mit dem parlamentarischen Dienst mitbekommen, dass nicht ganz klar war, worum es uns bei diesem Thema eigentlich geht. Selbstverständlich haben wir nichts dagegen, wenn der Präsident der Bremischen Bürgerschaft Angehörigen verschiedener Religionen in Bremen dadurch seinen Respekt erweist, dass er an Veranstaltungen und religiösen Festen teilnimmt. Das ist vollkommen richtig so, das soll so sein, und das ist in dem Bestreben, den bunten Blumenstrauß an Weltanschauungen, den wir hier in Bremen haben, zu pflegen, eine gute Sache.
Es ist uns aber aufgefallen, dass man immer wieder versucht hat, den Begriff Milli Görüs – das ist die
Gemeinschaft, die die Veranstaltung durchgeführt hat, auf der Präsident Weber zu Gast war – aus dem Antrag herauszubekommen, weil man sagte, Herr Weber war doch gar nicht bei der Milli Görüs, er war bei der IFB, der Islamischen Föderation Bremen, und das hat mit der Milli Görüs nichts zu tun. Doch, hat es! Die IFB ist der Bremer Regionalverband der Milli Görüs, und wer es gern persönlich haben will: Der Präsident ist Ekrem Kömürcü, der auch im Vorstand der Milli Görüs ist.
Wer ist also diese Milli Görüs? Das Bundesamt für Verfassungsschutz beschreibt Milli Görüs als eine Vereinigung des legalistischen Islamismus. Die Hamburger Kollegen sagen dazu auf ihrer Website „Islamismus“:
Milli Görüs „geht zurück auf die um 1970 in der Türkei gegründete Milli-Görüs-Bewegung des Islamistenführers und ehemaligen türkischen Ministerpräsidenten... Erbakan …. Ihre Ideologie der ‚Gerechten Ordnung‘“ – das heißt, eine göttliche Ordnung – „fordert ein Rechts- und Gesellschaftssystem auf der Grundlage der Scharia, sowohl in der Türkei als auch für Türken in Deutschland, sowie eine weltweite Islamisierung. Dabei konnte in der Vergangenheit eine bedenkliche Diskrepanz zwischen öffentlichen Verlautbarungen und internen Äußerungen festgestellt werden (Prinzip der doppelten Öffentlichkeit)“.
Das Bundesamt für Verfassungsschutz schrieb 2014: Die „weiterhin bestehende Einbindung in die ‚Milli Görüs‘-Bewegung“ in der Türkei „stellt die … Bekenntnisse der IGMG zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung … unverändert infrage“. – Weiter: „Die nach wie vor bestehende … Prägung durch die ‚Milli Görüs‘-Ideologie ist geeignet, eine ablehnende Haltung gegenüber westlichen Werten zu verstärken und Demokratiedistanz zu fördern“.
Das hessische Amt für Verfassungsschutz schreibt in seinem Bericht 2013: „Insgesamt lehnt die IGMG die Grundlagen der Integration in die Gesellschaft der Bundesrepublik Deutschland ab und täuscht durch … öffentlichkeitswirksame Maßnahmen … einen Integrationswillen lediglich vor“.
Legalistischer Islamismus heißt, dass die Mittel einer solchen Organisation legal sind. Die Mittel, die diese Organisation wählt, bewegen sich im Rahmen des Gesetzes, sie wendet keine Gewalt an, aber „islamistisch“. Das Ziel dieser Organisation, die Errichtung einer Gesellschaftsordnung auf Basis der Scharia, ist eben nicht verfassungskonform. Deswegen kommt der Bundesverfassungsschutz anders als der Bremische Verfassungsschutz nach wie vor zu der Auffassung, dass die Milli Görüs insgesamt eine verfassungsfeindliche Organisation ist.
Wenn eine solche Organisation also ausgerechnet zu Ostern Mohammeds Geburtstag feiert, der überall sonst auf der Welt dieses Jahr im Dezember gefeiert wird, dann ist das mit Sicherheit kein Zufall.
Wer glaubt, dass das daran liegt, dass gerade ein Raum frei ist, der glaubt auch, dass es Zufall ist, dass der Tag der offenen Moschee auf den 3. Oktober fällt. Trotzdem müssen wir das natürlich aushalten. Wir müssen es aushalten, wenn eine islamistische Organisation an Ostern Mohammeds Geburtstag feiert, genauso wie wir es aushalten müssen, wenn ein Schwulen- und Lesbenverband zu Beginn des Ramadans den Christopher Street Day veranstaltet
oder eine katholische Gemeinde eine Kreuzigungsprozession zum Opferfest veranstaltet. Wir müssten das aushalten, aber wir fänden das nicht gut. Wir würden das kritisieren, weil es zeigt, dass der Respekt zwischen den Religionen nicht wirklich gelebt wird, und wir würden eine solche Veranstaltung mit Sicherheit nicht unterstützen, wenn wir sie schon nicht verhindern könnten. Wir würden Sie deshalb nicht unterstützen, weil so etwas keine Maßnahme zur Integration ist, sondern zur Desintegration.
50 000 Bremer und Bremerinnen bekennen sich zum Islam. Unsere Nachbarn, unsere Arbeitskollegen, unsere Freunde und teilweise unsere Familienmitglieder sind seit den Sechzigerjahren in Bremen und bekennen sich zu dieser Religion. Es ist fatal zu glauben, dass wir diese Leute integrieren, indem wir eine islamistische Vereinigung unterstützen, die nur einen kleinen Teil dieser Menschen vertritt. Indem wir das tun, befördern wir keine Integration. Vielmehr unterstützen wir durch die Aufwertung und Unterstützung einer solchen Organisation die Desintegration. Diese Organisationen sind daran interessiert, unsere Gesellschaftsordnung zu ändern, aber auch daran, politische Bewegungen zu desintegrieren. Sie sind derzeit unterwegs und wollen den Islam als solchen in eine Generalhaftung für diese Exzesse nehmen.
Jemand, der als höchster Repräsentant dieses Hauses durch sein politisches Handeln eine solche Desintegration unterstützt, füllt seinen Job schlecht aus. Deswegen haben wir gefordert, dass Präsident Weber von seinem Amt zurücktritt!
Die Huldigung und die Aufwartung bei einer islamistischen Organisation als Repräsentant dieses Hauses, der nicht nur für seine Fraktion und sich selbst spricht, sondern für uns alle, sind aus unserer Sicht